Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

IV. Hauptstück, von dem Unterschiede
im eigentlichen Verstande die Alethiologie ausmacht,
besonders vornehmen, und die Wahrheit schlechthin
als Wahrheit betrachten, um uns durch die ausführ-
lichere Entwickelung der Harmonie der Wahrheiten
zu dem oben schon (§. 2.) erwähnten Vortheile den
Weg zu bähnen. Es ist unstreitig, daß man, je
besser man sich diese Harmonie bekannt macht, desto
leichter auch in besondern Fällen beurtheilen kann,
wiefern ein Satz sich in das System der Wahrheiten
schickt, oder daraus wegbleiben muß.

§. 160.

Dieses System oder das Reich der Wahrheit
nehmen wir hier so, daß, wenn wir alle Wahrheiten
nach unsrer Art sie vorzustellen wüßten, sie dieses
Reich der Wahrheiten ausmachen würden. Wir be-
trachten demnach hier das ganze System aller Be-
griffe, Sätze
und Verhältnisse, die nur immer
möglich sind, als bereits in seiner Verbindung und
Zusammenhange, und sehen das, so wir etwann be-
reits davon wissen, als Theile und einzelne Stücke
dieses Systems an, weil wir auf diese Art, so oft
wir neue Stücke finden und mit den bereits gefunde-
denen zusammenhängen wollen, den Grundriß des
ganzen Gebäudes vor Augen haben, und jede einzelne
Stücke darnach prüfen können?

§. 161.

Wir fordern demnach für die einfachen Begriffe
die Gedenkbarkeit, (§. 10. Dianoiol. §. 654.) für
die zusammengesetzten Begriffe die Möglichkeit der
Zusammensetzung,
(§. 2 3.) und für die Sätze
die Möglichkeit, das Prädicat durch das
Subject zu bestimmen,
(Dianoiol §. 663.) und
die Nothwendigkeit der Folge eines Schluß-
satzes aus den Vordersätzen bey richtiger Form.

(§. 242.

IV. Hauptſtuͤck, von dem Unterſchiede
im eigentlichen Verſtande die Alethiologie ausmacht,
beſonders vornehmen, und die Wahrheit ſchlechthin
als Wahrheit betrachten, um uns durch die ausfuͤhr-
lichere Entwickelung der Harmonie der Wahrheiten
zu dem oben ſchon (§. 2.) erwaͤhnten Vortheile den
Weg zu baͤhnen. Es iſt unſtreitig, daß man, je
beſſer man ſich dieſe Harmonie bekannt macht, deſto
leichter auch in beſondern Faͤllen beurtheilen kann,
wiefern ein Satz ſich in das Syſtem der Wahrheiten
ſchickt, oder daraus wegbleiben muß.

§. 160.

Dieſes Syſtem oder das Reich der Wahrheit
nehmen wir hier ſo, daß, wenn wir alle Wahrheiten
nach unſrer Art ſie vorzuſtellen wuͤßten, ſie dieſes
Reich der Wahrheiten ausmachen wuͤrden. Wir be-
trachten demnach hier das ganze Syſtem aller Be-
griffe, Saͤtze
und Verhaͤltniſſe, die nur immer
moͤglich ſind, als bereits in ſeiner Verbindung und
Zuſammenhange, und ſehen das, ſo wir etwann be-
reits davon wiſſen, als Theile und einzelne Stuͤcke
dieſes Syſtems an, weil wir auf dieſe Art, ſo oft
wir neue Stuͤcke finden und mit den bereits gefunde-
denen zuſammenhaͤngen wollen, den Grundriß des
ganzen Gebaͤudes vor Augen haben, und jede einzelne
Stuͤcke darnach pruͤfen koͤnnen?

§. 161.

Wir fordern demnach fuͤr die einfachen Begriffe
die Gedenkbarkeit, (§. 10. Dianoiol. §. 654.) fuͤr
die zuſammengeſetzten Begriffe die Moͤglichkeit der
Zuſammenſetzung,
(§. 2 3.) und fuͤr die Saͤtze
die Moͤglichkeit, das Praͤdicat durch das
Subject zu beſtimmen,
(Dianoiol §. 663.) und
die Nothwendigkeit der Folge eines Schluß-
ſatzes aus den Vorderſaͤtzen bey richtiger Form.

