sten confundiren oder verwechseln. Denn so wird wohl niemand sich träumen lassen, daß er eine Farbe höre, die Zeit sehe etc. Jndessen geht dieses vornehm- lich nur die äußern Sinnen an. Hingegen ist es schon längst eingeführt, daß wir das sichtbare mit dem unsichtbaren, die Körperwelt mit der Jntel- lectualwelt, die Empfindungen mit den Gedanken vergleichen, und vor beyde einerley Wörter und Aus- drücke gebrauchen. Die Worte erhalten dadurch nothwendig eine doppelte und zuweilen auch vielfache Bedeutung. Ein Licht im Zimmer haben, und Licht in den Gedanken haben, sind solche Redensarten. Und wenn wir sagen, es ist möglich, daß ein gewisses Vorgeben wahr sey; oder es ist möglich, eine gewisse Last zu heben; so heißt das Wort möglich im ersten Fall: man wisse es noch nicht, man lasse es noch unausge- macht etc. im andern Fall aber hat das Wort mög- lich die Bedeutung: daß es geschehen könne.
§. 46.
Der eigentliche Grund dieser Vergleichung liegt in der Aehnlichkeit des Eindruckes, den die Em- pfindungen äußerlicher Dinge und die Vorstellung ab- stracter und unsichtbarer Dinge in uns machen. So z. E. stellt man sich eine Sache vor Augen, wenn man sie in der That vor sich stellt, und sie anschaut. Dies heißt von Wort zu Wort, oder im eigentlichen Verstande. Stellt man sie sich aber in Gedanken so lebhaft vor, als wenn sie vor Augen wäre, so ist dieses im figürlichen Ver- stande. So auch, wer Schriften, Geldsorten etc. auseinanderliest, und jede besonders zusammen- nimmt, theilt gleichsam dadurch den Begriff des ver- wirrten Haufens, in einzelne kenntliche, und transferirt unvermerkt den Begriff des Auseinanderlesens von den Sachen auf die Begriffe.
§. 47.
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oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
ſten confundiren oder verwechſeln. Denn ſo wird wohl niemand ſich traͤumen laſſen, daß er eine Farbe hoͤre, die Zeit ſehe ꝛc. Jndeſſen geht dieſes vornehm- lich nur die aͤußern Sinnen an. Hingegen iſt es ſchon laͤngſt eingefuͤhrt, daß wir das ſichtbare mit dem unſichtbaren, die Koͤrperwelt mit der Jntel- lectualwelt, die Empfindungen mit den Gedanken vergleichen, und vor beyde einerley Woͤrter und Aus- druͤcke gebrauchen. Die Worte erhalten dadurch nothwendig eine doppelte und zuweilen auch vielfache Bedeutung. Ein Licht im Zimmer haben, und Licht in den Gedanken haben, ſind ſolche Redensarten. Und wenn wir ſagen, es iſt moͤglich, daß ein gewiſſes Vorgeben wahr ſey; oder es iſt moͤglich, eine gewiſſe Laſt zu heben; ſo heißt das Wort moͤglich im erſten Fall: man wiſſe es noch nicht, man laſſe es noch unausge- macht ꝛc. im andern Fall aber hat das Wort moͤg- lich die Bedeutung: daß es geſchehen koͤnne.
§. 46.
Der eigentliche Grund dieſer Vergleichung liegt in der Aehnlichkeit des Eindruckes, den die Em- pfindungen aͤußerlicher Dinge und die Vorſtellung ab- ſtracter und unſichtbarer Dinge in uns machen. So z. E. ſtellt man ſich eine Sache vor Augen, wenn man ſie in der That vor ſich ſtellt, und ſie anſchaut. Dies heißt von Wort zu Wort, oder im eigentlichen Verſtande. Stellt man ſie ſich aber in Gedanken ſo lebhaft vor, als wenn ſie vor Augen waͤre, ſo iſt dieſes im figuͤrlichen Ver- ſtande. So auch, wer Schriften, Geldſorten ꝛc. auseinanderlieſt, und jede beſonders zuſammen- nimmt, theilt gleichſam dadurch den Begriff des ver- wirrten Haufens, in einzelne kenntliche, und transferirt unvermerkt den Begriff des Auseinanderleſens von den Sachen auf die Begriffe.
§. 47.
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oder fuͤr ſich gedenkbaren Begriffen.
ſten confundiren oder verwechſeln. Denn ſo wird
wohl niemand ſich traͤumen laſſen, daß er eine Farbe
hoͤre, die Zeit ſehe ꝛc. Jndeſſen geht dieſes vornehm-
lich nur die aͤußern Sinnen an. Hingegen iſt es
ſchon laͤngſt eingefuͤhrt, daß wir das ſichtbare mit
dem unſichtbaren, die Koͤrperwelt mit der Jntel-
lectualwelt, die Empfindungen mit den Gedanken
vergleichen, und vor beyde einerley Woͤrter und Aus-
druͤcke gebrauchen. Die Worte erhalten dadurch
nothwendig eine doppelte und zuweilen auch vielfache
Bedeutung. Ein Licht im Zimmer haben, und Licht
in den Gedanken haben, ſind ſolche Redensarten.
Und wenn wir ſagen, es iſt moͤglich, daß ein gewiſſes
Vorgeben wahr ſey; oder es iſt moͤglich, eine gewiſſe Laſt
zu heben; ſo heißt das Wort moͤglich im erſten Fall:
man wiſſe es noch nicht, man laſſe es noch unausge-
macht ꝛc. im andern Fall aber hat das Wort moͤg-
lich die Bedeutung: daß es geſchehen koͤnne.
§. 46.
Der eigentliche Grund dieſer Vergleichung liegt
in der Aehnlichkeit des Eindruckes, den die Em-
pfindungen aͤußerlicher Dinge und die Vorſtellung ab-
ſtracter und unſichtbarer Dinge in uns machen. So
z. E. ſtellt man ſich eine Sache vor Augen,
wenn man ſie in der That vor ſich ſtellt, und
ſie anſchaut. Dies heißt von Wort zu Wort,
oder im eigentlichen Verſtande. Stellt man ſie
ſich aber in Gedanken ſo lebhaft vor, als wenn ſie
vor Augen waͤre, ſo iſt dieſes im figuͤrlichen Ver-
ſtande. So auch, wer Schriften, Geldſorten ꝛc.
auseinanderlieſt, und jede beſonders zuſammen-
nimmt, theilt gleichſam dadurch den Begriff des ver-
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unvermerkt den Begriff des Auseinanderleſens von
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 483. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/505>, abgerufen am 16.07.2024.
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