um jede seine Merkmaale von ihm zu bejahen, seine Verhältnisse mit den verwandten Begriffen, und die Verhältnisse seiner Merkmaale unter sich zu bestimmen etc. Auch hierinn können Euclids Elemente zum Bey- spiele und Muster dienen.
§. 246.
DiePostulataim Reiche der Wahrheit enthal- ten allgemeine und unbedingte Möglichkeiten. Denn die Postulata geben Möglichkeiten an, die für sich erkennbar sind. (§. 156. Dianoiol.) Man setze nun, diese seyn nicht allgemein noch unbedingt, so haben sie einen Grund ihrer Möglichkeit und deren Gränzen, oh- ne welchen sie sich nicht als wahr und richtig erkennen lassen. (§. 238. 237.) Demnach wären sie nicht für sich erkennbar. Dieses aber stößt die Bedingung des Sa- tzes um, folglich enthalten die Postulata im Reiche der Wahrheit allgemeine und unbedingte Möglichkeiten.
§. 247.
Man sieht leicht, daß wir hier den Begriff eines Postulati sehr genau bestimmt nehmen. Man wird auch die meisten Postulata, die wir im zweyten Haupt- stück angegeben haben, von dieser Art finden. Das einige, wobey wir Gränzen setzen mußten, betrifft die Solidität, (§. 94.) daß sich nämlich jeder Raum bis zur Conti- nuität ausgefüllt gedenken lasse. Wir haben aber in dem §. 96. angemerkt, daß es noch dahin gestellt bleibe, ob diese Einheit nicht noch veränderlich sey? Denn hät- te die Continuität Gradus intensitatis, die von o bis ins Unendliche gehen, so würde das Leere von dem Vol- len nur wie der Anfang einer Linie von der Linie selbst unterschieden seyn, und die Ausfüllung eines Raumes würde in Ansehung der Dichtigkeit nicht nothwendig, sondern nur, mit Beybehaltung gleich dichter Mate- rie, Gränzen haben.
§. 248.
O o 2
des Wahren und Jrrigen.
um jede ſeine Merkmaale von ihm zu bejahen, ſeine Verhaͤltniſſe mit den verwandten Begriffen, und die Verhaͤltniſſe ſeiner Merkmaale unter ſich zu beſtimmen ꝛc. Auch hierinn koͤnnen Euclids Elemente zum Bey- ſpiele und Muſter dienen.
§. 246.
DiePoſtulataim Reiche der Wahrheit enthal- ten allgemeine und unbedingte Moͤglichkeiten. Denn die Poſtulata geben Moͤglichkeiten an, die fuͤr ſich erkennbar ſind. (§. 156. Dianoiol.) Man ſetze nun, dieſe ſeyn nicht allgemein noch unbedingt, ſo haben ſie einen Grund ihrer Moͤglichkeit und deren Graͤnzen, oh- ne welchen ſie ſich nicht als wahr und richtig erkennen laſſen. (§. 238. 237.) Demnach waͤren ſie nicht fuͤr ſich erkennbar. Dieſes aber ſtoͤßt die Bedingung des Sa- tzes um, folglich enthalten die Poſtulata im Reiche der Wahrheit allgemeine und unbedingte Moͤglichkeiten.
§. 247.
Man ſieht leicht, daß wir hier den Begriff eines Poſtulati ſehr genau beſtimmt nehmen. Man wird auch die meiſten Poſtulata, die wir im zweyten Haupt- ſtuͤck angegeben haben, von dieſer Art finden. Das einige, wobey wir Graͤnzen ſetzen mußten, betrifft die Soliditaͤt, (§. 94.) daß ſich naͤmlich jeder Raum bis zur Conti- nuitaͤt ausgefuͤllt gedenken laſſe. Wir haben aber in dem §. 96. angemerkt, daß es noch dahin geſtellt bleibe, ob dieſe Einheit nicht noch veraͤnderlich ſey? Denn haͤt- te die Continuitaͤt Gradus intenſitatis, die von o bis ins Unendliche gehen, ſo wuͤrde das Leere von dem Vol- len nur wie der Anfang einer Linie von der Linie ſelbſt unterſchieden ſeyn, und die Ausfuͤllung eines Raumes wuͤrde in Anſehung der Dichtigkeit nicht nothwendig, ſondern nur, mit Beybehaltung gleich dichter Mate- rie, Graͤnzen haben.
§. 248.
