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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

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XXIV. Hauptstück.
man muß sie auch so unbedingt nicht weiter ausdeh-
nen, als die Erfahrung angestellet worden. Denn
da in der Natur der Mannichfaltigkeiten und Abän-
derungen so gar viele sind, so kann auch leicht ein
kleiner Umstand alles ändern. Endlich, wenn in der
Sache, wobey man die Verhältniß annimmt, noch
mehr veränderliche Größen mit vorkommen, so muß
die angenommene Verhältniß den Gesetzen, nach wel-
chen diese sich verändern, nicht zuwider seyn, und be-
sonders hat man zu sehen, ob und wie fern diese müs-
sen mit in die Rechnung gezogen werden? Bey allem
diesem wird schlechthin vorausgesetzt, daß die Erfah-
rungen, nach welchen man eine Formel accommodiren
will, richtig und zuverläßig seyn müssen, und hieran
fehlet es öfters nicht wenig, besonders, wo man vor
der genauern Kenntniß der Sache nicht alle Umstände
weiß, in welchen die Erfahrungen gemacht werden
müssen, und welche man mit in Betrachtung zu zie-
hen hat, wenn man aus denselben etwas schließen
will. So z. E. wurde die Höhe mehrerer pyrenai-
schen Gebirge ausgemessen, und die Höhe des Baro-
meters auf denselben beobachtet. Es verursachte aber
der Mangel der Kenntniß von der Stralenbrechung,
deren Wirkung sich in vielen Fällen bis auf 50, 80,
und in einem Falle bis auf 160 Toisen beläuft, daß
die gemessene Höhen von der wahren um eben so viel
abwichen. Und dieses machte, daß sich diese Höhen
mit den Barometerhöhen nie wollten recht zusammen
reimen, da hingegen die vermittelst der Stralenbre-
chung genauer bestimmten Höhen klar anzeigten, daß
man das Mariottische Gesetz zu früh verworfen, und
daß es höchstens nur in der untern Luftgegend einer
sehr kleinen Verbesserung bedarf. Jn Ansehung der
Stralenbrechung der Athmosphäre, ist sowohl die

Theorie,

XXIV. Hauptſtuͤck.
man muß ſie auch ſo unbedingt nicht weiter ausdeh-
nen, als die Erfahrung angeſtellet worden. Denn
da in der Natur der Mannichfaltigkeiten und Abaͤn-
derungen ſo gar viele ſind, ſo kann auch leicht ein
kleiner Umſtand alles aͤndern. Endlich, wenn in der
Sache, wobey man die Verhaͤltniß annimmt, noch
mehr veraͤnderliche Groͤßen mit vorkommen, ſo muß
die angenommene Verhaͤltniß den Geſetzen, nach wel-
chen dieſe ſich veraͤndern, nicht zuwider ſeyn, und be-
ſonders hat man zu ſehen, ob und wie fern dieſe muͤſ-
ſen mit in die Rechnung gezogen werden? Bey allem
dieſem wird ſchlechthin vorausgeſetzt, daß die Erfah-
rungen, nach welchen man eine Formel accommodiren
will, richtig und zuverlaͤßig ſeyn muͤſſen, und hieran
fehlet es oͤfters nicht wenig, beſonders, wo man vor
der genauern Kenntniß der Sache nicht alle Umſtaͤnde
weiß, in welchen die Erfahrungen gemacht werden
muͤſſen, und welche man mit in Betrachtung zu zie-
hen hat, wenn man aus denſelben etwas ſchließen
will. So z. E. wurde die Hoͤhe mehrerer pyrenai-
ſchen Gebirge ausgemeſſen, und die Hoͤhe des Baro-
meters auf denſelben beobachtet. Es verurſachte aber
der Mangel der Kenntniß von der Stralenbrechung,
deren Wirkung ſich in vielen Faͤllen bis auf 50, 80,
und in einem Falle bis auf 160 Toiſen belaͤuft, daß
die gemeſſene Hoͤhen von der wahren um eben ſo viel
abwichen. Und dieſes machte, daß ſich dieſe Hoͤhen
mit den Barometerhoͤhen nie wollten recht zuſammen
reimen, da hingegen die vermittelſt der Stralenbre-
chung genauer beſtimmten Hoͤhen klar anzeigten, daß
man das Mariottiſche Geſetz zu fruͤh verworfen, und
daß es hoͤchſtens nur in der untern Luftgegend einer
ſehr kleinen Verbeſſerung bedarf. Jn Anſehung der
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Theorie,
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[356/0364] XXIV. Hauptſtuͤck. man muß ſie auch ſo unbedingt nicht weiter ausdeh- nen, als die Erfahrung angeſtellet worden. Denn da in der Natur der Mannichfaltigkeiten und Abaͤn- derungen ſo gar viele ſind, ſo kann auch leicht ein kleiner Umſtand alles aͤndern. Endlich, wenn in der Sache, wobey man die Verhaͤltniß annimmt, noch mehr veraͤnderliche Groͤßen mit vorkommen, ſo muß die angenommene Verhaͤltniß den Geſetzen, nach wel- chen dieſe ſich veraͤndern, nicht zuwider ſeyn, und be- ſonders hat man zu ſehen, ob und wie fern dieſe muͤſ- ſen mit in die Rechnung gezogen werden? Bey allem dieſem wird ſchlechthin vorausgeſetzt, daß die Erfah- rungen, nach welchen man eine Formel accommodiren will, richtig und zuverlaͤßig ſeyn muͤſſen, und hieran fehlet es oͤfters nicht wenig, beſonders, wo man vor der genauern Kenntniß der Sache nicht alle Umſtaͤnde weiß, in welchen die Erfahrungen gemacht werden muͤſſen, und welche man mit in Betrachtung zu zie- hen hat, wenn man aus denſelben etwas ſchließen will. So z. E. wurde die Hoͤhe mehrerer pyrenai- ſchen Gebirge ausgemeſſen, und die Hoͤhe des Baro- meters auf denſelben beobachtet. Es verurſachte aber der Mangel der Kenntniß von der Stralenbrechung, deren Wirkung ſich in vielen Faͤllen bis auf 50, 80, und in einem Falle bis auf 160 Toiſen belaͤuft, daß die gemeſſene Hoͤhen von der wahren um eben ſo viel abwichen. Und dieſes machte, daß ſich dieſe Hoͤhen mit den Barometerhoͤhen nie wollten recht zuſammen reimen, da hingegen die vermittelſt der Stralenbre- chung genauer beſtimmten Hoͤhen klar anzeigten, daß man das Mariottiſche Geſetz zu fruͤh verworfen, und daß es hoͤchſtens nur in der untern Luftgegend einer ſehr kleinen Verbeſſerung bedarf. Jn Anſehung der Stralenbrechung der Athmoſphaͤre, iſt ſowohl die Theorie,

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/364>, abgerufen am 22.11.2024.