Wie man aber auch immer zu dem Begriffe einer Größe und ihrer Veränderlichkeit gelanget, so muß man, um die Verhältnisse dieser Veränderungen zu finden, und zu Maaßstäben zu gelangen, bey dem Einfachen anfangen. Wir haben dieses Verfahren bereits oben (§. 706. 723.) angegeben, weil man, wenn jedes Einfache für sich betrachtet wird, dabey entweder absolute Einheiten oder Grade findet, die ganz einförmig von o bis ins Unendliche fortgehen. Man wird auch in denen Fällen, wo man unvermu- thet Einschränkungen oder ein nicht gleichförmiges Zunehmen einer Größe bemerket, immer finden, daß dabey das Einfache nicht gleich anfangs allein vor- genommen, und nach seinen Modificationen und Um- ständen betrachtet worden war. Was dieses nun sa- gen will, werden wir durch Beyspiele umständlicher aufklären und kenntlich machen, die wir im vorher- gehenden in dieser Absicht nur noch überhaupt ange- zeiget haben. So z. E. nimmt man den Satz an, die Dichtigkeit verhalte sich, wie die Menge der Ma- terie in gleichem Raume. Da die Materie oder das Solide jedes andere Solide von seinem Orte aus- schleußt, so wird unstreitig zur Aufhäufung desselben größerer Raum erfordert, und da ist die Frage, wie fern mit der Aufhäufung zugleich und in eben der Verhältniß der Raum anwachse? Man sieht leicht, daß dieses nur unter gewissen Bedingungen statt fin- det. Denn so geschieht es, wenn bey der Aufhäu- fung eine absolute Continuität der Materie erhalten wird, und folglich alle leere Zwischenräumchen weg- bleiben. Sodann geschieht es auch, wenn die Zwi- schenräumchen in gleicher Größe und Zerstreuung blei- ben, oder wenn die Größe in umgekehrter Verhältniß
der
Lamb. Archit.II.B. C c
Der Maaßſtab.
§. 778.
Wie man aber auch immer zu dem Begriffe einer Groͤße und ihrer Veraͤnderlichkeit gelanget, ſo muß man, um die Verhaͤltniſſe dieſer Veraͤnderungen zu finden, und zu Maaßſtaͤben zu gelangen, bey dem Einfachen anfangen. Wir haben dieſes Verfahren bereits oben (§. 706. 723.) angegeben, weil man, wenn jedes Einfache fuͤr ſich betrachtet wird, dabey entweder abſolute Einheiten oder Grade findet, die ganz einfoͤrmig von o bis ins Unendliche fortgehen. Man wird auch in denen Faͤllen, wo man unvermu- thet Einſchraͤnkungen oder ein nicht gleichfoͤrmiges Zunehmen einer Groͤße bemerket, immer finden, daß dabey das Einfache nicht gleich anfangs allein vor- genommen, und nach ſeinen Modificationen und Um- ſtaͤnden betrachtet worden war. Was dieſes nun ſa- gen will, werden wir durch Beyſpiele umſtaͤndlicher aufklaͤren und kenntlich machen, die wir im vorher- gehenden in dieſer Abſicht nur noch uͤberhaupt ange- zeiget haben. So z. E. nimmt man den Satz an, die Dichtigkeit verhalte ſich, wie die Menge der Ma- terie in gleichem Raume. Da die Materie oder das Solide jedes andere Solide von ſeinem Orte aus- ſchleußt, ſo wird unſtreitig zur Aufhaͤufung deſſelben groͤßerer Raum erfordert, und da iſt die Frage, wie fern mit der Aufhaͤufung zugleich und in eben der Verhaͤltniß der Raum anwachſe? Man ſieht leicht, daß dieſes nur unter gewiſſen Bedingungen ſtatt fin- det. Denn ſo geſchieht es, wenn bey der Aufhaͤu- fung eine abſolute Continuitaͤt der Materie erhalten wird, und folglich alle leere Zwiſchenraͤumchen weg- bleiben. Sodann geſchieht es auch, wenn die Zwi- ſchenraͤumchen in gleicher Groͤße und Zerſtreuung blei- ben, oder wenn die Groͤße in umgekehrter Verhaͤltniß
der
Lamb. Archit.II.B. C c
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0409"n="401"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Der Maaßſtab.</hi></fw><lb/><divn="3"><head>§. 778.</head><lb/><p>Wie man aber auch immer zu dem Begriffe einer<lb/>
Groͤße und ihrer Veraͤnderlichkeit gelanget, ſo muß<lb/>
man, um die Verhaͤltniſſe dieſer Veraͤnderungen zu<lb/>
finden, und zu Maaßſtaͤben zu gelangen, bey dem<lb/>
