Wenn ich nun hieraus schliesse, das unsern Au- gen sichtbare Sterngebäude seye nicht sphärisch, son- dern sehr flach und abgeplattet, so ist dieser Schluß weiter nichts als eine Anwendung bekannter geometri- scher Sätze. Sie, mein Herr, haben die Sache durch Ihren illuminirten Platz so deutlich gemacht, daß ich nur nicht nöthig habe, mich lange dabey auf- zuhalten. Die Absonderung der Milchstrasse von un- serm System haben Sie dadurch ebenfalls erläutert, und ich glaube nicht, daß Sie Schwierigkeiten finden werden, wenn ich die ganze Milchstrasse in solche klei- nere Systemen eintheile, die in derselben hinter einan- der liegen. Die Anzahl solcher Systemen bestimme ich nicht, sie muß aber allem Ansehen nach unbeschreib- lich groß seyn. Ich habe dieses schon in meinem letz- ten Schreiben aus der Analogie geschlossen, da ich bey dem System des Jupiters anfieng, von diesem zu dem System unserer Sonne, und von diesem zu un- serm Fixsternensystem fortschritte. Anzahl, Raum, Grösse und Zeit wächßt mit einander.
Sodann, da ich unser Fixsternensystem von de- nen, so in der Milchstrasse erscheinen, absöndere, so lasse ich auch zwischen diesen einen ähnlichen Zwischen- raum. Sie liegen ungefehr in einer Fläche. Da- her kann ich nicht mehr als sechs annehmen, die zu- nächst um uns sind, wenn ich ihren Abstand von ein- ander ungefehr gleich setze. Die übrigen alle muß ich nach und nach weiter hinaus rücken. Der scheinbare Diameter der nächsten Systemen der Milchstrasse mag
kaum
Coſmologiſche Briefe
Wenn ich nun hieraus ſchlieſſe, das unſern Au- gen ſichtbare Sterngebaͤude ſeye nicht ſphaͤriſch, ſon- dern ſehr flach und abgeplattet, ſo iſt dieſer Schluß weiter nichts als eine Anwendung bekannter geometri- ſcher Saͤtze. Sie, mein Herr, haben die Sache durch Ihren illuminirten Platz ſo deutlich gemacht, daß ich nur nicht noͤthig habe, mich lange dabey auf- zuhalten. Die Abſonderung der Milchſtraſſe von un- ſerm Syſtem haben Sie dadurch ebenfalls erlaͤutert, und ich glaube nicht, daß Sie Schwierigkeiten finden werden, wenn ich die ganze Milchſtraſſe in ſolche klei- nere Syſtemen eintheile, die in derſelben hinter einan- der liegen. Die Anzahl ſolcher Syſtemen beſtimme ich nicht, ſie muß aber allem Anſehen nach unbeſchreib- lich groß ſeyn. Ich habe dieſes ſchon in meinem letz- ten Schreiben aus der Analogie geſchloſſen, da ich bey dem Syſtem des Jupiters anfieng, von dieſem zu dem Syſtem unſerer Sonne, und von dieſem zu un- ſerm Fixſternenſyſtem fortſchritte. Anzahl, Raum, Groͤſſe und Zeit waͤchßt mit einander.
