Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

II. Hauptstück,
Aequinoctialuhren, oder wenn sie mit der Erdachse
paralleligt, und dieses giebt überhaupt Polaruhren,
aus welchen man wiederum diejenige besonders her-
aus nimmt, die die Fläche des Mittagskraises recht-
winklicht durchschneidet. Alle übrigen werden durch
die Weltgegend, gegen welche sie sich neigen, und durch
den Grad ihrer Neigung bestimmt. Man sieht aus
diesem Beyspiele, daß so bald die Sache auf be-
stimmte Veränderungen in Graden gesetzt ist, diese
sich gleichsam von selbst ergeben, wenn man die Gründe
zur Auswahl der vorzüglichsten Grade gefunden hat.

§. 105.

Auf eine ähnliche Art verhält es sich, wenn der
Unterschied der Sache auf lauter ganze Zahlen muß
gesetzt werden, und daher nur in der Combination
der Theile besteht. So z. E. hat man in der Trigo-
nometrie bey jedem Triangel sechs Stücke. Man
weis, daß aus dreyen derselben jedes der übrigen
drey kann gefunden werden. Daher lassen sich
durch eine bloße Combination alle Fälle bestimmen.
Wir werden unten in der Lehre der Schlüße sehen,
daß man ihre Anzahl auf eine ähnliche Art bestimmt
hat, und darinn noch weiter gegangen ist, indem man
jeder Art einen Namen gegeben, der durch bedeutende
Buchstaben, die Merkmaale des Schlußes, seiner
Richtigkeit und Verwandlung vorstellt. So hat
Herr Prof. Kraft in Ansehung der Säulenordnung,
durch Voraussetzung, daß jede Säule aus drey
größern, und jedes von diesen aus drey kleinern
Haupttheilen bestehe, alle diese Theile aber ein
harmonisches Verhältniß gegen einander haben sollen,
herausgebracht, daß es in allem fünf solcher Ord-
nungen gebe, wenn man die Regeln der Harmonie
und die von der Baukunst nicht überschreiten wolle.

§. 106.

II. Hauptſtuͤck,
Aequinoctialuhren, oder wenn ſie mit der Erdachſe
paralleligt, und dieſes giebt uͤberhaupt Polaruhren,
aus welchen man wiederum diejenige beſonders her-
aus nimmt, die die Flaͤche des Mittagskraiſes recht-
winklicht durchſchneidet. Alle uͤbrigen werden durch
die Weltgegend, gegen welche ſie ſich neigen, und durch
den Grad ihrer Neigung beſtimmt. Man ſieht aus
dieſem Beyſpiele, daß ſo bald die Sache auf be-
ſtimmte Veraͤnderungen in Graden geſetzt iſt, dieſe
ſich gleichſam von ſelbſt ergeben, wenn man die Gruͤnde
zur Auswahl der vorzuͤglichſten Grade gefunden hat.

§. 105.

Auf eine aͤhnliche Art verhaͤlt es ſich, wenn der
Unterſchied der Sache auf lauter ganze Zahlen muß
geſetzt werden, und daher nur in der Combination
der Theile beſteht. So z. E. hat man in der Trigo-
nometrie bey jedem Triangel ſechs Stuͤcke. Man
weis, daß aus dreyen derſelben jedes der uͤbrigen
drey kann gefunden werden. Daher laſſen ſich
durch eine bloße Combination alle Faͤlle beſtimmen.
Wir werden unten in der Lehre der Schluͤße ſehen,
daß man ihre Anzahl auf eine aͤhnliche Art beſtimmt
hat, und darinn noch weiter gegangen iſt, indem man
jeder Art einen Namen gegeben, der durch bedeutende
Buchſtaben, die Merkmaale des Schlußes, ſeiner
Richtigkeit und Verwandlung vorſtellt. So hat
Herr Prof. Kraft in Anſehung der Saͤulenordnung,
durch Vorausſetzung, daß jede Saͤule aus drey
groͤßern, und jedes von dieſen aus drey kleinern
Haupttheilen beſtehe, alle dieſe Theile aber ein
harmoniſches Verhaͤltniß gegen einander haben ſollen,
herausgebracht, daß es in allem fuͤnf ſolcher Ord-
nungen gebe, wenn man die Regeln der Harmonie
und die von der Baukunſt nicht uͤberſchreiten wolle.