Einfachen anfangen. Wir haben dieſes Verfahren<lb/>
bereits oben (§. 706. 723.) angegeben, weil man,<lb/>
wenn jedes Einfache fuͤr ſich betrachtet wird, dabey<lb/>
entweder abſolute Einheiten oder Grade findet, die<lb/>
ganz einfoͤrmig von <hirendition="#aq">o</hi> bis ins Unendliche fortgehen.<lb/>
Man wird auch in denen Faͤllen, wo man unvermu-<lb/>
thet Einſchraͤnkungen oder ein nicht gleichfoͤrmiges<lb/>
Zunehmen einer Groͤße bemerket, immer finden, daß<lb/>
dabey das Einfache nicht gleich anfangs allein vor-<lb/>
genommen, und nach ſeinen Modificationen und Um-<lb/>ſtaͤnden betrachtet worden war. Was dieſes nun ſa-<lb/>
gen will, werden wir durch Beyſpiele umſtaͤndlicher<lb/>
aufklaͤren und kenntlich machen, die wir im vorher-<lb/>
gehenden in dieſer Abſicht nur noch uͤberhaupt ange-<lb/>
zeiget haben. So z. E. nimmt man den Satz an,<lb/>
die Dichtigkeit verhalte ſich, wie die Menge der Ma-<lb/>
terie in gleichem Raume. Da die Materie oder das<lb/>
Solide jedes andere Solide von ſeinem Orte aus-<lb/>ſchleußt, ſo wird unſtreitig zur Aufhaͤufung deſſelben<lb/>
groͤßerer Raum erfordert, und da iſt die Frage, wie<lb/>
fern mit der Aufhaͤufung zugleich und in eben der<lb/>
Verhaͤltniß der Raum anwachſe? Man ſieht leicht,<lb/>
daß dieſes nur unter gewiſſen Bedingungen ſtatt fin-<lb/>
det. Denn ſo geſchieht es, wenn bey der Aufhaͤu-<lb/>
fung eine abſolute Continuitaͤt der Materie erhalten<lb/>
wird, und folglich alle leere Zwiſchenraͤumchen weg-<lb/>
bleiben. Sodann geſchieht es auch, wenn die Zwi-<lb/>ſchenraͤumchen in gleicher Groͤße und Zerſtreuung blei-<lb/>
ben, oder wenn die Groͤße in umgekehrter Verhaͤltniß<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Lamb. Archit.</hi><hirendition="#aq">II.</hi><hirendition="#fr">B.</hi> C c</fw><fwplace="bottom"type="catch">der</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[401/0409]
Der Maaßſtab.
§. 778.
Wie man aber auch immer zu dem Begriffe einer
Groͤße und ihrer Veraͤnderlichkeit gelanget, ſo muß
man, um die Verhaͤltniſſe dieſer Veraͤnderungen zu
finden, und zu Maaßſtaͤben zu gelangen, bey dem
Einfachen anfangen. Wir haben dieſes Verfahren
bereits oben (§. 706. 723.) angegeben, weil man,
wenn jedes Einfache fuͤr ſich betrachtet wird, dabey
entweder abſolute Einheiten oder Grade findet, die
ganz einfoͤrmig von o bis ins Unendliche fortgehen.
Man wird auch in denen Faͤllen, wo man unvermu-
thet Einſchraͤnkungen oder ein nicht gleichfoͤrmiges
Zunehmen einer Groͤße bemerket, immer finden, daß
dabey das Einfache nicht gleich anfangs allein vor-
genommen, und nach ſeinen Modificationen und Um-
ſtaͤnden betrachtet worden war. Was dieſes nun ſa-
gen will, werden wir durch Beyſpiele umſtaͤndlicher
aufklaͤren und kenntlich machen, die wir im vorher-
gehenden in dieſer Abſicht nur noch uͤberhaupt ange-
zeiget haben. So z. E. nimmt man den Satz an,
die Dichtigkeit verhalte ſich, wie die Menge der Ma-
terie in gleichem Raume. Da die Materie oder das
Solide jedes andere Solide von ſeinem Orte aus-
ſchleußt, ſo wird unſtreitig zur Aufhaͤufung deſſelben
groͤßerer Raum erfordert, und da iſt die Frage, wie
fern mit der Aufhaͤufung zugleich und in eben der
Verhaͤltniß der Raum anwachſe? Man ſieht leicht,
daß dieſes nur unter gewiſſen Bedingungen ſtatt fin-
det. Denn ſo geſchieht es, wenn bey der Aufhaͤu-
fung eine abſolute Continuitaͤt der Materie erhalten
wird, und folglich alle leere Zwiſchenraͤumchen weg-
bleiben. Sodann geſchieht es auch, wenn die Zwi-
ſchenraͤumchen in gleicher Groͤße und Zerſtreuung blei-
ben, oder wenn die Groͤße in umgekehrter Verhaͤltniß
der
Lamb. Archit. II. B. C c
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Anlage zur Architectonic. Bd. 2. Riga, 1771, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_architectonic02_1771/409>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.