zweyten Figur, und besonders in Diprepe vorkömmt, und daß diese Art zu schließen von einem Dilemma wenig verschieden ist. (§. 289.
§. 364.
Wenn wir den Begriff eines apogogischen Be- weises in dem vorhin (§. 358. seqq.) angenommenen weitern Umfang nehmen, so läßt er sich in zwo Arten theilen, die in der That schon seit dem Euclid an, bey den Mathematikern unterschieden worden sind, als welche auch hierinn die oben schon angerühmte Ge- nauigkeit (§. 149 seqq. 163 seqq.) beobachten. Um diesen Unterschied deutlich aufzuklären, wollen wir anmerken, daß die Mathematiker ihre meisten Lehr- sätze in der Form von hypothetischen Sätzen vortra- gen, wie wir diese oben (§. 132.) angegeben haben. Nämlich ein solcher Satz sey:
Wenn A, B ist: so ist C, D.
so läßt sich B nur particular von A bejahen, weil nicht alle A die Bestimmung B haben. Dieses vorausge- setzt, so giebt es nun zwo Arten, diesen Satz apogo- gisch zu beweisen. Jn beyden nimmt man das Ge- gentheil der Aussage an, und setzt: C sey nicht D. Folgt nun hieraus ein Satz, der entweder einem Grundsatz, oder einer Erfahrung, oder einem bereits erwiesenen Satze widerspricht, oder der sich selbsten widerspricht, so hat man das angenommene Gegen- theil der Aussage im eigentlichen und engsten Verstan- de aufs ungereimte gebracht, und in diesen Fällen gebraucht Euclid und mit ihm die Mathematiker das: Quod est absurdum; und in practischen Fällen das: Quod fieri nequit, oder auch: Quod est contra propositionem iam demonstratam.Euclid selbst leitet die meisten Sätze, die er aufs Ungereimte bringt, dahinaus, daß er zeigt, ein Theil müßte größer als
das
von den Beweiſen.
zweyten Figur, und beſonders in Diprepe vorkoͤmmt, und daß dieſe Art zu ſchließen von einem Dilemma wenig verſchieden iſt. (§. 289.
§. 364.
Wenn wir den Begriff eines apogogiſchen Be- weiſes in dem vorhin (§. 358. ſeqq.) angenommenen weitern Umfang nehmen, ſo laͤßt er ſich in zwo Arten theilen, die in der That ſchon ſeit dem Euclid an, bey den Mathematikern unterſchieden worden ſind, als welche auch hierinn die oben ſchon angeruͤhmte Ge- nauigkeit (§. 149 ſeqq. 163 ſeqq.) beobachten. Um dieſen Unterſchied deutlich aufzuklaͤren, wollen wir anmerken, daß die Mathematiker ihre meiſten Lehr- ſaͤtze in der Form von hypothetiſchen Saͤtzen vortra- gen, wie wir dieſe oben (§. 132.) angegeben haben. Naͤmlich ein ſolcher Satz ſey:
Wenn A, B iſt: ſo iſt C, D.
ſo laͤßt ſich B nur particular von A bejahen, weil nicht alle A die Beſtimmung B haben. Dieſes vorausge- ſetzt, ſo giebt es nun zwo Arten, dieſen Satz apogo- giſch zu beweiſen. Jn beyden nimmt man das Ge- gentheil der Ausſage an, und ſetzt: C ſey nicht D. Folgt nun hieraus ein Satz, der entweder einem Grundſatz, oder einer Erfahrung, oder einem bereits erwieſenen Satze widerſpricht, oder der ſich ſelbſten widerſpricht, ſo hat man das angenommene Gegen- theil der Ausſage im eigentlichen und engſten Verſtan- de aufs ungereimte gebracht, und in dieſen Faͤllen gebraucht Euclid und mit ihm die Mathematiker das: Quod eſt abſurdum; und in practiſchen Faͤllen das: Quod fieri nequit, oder auch: Quod eſt contra propoſitionem iam demonſtratam.Euclid ſelbſt leitet die meiſten Saͤtze, die er aufs Ungereimte bringt, dahinaus, daß er zeigt, ein Theil muͤßte groͤßer als
das
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0257"n="235"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">von den Beweiſen.</hi></fw><lb/>
zweyten Figur, und beſonders in <hirendition="#aq">Diprepe</hi> vorkoͤmmt,<lb/>
und daß dieſe Art zu ſchließen von einem <hirendition="#aq">Dilemma</hi><lb/>
wenig verſchieden iſt. (§. 289.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 364.</head><lb/><p>Wenn wir den Begriff eines apogogiſchen Be-<lb/>
weiſes in dem vorhin (§. 358. ſeqq.) angenommenen<lb/>
