den Zirkeln bey denselben eben das anmerken, was wir vorhin von den Zirkeln im Beweisen angemerkt haben. Wir können noch beyfügen, daß man in der Mathematik, besonders bey Aufgaben, die sich noch nicht vollständig auflösen lassen, die Abhänglichkeit der einen von der andern, und wenn es angeht, auch dieser von jener zu zeigen sucht, ohne deswegen diese Reduction (§. 437.) als eine vollständige Auflö- sung anzusehen, welches eigentlich ein Zirkel wäre.
§. 691.
Wir werden nun wiederum zu den Grundregeln der Ordnung des wissenschaftlichen Vortrages (§. 379.) zurückkehren, und bemerken, daß dieselben zwar überhaupt diese Ordnung angeben, dabey aber noch verschiednes unbestimmt und unentwickelt lassen. Einmal ist die Frage, wiefern man bey einer Theorie vorauswissen könne, wo man anzu- fangen habe, damit sodann das übrige in die- ser Ordnung daraus folge? Diese Frage, die wir zum Theil schon | oben (§. 623.) betrachtet haben, wird sich nach dem dermaligen Zustande der Wissen- schaften füglicher theilsweise beantworten lassen, und wir werden demnach mit Beyspielen den Anfang machen.
§. 692.
Jn der Geometrie hatte man die Lage und Länge der Linien in einer Figur, und konnte durch leichte Proben (§. 610.) finden, daß nicht jede Lage mit jeder Länge zugleich bestehen konnte. Man suchte demnach den einfachsten Fall auf, wobey die Möglichkeit nicht eingeschränkt
war.
IX. Hauptſtuͤck,
den Zirkeln bey denſelben eben das anmerken, was wir vorhin von den Zirkeln im Beweiſen angemerkt haben. Wir koͤnnen noch beyfuͤgen, daß man in der Mathematik, beſonders bey Aufgaben, die ſich noch nicht vollſtaͤndig aufloͤſen laſſen, die Abhaͤnglichkeit der einen von der andern, und wenn es angeht, auch dieſer von jener zu zeigen ſucht, ohne deswegen dieſe Reduction (§. 437.) als eine vollſtaͤndige Aufloͤ- ſung anzuſehen, welches eigentlich ein Zirkel waͤre.
§. 691.
Wir werden nun wiederum zu den Grundregeln der Ordnung des wiſſenſchaftlichen Vortrages (§. 379.) zuruͤckkehren, und bemerken, daß dieſelben zwar uͤberhaupt dieſe Ordnung angeben, dabey aber noch verſchiednes unbeſtimmt und unentwickelt laſſen. Einmal iſt die Frage, wiefern man bey einer Theorie vorauswiſſen koͤnne, wo man anzu- fangen habe, damit ſodann das uͤbrige in die- ſer Ordnung daraus folge? Dieſe Frage, die wir zum Theil ſchon | oben (§. 623.) betrachtet haben, wird ſich nach dem dermaligen Zuſtande der Wiſſen- ſchaften fuͤglicher theilsweiſe beantworten laſſen, und wir werden demnach mit Beyſpielen den Anfang machen.
§. 692.
