Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

Bild:
<< vorherige Seite
Cosmologische Briefe

Die übrigen Absichten, in welchen Sie, mein
Herr, die Halleysche Tafel durchgangen haben, sind
wegen der Sichtbarkeit nicht so vielen Schwierig-
keiten unterworfen. Sie haben die allgemeinen Ge-
setze für jedes Bestimmungsstück genau entwickelt, und
ich gestehe Ihnen, daß ich ehender vermuthet hätte,
Halleys Tafel würde noch viel beträchtlicher davon
abweichen, weil sie nur 21. Cometen enthält. Sie
bekräftigen also das allgemeine Gesetz, daß ihre Bah-
nen alle möglichen Lagen haben, auf eine solche Art,
daß jeder Zweifel dawider nothwendig unerheblich
wird. Ich achte es für unnöthig, die Unwahrschein-
lichkeit auszurechnen, die Sie hiebey vorgeschlagen ha-
ben, weil sie so, wie Sie, mein Herr, die Frage vor-
stellen, von sich selbsten und eben so stark in die Augen
fällt. Denn nehmen Sie an, die wirkliche Austhei-
lung aller Cometen richte sich nach einem andern Gese-
tze, so könnte es zwar seyn, daß die 21. Cometen der
Halleyschen Tafel mehr oder minder davon abweichen,
aber diese Abweichung würde ganz unordentlich seyn,
und man würde nothwendig diese 21. haben auslesen
müssen, damit sie sich nach sechs besondern und von
den wahren verschiedenen Gesetzen richten müßten. Ich
sehe es demnach so gut als ausgemacht an, daß Ihre
Betrachtungen über Halleys Tafel desto genauer wer-
den befunden werden, je mehr man sie nach und nach
zur Vollständigkeit bringen wird.

Daß aber übrigens hiebey eine Berechnung der
Wahrscheinlichkeit vorkomme, ist allerdings unstreitig,

und
Coſmologiſche Briefe

Die uͤbrigen Abſichten, in welchen Sie, mein
Herr, die Halleyſche Tafel durchgangen haben, ſind
wegen der Sichtbarkeit nicht ſo vielen Schwierig-
keiten unterworfen. Sie haben die allgemeinen Ge-
ſetze fuͤr jedes Beſtimmungsſtuͤck genau entwickelt, und
ich geſtehe Ihnen, daß ich ehender vermuthet haͤtte,
Halleys Tafel wuͤrde noch viel betraͤchtlicher davon
abweichen, weil ſie nur 21. Cometen enthaͤlt. Sie
bekraͤftigen alſo das allgemeine Geſetz, daß ihre Bah-
nen alle moͤglichen Lagen haben, auf eine ſolche Art,
daß jeder Zweifel dawider nothwendig unerheblich
wird. Ich achte es fuͤr unnoͤthig, die Unwahrſchein-
lichkeit auszurechnen, die Sie hiebey vorgeſchlagen ha-
ben, weil ſie ſo, wie Sie, mein Herr, die Frage vor-
ſtellen, von ſich ſelbſten und eben ſo ſtark in die Augen
faͤllt. Denn nehmen Sie an, die wirkliche Austhei-
lung aller Cometen richte ſich nach einem andern Geſe-
tze, ſo koͤnnte es zwar ſeyn, daß die 21. Cometen der
Halleyſchen Tafel mehr oder minder davon abweichen,
aber dieſe Abweichung wuͤrde ganz unordentlich ſeyn,
und man wuͤrde nothwendig dieſe 21. haben ausleſen
muͤſſen, damit ſie ſich nach ſechs beſondern und von
den wahren verſchiedenen Geſetzen richten muͤßten. Ich
ſehe es demnach ſo gut als ausgemacht an, daß Ihre
Betrachtungen uͤber Halleys Tafel deſto genauer wer-
den befunden werden, je mehr man ſie nach und nach
zur Vollſtaͤndigkeit bringen wird.

Daß aber uͤbrigens hiebey eine Berechnung der
Wahrſcheinlichkeit vorkomme, iſt allerdings unſtreitig,

