es vormals geschahe, und wenn wir etwas da finden, mit ungleich grösserm Vergnügen.
Aber wollen Sie, mein Herr, in Ernste die Wirbel wieder aufbringen? Muß ein Wirbel kei- nen grossen Körper als einen Regenten in seinem Mittelpuncte haben? Wenn dieses nicht nöthig ist, so verliere ich bald wieder die Hoffnung, im Orion etwas zu entdecken. Sie werden doch ei- nen Wirbel nicht sich selbsten überlassen. Ich glaube, er wäre zu unordentlich, wie die, so in der Luft oder im Wasser entstehen, und wieder vergehen. Die Ordnung in dem Weltbaue muß viel gesetzter und einförmiger seyn. Es deucht mich, die Erfindung der Wirbel seye eine zu miß- liche Sache, und ich weiß, daß Sie, mein Herr, lieber bey dem bloßen Gesetze der Schwere, als bey einer richtigen Erfahrung bleiben, als daß Sie auf einen Mechanismum sinnen sollten, für den man eben deßwegen nicht gut stehen kann, weil man immer zweifeln wird, ob nicht noch meh- rere möglich sind.
Doch ich muß zum Beschlusse eilen. Sie sehen hieraus, mein Herr, wie ich mir Ihre Sy- stemen auf allen Seiten vorzustellen gesucht habe. Vielleicht habe ich dabey der Einbildungskraft zu freyen Lauf gelassen, denn die Astronomie erweckt mir sie immer mehr. Aber ich weiß, daß Sie
mich
Coſmologiſche Briefe
es vormals geſchahe, und wenn wir etwas da finden, mit ungleich groͤſſerm Vergnuͤgen.
Aber wollen Sie, mein Herr, in Ernſte die Wirbel wieder aufbringen? Muß ein Wirbel kei- nen groſſen Koͤrper als einen Regenten in ſeinem Mittelpuncte haben? Wenn dieſes nicht noͤthig iſt, ſo verliere ich bald wieder die Hoffnung, im Orion etwas zu entdecken. Sie werden doch ei- nen Wirbel nicht ſich ſelbſten uͤberlaſſen. Ich glaube, er waͤre zu unordentlich, wie die, ſo in der Luft oder im Waſſer entſtehen, und wieder vergehen. Die Ordnung in dem Weltbaue muß viel geſetzter und einfoͤrmiger ſeyn. Es deucht mich, die Erfindung der Wirbel ſeye eine zu miß- liche Sache, und ich weiß, daß Sie, mein Herr, lieber bey dem bloßen Geſetze der Schwere, als bey einer richtigen Erfahrung bleiben, als daß Sie auf einen Mechaniſmum ſinnen ſollten, fuͤr den man eben deßwegen nicht gut ſtehen kann, weil man immer zweifeln wird, ob nicht noch meh- rere moͤglich ſind.
Doch ich muß zum Beſchluſſe eilen. Sie ſehen hieraus, mein Herr, wie ich mir Ihre Sy- ſtemen auf allen Seiten vorzuſtellen geſucht habe. Vielleicht habe ich dabey der Einbildungskraft zu freyen Lauf gelaſſen, denn die Aſtronomie erweckt mir ſie immer mehr. Aber ich weiß, daß Sie
mich
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Coſmologiſche Briefe
es vormals geſchahe, und wenn wir etwas da
finden, mit ungleich groͤſſerm Vergnuͤgen.
Aber wollen Sie, mein Herr, in Ernſte die
Wirbel wieder aufbringen? Muß ein Wirbel kei-
nen groſſen Koͤrper als einen Regenten in ſeinem
Mittelpuncte haben? Wenn dieſes nicht noͤthig
iſt, ſo verliere ich bald wieder die Hoffnung, im
Orion etwas zu entdecken. Sie werden doch ei-
nen Wirbel nicht ſich ſelbſten uͤberlaſſen. Ich
glaube, er waͤre zu unordentlich, wie die, ſo in
der Luft oder im Waſſer entſtehen, und wieder
vergehen. Die Ordnung in dem Weltbaue muß
viel geſetzter und einfoͤrmiger ſeyn. Es deucht
mich, die Erfindung der Wirbel ſeye eine zu miß-
liche Sache, und ich weiß, daß Sie, mein Herr,
lieber bey dem bloßen Geſetze der Schwere, als
bey einer richtigen Erfahrung bleiben, als daß
Sie auf einen Mechaniſmum ſinnen ſollten, fuͤr
den man eben deßwegen nicht gut ſtehen kann,
weil man immer zweifeln wird, ob nicht noch meh-
rere moͤglich ſind.
Doch ich muß zum Beſchluſſe eilen. Sie
ſehen hieraus, mein Herr, wie ich mir Ihre Sy-
ſtemen auf allen Seiten vorzuſtellen geſucht habe.
Vielleicht habe ich dabey der Einbildungskraft zu
freyen Lauf gelaſſen, denn die Aſtronomie erweckt
mir ſie immer mehr. Aber ich weiß, daß Sie
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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/327>, abgerufen am 22.11.2024.
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