Jn der Geometrie hatte man die Lage und Laͤnge der Linien in einer Figur, und konnte durch leichte Proben (§. 610.) finden, daß nicht jede Lage mit jeder Laͤnge zugleich beſtehen konnte. Man ſuchte demnach den einfachſten Fall auf, wobey die Moͤglichkeit nicht eingeſchraͤnkt
war.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0464"n="442"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">IX.</hi> Hauptſtuͤck,</hi></fw><lb/>
den Zirkeln bey denſelben eben das anmerken, was<lb/>
wir vorhin von den Zirkeln im Beweiſen angemerkt<lb/>
haben. Wir koͤnnen noch beyfuͤgen, daß man in der<lb/>
Mathematik, beſonders bey Aufgaben, die ſich noch<lb/>
nicht vollſtaͤndig aufloͤſen laſſen, die Abhaͤnglichkeit<lb/>
der einen von der andern, und wenn es angeht, auch<lb/>
dieſer von jener zu zeigen ſucht, ohne deswegen dieſe<lb/><hirendition="#fr">Reduction</hi> (§. 437.) als eine vollſtaͤndige Aufloͤ-<lb/>ſung anzuſehen, welches eigentlich ein Zirkel waͤre.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 691.</head><lb/><p>Wir werden nun wiederum zu den Grundregeln<lb/>
der Ordnung des wiſſenſchaftlichen Vortrages<lb/>
(§. 379.) zuruͤckkehren, und bemerken, daß dieſelben<lb/>
zwar uͤberhaupt dieſe Ordnung angeben, dabey aber<lb/>
noch verſchiednes unbeſtimmt und unentwickelt laſſen.<lb/>
Einmal iſt die Frage, <hirendition="#fr">wiefern man bey einer<lb/>
Theorie vorauswiſſen koͤnne, wo man anzu-<lb/>
fangen habe, damit ſodann das uͤbrige in die-<lb/>ſer Ordnung daraus folge?</hi> Dieſe Frage, die wir<lb/>
zum Theil ſchon | oben (§. 623.) betrachtet haben,<lb/>
wird ſich nach dem dermaligen Zuſtande der Wiſſen-<lb/>ſchaften fuͤglicher theilsweiſe beantworten laſſen, und<lb/>
wir werden demnach mit Beyſpielen den Anfang<lb/>
machen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 692.</head><lb/><p>Jn der Geometrie hatte man die Lage und Laͤnge<lb/>
der Linien in einer Figur, und konnte durch leichte<lb/>
Proben (§. 610.) finden, daß nicht jede Lage<lb/>
mit jeder Laͤnge zugleich beſtehen konnte. Man<lb/>ſuchte demnach <hirendition="#fr">den einfachſten Fall auf,<lb/>
wobey die Moͤglichkeit nicht eingeſchraͤnkt</hi><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">war.</hi></fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[442/0464]
IX. Hauptſtuͤck,
den Zirkeln bey denſelben eben das anmerken, was
wir vorhin von den Zirkeln im Beweiſen angemerkt
haben. Wir koͤnnen noch beyfuͤgen, daß man in der
Mathematik, beſonders bey Aufgaben, die ſich noch
nicht vollſtaͤndig aufloͤſen laſſen, die Abhaͤnglichkeit
der einen von der andern, und wenn es angeht, auch
dieſer von jener zu zeigen ſucht, ohne deswegen dieſe
Reduction (§. 437.) als eine vollſtaͤndige Aufloͤ-
ſung anzuſehen, welches eigentlich ein Zirkel waͤre.
§. 691.
Wir werden nun wiederum zu den Grundregeln
der Ordnung des wiſſenſchaftlichen Vortrages
(§. 379.) zuruͤckkehren, und bemerken, daß dieſelben
zwar uͤberhaupt dieſe Ordnung angeben, dabey aber
noch verſchiednes unbeſtimmt und unentwickelt laſſen.
Einmal iſt die Frage, wiefern man bey einer
Theorie vorauswiſſen koͤnne, wo man anzu-
fangen habe, damit ſodann das uͤbrige in die-
ſer Ordnung daraus folge? Dieſe Frage, die wir
zum Theil ſchon | oben (§. 623.) betrachtet haben,
wird ſich nach dem dermaligen Zuſtande der Wiſſen-
ſchaften fuͤglicher theilsweiſe beantworten laſſen, und
wir werden demnach mit Beyſpielen den Anfang
machen.
§. 692.
Jn der Geometrie hatte man die Lage und Laͤnge
der Linien in einer Figur, und konnte durch leichte
Proben (§. 610.) finden, daß nicht jede Lage
mit jeder Laͤnge zugleich beſtehen konnte. Man
ſuchte demnach den einfachſten Fall auf,
wobey die Moͤglichkeit nicht eingeſchraͤnkt
war.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 442. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/464>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.