Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

von den Aufgaben.
stimmt, weil es da nicht die Frage ist, alles aufzu-
suchen, woraus das Quaesitum könnte gefunden
werden, oder aus dem Dato alles, was daraus ge-
folgert werden könnte, herzuleiten; sondern daß
man aus beydem just das wähle und gleich bestimme,
wodurch beydes am unmittelbarsten kann zusammen-
gehängt werden. Die Frage, wie nun dieses gesche-
hen könne, ist eine der vollständigsten und schwersten
Aufgaben der Vernunftlehre. Wir wollen sie indes-
sen auf ihre Requisita bringen.

§. 462.

Einmal, wenn wir setzen, daß in der Vernunft-
lehre die einfachen Methoden, oder die nächsten und
unmittelbaren Wege, von einer Wahrheit zu jeder
andern vorkommen, so haben diese ein dreyfaches
Criterium, wodurch sie sich von einander unterschei-
den. Das erste beruht auf der Verschiedenheit des
gegebenen, das andre auf der Verschiedenheit des
gesuchten, so aus dem gegebenen kann gefunden
werden, und das dritte auf der Verschiedenheit der
einfachen Methode, durch welche das Gesuchte aus
dem Gegebenen gefunden werden kann, und welche
demnach das unmittelbarste Verhältniß zwischen dem
gegebenen und gesuchten angiebt, und sich darauf
gründet.

§. 463.

Diese drey Stücke sind nun in einer solchen Ab-
hänglichkeit von einander, daß nicht jede Art des ei-
nen mit jeder Art des andern combinirt werden kann.
Denn

1. Soll die Methode oder das Verhältniß einfach
und unmittelbar seyn, so läßt sich nicht jedes
Quaesitum mit jedem Dato combiniren, son-
dern man kann nur solche zusammen nehmen,
die

von den Aufgaben.
ſtimmt, weil es da nicht die Frage iſt, alles aufzu-
ſuchen, woraus das Quaeſitum koͤnnte gefunden
werden, oder aus dem Dato alles, was daraus ge-
folgert werden koͤnnte, herzuleiten; ſondern daß
man aus beydem juſt das waͤhle und gleich beſtimme,
wodurch beydes am unmittelbarſten kann zuſammen-
gehaͤngt werden. Die Frage, wie nun dieſes geſche-
hen koͤnne, iſt eine der vollſtaͤndigſten und ſchwerſten
Aufgaben der Vernunftlehre. Wir wollen ſie indeſ-
ſen auf ihre Requiſita bringen.

§. 462.

Einmal, wenn wir ſetzen, daß in der Vernunft-
lehre die einfachen Methoden, oder die naͤchſten und
unmittelbaren Wege, von einer Wahrheit zu jeder
andern vorkommen, ſo haben dieſe ein dreyfaches
Criterium, wodurch ſie ſich von einander unterſchei-
den. Das erſte beruht auf der Verſchiedenheit des
gegebenen, das andre auf der Verſchiedenheit des
geſuchten, ſo aus dem gegebenen kann gefunden
werden, und das dritte auf der Verſchiedenheit der
einfachen Methode, durch welche das Geſuchte aus
dem Gegebenen gefunden werden kann, und welche
demnach das unmittelbarſte Verhaͤltniß zwiſchen dem
gegebenen und geſuchten angiebt, und ſich darauf
gruͤndet.

§. 463.

Dieſe drey Stuͤcke ſind nun in einer ſolchen Ab-
haͤnglichkeit von einander, daß nicht jede Art des ei-
nen mit jeder Art des andern combinirt werden kann.
Denn

