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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

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von der Erfahrung.
das übrige aus ihrem eignen Vorrath von
Einfällen hinzusetzen, um es zu completiren.

Es ist dieses eine reiche Quelle von Fehlern des Er-
schleichens, (§. 555 seqq.) weil man solche Zusätze un-
vermerkt für wahre Erfahrungen und wirkliche Facta
ansteht und ausgiebt. Das bekannte Fama vires
acquirit eundo,
erläutert die Sache für historische
Nachrichten, und ein Gerüchte breitet sich nicht nur
dem Raume nach auf der Erdfläche aus, sondern auch
in Absicht auf die Umstände selbst, die öfters anfangs
unerheblich sind, bis noch mehrere hinzukommen, und
die Sache so verstellen, daß man Mühe hat, das
Wesentliche daraus zu erlesen.| Jn der Naturlehre
macht man Hypothesen, und will sich die Sache so
vorstellen, daß man die Fragmente daraus erklären
könne. Sie kommen aber je länger je mehr in Ab-
gang, weil man nach und nach müde wird, eine nach
der andern wiederum zu verwerfen, und weil in der
That wenig Vergnügen dabey ist, eine Meynung auf
die Bahn zu bringen, deren Umstur; man in wenigen
Jahren zu erleben hat. Man kann hierüber nach-
sehen, was wir oben (§. 65 seqq. 152.) davon ge-
sagt haben. So dient auch die §. 379. angezeigte
Methode, irrige Hypothesen umzustoßen, und §. 404
seqq. zeigten wir an, wie man sie entbehrlich machen
könne. Das übrige, so sich darüber anmerken läßt,
wollen wir hier anzeigen, weil hier von dem Gebrauch
und Mißbrauch der Erfahrungen eigentlich die
Rede ist.

§. 567.

Eine Hypothese ist ein willkührlich angenomme-
ner Begriff von einer Sache, aus welchem man die-
selbe erklären will. Man giebt der Sache eine ge-
wisse Structur, Eigenschaften, Mechanismus etc.

um
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von der Erfahrung.
das uͤbrige aus ihrem eignen Vorrath von
Einfaͤllen hinzuſetzen, um es zu completiren.

Es iſt dieſes eine reiche Quelle von Fehlern des Er-
ſchleichens, (§. 555 ſeqq.) weil man ſolche Zuſaͤtze un-
vermerkt fuͤr wahre Erfahrungen und wirkliche Facta
anſteht und ausgiebt. Das bekannte Fama vires
acquirit eundo,
erlaͤutert die Sache fuͤr hiſtoriſche
Nachrichten, und ein Geruͤchte breitet ſich nicht nur
dem Raume nach auf der Erdflaͤche aus, ſondern auch
in Abſicht auf die Umſtaͤnde ſelbſt, die oͤfters anfangs
unerheblich ſind, bis noch mehrere hinzukommen, und
die Sache ſo verſtellen, daß man Muͤhe hat, das
Weſentliche daraus zu erleſen.| Jn der Naturlehre
macht man Hypotheſen, und will ſich die Sache ſo
vorſtellen, daß man die Fragmente daraus erklaͤren
koͤnne. Sie kommen aber je laͤnger je mehr in Ab-
gang, weil man nach und nach muͤde wird, eine nach
der andern wiederum zu verwerfen, und weil in der
That wenig Vergnuͤgen dabey iſt, eine Meynung auf
die Bahn zu bringen, deren Umſtur; man in wenigen
Jahren zu erleben hat. Man kann hieruͤber nach-
ſehen, was wir oben (§. 65 ſeqq. 152.) davon ge-
ſagt haben. So dient auch die §. 379. angezeigte
Methode, irrige Hypotheſen umzuſtoßen, und §. 404
ſeqq. zeigten wir an, wie man ſie entbehrlich machen
koͤnne. Das uͤbrige, ſo ſich daruͤber anmerken laͤßt,
wollen wir hier anzeigen, weil hier von dem Gebrauch
und Mißbrauch der Erfahrungen eigentlich die
Rede iſt.

§. 567.

Eine Hypotheſe iſt ein willkuͤhrlich angenomme-
ner Begriff von einer Sache, aus welchem man die-
ſelbe erklaͤren will. Man giebt der Sache eine ge-
wiſſe Structur, Eigenſchaften, Mechaniſmus ꝛc.

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[359/0381] von der Erfahrung. das uͤbrige aus ihrem eignen Vorrath von Einfaͤllen hinzuſetzen, um es zu completiren. Es iſt dieſes eine reiche Quelle von Fehlern des Er- ſchleichens, (§. 555 ſeqq.) weil man ſolche Zuſaͤtze un- vermerkt fuͤr wahre Erfahrungen und wirkliche Facta anſteht und ausgiebt. Das bekannte Fama vires acquirit eundo, erlaͤutert die Sache fuͤr hiſtoriſche Nachrichten, und ein Geruͤchte breitet ſich nicht nur dem Raume nach auf der Erdflaͤche aus, ſondern auch in Abſicht auf die Umſtaͤnde ſelbſt, die oͤfters anfangs unerheblich ſind, bis noch mehrere hinzukommen, und die Sache ſo verſtellen, daß man Muͤhe hat, das Weſentliche daraus zu erleſen.| Jn der Naturlehre macht man Hypotheſen, und will ſich die Sache ſo vorſtellen, daß man die Fragmente daraus erklaͤren koͤnne. Sie kommen aber je laͤnger je mehr in Ab- gang, weil man nach und nach muͤde wird, eine nach der andern wiederum zu verwerfen, und weil in der That wenig Vergnuͤgen dabey iſt, eine Meynung auf die Bahn zu bringen, deren Umſtur; man in wenigen Jahren zu erleben hat. Man kann hieruͤber nach- ſehen, was wir oben (§. 65 ſeqq. 152.) davon ge- ſagt haben. So dient auch die §. 379. angezeigte Methode, irrige Hypotheſen umzuſtoßen, und §. 404 ſeqq. zeigten wir an, wie man ſie entbehrlich machen koͤnne. Das uͤbrige, ſo ſich daruͤber anmerken laͤßt, wollen wir hier anzeigen, weil hier von dem Gebrauch und Mißbrauch der Erfahrungen eigentlich die Rede iſt. §. 567. Eine Hypotheſe iſt ein willkuͤhrlich angenomme- ner Begriff von einer Sache, aus welchem man die- ſelbe erklaͤren will. Man giebt der Sache eine ge- wiſſe Structur, Eigenſchaften, Mechaniſmus ꝛc. um Z 4

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/381>, abgerufen am 24.11.2024.