mels müssen gebracht werden. Diß geschieht durch eine Uebersetzung aus jeder astronomischen Sprache in die gemeine. Ruht die Sonne, so haben wir es mit unsern Planeten, Satelliten und Cometen zu thun, und sprechen von Ellipsen und Hyperbeln allein. Soll es weiter gehen, so geht es unsere benachbarten Son- nen oder Fixsternen an, da kommen neue Ellipsen und Hyperbeln, und die Sprache dehnt sich auf Cycloiden vom ersten Grade aus. Auf diese werden die vom zweyten, dritten und den folgenden Graden kommen.
Aber ich kehre wieder auf meine erste Frage zu- rück, ob wir nun Copernicanisch sind, oder wie es da- mit gehe? Wenn ich mir die Sache recht vorstelle, so wird es dahinaus laufen. Ptolomäus bliebe bey der popularen oder gemeinen Sprache. Copernicus fieng an, den ersten Schritt zu thun, und lehrte uns die Buchstaben der ersten astronomischen Sprache kennen. Aber er wußte nicht, daß sie nur hypothetisch ware, und uns durch viele Stuffen erst zu der wahren füh- ren würde. Tycho Brahe versah sich dabey, und ver- wechselte den Vocal mit einem Consonanten, allein man fand bald, daß die Aussprache dabey litte, und gar nicht fliessend ware. Kepler und Newton hoben diese Verwechslung vollends auf, und fanden Mittel, die bis dahin noch etwas rohe Sprache zu ihrer wah- ren Feinheit zu bringen, und ihre Heldengedichte nach der Mythologie ihrer Zeiten einzurichten. Allein die Zeiten ändern sich, und unsere nächsten Nachkommen werden diese Sprache nur noch in Gedichten gelten
lassen,
Coſmologiſche Briefe
mels muͤſſen gebracht werden. Diß geſchieht durch eine Ueberſetzung aus jeder aſtronomiſchen Sprache in die gemeine. Ruht die Sonne, ſo haben wir es mit unſern Planeten, Satelliten und Cometen zu thun, und ſprechen von Ellipſen und Hyperbeln allein. Soll es weiter gehen, ſo geht es unſere benachbarten Son- nen oder Fixſternen an, da kommen neue Ellipſen und Hyperbeln, und die Sprache dehnt ſich auf Cycloiden vom erſten Grade aus. Auf dieſe werden die vom zweyten, dritten und den folgenden Graden kommen.
Aber ich kehre wieder auf meine erſte Frage zu- ruͤck, ob wir nun Copernicaniſch ſind, oder wie es da- mit gehe? Wenn ich mir die Sache recht vorſtelle, ſo wird es dahinaus laufen. Ptolomaͤus bliebe bey der popularen oder gemeinen Sprache. Copernicus fieng an, den erſten Schritt zu thun, und lehrte uns die Buchſtaben der erſten aſtronomiſchen Sprache kennen. Aber er wußte nicht, daß ſie nur hypothetiſch ware, und uns durch viele Stuffen erſt zu der wahren fuͤh- ren wuͤrde. Tycho Brahe verſah ſich dabey, und ver- wechſelte den Vocal mit einem Conſonanten, allein man fand bald, daß die Ausſprache dabey litte, und gar nicht flieſſend ware. Kepler und Newton hoben dieſe Verwechslung vollends auf, und fanden Mittel, die bis dahin noch etwas rohe Sprache zu ihrer wah- ren Feinheit zu bringen, und ihre Heldengedichte nach der Mythologie ihrer Zeiten einzurichten. Allein die Zeiten aͤndern ſich, und unſere naͤchſten Nachkommen werden dieſe Sprache nur noch in Gedichten gelten
laſſen,
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Coſmologiſche Briefe
mels muͤſſen gebracht werden. Diß geſchieht durch
eine Ueberſetzung aus jeder aſtronomiſchen Sprache in
die gemeine. Ruht die Sonne, ſo haben wir es mit
unſern Planeten, Satelliten und Cometen zu thun,
und ſprechen von Ellipſen und Hyperbeln allein. Soll
es weiter gehen, ſo geht es unſere benachbarten Son-
nen oder Fixſternen an, da kommen neue Ellipſen und
Hyperbeln, und die Sprache dehnt ſich auf Cycloiden
vom erſten Grade aus. Auf dieſe werden die vom
zweyten, dritten und den folgenden Graden kommen.
Aber ich kehre wieder auf meine erſte Frage zu-
ruͤck, ob wir nun Copernicaniſch ſind, oder wie es da-
mit gehe? Wenn ich mir die Sache recht vorſtelle, ſo
wird es dahinaus laufen. Ptolomaͤus bliebe bey der
popularen oder gemeinen Sprache. Copernicus fieng
an, den erſten Schritt zu thun, und lehrte uns die
Buchſtaben der erſten aſtronomiſchen Sprache kennen.
Aber er wußte nicht, daß ſie nur hypothetiſch ware,
und uns durch viele Stuffen erſt zu der wahren fuͤh-
ren wuͤrde. Tycho Brahe verſah ſich dabey, und ver-
wechſelte den Vocal mit einem Conſonanten, allein man
fand bald, daß die Ausſprache dabey litte, und gar
nicht flieſſend ware. Kepler und Newton hoben
dieſe Verwechslung vollends auf, und fanden Mittel,
die bis dahin noch etwas rohe Sprache zu ihrer wah-
ren Feinheit zu bringen, und ihre Heldengedichte nach
der Mythologie ihrer Zeiten einzurichten. Allein die
Zeiten aͤndern ſich, und unſere naͤchſten Nachkommen
werden dieſe Sprache nur noch in Gedichten gelten
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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/307>, abgerufen am 16.06.2024.
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