Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.I. Hauptstück, definire genau zu entsprechen, welches man gemeiniglichfür erklären nimmt. Die Sache selbst verhält sich so. Stellt man sich die Merkmaale des Begriffes nur in Gedanken vor, so ist es schlechthin eine deutliche Vorstellung der Sache. Drückt man aber diese Merkmaale mit Worten aus, so heißt dieses eine Bestimmung oder Erklärung, und zwar entweder des Wortes, oder des Begriffes, oder der Sache, je nachdem man dadurch entweder die Bedeutung des Wortes bestimmen oder festsetzen, oder den Begriff, den man im Sinne hat, ausdrücken, oder die Sache vor- stellig machen will. Man sieht hieraus, daß, nach- dem man sich den Begriff von einer Sache deutlich gemacht hat, zu der Erklärung weiter nichts erfor- dert wird, als daß man die gefundenen Merkmaale mit ihren Namen benenne, und folglich durch Worte ausdrücke. Wir wollen nun die Beschaffenheit dieser Merkmaale theils an sich, theils auch in Absicht auf die Worte genauer betrachten, um dadurch die ver- schiedene Arten von Erklärungen zu bestimmen, die man von einer Sache machen kann. Sie sind wegen dieses Unterschiedes nicht alle zu jedem Gebrauche gleich dienlich, und daher ist es nützlich sie auch in dieser Absicht zu betrachten. §. 52. Wir haben schon oben (§. 14) angemerkt, daß Merk-
I. Hauptſtuͤck, definire genau zu entſprechen, welches man gemeiniglichfuͤr erklaͤren nimmt. Die Sache ſelbſt verhaͤlt ſich ſo. Stellt man ſich die Merkmaale des Begriffes nur in Gedanken vor, ſo iſt es ſchlechthin eine deutliche Vorſtellung der Sache. Druͤckt man aber dieſe Merkmaale mit Worten aus, ſo heißt dieſes eine Beſtimmung oder Erklaͤrung, und zwar entweder des Wortes, oder des Begriffes, oder der Sache, je nachdem man dadurch entweder die Bedeutung des Wortes beſtimmen oder feſtſetzen, oder den Begriff, den man im Sinne hat, ausdruͤcken, oder die Sache vor- ſtellig machen will. Man ſieht hieraus, daß, nach- dem man ſich den Begriff von einer Sache deutlich gemacht hat, zu der Erklaͤrung weiter nichts erfor- dert wird, als daß man die gefundenen Merkmaale mit ihren Namen benenne, und folglich durch Worte ausdruͤcke. Wir wollen nun die Beſchaffenheit dieſer Merkmaale theils an ſich, theils auch in Abſicht auf die Worte genauer betrachten, um dadurch die ver- ſchiedene Arten von Erklaͤrungen zu beſtimmen, die man von einer Sache machen kann. Sie ſind wegen dieſes Unterſchiedes nicht alle zu jedem Gebrauche gleich dienlich, und daher iſt es nuͤtzlich ſie auch in dieſer Abſicht zu betrachten. §. 52. Wir haben ſchon oben (§. 14) angemerkt, daß Merk-
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0056" n="34"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Hauptſtuͤck,</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">definire</hi></hi> genau zu entſprechen, welches man gemeiniglich<lb/> fuͤr <hi rendition="#fr">erklaͤren</hi> nimmt. Die Sache ſelbſt verhaͤlt ſich ſo.