Sie haben, mein Herr, alle Ursache, mich zu fragen, wo ich noch weiter hinaus wollte, wenn es mir etwann einfiele, daß das bis- herige noch nicht genug wäre. Der Weltbau ist ja nun ein zusammenhängendes, und nach einem allge- meinen Gesetze harmonisch eingerichtetes Ganzes. Wollten Sie, daß ich noch Stücke anflicken sollte, die nicht dazu gehören? Und recht betrachtet, bin ich nicht etwann bereits schon über die Grenzen des Glaubwürdigen hinaus geschweift? Ich machte Schlüs- se, und zwar Schlüsse ohne jedesmal zulängliche Er- fahrung dazu in Vorrathe zu haben, und ohne gleich zu wissen, wie weit sie führen würden. Aber Ihr letzters Schreiben, welches mir in allen Absichten sehr angenehm und verbindlich gewesen, stellt mir nun das Ganze in seinem Zusammenhange und auf allen Seiten vor, und zeigt mir, wie weit ich gegangen bin. Ist es nicht so, bis zum Ungläublichen?
An den netten Vorstellungen, die Sie, mein Herr, von dieser Einrichtung des Weltbaues machen, wird es gewiß nicht liegen, wenn sie nicht wahrschein- lich seyn sollte. Sie zeichnen die Ordnung, die sich darinn durch tausend Stuffen verbreitet, mit so leb- haften und einnehmenden Zügen, daß man bald fra- gen möchte, ob eine andere Ordnung da seyn könne, ohne wider die Analogie zu verstossen, und wenn die-
ses
Coſmologiſche Briefe
Zwanzigſter Brief.
Sie haben, mein Herr, alle Urſache, mich zu fragen, wo ich noch weiter hinaus wollte, wenn es mir etwann einfiele, daß das bis- herige noch nicht genug waͤre. Der Weltbau iſt ja nun ein zuſammenhaͤngendes, und nach einem allge- meinen Geſetze harmoniſch eingerichtetes Ganzes. Wollten Sie, daß ich noch Stuͤcke anflicken ſollte, die nicht dazu gehoͤren? Und recht betrachtet, bin ich nicht etwann bereits ſchon uͤber die Grenzen des Glaubwuͤrdigen hinaus geſchweift? Ich machte Schluͤſ- ſe, und zwar Schluͤſſe ohne jedesmal zulaͤngliche Er- fahrung dazu in Vorrathe zu haben, und ohne gleich zu wiſſen, wie weit ſie fuͤhren wuͤrden. Aber Ihr letzters Schreiben, welches mir in allen Abſichten ſehr angenehm und verbindlich geweſen, ſtellt mir nun das Ganze in ſeinem Zuſammenhange und auf allen Seiten vor, und zeigt mir, wie weit ich gegangen bin. Iſt es nicht ſo, bis zum Unglaͤublichen?
An den netten Vorſtellungen, die Sie, mein Herr, von dieſer Einrichtung des Weltbaues machen, wird es gewiß nicht liegen, wenn ſie nicht wahrſchein- lich ſeyn ſollte. Sie zeichnen die Ordnung, die ſich darinn durch tauſend Stuffen verbreitet, mit ſo leb- haften und einnehmenden Zuͤgen, daß man bald fra- gen moͤchte, ob eine andere Ordnung da ſeyn koͤnne, ohne wider die Analogie zu verſtoſſen, und wenn die-
ſes
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Coſmologiſche Briefe
Zwanzigſter Brief.
Sie haben, mein Herr, alle Urſache, mich zu
fragen, wo ich noch weiter hinaus wollte,
wenn es mir etwann einfiele, daß das bis-
herige noch nicht genug waͤre. Der Weltbau iſt ja
nun ein zuſammenhaͤngendes, und nach einem allge-
meinen Geſetze harmoniſch eingerichtetes Ganzes.
Wollten Sie, daß ich noch Stuͤcke anflicken ſollte,
die nicht dazu gehoͤren? Und recht betrachtet, bin ich
nicht etwann bereits ſchon uͤber die Grenzen des
Glaubwuͤrdigen hinaus geſchweift? Ich machte Schluͤſ-
ſe, und zwar Schluͤſſe ohne jedesmal zulaͤngliche Er-
fahrung dazu in Vorrathe zu haben, und ohne gleich
zu wiſſen, wie weit ſie fuͤhren wuͤrden. Aber Ihr
letzters Schreiben, welches mir in allen Abſichten
ſehr angenehm und verbindlich geweſen, ſtellt mir nun
das Ganze in ſeinem Zuſammenhange und auf allen
Seiten vor, und zeigt mir, wie weit ich gegangen bin.
Iſt es nicht ſo, bis zum Unglaͤublichen?
An den netten Vorſtellungen, die Sie, mein
Herr, von dieſer Einrichtung des Weltbaues machen,
wird es gewiß nicht liegen, wenn ſie nicht wahrſchein-
lich ſeyn ſollte. Sie zeichnen die Ordnung, die ſich
darinn durch tauſend Stuffen verbreitet, mit ſo leb-
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Lambert, Johann Heinrich: Cosmologische Briefe über die Einrichtung des Weltbaues. Augsburg, 1761, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_einrichtung_1761/329>, abgerufen am 21.11.2024.
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