O o 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0601"n="579"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">des Wahren und Jrrigen.</hi></fw><lb/>
um jede ſeine Merkmaale von ihm zu bejahen, ſeine<lb/>
Verhaͤltniſſe mit den verwandten Begriffen, und die<lb/>
Verhaͤltniſſe ſeiner Merkmaale unter ſich zu beſtimmen<lb/>ꝛc. Auch hierinn koͤnnen <hirendition="#fr">Euclids</hi> Elemente zum Bey-<lb/>ſpiele und Muſter dienen.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 246.</head><lb/><p><hirendition="#fr">Die</hi><hirendition="#aq"><hirendition="#i">Poſtulata</hi></hi><hirendition="#fr">im Reiche der Wahrheit enthal-<lb/>
ten allgemeine und unbedingte Moͤglichkeiten.</hi><lb/>
Denn die <hirendition="#aq">Poſtulata</hi> geben Moͤglichkeiten an, die fuͤr ſich<lb/>
erkennbar ſind. (§. 156. Dianoiol.) Man ſetze nun,<lb/>
dieſe ſeyn nicht allgemein noch unbedingt, ſo haben ſie<lb/>
einen Grund ihrer Moͤglichkeit und deren Graͤnzen, oh-<lb/>
ne welchen ſie ſich nicht als wahr und richtig erkennen<lb/>
laſſen. (§. 238. 237.) Demnach waͤren ſie nicht fuͤr ſich<lb/>
erkennbar. Dieſes aber ſtoͤßt die Bedingung des Sa-<lb/>
tzes um, folglich enthalten die <hirendition="#aq">Poſtulata</hi> im Reiche der<lb/>
Wahrheit allgemeine und unbedingte Moͤglichkeiten.</p></div><lb/><divn="3"><head>§. 247.</head><lb/><p>Man ſieht leicht, daß wir hier den Begriff eines<lb/><hirendition="#aq">Poſtulati</hi>ſehr genau beſtimmt nehmen. Man wird<lb/>
auch die meiſten <hirendition="#aq">Poſtulata,</hi> die wir im zweyten Haupt-<lb/>ſtuͤck angegeben haben, von dieſer Art finden. Das einige,<lb/>
wobey wir Graͤnzen ſetzen mußten, betrifft die Soliditaͤt,<lb/>
(§. 94.) daß ſich naͤmlich jeder Raum <hirendition="#fr">bis zur Conti-<lb/>
nuitaͤt</hi> ausgefuͤllt gedenken laſſe. Wir haben aber in<lb/>
dem §. 96. angemerkt, daß es noch dahin geſtellt bleibe,<lb/>
ob dieſe Einheit nicht noch veraͤnderlich ſey? Denn haͤt-<lb/>
te die Continuitaͤt <hirendition="#aq">Gradus intenſitatis,</hi> die von <hirendition="#aq">o</hi> bis<lb/>
ins Unendliche gehen, ſo wuͤrde das Leere von dem Vol-<lb/>
len nur wie der Anfang einer Linie von der Linie ſelbſt<lb/>
unterſchieden ſeyn, und die Ausfuͤllung eines Raumes<lb/>
wuͤrde in Anſehung der Dichtigkeit nicht nothwendig,<lb/>ſondern nur, mit Beybehaltung gleich dichter Mate-<lb/>
rie, Graͤnzen haben.</p></div><lb/><fwplace="bottom"type="sig">O o 2</fw><fwplace="bottom"type="catch">§. 248.</fw><lb/></div></div></body></text></TEI>
[579/0601]
des Wahren und Jrrigen.
um jede ſeine Merkmaale von ihm zu bejahen, ſeine
Verhaͤltniſſe mit den verwandten Begriffen, und die
Verhaͤltniſſe ſeiner Merkmaale unter ſich zu beſtimmen
ꝛc. Auch hierinn koͤnnen Euclids Elemente zum Bey-
ſpiele und Muſter dienen.
§. 246.
Die Poſtulata im Reiche der Wahrheit enthal-
ten allgemeine und unbedingte Moͤglichkeiten.
Denn die Poſtulata geben Moͤglichkeiten an, die fuͤr ſich
erkennbar ſind. (§. 156. Dianoiol.) Man ſetze nun,
dieſe ſeyn nicht allgemein noch unbedingt, ſo haben ſie
einen Grund ihrer Moͤglichkeit und deren Graͤnzen, oh-
ne welchen ſie ſich nicht als wahr und richtig erkennen
laſſen. (§. 238. 237.) Demnach waͤren ſie nicht fuͤr ſich
erkennbar. Dieſes aber ſtoͤßt die Bedingung des Sa-
tzes um, folglich enthalten die Poſtulata im Reiche der
Wahrheit allgemeine und unbedingte Moͤglichkeiten.
§. 247.
Man ſieht leicht, daß wir hier den Begriff eines
Poſtulati ſehr genau beſtimmt nehmen. Man wird
auch die meiſten Poſtulata, die wir im zweyten Haupt-
ſtuͤck angegeben haben, von dieſer Art finden. Das einige,
wobey wir Graͤnzen ſetzen mußten, betrifft die Soliditaͤt,
(§. 94.) daß ſich naͤmlich jeder Raum bis zur Conti-
nuitaͤt ausgefuͤllt gedenken laſſe. Wir haben aber in
dem §. 96. angemerkt, daß es noch dahin geſtellt bleibe,
ob dieſe Einheit nicht noch veraͤnderlich ſey? Denn haͤt-
te die Continuitaͤt Gradus intenſitatis, die von o bis
ins Unendliche gehen, ſo wuͤrde das Leere von dem Vol-
len nur wie der Anfang einer Linie von der Linie ſelbſt
unterſchieden ſeyn, und die Ausfuͤllung eines Raumes
wuͤrde in Anſehung der Dichtigkeit nicht nothwendig,
ſondern nur, mit Beybehaltung gleich dichter Mate-
rie, Graͤnzen haben.
§. 248.
O o 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 579. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/601>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.