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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761.

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Cosmologische Briefe
gebenem Range ruht, oder in einer Ellipse läuft.
Und so machen wir es in dem Copernicanischen
System, wo wir die Sonne in Ruhe setzen, da-
mit Planeten und Cometen in Ellipsen laufen mö-
gen.

Was Sie, mein Herr, von der Figur der
Athmosphaere der Sonne sagen, scheint mir der Un-
tersuchung würdig zu seyn. Von verschiedenen Be-
schreibungen, die ich davon gelesen, giebt mir noch
keine einen zureichenden Grund, warum ihr äusserster
Stand oder die Spitze des Zodiacal-Lichtes über
100. Grad von der Sonne abstehen könne, und so
deutlich abgeschnitten erscheine, wenn seine wahre Fi-
gur circular und der Sonne concentrisch seyn sollte.
Hingegen sollte sich diese durch die Tangenten, die
Sie ziehen, ordentlicher bestimmen lassen, und wo
ich mich recht entsinne, hat man bereits angemerkt,
daß sich die scheinbare Gestalt des Zodiacal-Lichtes
sehr nach unsern Jahrszeiten richtet. Ich glaube
aber, daß wir in Europa dasselbe niemals in jeden
Theilen seines Umfanges sehen. Im Herbste sieht
man es nur des Morgens, im Frühlinge nur des A-
bends, folglich beyde male nur den Theil, der gegen
den Colur der Sommersonnenwende liegt. Im
Winter wird es Morgens und Abends, und folglich
der Theil gesehen, der gegen die beyden Aequino-
[c]tial-
Puncte des Thierkreyses hinaus geht. Der
vierte Theil, welcher gegen den Steinbock liegt, kömmt
uns nicht zu Gesichte, und im Sommer, wenn nem-

lich

Coſmologiſche Briefe
gebenem Range ruht, oder in einer Ellipſe laͤuft.
Und ſo machen wir es in dem Copernicaniſchen
Syſtem, wo wir die Sonne in Ruhe ſetzen, da-
mit Planeten und Cometen in Ellipſen laufen moͤ-
gen.

Was Sie, mein Herr, von der Figur der
Athmoſphære der Sonne ſagen, ſcheint mir der Un-
terſuchung wuͤrdig zu ſeyn. Von verſchiedenen Be-
ſchreibungen, die ich davon geleſen, giebt mir noch
keine einen zureichenden Grund, warum ihr aͤuſſerſter
Stand oder die Spitze des Zodiacal-Lichtes uͤber
100. Grad von der Sonne abſtehen koͤnne, und ſo
deutlich abgeſchnitten erſcheine, wenn ſeine wahre Fi-
gur circular und der Sonne concentriſch ſeyn ſollte.
Hingegen ſollte ſich dieſe durch die Tangenten, die
Sie ziehen, ordentlicher beſtimmen laſſen, und wo
ich mich recht entſinne, hat man bereits angemerkt,
daß ſich die ſcheinbare Geſtalt des Zodiacal-Lichtes
ſehr nach unſern Jahrszeiten richtet. Ich glaube
aber, daß wir in Europa daſſelbe niemals in jeden
Theilen ſeines Umfanges ſehen. Im Herbſte ſieht
man es nur des Morgens, im Fruͤhlinge nur des A-
bends, folglich beyde male nur den Theil, der gegen
den Colur der Sommerſonnenwende liegt. Im
Winter wird es Morgens und Abends, und folglich
der Theil geſehen, der gegen die beyden Aequino-
[c]tial-
Puncte des Thierkreyſes hinaus geht. Der
vierte Theil, welcher gegen den Steinbock liegt, koͤmmt
uns nicht zu Geſichte, und im Sommer, wenn nem-

lich
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[292/0325] Coſmologiſche Briefe gebenem Range ruht, oder in einer Ellipſe laͤuft. Und ſo machen wir es in dem Copernicaniſchen Syſtem, wo wir die Sonne in Ruhe ſetzen, da- mit Planeten und Cometen in Ellipſen laufen moͤ- gen. Was Sie, mein Herr, von der Figur der Athmoſphære der Sonne ſagen, ſcheint mir der Un- terſuchung wuͤrdig zu ſeyn. Von verſchiedenen Be- ſchreibungen, die ich davon geleſen, giebt mir noch keine einen zureichenden Grund, warum ihr aͤuſſerſter Stand oder die Spitze des Zodiacal-Lichtes uͤber 100. Grad von der Sonne abſtehen koͤnne, und ſo deutlich abgeſchnitten erſcheine, wenn ſeine wahre Fi- gur circular und der Sonne concentriſch ſeyn ſollte. Hingegen ſollte ſich dieſe durch die Tangenten, die Sie ziehen, ordentlicher beſtimmen laſſen, und wo ich mich recht entſinne, hat man bereits angemerkt, daß ſich die ſcheinbare Geſtalt des Zodiacal-Lichtes ſehr nach unſern Jahrszeiten richtet. Ich glaube aber, daß wir in Europa daſſelbe niemals in jeden Theilen ſeines Umfanges ſehen. Im Herbſte ſieht man es nur des Morgens, im Fruͤhlinge nur des A- bends, folglich beyde male nur den Theil, der gegen den Colur der Sommerſonnenwende liegt. Im Winter wird es Morgens und Abends, und folglich der Theil geſehen, der gegen die beyden Aequino- ctial-Puncte des Thierkreyſes hinaus geht. Der vierte Theil, welcher gegen den Steinbock liegt, koͤmmt uns nicht zu Geſichte, und im Sommer, wenn nem- lich

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/325>, abgerufen am 22.11.2024.