1. Soll die Methode oder das Verhaͤltniß einfach
und unmittelbar ſeyn, ſo laͤßt ſich nicht jedes
Quaeſitum mit jedem Dato combiniren, ſon-
dern man kann nur ſolche zuſammen nehmen,
die
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0321" n="299"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den Aufgaben.</hi></fw><lb/>
&#x017F;timmt, weil es da nicht die Frage i&#x017F;t, alles aufzu-<lb/>
&#x017F;uchen, woraus das <hi rendition="#aq">Quae&#x017F;itum</hi> <hi rendition="#fr">ko&#x0364;nnte</hi> gefunden<lb/>
werden, oder aus dem <hi rendition="#aq">Dato</hi> alles, was daraus ge-<lb/>
folgert werden <hi rendition="#fr">ko&#x0364;nnte,</hi> herzuleiten; &#x017F;ondern daß<lb/>
man aus beydem ju&#x017F;t das wa&#x0364;hle und gleich be&#x017F;timme,<lb/>
wodurch beydes am unmittelbar&#x017F;ten kann zu&#x017F;ammen-<lb/>
geha&#x0364;ngt werden. Die Frage, wie nun die&#x017F;es ge&#x017F;che-<lb/>
hen ko&#x0364;nne, i&#x017F;t eine der voll&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;ten und &#x017F;chwer&#x017F;ten<lb/>
Aufgaben der Vernunftlehre. Wir wollen &#x017F;ie inde&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en auf ihre <hi rendition="#aq">Requi&#x017F;ita</hi> bringen.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 462.</head><lb/>
            <p>Einmal, wenn wir &#x017F;etzen, daß in der Vernunft-<lb/>
lehre die einfachen Methoden, oder die na&#x0364;ch&#x017F;ten und<lb/>
unmittelbaren Wege, von einer Wahrheit zu jeder<lb/>
andern vorkommen, &#x017F;o haben die&#x017F;e ein dreyfaches<lb/><hi rendition="#aq">Criterium,</hi> wodurch &#x017F;ie &#x017F;ich von einander unter&#x017F;chei-<lb/>
den. Das er&#x017F;te beruht auf der Ver&#x017F;chiedenheit des<lb/><hi rendition="#fr">gegebenen,</hi> das andre auf der Ver&#x017F;chiedenheit des<lb/><hi rendition="#fr">ge&#x017F;uchten,</hi> &#x017F;o aus dem gegebenen kann gefunden<lb/>
werden, und das dritte auf der Ver&#x017F;chiedenheit der<lb/>
einfachen <hi rendition="#fr">Methode,</hi> durch welche das Ge&#x017F;uchte aus<lb/>
dem Gegebenen gefunden werden kann, und welche<lb/>
demnach das unmittelbar&#x017F;te Verha&#x0364;ltniß zwi&#x017F;chen dem<lb/>
gegebenen und ge&#x017F;uchten angiebt, und &#x017F;ich darauf<lb/>
gru&#x0364;ndet.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 463.</head><lb/>
            <p>Die&#x017F;e drey Stu&#x0364;cke &#x017F;ind nun in einer &#x017F;olchen Ab-<lb/>
ha&#x0364;nglichkeit von einander, daß nicht jede Art des ei-<lb/>
nen mit jeder Art des andern combinirt werden kann.<lb/>
Denn</p><lb/>
            <list>
              <item>1. Soll die Methode oder das Verha&#x0364;ltniß einfach<lb/>
und unmittelbar &#x017F;eyn, &#x017F;o la&#x0364;ßt &#x017F;ich nicht jedes<lb/><hi rendition="#aq">Quae&#x017F;itum</hi> mit jedem <hi rendition="#aq">Dato</hi> combiniren, &#x017F;on-<lb/>
dern man kann nur &#x017F;olche zu&#x017F;ammen nehmen,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">die</fw><lb/></item>
            </list>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[299/0321] von den Aufgaben. ſtimmt, weil es da nicht die Frage iſt, alles aufzu- ſuchen, woraus das Quaeſitum koͤnnte gefunden werden, oder aus dem Dato alles, was daraus ge- folgert werden koͤnnte, herzuleiten; ſondern daß man aus beydem juſt das waͤhle und gleich beſtimme, wodurch beydes am unmittelbarſten kann zuſammen- gehaͤngt werden. Die Frage, wie nun dieſes geſche- hen koͤnne, iſt eine der vollſtaͤndigſten und ſchwerſten Aufgaben der Vernunftlehre. Wir wollen ſie indeſ- ſen auf ihre Requiſita bringen. §. 462. Einmal, wenn wir ſetzen, daß in der Vernunft- lehre die einfachen Methoden, oder die naͤchſten und unmittelbaren Wege, von einer Wahrheit zu jeder andern vorkommen, ſo haben dieſe ein dreyfaches Criterium, wodurch ſie ſich von einander unterſchei- den. Das erſte beruht auf der Verſchiedenheit des gegebenen, das andre auf der Verſchiedenheit des geſuchten, ſo aus dem gegebenen kann gefunden werden, und das dritte auf der Verſchiedenheit der einfachen Methode, durch welche das Geſuchte aus dem Gegebenen gefunden werden kann, und welche demnach das unmittelbarſte Verhaͤltniß zwiſchen dem gegebenen und geſuchten angiebt, und ſich darauf gruͤndet. §. 463. Dieſe drey Stuͤcke ſind nun in einer ſolchen Ab- haͤnglichkeit von einander, daß nicht jede Art des ei- nen mit jeder Art des andern combinirt werden kann. Denn 1. Soll die Methode oder das Verhaͤltniß einfach und unmittelbar ſeyn, ſo laͤßt ſich nicht jedes Quaeſitum mit jedem Dato combiniren, ſon- dern man kann nur ſolche zuſammen nehmen, die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/321
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 299. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/321>, abgerufen am 24.11.2024.