Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771.

Bild:
<< vorherige Seite

Der Maaßstab.
gehenden verschieden, zugleich aber auch mit densel-
ben in genauer Verbindung ist. Wir werden damit
anfangen, daß wir sie in dieser Absicht mit einander
vergleichen. Einmal ist die Einheit von dem Maaß-
stabe darinn verschieden, daß jene in der Größe selbst
ein oder mehrmal vorkömmt, oder diese wenigstens
ein Theil davon ist. Sodann ist die Einheit mit der
Größe von gleicher Art und von gleich vielen Di-
mensionen. Alles dieses kann man von dem Maaß-
stabe nicht so unbedingt sagen, weil dieser außer der
Sache ist, und weil man denselben so einrichtet, daß
man ihn am bequemsten zu der Ausmessung gebrau-
chen kann. Denn so z. E. wird in der Geometrie der
Maaßstab, wo er im eigentlichsten Verstande diesen
Namen hat, zur Ausmessung der Linien, Flächen und
körperlichen Räume nur linear angenommen, und
dieses kann deswegen geschehen, weil die Dimensionen
des Raumes sämmtlich linear sind, und weil man in
der Geometrie Mittel gefunden, die Ausmessung der
Räume auf die Ausmessung von Linien zu reduciren.
So eingeschränkt ist aber die Bedeutung des Wortes
Maaßstab nicht, weil man überhaupt dasjenige einen
Maaßstab nennet, wodurch eine Größe ausgemessen,
und jeder Grad der Veränderung in derselben ange-
zeiget werden kann, er mag nun von gleich vielen
oder von wenigern Dimensionen seyn.

§. 760.

Bey dieser Allgemeinheit aber vermenget sich die
Bedeutung des Wortes Maaßstab, mit der Bedeu-
tung der Wörter Meßleiter, Scala, metron, wie es
überhaupt mit Wörtern geht, die stufenweise meta-
phorisch werden. Da es aber hier mehr um die Sa-
che als um die Wörter zu thun ist, so werden wir uns

auch

Der Maaßſtab.
gehenden verſchieden, zugleich aber auch mit denſel-
ben in genauer Verbindung iſt. Wir werden damit
anfangen, daß wir ſie in dieſer Abſicht mit einander
vergleichen. Einmal iſt die Einheit von dem Maaß-
ſtabe darinn verſchieden, daß jene in der Groͤße ſelbſt
ein oder mehrmal vorkoͤmmt, oder dieſe wenigſtens
ein Theil davon iſt. Sodann iſt die Einheit mit der
Groͤße von gleicher Art und von gleich vielen Di-
menſionen. Alles dieſes kann man von dem Maaß-
ſtabe nicht ſo unbedingt ſagen, weil dieſer außer der
Sache iſt, und weil man denſelben ſo einrichtet, daß
man ihn am bequemſten zu der Ausmeſſung gebrau-
chen kann. Denn ſo z. E. wird in der Geometrie der
Maaßſtab, wo er im eigentlichſten Verſtande dieſen
Namen hat, zur Ausmeſſung der Linien, Flaͤchen und
koͤrperlichen Raͤume nur linear angenommen, und
dieſes kann deswegen geſchehen, weil die Dimenſionen
des Raumes ſaͤmmtlich linear ſind, und weil man in
der Geometrie Mittel gefunden, die Ausmeſſung der
Raͤume auf die Ausmeſſung von Linien zu reduciren.
So eingeſchraͤnkt iſt aber die Bedeutung des Wortes
Maaßſtab nicht, weil man uͤberhaupt dasjenige einen
Maaßſtab nennet, wodurch eine Groͤße ausgemeſſen,
und jeder Grad der Veraͤnderung in derſelben ange-
zeiget werden kann, er mag nun von gleich vielen
oder von wenigern Dimenſionen ſeyn.

§. 760.

Bey dieſer Allgemeinheit aber vermenget ſich die
Bedeutung des Wortes Maaßſtab, mit der Bedeu-
tung der Woͤrter Meßleiter, Scala, μετρον, wie es
uͤberhaupt mit Woͤrtern geht, die ſtufenweiſe meta-
phoriſch werden. Da es aber hier mehr um die Sa-
che als um die Woͤrter zu thun iſt, ſo werden wir uns

