tern nicht ohne tüchtigen Grund eine andre Bedeu- tung gebe, als sie an sich schon haben, so ist unstreitig, daß die Bedeutung der Wörter, die einfache Begriffe vorstellen, am leichtesten beybehalten werden kann, weil sie nicht erst durch eine weitläuftige Entwicke- lung der Begriffe darf entschieden und vestgesetzt werden.
§. 123.
Diese Anmerkungen dehnen wir hier nicht weiter aus, als auf die in vorhergehenden beyden Haupt- stücken betrachteten einfachen Begriffe. Diese hätten mit Zuziehung jeder Wörter, wodurch man ihre Mo- deficationen und einfachsten Verhaltniße vorstellt, allerdings ausführlicher betrachtet werden können, wie es Locke in seinem Buche von dem menschlichen Ver- stande thut. Wir haben aber hier die Absicht nicht, unsre Begriffe nur zu anatomiren, und so fern dieses nöthig ist, mag es in den angezeigten Wissenschaften geschehen, die jeden einfachen Begriff besonders zu ihrem Gegenstande haben. Da wir die Wörter in ihrer gemeinen und eigentlichen Bedeutung genom- men haben, so können wir allerdings als ein Postula- tum setzen, daß man von dem Bewußtseyn, der Existenz, Einheit, Dauer, Succeßion, Zeit, Ausdehnung, Ort, Raum, Bewegung, Wil- len, Kraft etc. einen klaren Begriff habe.
§. 124.
Ferner haben wir die Grundsätze und Postulata ebenfalls schlechthin als solche angegeben, und hierinn sind wir dem Euclid gefolgt. Diese Grundsätze und Postulata sind nicht erst aus Definitionen hergeleitet, und so viel ich begreife, sollen sie es auch nicht seyn. Denn die Definitionen dienen entweder den Begriff deutlich zu machen, oder seinen Umfang zu bestim-
men.
III. Hauptſtuͤck,
tern nicht ohne tuͤchtigen Grund eine andre Bedeu- tung gebe, als ſie an ſich ſchon haben, ſo iſt unſtreitig, daß die Bedeutung der Woͤrter, die einfache Begriffe vorſtellen, am leichteſten beybehalten werden kann, weil ſie nicht erſt durch eine weitlaͤuftige Entwicke- lung der Begriffe darf entſchieden und veſtgeſetzt werden.
§. 123.
Dieſe Anmerkungen dehnen wir hier nicht weiter aus, als auf die in vorhergehenden beyden Haupt- ſtuͤcken betrachteten einfachen Begriffe. Dieſe haͤtten mit Zuziehung jeder Woͤrter, wodurch man ihre Mo- deficationen und einfachſten Verhaltniße vorſtellt, allerdings ausfuͤhrlicher betrachtet werden koͤnnen, wie es Locke in ſeinem Buche von dem menſchlichen Ver- ſtande thut. Wir haben aber hier die Abſicht nicht, unſre Begriffe nur zu anatomiren, und ſo fern dieſes noͤthig iſt, mag es in den angezeigten Wiſſenſchaften geſchehen, die jeden einfachen Begriff beſonders zu ihrem Gegenſtande haben. Da wir die Woͤrter in ihrer gemeinen und eigentlichen Bedeutung genom- men haben, ſo koͤnnen wir allerdings als ein Poſtula- tum ſetzen, daß man von dem Bewußtſeyn, der Exiſtenz, Einheit, Dauer, Succeßion, Zeit, Ausdehnung, Ort, Raum, Bewegung, Wil- len, Kraft ꝛc. einen klaren Begriff habe.
§. 124.
Ferner haben wir die Grundſaͤtze und Poſtulata ebenfalls ſchlechthin als ſolche angegeben, und hierinn ſind wir dem Euclid gefolgt. Dieſe Grundſaͤtze und Poſtulata ſind nicht erſt aus Definitionen hergeleitet, und ſo viel ich begreife, ſollen ſie es auch nicht ſeyn. Denn die Definitionen dienen entweder den Begriff deutlich zu machen, oder ſeinen Umfang zu beſtim-
men.
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III. Hauptſtuͤck,
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tung gebe, als ſie an ſich ſchon haben, ſo iſt unſtreitig,
daß die Bedeutung der Woͤrter, die einfache Begriffe
vorſtellen, am leichteſten beybehalten werden kann,
weil ſie nicht erſt durch eine weitlaͤuftige Entwicke-
lung der Begriffe darf entſchieden und veſtgeſetzt
werden.
§. 123.
Dieſe Anmerkungen dehnen wir hier nicht weiter
aus, als auf die in vorhergehenden beyden Haupt-
ſtuͤcken betrachteten einfachen Begriffe. Dieſe haͤtten
mit Zuziehung jeder Woͤrter, wodurch man ihre Mo-
deficationen und einfachſten Verhaltniße vorſtellt,
allerdings ausfuͤhrlicher betrachtet werden koͤnnen, wie
es Locke in ſeinem Buche von dem menſchlichen Ver-
ſtande thut. Wir haben aber hier die Abſicht nicht,
unſre Begriffe nur zu anatomiren, und ſo fern dieſes
noͤthig iſt, mag es in den angezeigten Wiſſenſchaften
geſchehen, die jeden einfachen Begriff beſonders zu
ihrem Gegenſtande haben. Da wir die Woͤrter in
ihrer gemeinen und eigentlichen Bedeutung genom-
men haben, ſo koͤnnen wir allerdings als ein Poſtula-
tum ſetzen, daß man von dem Bewußtſeyn, der
Exiſtenz, Einheit, Dauer, Succeßion, Zeit,
Ausdehnung, Ort, Raum, Bewegung, Wil-
len, Kraft ꝛc. einen klaren Begriff habe.
§. 124.
Ferner haben wir die Grundſaͤtze und Poſtulata
ebenfalls ſchlechthin als ſolche angegeben, und hierinn
ſind wir dem Euclid gefolgt. Dieſe Grundſaͤtze und
Poſtulata ſind nicht erſt aus Definitionen hergeleitet,
und ſo viel ich begreife, ſollen ſie es auch nicht ſeyn.
Denn die Definitionen dienen entweder den Begriff
deutlich zu machen, oder ſeinen Umfang zu beſtim-
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 518. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/540>, abgerufen am 22.11.2024.
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