weitern Umfang nehmen, ſo laͤßt er ſich in zwo Arten<lb/>
theilen, die in der That ſchon ſeit dem <hirendition="#fr">Euclid</hi> an,<lb/>
bey den Mathematikern unterſchieden worden ſind, als<lb/>
welche auch hierinn die oben ſchon angeruͤhmte Ge-<lb/>
nauigkeit (§. 149 ſeqq. 163 ſeqq.) beobachten. Um<lb/>
dieſen Unterſchied deutlich aufzuklaͤren, wollen wir<lb/>
anmerken, daß die Mathematiker ihre meiſten Lehr-<lb/>ſaͤtze in der Form von hypothetiſchen Saͤtzen vortra-<lb/>
gen, wie wir dieſe oben (§. 132.) angegeben haben.<lb/>
Naͤmlich ein ſolcher Satz ſey:</p><lb/><list><item>Wenn <hirendition="#aq">A, B</hi> iſt: ſo iſt <hirendition="#aq">C, D.</hi></item></list><lb/><p>ſo laͤßt ſich <hirendition="#aq">B</hi> nur particular von <hirendition="#aq">A</hi> bejahen, weil nicht<lb/>
alle <hirendition="#aq">A</hi> die Beſtimmung <hirendition="#aq">B</hi> haben. Dieſes vorausge-<lb/>ſetzt, ſo giebt es nun zwo Arten, dieſen Satz apogo-<lb/>
giſch zu beweiſen. Jn beyden nimmt man das Ge-<lb/>
gentheil der Ausſage an, und ſetzt: <hirendition="#aq">C</hi>ſey nicht <hirendition="#aq">D.</hi><lb/>
Folgt nun hieraus ein Satz, der entweder einem<lb/>
Grundſatz, oder einer Erfahrung, oder einem bereits<lb/>
erwieſenen Satze widerſpricht, oder der ſich ſelbſten<lb/>
widerſpricht, ſo hat man das angenommene Gegen-<lb/>
theil der Ausſage im eigentlichen und engſten Verſtan-<lb/>
de <hirendition="#fr">aufs ungereimte gebracht,</hi> und in dieſen Faͤllen<lb/>
gebraucht <hirendition="#fr">Euclid</hi> und mit ihm die Mathematiker<lb/>
das: <hirendition="#aq">Quod eſt abſurdum;</hi> und in practiſchen Faͤllen<lb/>
das: <hirendition="#aq">Quod fieri nequit,</hi> oder auch: <hirendition="#aq">Quod eſt contra<lb/>
propoſitionem iam demonſtratam.</hi><hirendition="#fr">Euclid</hi>ſelbſt<lb/>
leitet die meiſten Saͤtze, die er aufs Ungereimte bringt,<lb/>
dahinaus, daß er zeigt, ein Theil muͤßte groͤßer als<lb/><fwplace="bottom"type="catch">das</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[235/0257]
von den Beweiſen.
zweyten Figur, und beſonders in Diprepe vorkoͤmmt,
und daß dieſe Art zu ſchließen von einem Dilemma
wenig verſchieden iſt. (§. 289.
§. 364.
Wenn wir den Begriff eines apogogiſchen Be-
weiſes in dem vorhin (§. 358. ſeqq.) angenommenen
weitern Umfang nehmen, ſo laͤßt er ſich in zwo Arten
theilen, die in der That ſchon ſeit dem Euclid an,
bey den Mathematikern unterſchieden worden ſind, als
welche auch hierinn die oben ſchon angeruͤhmte Ge-
nauigkeit (§. 149 ſeqq. 163 ſeqq.) beobachten. Um
dieſen Unterſchied deutlich aufzuklaͤren, wollen wir
anmerken, daß die Mathematiker ihre meiſten Lehr-
ſaͤtze in der Form von hypothetiſchen Saͤtzen vortra-
gen, wie wir dieſe oben (§. 132.) angegeben haben.
Naͤmlich ein ſolcher Satz ſey:
Wenn A, B iſt: ſo iſt C, D.
ſo laͤßt ſich B nur particular von A bejahen, weil nicht
alle A die Beſtimmung B haben. Dieſes vorausge-
ſetzt, ſo giebt es nun zwo Arten, dieſen Satz apogo-
giſch zu beweiſen. Jn beyden nimmt man das Ge-
gentheil der Ausſage an, und ſetzt: C ſey nicht D.
Folgt nun hieraus ein Satz, der entweder einem
Grundſatz, oder einer Erfahrung, oder einem bereits
erwieſenen Satze widerſpricht, oder der ſich ſelbſten
widerſpricht, ſo hat man das angenommene Gegen-
theil der Ausſage im eigentlichen und engſten Verſtan-
de aufs ungereimte gebracht, und in dieſen Faͤllen
gebraucht Euclid und mit ihm die Mathematiker
das: Quod eſt abſurdum; und in practiſchen Faͤllen
das: Quod fieri nequit, oder auch: Quod eſt contra
propoſitionem iam demonſtratam. Euclid ſelbſt
leitet die meiſten Saͤtze, die er aufs Ungereimte bringt,
dahinaus, daß er zeigt, ein Theil muͤßte groͤßer als
das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/257>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.