wie ferne Sie dabey Anlaß nehmen können, noch wei- ter zu gehen.
Die Hauptfrage scheint mir darauf anzukommen, ob die Sterne, so wir durch Fernröhren in der Milch- strasse sehen, wenigstens so weit von einander entfernt sind, als die nächsten Fixsterne von unserer Sonne? Denn wenn dieses ist, so wird bald ausgemacht seyn, daß sie in unbeschreiblich langen Reihen hinter einan- der liegen müssen. Ich nehme z. E. zween derglei- chen Sterne aus der Milchstrasse, die nur eine Se- cunde von einander entfernt scheinen. Setze ich, sie seyen von uns gleich weit weg, so hätte ich einen gleichschenklichten Triangel, dessen zwo längern Sei- ten einen Winkel von einer Secunde machen, die kür- zere aber der Abstand dieser beyden Sterne wäre. Die Trigonometrie giebt, daß jede der längern 206265mal grösser seyn müßte als diese. Diese ist aber wenigstens 500000mal grösser, als der Abstand der Erde von der Sonne. Daher müßten solche Ster- ne 200000mal 500000. oder 100000000000. das ist hundert tausend Millionenmal weiter von uns entfernt seyn als die Sonne. Da ich mir nicht vor- stellen kann, daß wir sie noch sollten sehen können, so schliesse ich lieber, daß die Sterne der Milchstrasse ent- weder näher bey einander, oder in langen Reihen hin- ter einander liegen müssen. Das erstere leuchtet mir nicht so wohl ein. Einmal würde ich gar keinen Grund finden, alle Sterne der Milchstrasse in eine gleiche Entfernung zu setzen, und wenn ich es auch
thun
Coſmologiſche Briefe
wie ferne Sie dabey Anlaß nehmen koͤnnen, noch wei- ter zu gehen.
Die Hauptfrage ſcheint mir darauf anzukommen, ob die Sterne, ſo wir durch Fernroͤhren in der Milch- ſtraſſe ſehen, wenigſtens ſo weit von einander entfernt ſind, als die naͤchſten Fixſterne von unſerer Sonne? Denn wenn dieſes iſt, ſo wird bald ausgemacht ſeyn, daß ſie in unbeſchreiblich langen Reihen hinter einan- der liegen muͤſſen. Ich nehme z. E. zween derglei- chen Sterne aus der Milchſtraſſe, die nur eine Se- cunde von einander entfernt ſcheinen. Setze ich, ſie ſeyen von uns gleich weit weg, ſo haͤtte ich einen gleichſchenklichten Triangel, deſſen zwo laͤngern Sei- ten einen Winkel von einer Secunde machen, die kuͤr- zere aber der Abſtand dieſer beyden Sterne waͤre. Die Trigonometrie giebt, daß jede der laͤngern 206265mal groͤſſer ſeyn muͤßte als dieſe. Dieſe iſt aber wenigſtens 500000mal groͤſſer, als der Abſtand der Erde von der Sonne. Daher muͤßten ſolche Ster- ne 200000mal 500000. oder 100000000000. das iſt hundert tauſend Millionenmal weiter von uns entfernt ſeyn als die Sonne. Da ich mir nicht vor- ſtellen kann, daß wir ſie noch ſollten ſehen koͤnnen, ſo ſchlieſſe ich lieber, daß die Sterne der Milchſtraſſe ent- weder naͤher bey einander, oder in langen Reihen hin- ter einander liegen muͤſſen. Das erſtere leuchtet mir nicht ſo wohl ein. Einmal wuͤrde ich gar keinen Grund finden, alle Sterne der Milchſtraſſe in eine gleiche Entfernung zu ſetzen, und wenn ich es auch
thun
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Coſmologiſche Briefe
wie ferne Sie dabey Anlaß nehmen koͤnnen, noch wei-
ter zu gehen.
Die Hauptfrage ſcheint mir darauf anzukommen,
ob die Sterne, ſo wir durch Fernroͤhren in der Milch-
ſtraſſe ſehen, wenigſtens ſo weit von einander entfernt
ſind, als die naͤchſten Fixſterne von unſerer Sonne?
Denn wenn dieſes iſt, ſo wird bald ausgemacht ſeyn,
daß ſie in unbeſchreiblich langen Reihen hinter einan-
der liegen muͤſſen. Ich nehme z. E. zween derglei-
chen Sterne aus der Milchſtraſſe, die nur eine Se-
cunde von einander entfernt ſcheinen. Setze ich, ſie
ſeyen von uns gleich weit weg, ſo haͤtte ich einen
gleichſchenklichten Triangel, deſſen zwo laͤngern Sei-
ten einen Winkel von einer Secunde machen, die kuͤr-
zere aber der Abſtand dieſer beyden Sterne waͤre.
Die Trigonometrie giebt, daß jede der laͤngern
206265mal groͤſſer ſeyn muͤßte als dieſe. Dieſe iſt
aber wenigſtens 500000mal groͤſſer, als der Abſtand
der Erde von der Sonne. Daher muͤßten ſolche Ster-
ne 200000mal 500000. oder 100000000000.
das iſt hundert tauſend Millionenmal weiter von uns
entfernt ſeyn als die Sonne. Da ich mir nicht vor-
ſtellen kann, daß wir ſie noch ſollten ſehen koͤnnen, ſo
ſchlieſſe ich lieber, daß die Sterne der Milchſtraſſe ent-
weder naͤher bey einander, oder in langen Reihen hin-
ter einander liegen muͤſſen. Das erſtere leuchtet mir
nicht ſo wohl ein. Einmal wuͤrde ich gar keinen
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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/171>, abgerufen am 24.11.2024.
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