<lb/> Stellt man ſich die Merkmaale des Begriffes nur<lb/> in Gedanken vor, ſo iſt es ſchlechthin eine deutliche<lb/> Vorſtellung der Sache. Druͤckt man aber dieſe<lb/> Merkmaale mit Worten aus, ſo heißt dieſes eine<lb/><hi rendition="#fr">Beſtimmung</hi> oder <hi rendition="#fr">Erklaͤrung,</hi> und zwar entweder<lb/> des Wortes, oder des Begriffes, oder der Sache, je<lb/> nachdem man dadurch entweder die Bedeutung des<lb/> Wortes beſtimmen oder feſtſetzen, oder den Begriff, den<lb/> man im Sinne hat, ausdruͤcken, oder die Sache vor-<lb/> ſtellig machen will. Man ſieht hieraus, daß, nach-<lb/> dem man ſich den Begriff von einer Sache deutlich<lb/> gemacht hat, zu der <hi rendition="#fr">Erklaͤrung</hi> weiter nichts erfor-<lb/> dert wird, als daß man die gefundenen Merkmaale<lb/> mit ihren Namen benenne, und folglich durch Worte<lb/> ausdruͤcke. Wir wollen nun die Beſchaffenheit dieſer<lb/> Merkmaale theils an ſich, theils auch in Abſicht auf<lb/> die Worte genauer betrachten, um dadurch die ver-<lb/> ſchiedene Arten von Erklaͤrungen zu beſtimmen, die<lb/> man von einer Sache machen kann. Sie ſind wegen<lb/> dieſes Unterſchiedes nicht alle zu jedem Gebrauche<lb/> gleich dienlich, und daher iſt es nuͤtzlich ſie auch in<lb/> dieſer Abſicht zu betrachten.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head>§. 52.</head><lb/> <p>Wir haben ſchon oben (§. 14) angemerkt, daß<lb/> ſich die Merkmaale einer Sache in die <hi rendition="#fr">gemeinſa-<lb/> men und eigenen</hi> abtheilen laſſen, und daß beyde<lb/> zuſammen genommen, den Begriff erſchoͤpfen. Da<lb/> die gemeinſamen Merkmaale auch andern Dingen<lb/> zukommen, eben deswegen, weil ſie gemeinſam ſind, ſo<lb/> taugen ſie allein nicht, wenn die Erklaͤrung, ſo man<lb/> von der Sache machen will, die Abſicht hat, die<lb/> Sache kenntlich zu machen. Hiezu ſind die eigenen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Merk-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [34/0056]
I. Hauptſtuͤck,
definire genau zu entſprechen, welches man gemeiniglich
fuͤr erklaͤren nimmt. Die Sache ſelbſt verhaͤlt ſich ſo.
Stellt man ſich die Merkmaale des Begriffes nur
in Gedanken vor, ſo iſt es ſchlechthin eine deutliche
Vorſtellung der Sache. Druͤckt man aber dieſe
Merkmaale mit Worten aus, ſo heißt dieſes eine
Beſtimmung oder Erklaͤrung, und zwar entweder
des Wortes, oder des Begriffes, oder der Sache, je
nachdem man dadurch entweder die Bedeutung des
Wortes beſtimmen oder feſtſetzen, oder den Begriff, den
man im Sinne hat, ausdruͤcken, oder die Sache vor-
ſtellig machen will. Man ſieht hieraus, daß, nach-
dem man ſich den Begriff von einer Sache deutlich
gemacht hat, zu der Erklaͤrung weiter nichts erfor-
dert wird, als daß man die gefundenen Merkmaale
mit ihren Namen benenne, und folglich durch Worte
ausdruͤcke. Wir wollen nun die Beſchaffenheit dieſer
Merkmaale theils an ſich, theils auch in Abſicht auf
die Worte genauer betrachten, um dadurch die ver-
ſchiedene Arten von Erklaͤrungen zu beſtimmen, die
man von einer Sache machen kann. Sie ſind wegen
dieſes Unterſchiedes nicht alle zu jedem Gebrauche
gleich dienlich, und daher iſt es nuͤtzlich ſie auch in
dieſer Abſicht zu betrachten.
§. 52.
Wir haben ſchon oben (§. 14) angemerkt, daß
ſich die Merkmaale einer Sache in die gemeinſa-
men und eigenen abtheilen laſſen, und daß beyde
zuſammen genommen, den Begriff erſchoͤpfen. Da
die gemeinſamen Merkmaale auch andern Dingen
zukommen, eben deswegen, weil ſie gemeinſam ſind, ſo
taugen ſie allein nicht, wenn die Erklaͤrung, ſo man
von der Sache machen will, die Abſicht hat, die
Sache kenntlich zu machen. Hiezu ſind die eigenen
Merk-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |