oder die aus der Natur der Sache nothwendig seyn müssen.
§. 419.
Die Nothwendigkeit beruht auf der Ausschlies- sung des Gegentheils, oder überhaupt jeder andrer Möglichkeiten. Z. E. Die Erde wirft einen runden Schatten. Hieraus folgert man richtig, sie müsse eine Kugel seyn, weil kein andrer Körper einen runden Schatten wirft. Eben so: die Wärme hat eine Kraft, weil sie, ohne eine Kraft zu haben, die Körper nicht ausdehnen könnte. Die Materie der Wärme ist flüßig, weil sie sonst, wenn sie nicht flüßig, folglich fest wäre, nicht in die Zwischenräumchen der Körper drin- gen könnte etc.
§. 420.
Die Form dieser Arten zu schließen ist demnach diese:
I. Weil A, B ist: so muß A, C seyn, weil | C allein B ist.
II. Weil A, B ist: so muß B, C seyn, weil A sonst keinen Dingen, als dem C zukömmt, und A, B Wechselbegriffe sind.
III. Weil A, B ist: so muß C, A seyn. Denn A und B sind Wechselbegriffe, und B kömmt dem C zu.
IV. Weil A, B ist: so muß auch C, B seyn, denn A kömmt dem C nothwendig zu.
V. Weil A, B ist: so muß C, D seyn. Denn die Bestimmung B in A zieht die Bestimmung D in C nach sich.
Wir haben (§. 264.) bey den bedingten Sätzen ähn- liche Formeln gehabt, und die gegenwärtigen sind nur darinn verschieden, daß hier die Bedingung cathe- gorisch, die Folge aber in das seyn müssen ver-
wandelt
VI. Hauptſtuͤck,
oder die aus der Natur der Sache nothwendig ſeyn muͤſſen.
§. 419.
Die Nothwendigkeit beruht auf der Ausſchlieſ- ſung des Gegentheils, oder uͤberhaupt jeder andrer Moͤglichkeiten. Z. E. Die Erde wirft einen runden Schatten. Hieraus folgert man richtig, ſie muͤſſe eine Kugel ſeyn, weil kein andrer Koͤrper einen runden Schatten wirft. Eben ſo: die Waͤrme hat eine Kraft, weil ſie, ohne eine Kraft zu haben, die Koͤrper nicht ausdehnen koͤnnte. Die Materie der Waͤrme iſt fluͤßig, weil ſie ſonſt, wenn ſie nicht fluͤßig, folglich feſt waͤre, nicht in die Zwiſchenraͤumchen der Koͤrper drin- gen koͤnnte ꝛc.
§. 420.
Die Form dieſer Arten zu ſchließen iſt demnach dieſe:
I. Weil A, B iſt: ſo muß A, C ſeyn, weil | C allein B iſt.
II. Weil A, B iſt: ſo muß B, C ſeyn, weil A ſonſt keinen Dingen, als dem C zukoͤmmt, und A, B Wechſelbegriffe ſind.
III. Weil A, B iſt: ſo muß C, A ſeyn. Denn A und B ſind Wechſelbegriffe, und B koͤmmt dem C zu.
IV. Weil A, B iſt: ſo muß auch C, B ſeyn, denn A koͤmmt dem C nothwendig zu.
V. Weil A, B iſt: ſo muß C, D ſeyn. Denn die Beſtimmung B in A zieht die Beſtimmung D in C nach ſich.
Wir haben (§. 264.) bey den bedingten Saͤtzen aͤhn- liche Formeln gehabt, und die gegenwaͤrtigen ſind nur darinn verſchieden, daß hier die Bedingung cathe- goriſch, die Folge aber in das ſeyn muͤſſen ver-
wandelt
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VI. Hauptſtuͤck,
oder die aus der Natur der Sache nothwendig ſeyn
muͤſſen.
§. 419.
Die Nothwendigkeit beruht auf der Ausſchlieſ-
ſung des Gegentheils, oder uͤberhaupt jeder andrer
Moͤglichkeiten. Z. E. Die Erde wirft einen runden
Schatten. Hieraus folgert man richtig, ſie muͤſſe
eine Kugel ſeyn, weil kein andrer Koͤrper einen runden
Schatten wirft. Eben ſo: die Waͤrme hat eine Kraft,
weil ſie, ohne eine Kraft zu haben, die Koͤrper nicht
ausdehnen koͤnnte. Die Materie der Waͤrme iſt
fluͤßig, weil ſie ſonſt, wenn ſie nicht fluͤßig, folglich feſt
waͤre, nicht in die Zwiſchenraͤumchen der Koͤrper drin-
gen koͤnnte ꝛc.
§. 420.
Die Form dieſer Arten zu ſchließen iſt demnach
dieſe:
I. Weil A, B iſt: ſo muß A, C ſeyn, weil | C allein
B iſt.
II. Weil A, B iſt: ſo muß B, C ſeyn, weil A ſonſt
keinen Dingen, als dem C zukoͤmmt, und A, B
Wechſelbegriffe ſind.
III. Weil A, B iſt: ſo muß C, A ſeyn. Denn A
und B ſind Wechſelbegriffe, und B koͤmmt dem
C zu.
IV. Weil A, B iſt: ſo muß auch C, B ſeyn, denn
A koͤmmt dem C nothwendig zu.
V. Weil A, B iſt: ſo muß C, D ſeyn. Denn die
Beſtimmung B in A zieht die Beſtimmung
D in C nach ſich.
Wir haben (§. 264.) bey den bedingten Saͤtzen aͤhn-
liche Formeln gehabt, und die gegenwaͤrtigen ſind nur
darinn verſchieden, daß hier die Bedingung cathe-
goriſch, die Folge aber in das ſeyn muͤſſen ver-
wandelt
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/296>, abgerufen am 16.07.2024.
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