Man hat daher, um das Kennzeichen der Gleich- heit allgemeiner zu machen, statt des Begriffes vom Zusammenpassen, den Satz angenommen, daß Grö- ßen, die einander gleich sind, für einander gesetzt oder einander substituirt werden können (§. 142. Postul. 1.), und daß hinwiederum Größen gleich sind, wenn sie für einander können gesetzt werden, (§. 137. Axiom. 11.). Wir untersuchen hiebey nicht, wie fern der letztere von diesen Sätzen als eine Definition der Gleichheit gelten könne, wie ihn Wolf dafür ausgegeben. Der Begriff der Gleichheit ist an sich einfach, und läßt sich durch die Anzeige, wie wir dazu gelangen, besser und natürlicher klar machen, (§. 126. 136.). Und so wird man erst angeführten Satz immer als ein Kennzeichen der Gleichheit ansehen können, wel- ches für sich zureichet, ungeachtet statt dessen etwann auch andere gebraucht werden können. Wir werden daher vielmehr untersuchen, wie weit wir damit rei- chen? Dieses kömmt nun auf die Fragen an, 1°. wie die Größen für einander können gesetzt, oder einan- der substituirt werden; 2°. woran sich die Möglichkeit erkennen lasse, und 3°. wie man sich dabey versichere, daß wenn man die eine für die andere setzet, man we- der mehr noch minder setze, als diese war? Denn kann man in besondern Fällen diese Fragen nicht er- örtern, so fällt der Gebrauch dieses Kennzeichens weg, und die Größen bleiben unverglichen, oder man muß andere Kennzeichen gebrauchen.
§. 772.
Wir müssen hiebey die zween Fälle unterscheiden, ob man nämlich die Größen nur in dem Calcul ver- gleicht, oder ob man sie in der Sache selbst nimmt.
Denn
B b 5
Der Maaßſtab.
§. 771.
Man hat daher, um das Kennzeichen der Gleich- heit allgemeiner zu machen, ſtatt des Begriffes vom Zuſammenpaſſen, den Satz angenommen, daß Groͤ- ßen, die einander gleich ſind, fuͤr einander geſetzt oder einander ſubſtituirt werden koͤnnen (§. 142. Poſtul. 1.), und daß hinwiederum Groͤßen gleich ſind, wenn ſie fuͤr einander koͤnnen geſetzt werden, (§. 137. Axiom. 11.). Wir unterſuchen hiebey nicht, wie fern der letztere von dieſen Saͤtzen als eine Definition der Gleichheit gelten koͤnne, wie ihn Wolf dafuͤr ausgegeben. Der Begriff der Gleichheit iſt an ſich einfach, und laͤßt ſich durch die Anzeige, wie wir dazu gelangen, beſſer und natuͤrlicher klar machen, (§. 126. 136.). Und ſo wird man erſt angefuͤhrten Satz immer als ein Kennzeichen der Gleichheit anſehen koͤnnen, wel- ches fuͤr ſich zureichet, ungeachtet ſtatt deſſen etwann auch andere gebraucht werden koͤnnen. Wir werden daher vielmehr unterſuchen, wie weit wir damit rei- chen? Dieſes koͤmmt nun auf die Fragen an, 1°. wie die Groͤßen fuͤr einander koͤnnen geſetzt, oder einan- der ſubſtituirt werden; 2°. woran ſich die Moͤglichkeit erkennen laſſe, und 3°. wie man ſich dabey verſichere, daß wenn man die eine fuͤr die andere ſetzet, man we- der mehr noch minder ſetze, als dieſe war? Denn kann man in beſondern Faͤllen dieſe Fragen nicht er- oͤrtern, ſo faͤllt der Gebrauch dieſes Kennzeichens weg, und die Groͤßen bleiben unverglichen, oder man muß andere Kennzeichen gebrauchen.
§. 772.
Wir muͤſſen hiebey die zween Faͤlle unterſcheiden, ob man naͤmlich die Groͤßen nur in dem Calcul ver- gleicht, oder ob man ſie in der Sache ſelbſt nimmt.
Denn
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Der Maaßſtab.
§. 771.
Man hat daher, um das Kennzeichen der Gleich-
heit allgemeiner zu machen, ſtatt des Begriffes vom
Zuſammenpaſſen, den Satz angenommen, daß Groͤ-
ßen, die einander gleich ſind, fuͤr einander geſetzt oder
einander ſubſtituirt werden koͤnnen (§. 142. Poſtul. 1.),
und daß hinwiederum Groͤßen gleich ſind, wenn ſie
fuͤr einander koͤnnen geſetzt werden, (§. 137. Axiom. 11.).
Wir unterſuchen hiebey nicht, wie fern der letztere
von dieſen Saͤtzen als eine Definition der Gleichheit
gelten koͤnne, wie ihn Wolf dafuͤr ausgegeben.
Der Begriff der Gleichheit iſt an ſich einfach, und
laͤßt ſich durch die Anzeige, wie wir dazu gelangen,
beſſer und natuͤrlicher klar machen, (§. 126. 136.).
Und ſo wird man erſt angefuͤhrten Satz immer als
ein Kennzeichen der Gleichheit anſehen koͤnnen, wel-
ches fuͤr ſich zureichet, ungeachtet ſtatt deſſen etwann
auch andere gebraucht werden koͤnnen. Wir werden
daher vielmehr unterſuchen, wie weit wir damit rei-
chen? Dieſes koͤmmt nun auf die Fragen an, 1°. wie
die Groͤßen fuͤr einander koͤnnen geſetzt, oder einan-
der ſubſtituirt werden; 2°. woran ſich die Moͤglichkeit
erkennen laſſe, und 3°. wie man ſich dabey verſichere,
daß wenn man die eine fuͤr die andere ſetzet, man we-
der mehr noch minder ſetze, als dieſe war? Denn
kann man in beſondern Faͤllen dieſe Fragen nicht er-
oͤrtern, ſo faͤllt der Gebrauch dieſes Kennzeichens weg,
und die Groͤßen bleiben unverglichen, oder man muß
andere Kennzeichen gebrauchen.
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Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/401>, abgerufen am 22.11.2024.
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