Ihr geschätztestes Schreiben, mein Herr, ist eine mir sehr erfreuliche Probe, daß Sie grosse Schritte thun, um den Weg durch das Firma- ment zurück zu legen, und in einer so würdigen Bahn immer weiter zu gehen. Sie fühlen den ganzen Nach- druck der Ovidischen Worte:
Os homini sublime dedit, caelumque tueri Iussit et ere[c]tos ad sidera tollere vultus.
In der That ist auch nichts dem Menschen anständiger, als daß er auch dahin sehe, wohin die Natur seine Au- gen gerichtet, und die Stelle kennen lerne, die ihme der Allerweiseste in der Welt angewiesen. So klein wir in der Betrachtung dieses unermeßlichen Gebäu- des unsern Körper finden, so groß wird unser Geist, wenn wir uns gewöhnen, ihn durch das ganze Firma- ment auszubreiten, und von solchen Grössen auf die Grösse und Majestät des Schöpfers zu schliessen. Sie wissen, mein Herr, in allem Umfange, was dieses sa- gen will, und räumen der Astronomie unter den menschlichen Wissenschaften die erste Würde ein, weil sie, und was dahin dient, die einige ist, die durch alle Ewigkeiten fortdauert, und die Himmel auch nach dem Tode uns die Ehre GOttes erzählen, und die Veste seiner Hände Werk uns verkündigen solle.
Ich wende mich mit Vergnügen zu der Untersu-
chung
M
uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
Vierzehnter Brief.
Ihr geſchaͤtzteſtes Schreiben, mein Herr, iſt eine mir ſehr erfreuliche Probe, daß Sie groſſe Schritte thun, um den Weg durch das Firma- ment zuruͤck zu legen, und in einer ſo wuͤrdigen Bahn immer weiter zu gehen. Sie fuͤhlen den ganzen Nach- druck der Ovidiſchen Worte:
Os homini ſublime dedit, caelumque tueri Iuſſit et ere[c]tos ad ſidera tollere vultus.
In der That iſt auch nichts dem Menſchen anſtaͤndiger, als daß er auch dahin ſehe, wohin die Natur ſeine Au- gen gerichtet, und die Stelle kennen lerne, die ihme der Allerweiſeſte in der Welt angewieſen. So klein wir in der Betrachtung dieſes unermeßlichen Gebaͤu- des unſern Koͤrper finden, ſo groß wird unſer Geiſt, wenn wir uns gewoͤhnen, ihn durch das ganze Firma- ment auszubreiten, und von ſolchen Groͤſſen auf die Groͤſſe und Majeſtaͤt des Schoͤpfers zu ſchlieſſen. Sie wiſſen, mein Herr, in allem Umfange, was dieſes ſa- gen will, und raͤumen der Aſtronomie unter den menſchlichen Wiſſenſchaften die erſte Wuͤrde ein, weil ſie, und was dahin dient, die einige iſt, die durch alle Ewigkeiten fortdauert, und die Himmel auch nach dem Tode uns die Ehre GOttes erzaͤhlen, und die Veſte ſeiner Haͤnde Werk uns verkuͤndigen ſolle.
Ich wende mich mit Vergnuͤgen zu der Unterſu-
chung
M
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0210"n="177"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">uͤber die Einrichtung des Weltbaues.</hi></fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b">Vierzehnter Brief.</hi></head><lb/><p><hirendition="#in">I</hi>hr geſchaͤtzteſtes Schreiben, mein Herr, iſt eine<lb/><hirendition="#et">mir ſehr erfreuliche Probe, daß Sie groſſe<lb/>
Schritte thun, um den Weg durch das Firma-</hi><lb/>
ment zuruͤck zu legen, und in einer ſo wuͤrdigen Bahn<lb/>
immer weiter zu gehen. Sie fuͤhlen den ganzen Nach-<lb/>
druck der Ovidiſchen Worte:</p><lb/><cit><quote><hirendition="#aq">Os homini ſublime dedit, caelumque tueri<lb/>
Iuſſit et ere<supplied>c</supplied>tos ad ſidera tollere vultus.</hi></quote><bibl/></cit><lb/><p>In der That iſt auch nichts dem Menſchen anſtaͤndiger,<lb/>
als daß er auch dahin ſehe, wohin die Natur ſeine Au-<lb/>
gen gerichtet, und die Stelle kennen lerne, die ihme<lb/>
der Allerweiſeſte in der Welt angewieſen. So klein<lb/>
wir in der Betrachtung dieſes unermeßlichen Gebaͤu-<lb/>
des unſern Koͤrper finden, ſo groß wird unſer Geiſt,<lb/>
wenn wir uns gewoͤhnen, ihn durch das ganze Firma-<lb/>
ment auszubreiten, und von ſolchen Groͤſſen auf die<lb/>
Groͤſſe und Majeſtaͤt des Schoͤpfers zu ſchlieſſen. Sie<lb/>
wiſſen, mein Herr, in allem Umfange, was dieſes ſa-<lb/>
gen will, und raͤumen der <hirendition="#aq">Aſtronomie</hi> unter den<lb/>
menſchlichen Wiſſenſchaften die erſte Wuͤrde ein, weil<lb/>ſie, und was dahin dient, die einige iſt, die durch alle<lb/>
Ewigkeiten fortdauert, und die Himmel auch nach dem<lb/>
Tode uns die Ehre GOttes erzaͤhlen, und die Veſte<lb/>ſeiner Haͤnde Werk uns verkuͤndigen ſolle.</p><lb/><p>Ich wende mich mit Vergnuͤgen zu der Unterſu-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M</fw><fwplace="bottom"type="catch">chung</fw></p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[177/0210]
uͤber die Einrichtung des Weltbaues.
Vierzehnter Brief.
Ihr geſchaͤtzteſtes Schreiben, mein Herr, iſt eine
mir ſehr erfreuliche Probe, daß Sie groſſe
Schritte thun, um den Weg durch das Firma-
ment zuruͤck zu legen, und in einer ſo wuͤrdigen Bahn
immer weiter zu gehen. Sie fuͤhlen den ganzen Nach-
druck der Ovidiſchen Worte:
Os homini ſublime dedit, caelumque tueri
Iuſſit et erectos ad ſidera tollere vultus.
In der That iſt auch nichts dem Menſchen anſtaͤndiger,
als daß er auch dahin ſehe, wohin die Natur ſeine Au-
gen gerichtet, und die Stelle kennen lerne, die ihme
der Allerweiſeſte in der Welt angewieſen. So klein
wir in der Betrachtung dieſes unermeßlichen Gebaͤu-
des unſern Koͤrper finden, ſo groß wird unſer Geiſt,
wenn wir uns gewoͤhnen, ihn durch das ganze Firma-
ment auszubreiten, und von ſolchen Groͤſſen auf die
Groͤſſe und Majeſtaͤt des Schoͤpfers zu ſchlieſſen. Sie
wiſſen, mein Herr, in allem Umfange, was dieſes ſa-
gen will, und raͤumen der Aſtronomie unter den
menſchlichen Wiſſenſchaften die erſte Wuͤrde ein, weil
ſie, und was dahin dient, die einige iſt, die durch alle
Ewigkeiten fortdauert, und die Himmel auch nach dem
Tode uns die Ehre GOttes erzaͤhlen, und die Veſte
ſeiner Haͤnde Werk uns verkuͤndigen ſolle.
Ich wende mich mit Vergnuͤgen zu der Unterſu-
chung
M
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/210>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.