und
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0259" n="226"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Co&#x017F;mologi&#x017F;che Briefe</hi> </fw><lb/>
          <p>Die u&#x0364;brigen Ab&#x017F;ichten, in welchen Sie, mein<lb/>
Herr, die Halley&#x017F;che Tafel durchgangen haben, &#x017F;ind<lb/>
wegen der Sichtbarkeit nicht &#x017F;o vielen Schwierig-<lb/>
keiten unterworfen. Sie haben die allgemeinen Ge-<lb/>
&#x017F;etze fu&#x0364;r jedes Be&#x017F;timmungs&#x017F;tu&#x0364;ck genau entwickelt, und<lb/>
ich ge&#x017F;tehe Ihnen, daß ich ehender vermuthet ha&#x0364;tte,<lb/><hi rendition="#fr">Halleys</hi> Tafel wu&#x0364;rde noch viel betra&#x0364;chtlicher davon<lb/>
abweichen, weil &#x017F;ie nur 21. Cometen entha&#x0364;lt. Sie<lb/>
bekra&#x0364;ftigen al&#x017F;o das allgemeine Ge&#x017F;etz, daß ihre Bah-<lb/>
nen alle mo&#x0364;glichen Lagen haben, auf eine &#x017F;olche Art,<lb/>
daß jeder Zweifel dawider nothwendig unerheblich<lb/>
wird. Ich achte es fu&#x0364;r unno&#x0364;thig, die Unwahr&#x017F;chein-<lb/>
lichkeit auszurechnen, die Sie hiebey vorge&#x017F;chlagen ha-<lb/>
ben, weil &#x017F;ie &#x017F;o, wie Sie, mein Herr, die Frage vor-<lb/>
&#x017F;tellen, von &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;ten und eben &#x017F;o &#x017F;tark in die Augen<lb/>
fa&#x0364;llt. Denn nehmen Sie an, die wirkliche Austhei-<lb/>
lung aller Cometen richte &#x017F;ich nach einem andern Ge&#x017F;e-<lb/>
tze, &#x017F;o ko&#x0364;nnte es zwar &#x017F;eyn, daß die 21. Cometen der<lb/>
Halley&#x017F;chen Tafel mehr oder minder davon abweichen,<lb/>
aber die&#x017F;e Abweichung wu&#x0364;rde ganz unordentlich &#x017F;eyn,<lb/>
und man wu&#x0364;rde nothwendig die&#x017F;e 21. haben ausle&#x017F;en<lb/>
mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, damit &#x017F;ie &#x017F;ich nach &#x017F;echs be&#x017F;ondern und von<lb/>
den wahren ver&#x017F;chiedenen Ge&#x017F;etzen richten mu&#x0364;ßten. Ich<lb/>
&#x017F;ehe es demnach &#x017F;o gut als ausgemacht an, daß Ihre<lb/>
Betrachtungen u&#x0364;ber Halleys Tafel de&#x017F;to genauer wer-<lb/>
den befunden werden, je mehr man &#x017F;ie nach und nach<lb/>
zur Voll&#x017F;ta&#x0364;ndigkeit bringen wird.</p><lb/>
          <p>Daß aber u&#x0364;brigens hiebey eine Berechnung der<lb/>
Wahr&#x017F;cheinlichkeit vorkomme, i&#x017F;t allerdings un&#x017F;treitig,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">und</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0259] Coſmologiſche Briefe Die uͤbrigen Abſichten, in welchen Sie, mein Herr, die Halleyſche Tafel durchgangen haben, ſind wegen der Sichtbarkeit nicht ſo vielen Schwierig- keiten unterworfen. Sie haben die allgemeinen Ge- ſetze fuͤr jedes Beſtimmungsſtuͤck genau entwickelt, und ich geſtehe Ihnen, daß ich ehender vermuthet haͤtte, Halleys Tafel wuͤrde noch viel betraͤchtlicher davon abweichen, weil ſie nur 21. Cometen enthaͤlt. Sie bekraͤftigen alſo das allgemeine Geſetz, daß ihre Bah- nen alle moͤglichen Lagen haben, auf eine ſolche Art, daß jeder Zweifel dawider nothwendig unerheblich wird. Ich achte es fuͤr unnoͤthig, die Unwahrſchein- lichkeit auszurechnen, die Sie hiebey vorgeſchlagen ha- ben, weil ſie ſo, wie Sie, mein Herr, die Frage vor- ſtellen, von ſich ſelbſten und eben ſo ſtark in die Augen faͤllt. Denn nehmen Sie an, die wirkliche Austhei- lung aller Cometen richte ſich nach einem andern Geſe- tze, ſo koͤnnte es zwar ſeyn, daß die 21. Cometen der Halleyſchen Tafel mehr oder minder davon abweichen, aber dieſe Abweichung wuͤrde ganz unordentlich ſeyn, und man wuͤrde nothwendig dieſe 21. haben ausleſen muͤſſen, damit ſie ſich nach ſechs beſondern und von den wahren verſchiedenen Geſetzen richten muͤßten. Ich ſehe es demnach ſo gut als ausgemacht an, daß Ihre Betrachtungen uͤber Halleys Tafel deſto genauer wer- den befunden werden, je mehr man ſie nach und nach zur Vollſtaͤndigkeit bringen wird. Daß aber uͤbrigens hiebey eine Berechnung der Wahrſcheinlichkeit vorkomme, iſt allerdings unſtreitig, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/259
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/259>, abgerufen am 23.11.2024.