Die erste Art ist, wodurch man eine Wir- kung erfahren und bestimmen will. Hier wird erfordert, daß die Ursache, deren Wirkung man er- forschen will, nicht nur in dem Experiment ihre Wir- kung äußere, sondern daß sie allein wirke, und zwar auf die Art und mit denen Bestimmungen, die die Empfindung der Wirkung erfordert, daß man sie er- kennen könne. Die Auswahl der Materie, worinn sich die Wirkung zeigen soll, die Art, wie die Wir- kung geschehen und sich äußern könne, gehört auch mit unter die Bedingung. Man muß demnach alle diese Stücke voraus wissen, damit man den Versuch darnach einrichten könne.
§. 584.
Es geschieht aber nicht immer, daß eine Ursache allein sey, und alle fremde Umstände wegbleiben. Jn diesen Fällen werden mit Wie- derholung des Versuches die fremden Umstände abge- wechselt, die Ursachen selbst entweder einzeln wegge- lassen, oder dem Grade nach abgeändert, um aus der Verschiedenheit des Erfolges zu bestimmen, was jede Ursache beytrage, und was die fremden Umstände Veränderliches hervorbringen. So z. E. zeigen die Versuche in dem luftleeren Raume, was man be- sonders der Luft zuzuschreiben hat. Man bringt eine Penduluhr in andre Erdstriche, und findet, daß sie unter dem Aequator langsamer gehe, als näher bey den Polen. Man stellt die hydrostatischen Versuche, vom waagrechten Stande flüßiger Körper mit Haarröhrchen an, und findet, daß in denselben das Wasser höher, das Quecksilber tiefer stehe, als wenn die Röhre wei- ter ist. Man bringt die Magnetnadel in alle Welt- theile, und observirt sie an gleichem Ort viele Jahre,
und
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von der Erfahrung.
§. 583.
Die erſte Art iſt, wodurch man eine Wir- kung erfahren und beſtimmen will. Hier wird erfordert, daß die Urſache, deren Wirkung man er- forſchen will, nicht nur in dem Experiment ihre Wir- kung aͤußere, ſondern daß ſie allein wirke, und zwar auf die Art und mit denen Beſtimmungen, die die Empfindung der Wirkung erfordert, daß man ſie er- kennen koͤnne. Die Auswahl der Materie, worinn ſich die Wirkung zeigen ſoll, die Art, wie die Wir- kung geſchehen und ſich aͤußern koͤnne, gehoͤrt auch mit unter die Bedingung. Man muß demnach alle dieſe Stuͤcke voraus wiſſen, damit man den Verſuch darnach einrichten koͤnne.
§. 584.
Es geſchieht aber nicht immer, daß eine Urſache allein ſey, und alle fremde Umſtaͤnde wegbleiben. Jn dieſen Faͤllen werden mit Wie- derholung des Verſuches die fremden Umſtaͤnde abge- wechſelt, die Urſachen ſelbſt entweder einzeln wegge- laſſen, oder dem Grade nach abgeaͤndert, um aus der Verſchiedenheit des Erfolges zu beſtimmen, was jede Urſache beytrage, und was die fremden Umſtaͤnde Veraͤnderliches hervorbringen. So z. E. zeigen die Verſuche in dem luftleeren Raume, was man be- ſonders der Luft zuzuſchreiben hat. Man bringt eine Penduluhr in andre Erdſtriche, und findet, daß ſie unter dem Aequator langſamer gehe, als naͤher bey den Polen. Man ſtellt die hydroſtatiſchen Verſuche, vom waagrechten Stande fluͤßiger Koͤrper mit Haarroͤhrchen an, und findet, daß in denſelben das Waſſer hoͤher, das Queckſilber tiefer ſtehe, als wenn die Roͤhre wei- ter iſt. Man bringt die Magnetnadel in alle Welt- theile, und obſervirt ſie an gleichem Ort viele Jahre,
und
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von der Erfahrung.
§. 583.
Die erſte Art iſt, wodurch man eine Wir-
kung erfahren und beſtimmen will. Hier wird
erfordert, daß die Urſache, deren Wirkung man er-
forſchen will, nicht nur in dem Experiment ihre Wir-
kung aͤußere, ſondern daß ſie allein wirke, und zwar
auf die Art und mit denen Beſtimmungen, die die
Empfindung der Wirkung erfordert, daß man ſie er-
kennen koͤnne. Die Auswahl der Materie, worinn
ſich die Wirkung zeigen ſoll, die Art, wie die Wir-
kung geſchehen und ſich aͤußern koͤnne, gehoͤrt auch
mit unter die Bedingung. Man muß demnach alle
dieſe Stuͤcke voraus wiſſen, damit man den Verſuch
darnach einrichten koͤnne.
§. 584.
Es geſchieht aber nicht immer, daß eine
Urſache allein ſey, und alle fremde Umſtaͤnde
wegbleiben. Jn dieſen Faͤllen werden mit Wie-
derholung des Verſuches die fremden Umſtaͤnde abge-
wechſelt, die Urſachen ſelbſt entweder einzeln wegge-
laſſen, oder dem Grade nach abgeaͤndert, um aus der
Verſchiedenheit des Erfolges zu beſtimmen, was jede
Urſache beytrage, und was die fremden Umſtaͤnde
Veraͤnderliches hervorbringen. So z. E. zeigen die
Verſuche in dem luftleeren Raume, was man be-
ſonders der Luft zuzuſchreiben hat. Man bringt eine
Penduluhr in andre Erdſtriche, und findet, daß ſie
unter dem Aequator langſamer gehe, als naͤher bey den
Polen. Man ſtellt die hydroſtatiſchen Verſuche, vom
waagrechten Stande fluͤßiger Koͤrper mit Haarroͤhrchen
an, und findet, daß in denſelben das Waſſer hoͤher,
das Queckſilber tiefer ſtehe, als wenn die Roͤhre wei-
ter iſt. Man bringt die Magnetnadel in alle Welt-
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/393>, abgerufen am 24.11.2024.
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