Sodann, da ich unſer Fixſternenſyſtem von de- nen, ſo in der Milchſtraſſe erſcheinen, abſoͤndere, ſo laſſe ich auch zwiſchen dieſen einen aͤhnlichen Zwiſchen- raum. Sie liegen ungefehr in einer Flaͤche. Da- her kann ich nicht mehr als ſechs annehmen, die zu- naͤchſt um uns ſind, wenn ich ihren Abſtand von ein- ander ungefehr gleich ſetze. Die uͤbrigen alle muß ich nach und nach weiter hinaus ruͤcken. Der ſcheinbare Diameter der naͤchſten Syſtemen der Milchſtraſſe mag
kaum
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0191"n="158"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Coſmologiſche Briefe</hi></fw><lb/><p>Wenn ich nun hieraus ſchlieſſe, das unſern Au-<lb/>
gen ſichtbare Sterngebaͤude ſeye nicht ſphaͤriſch, ſon-<lb/>
dern ſehr flach und abgeplattet, ſo iſt dieſer Schluß<lb/>
weiter nichts als eine Anwendung bekannter geometri-<lb/>ſcher Saͤtze. Sie, mein Herr, haben die Sache<lb/>
durch Ihren illuminirten Platz ſo deutlich gemacht,<lb/>
daß ich nur nicht noͤthig habe, mich lange dabey auf-<lb/>
zuhalten. Die Abſonderung der Milchſtraſſe von un-<lb/>ſerm Syſtem haben Sie dadurch ebenfalls erlaͤutert,<lb/>
und ich glaube nicht, daß Sie Schwierigkeiten finden<lb/>
werden, wenn ich die ganze Milchſtraſſe in ſolche klei-<lb/>
nere Syſtemen eintheile, die in derſelben hinter einan-<lb/>
der liegen. Die Anzahl ſolcher Syſtemen beſtimme<lb/>
ich nicht, ſie muß aber allem Anſehen nach unbeſchreib-<lb/>
lich groß ſeyn. Ich habe dieſes ſchon in meinem letz-<lb/>
ten Schreiben aus der <hirendition="#aq">Analogie</hi> geſchloſſen, da ich<lb/>
bey dem Syſtem des Jupiters anfieng, von dieſem zu<lb/>
dem Syſtem unſerer Sonne, und von dieſem zu un-<lb/>ſerm Fixſternenſyſtem fortſchritte. Anzahl, Raum,<lb/>
Groͤſſe und Zeit waͤchßt mit einander.</p><lb/><p>Sodann, da ich unſer Fixſternenſyſtem von de-<lb/>
nen, ſo in der Milchſtraſſe erſcheinen, abſoͤndere, ſo<lb/>
laſſe ich auch zwiſchen dieſen einen aͤhnlichen Zwiſchen-<lb/>
raum. Sie liegen ungefehr in einer Flaͤche. Da-<lb/>
her kann ich nicht mehr als ſechs annehmen, die zu-<lb/>
naͤchſt um uns ſind, wenn ich ihren Abſtand von ein-<lb/>
ander ungefehr gleich ſetze. Die uͤbrigen alle muß ich<lb/>
nach und nach weiter hinaus ruͤcken. Der ſcheinbare<lb/>
Diameter der naͤchſten Syſtemen der Milchſtraſſe mag<lb/><fwplace="bottom"type="catch">kaum</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[158/0191]
Coſmologiſche Briefe
Wenn ich nun hieraus ſchlieſſe, das unſern Au-
gen ſichtbare Sterngebaͤude ſeye nicht ſphaͤriſch, ſon-
dern ſehr flach und abgeplattet, ſo iſt dieſer Schluß
weiter nichts als eine Anwendung bekannter geometri-
ſcher Saͤtze. Sie, mein Herr, haben die Sache
durch Ihren illuminirten Platz ſo deutlich gemacht,
daß ich nur nicht noͤthig habe, mich lange dabey auf-
zuhalten. Die Abſonderung der Milchſtraſſe von un-
ſerm Syſtem haben Sie dadurch ebenfalls erlaͤutert,
und ich glaube nicht, daß Sie Schwierigkeiten finden
werden, wenn ich die ganze Milchſtraſſe in ſolche klei-
nere Syſtemen eintheile, die in derſelben hinter einan-
der liegen. Die Anzahl ſolcher Syſtemen beſtimme
ich nicht, ſie muß aber allem Anſehen nach unbeſchreib-
lich groß ſeyn. Ich habe dieſes ſchon in meinem letz-
ten Schreiben aus der Analogie geſchloſſen, da ich
bey dem Syſtem des Jupiters anfieng, von dieſem zu
dem Syſtem unſerer Sonne, und von dieſem zu un-
ſerm Fixſternenſyſtem fortſchritte. Anzahl, Raum,
Groͤſſe und Zeit waͤchßt mit einander.
Sodann, da ich unſer Fixſternenſyſtem von de-
nen, ſo in der Milchſtraſſe erſcheinen, abſoͤndere, ſo
laſſe ich auch zwiſchen dieſen einen aͤhnlichen Zwiſchen-
raum. Sie liegen ungefehr in einer Flaͤche. Da-
her kann ich nicht mehr als ſechs annehmen, die zu-
naͤchſt um uns ſind, wenn ich ihren Abſtand von ein-
ander ungefehr gleich ſetze. Die uͤbrigen alle muß ich
nach und nach weiter hinaus ruͤcken. Der ſcheinbare
Diameter der naͤchſten Syſtemen der Milchſtraſſe mag
kaum
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/191>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.