Dieses aber macht sie uns noch nicht gewiß, weil zur Gewißheit das Bewußtseyn erfordert wird, daß sie durchaus complet und real ist.
§. 208.
Eine Vorstellung ist demnach in so fern ungewiß, in so fern entweder wirklich eine Lücke darinn ist, oder in so fern wir sie nicht durchaus gedenken. Denn ist in der Vorstellung etwas irriges, so ist auch nothwendig eine Lücke darinn, (§. 205.) und diese läßt sich nicht gedenken, weil sie höchstens nur mit etwas eingebildetem ausgefüllt wer- den kann. (§. cit.) Demnach kann eine solche Vor- stellung an sich nie völlig gewiß werden. Jst aber die Vorstellung an sich durchaus wahr und richtig, aber wir sind uns derselben nicht ganz bewußt, so bleibt uns auch ungewiß, ob noch das mangelnde rich- tig oder irrig ist.
§. 209.
Hinwiederum, so fern uns eine Vorstellung ungewiß vorkömmt, so fern sind wir uns auch nicht bewußt, ob diese Einheit complet ist oder nicht. Denn sind wir uns bewußt, daß sie complet ist, so ist die Vorstellung nicht nur durchaus gedenkbar, sondern wir stellen sie uns auch durchaus vor. Dadurch fällt nun jedes ungewisse weg. Dieses ist nun wider die Bedingung des Satzes. Dem- nach sind wir uns bey einer noch ungewissen Vorstel- lung nicht bewußt, daß die Einheit complet sey. Sind wir uns aber bewußt, daß sie nicht complet ist, so fällt die Ungewißheit nicht mehr auf die ganze Vorstellung, sondern höchstens nur auf den noch man- gelnden Theil. Demnach ist die Sache so weit ent- schieden, daß wir wissen, was darinn kann vestgesetzt werden, und was noch zurück bleibt.
§. 210.
IV. Hauptſtuͤck, von dem Unterſcheide
Dieſes aber macht ſie uns noch nicht gewiß, weil zur Gewißheit das Bewußtſeyn erfordert wird, daß ſie durchaus complet und real iſt.
§. 208.
Eine Vorſtellung iſt demnach in ſo fern ungewiß, in ſo fern entweder wirklich eine Luͤcke darinn iſt, oder in ſo fern wir ſie nicht durchaus gedenken. Denn iſt in der Vorſtellung etwas irriges, ſo iſt auch nothwendig eine Luͤcke darinn, (§. 205.) und dieſe laͤßt ſich nicht gedenken, weil ſie hoͤchſtens nur mit etwas eingebildetem ausgefuͤllt wer- den kann. (§. cit.) Demnach kann eine ſolche Vor- ſtellung an ſich nie voͤllig gewiß werden. Jſt aber die Vorſtellung an ſich durchaus wahr und richtig, aber wir ſind uns derſelben nicht ganz bewußt, ſo bleibt uns auch ungewiß, ob noch das mangelnde rich- tig oder irrig iſt.
§. 209.
Hinwiederum, ſo fern uns eine Vorſtellung ungewiß vorkoͤmmt, ſo fern ſind wir uns auch nicht bewußt, ob dieſe Einheit complet iſt oder nicht. Denn ſind wir uns bewußt, daß ſie complet iſt, ſo iſt die Vorſtellung nicht nur durchaus gedenkbar, ſondern wir ſtellen ſie uns auch durchaus vor. Dadurch faͤllt nun jedes ungewiſſe weg. Dieſes iſt nun wider die Bedingung des Satzes. Dem- nach ſind wir uns bey einer noch ungewiſſen Vorſtel- lung nicht bewußt, daß die Einheit complet ſey. Sind wir uns aber bewußt, daß ſie nicht complet iſt, ſo faͤllt die Ungewißheit nicht mehr auf die ganze Vorſtellung, ſondern hoͤchſtens nur auf den noch man- gelnden Theil. Demnach iſt die Sache ſo weit ent- ſchieden, daß wir wiſſen, was darinn kann veſtgeſetzt werden, und was noch zuruͤck bleibt.
§. 210.
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IV. Hauptſtuͤck, von dem Unterſcheide
Dieſes aber macht ſie uns noch nicht gewiß, weil zur
Gewißheit das Bewußtſeyn erfordert wird, daß ſie
durchaus complet und real iſt.
§. 208.
Eine Vorſtellung iſt demnach in ſo fern
ungewiß, in ſo fern entweder wirklich eine
Luͤcke darinn iſt, oder in ſo fern wir ſie nicht
durchaus gedenken. Denn iſt in der Vorſtellung
etwas irriges, ſo iſt auch nothwendig eine Luͤcke darinn,
(§. 205.) und dieſe laͤßt ſich nicht gedenken, weil ſie
hoͤchſtens nur mit etwas eingebildetem ausgefuͤllt wer-
den kann. (§. cit.) Demnach kann eine ſolche Vor-
ſtellung an ſich nie voͤllig gewiß werden. Jſt aber
die Vorſtellung an ſich durchaus wahr und richtig,
aber wir ſind uns derſelben nicht ganz bewußt, ſo
bleibt uns auch ungewiß, ob noch das mangelnde rich-
tig oder irrig iſt.
§. 209.
Hinwiederum, ſo fern uns eine Vorſtellung
ungewiß vorkoͤmmt, ſo fern ſind wir uns auch
nicht bewußt, ob dieſe Einheit complet iſt
oder nicht. Denn ſind wir uns bewußt, daß ſie
complet iſt, ſo iſt die Vorſtellung nicht nur durchaus
gedenkbar, ſondern wir ſtellen ſie uns auch durchaus
vor. Dadurch faͤllt nun jedes ungewiſſe weg. Dieſes
iſt nun wider die Bedingung des Satzes. Dem-
nach ſind wir uns bey einer noch ungewiſſen Vorſtel-
lung nicht bewußt, daß die Einheit complet ſey.
Sind wir uns aber bewußt, daß ſie nicht complet iſt,
ſo faͤllt die Ungewißheit nicht mehr auf die ganze
Vorſtellung, ſondern hoͤchſtens nur auf den noch man-
gelnden Theil. Demnach iſt die Sache ſo weit ent-
ſchieden, daß wir wiſſen, was darinn kann veſtgeſetzt
werden, und was noch zuruͤck bleibt.
§. 210.
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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 560. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/582>, abgerufen am 22.11.2024.
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