(§. 242.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0560" n="538"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">IV.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck, von dem Unter&#x017F;chiede</hi></fw><lb/>
im eigentlichen Ver&#x017F;tande die Alethiologie ausmacht,<lb/>
be&#x017F;onders vornehmen, und die Wahrheit &#x017F;chlechthin<lb/>
als Wahrheit betrachten, um uns durch die ausfu&#x0364;hr-<lb/>
lichere Entwickelung der Harmonie der Wahrheiten<lb/>
zu dem oben &#x017F;chon (§. 2.) erwa&#x0364;hnten Vortheile den<lb/>
Weg zu ba&#x0364;hnen. Es i&#x017F;t un&#x017F;treitig, daß man, je<lb/>
be&#x017F;&#x017F;er man &#x017F;ich die&#x017F;e Harmonie bekannt macht, de&#x017F;to<lb/>
leichter auch in be&#x017F;ondern Fa&#x0364;llen beurtheilen kann,<lb/>
wiefern ein Satz &#x017F;ich in das Sy&#x017F;tem der Wahrheiten<lb/>
&#x017F;chickt, oder daraus wegbleiben muß.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 160.</head><lb/>
            <p>Die&#x017F;es Sy&#x017F;tem oder das Reich der Wahrheit<lb/>
nehmen wir hier &#x017F;o, daß, wenn wir alle Wahrheiten<lb/>
nach un&#x017F;rer Art &#x017F;ie vorzu&#x017F;tellen wu&#x0364;ßten, &#x017F;ie die&#x017F;es<lb/>
Reich der Wahrheiten ausmachen wu&#x0364;rden. Wir be-<lb/>
trachten demnach hier das ganze Sy&#x017F;tem aller <hi rendition="#fr">Be-<lb/>
griffe, Sa&#x0364;tze</hi> und <hi rendition="#fr">Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e,</hi> die nur immer<lb/>
mo&#x0364;glich &#x017F;ind, als bereits in &#x017F;einer Verbindung und<lb/>
Zu&#x017F;ammenhange, und &#x017F;ehen das, &#x017F;o wir etwann be-<lb/>
reits davon wi&#x017F;&#x017F;en, als Theile und einzelne Stu&#x0364;cke<lb/>
die&#x017F;es Sy&#x017F;tems an, weil wir auf die&#x017F;e Art, &#x017F;o oft<lb/>
wir neue Stu&#x0364;cke finden und mit den bereits gefunde-<lb/>
denen zu&#x017F;ammenha&#x0364;ngen wollen, den Grundriß des<lb/>
ganzen Geba&#x0364;udes vor Augen haben, und jede einzelne<lb/>
Stu&#x0364;cke darnach pru&#x0364;fen ko&#x0364;nnen?</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 161.</head><lb/>
            <p>Wir fordern demnach fu&#x0364;r die einfachen Begriffe<lb/>
die <hi rendition="#fr">Gedenkbarkeit,</hi> (§. 10. Dianoiol. §. 654.) fu&#x0364;r<lb/>
die zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten Begriffe die <hi rendition="#fr">Mo&#x0364;glichkeit der<lb/>
Zu&#x017F;ammen&#x017F;etzung,</hi> (§. 2 3.) und fu&#x0364;r die Sa&#x0364;tze<lb/><hi rendition="#fr">die Mo&#x0364;glichkeit, das Pra&#x0364;dicat durch das<lb/>
Subject zu be&#x017F;timmen,</hi> (Dianoiol §. 663.) <hi rendition="#fr">und<lb/>
die Nothwendigkeit der Folge eines Schluß-<lb/>
&#x017F;atzes aus den Vorder&#x017F;a&#x0364;tzen bey richtiger Form.</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">(§. 242.</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[538/0560] IV. Hauptſtuͤck, von dem Unterſchiede im eigentlichen Verſtande die Alethiologie ausmacht, beſonders vornehmen, und die Wahrheit ſchlechthin als Wahrheit betrachten, um uns durch die ausfuͤhr- lichere Entwickelung der Harmonie der Wahrheiten zu dem oben ſchon (§. 2.) erwaͤhnten Vortheile den Weg zu baͤhnen. Es iſt unſtreitig, daß man, je beſſer man ſich dieſe Harmonie bekannt macht, deſto leichter auch in beſondern Faͤllen beurtheilen kann, wiefern ein Satz ſich in das Syſtem der Wahrheiten ſchickt, oder daraus wegbleiben muß. §. 160. Dieſes Syſtem oder das Reich der Wahrheit nehmen wir hier ſo, daß, wenn wir alle Wahrheiten nach unſrer Art ſie vorzuſtellen wuͤßten, ſie dieſes Reich der Wahrheiten ausmachen wuͤrden. Wir be- trachten demnach hier das ganze Syſtem aller Be- griffe, Saͤtze und Verhaͤltniſſe, die nur immer moͤglich ſind, als bereits in ſeiner Verbindung und Zuſammenhange, und ſehen das, ſo wir etwann be- reits davon wiſſen, als Theile und einzelne Stuͤcke dieſes Syſtems an, weil wir auf dieſe Art, ſo oft wir neue Stuͤcke finden und mit den bereits gefunde- denen zuſammenhaͤngen wollen, den Grundriß des ganzen Gebaͤudes vor Augen haben, und jede einzelne Stuͤcke darnach pruͤfen koͤnnen? §. 161. Wir fordern demnach fuͤr die einfachen Begriffe die Gedenkbarkeit, (§. 10. Dianoiol. §. 654.) fuͤr die zuſammengeſetzten Begriffe die Moͤglichkeit der Zuſammenſetzung, (§. 2 3.) und fuͤr die Saͤtze die Moͤglichkeit, das Praͤdicat durch das Subject zu beſtimmen, (Dianoiol §. 663.) und die Nothwendigkeit der Folge eines Schluß- ſatzes aus den Vorderſaͤtzen bey richtiger Form. (§. 242.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/560
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/560>, abgerufen am 22.11.2024.