auch
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0389" n="381"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Der Maaß&#x017F;tab.</hi></fw><lb/>
gehenden ver&#x017F;chieden, zugleich aber auch mit den&#x017F;el-<lb/>
ben in genauer Verbindung i&#x017F;t. Wir werden damit<lb/>
anfangen, daß wir &#x017F;ie in die&#x017F;er Ab&#x017F;icht mit einander<lb/>
vergleichen. Einmal i&#x017F;t die Einheit von dem Maaß-<lb/>
&#x017F;tabe darinn ver&#x017F;chieden, daß jene in der Gro&#x0364;ße &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ein oder mehrmal vorko&#x0364;mmt, oder die&#x017F;e wenig&#x017F;tens<lb/>
ein Theil davon i&#x017F;t. Sodann i&#x017F;t die Einheit mit der<lb/>
Gro&#x0364;ße von gleicher Art und von gleich vielen Di-<lb/>
men&#x017F;ionen. Alles die&#x017F;es kann man von dem Maaß-<lb/>
&#x017F;tabe nicht &#x017F;o unbedingt &#x017F;agen, weil die&#x017F;er außer der<lb/>
Sache i&#x017F;t, und weil man den&#x017F;elben &#x017F;o einrichtet, daß<lb/>
man ihn am bequem&#x017F;ten zu der Ausme&#x017F;&#x017F;ung gebrau-<lb/>
chen kann. Denn &#x017F;o z. E. wird in der Geometrie der<lb/>
Maaß&#x017F;tab, wo er im eigentlich&#x017F;ten Ver&#x017F;tande die&#x017F;en<lb/>
Namen hat, zur Ausme&#x017F;&#x017F;ung der Linien, Fla&#x0364;chen und<lb/>
ko&#x0364;rperlichen Ra&#x0364;ume nur <hi rendition="#aq">linear</hi> angenommen, und<lb/>
die&#x017F;es kann deswegen ge&#x017F;chehen, weil die Dimen&#x017F;ionen<lb/>
des Raumes &#x017F;a&#x0364;mmtlich <hi rendition="#aq">linear</hi> &#x017F;ind, und weil man in<lb/>
der Geometrie Mittel gefunden, die Ausme&#x017F;&#x017F;ung der<lb/>
Ra&#x0364;ume auf die Ausme&#x017F;&#x017F;ung von Linien zu reduciren.<lb/>
So einge&#x017F;chra&#x0364;nkt i&#x017F;t aber die Bedeutung des Wortes<lb/>
Maaß&#x017F;tab nicht, weil man u&#x0364;berhaupt dasjenige einen<lb/>
Maaß&#x017F;tab nennet, wodurch eine Gro&#x0364;ße ausgeme&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und jeder Grad der Vera&#x0364;nderung in der&#x017F;elben ange-<lb/>
zeiget werden kann, er mag nun von gleich vielen<lb/>
oder von wenigern Dimen&#x017F;ionen &#x017F;eyn.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 760.</head><lb/>
            <p>Bey die&#x017F;er Allgemeinheit aber vermenget &#x017F;ich die<lb/>
Bedeutung des Wortes Maaß&#x017F;tab, mit der Bedeu-<lb/>
tung der Wo&#x0364;rter Meßleiter, <hi rendition="#aq">Scala,</hi> <foreign xml:lang="el">&#x03BC;&#x03B5;&#x03C4;&#x03C1;&#x03BF;&#x03BD;</foreign>, wie es<lb/>
u&#x0364;berhaupt mit Wo&#x0364;rtern geht, die &#x017F;tufenwei&#x017F;e meta-<lb/>
phori&#x017F;ch werden. Da es aber hier mehr um die Sa-<lb/>
che als um die Wo&#x0364;rter zu thun i&#x017F;t, &#x017F;o werden wir uns<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auch</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[381/0389] Der Maaßſtab. gehenden verſchieden, zugleich aber auch mit denſel- ben in genauer Verbindung iſt. Wir werden damit anfangen, daß wir ſie in dieſer Abſicht mit einander vergleichen. Einmal iſt die Einheit von dem Maaß- ſtabe darinn verſchieden, daß jene in der Groͤße ſelbſt ein oder mehrmal vorkoͤmmt, oder dieſe wenigſtens ein Theil davon iſt. Sodann iſt die Einheit mit der Groͤße von gleicher Art und von gleich vielen Di- menſionen. Alles dieſes kann man von dem Maaß- ſtabe nicht ſo unbedingt ſagen, weil dieſer außer der Sache iſt, und weil man denſelben ſo einrichtet, daß man ihn am bequemſten zu der Ausmeſſung gebrau- chen kann. Denn ſo z. E. wird in der Geometrie der Maaßſtab, wo er im eigentlichſten Verſtande dieſen Namen hat, zur Ausmeſſung der Linien, Flaͤchen und koͤrperlichen Raͤume nur linear angenommen, und dieſes kann deswegen geſchehen, weil die Dimenſionen des Raumes ſaͤmmtlich linear ſind, und weil man in der Geometrie Mittel gefunden, die Ausmeſſung der Raͤume auf die Ausmeſſung von Linien zu reduciren. So eingeſchraͤnkt iſt aber die Bedeutung des Wortes Maaßſtab nicht, weil man uͤberhaupt dasjenige einen Maaßſtab nennet, wodurch eine Groͤße ausgemeſſen, und jeder Grad der Veraͤnderung in derſelben ange- zeiget werden kann, er mag nun von gleich vielen oder von wenigern Dimenſionen ſeyn. §. 760. Bey dieſer Allgemeinheit aber vermenget ſich die Bedeutung des Wortes Maaßſtab, mit der Bedeu- tung der Woͤrter Meßleiter, Scala, μετρον, wie es uͤberhaupt mit Woͤrtern geht, die ſtufenweiſe meta- phoriſch werden. Da es aber hier mehr um die Sa- che als um die Woͤrter zu thun iſt, ſo werden wir uns auch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/389
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/389>, abgerufen am 22.11.2024.