§. 106.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0088" n="66"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Haupt&#x017F;tu&#x0364;ck,</hi></fw><lb/>
Aequinoctialuhren, oder wenn &#x017F;ie mit der Erdach&#x017F;e<lb/>
paralleligt, und die&#x017F;es giebt u&#x0364;berhaupt Polaruhren,<lb/>
aus welchen man wiederum diejenige be&#x017F;onders her-<lb/>
aus nimmt, die die Fla&#x0364;che des Mittagskrai&#x017F;es recht-<lb/>
winklicht durch&#x017F;chneidet. Alle u&#x0364;brigen werden durch<lb/>
die Weltgegend, gegen welche &#x017F;ie &#x017F;ich neigen, und durch<lb/>
den Grad ihrer Neigung be&#x017F;timmt. Man &#x017F;ieht aus<lb/>
die&#x017F;em Bey&#x017F;piele, daß &#x017F;o bald die Sache auf be-<lb/>
&#x017F;timmte Vera&#x0364;nderungen in Graden ge&#x017F;etzt i&#x017F;t, die&#x017F;e<lb/>
&#x017F;ich gleich&#x017F;am von &#x017F;elb&#x017F;t ergeben, wenn man die Gru&#x0364;nde<lb/>
zur Auswahl der vorzu&#x0364;glich&#x017F;ten Grade gefunden hat.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 105.</head><lb/>
            <p>Auf eine a&#x0364;hnliche Art verha&#x0364;lt es &#x017F;ich, wenn der<lb/>
Unter&#x017F;chied der Sache auf lauter ganze Zahlen muß<lb/>
ge&#x017F;etzt werden, und daher nur in der Combination<lb/>
der Theile be&#x017F;teht. So z. E. hat man in der Trigo-<lb/>
nometrie bey jedem Triangel &#x017F;echs Stu&#x0364;cke. Man<lb/>
weis, daß aus dreyen der&#x017F;elben jedes der u&#x0364;brigen<lb/>
drey kann gefunden werden. Daher la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
durch eine bloße Combination alle Fa&#x0364;lle be&#x017F;timmen.<lb/>
Wir werden unten in der Lehre der Schlu&#x0364;ße &#x017F;ehen,<lb/>
daß man ihre Anzahl auf eine a&#x0364;hnliche Art be&#x017F;timmt<lb/>
hat, und darinn noch weiter gegangen i&#x017F;t, indem man<lb/>
jeder Art einen Namen gegeben, der durch bedeutende<lb/>
Buch&#x017F;taben, die Merkmaale des Schlußes, &#x017F;einer<lb/>
Richtigkeit und Verwandlung vor&#x017F;tellt. So hat<lb/>
Herr Prof. <hi rendition="#fr">Kraft</hi> in An&#x017F;ehung der Sa&#x0364;ulenordnung,<lb/>
durch Voraus&#x017F;etzung, daß jede Sa&#x0364;ule aus drey<lb/>
gro&#x0364;ßern, und jedes von die&#x017F;en aus drey kleinern<lb/>
Haupttheilen be&#x017F;tehe, alle die&#x017F;e Theile aber ein<lb/>
harmoni&#x017F;ches Verha&#x0364;ltniß gegen einander haben &#x017F;ollen,<lb/>
herausgebracht, daß es in allem fu&#x0364;nf &#x017F;olcher Ord-<lb/>
nungen gebe, wenn man die Regeln der Harmonie<lb/>
und die von der Baukun&#x017F;t nicht u&#x0364;ber&#x017F;chreiten wolle.</p>
          </div><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">§. 106.</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[66/0088] II. Hauptſtuͤck, Aequinoctialuhren, oder wenn ſie mit der Erdachſe paralleligt, und dieſes giebt uͤberhaupt Polaruhren, aus welchen man wiederum diejenige beſonders her- aus nimmt, die die Flaͤche des Mittagskraiſes recht- winklicht durchſchneidet. Alle uͤbrigen werden durch die Weltgegend, gegen welche ſie ſich neigen, und durch den Grad ihrer Neigung beſtimmt. Man ſieht aus dieſem Beyſpiele, daß ſo bald die Sache auf be- ſtimmte Veraͤnderungen in Graden geſetzt iſt, dieſe ſich gleichſam von ſelbſt ergeben, wenn man die Gruͤnde zur Auswahl der vorzuͤglichſten Grade gefunden hat. §. 105. Auf eine aͤhnliche Art verhaͤlt es ſich, wenn der Unterſchied der Sache auf lauter ganze Zahlen muß geſetzt werden, und daher nur in der Combination der Theile beſteht. So z. E. hat man in der Trigo- nometrie bey jedem Triangel ſechs Stuͤcke. Man weis, daß aus dreyen derſelben jedes der uͤbrigen drey kann gefunden werden. Daher laſſen ſich durch eine bloße Combination alle Faͤlle beſtimmen. Wir werden unten in der Lehre der Schluͤße ſehen, daß man ihre Anzahl auf eine aͤhnliche Art beſtimmt hat, und darinn noch weiter gegangen iſt, indem man jeder Art einen Namen gegeben, der durch bedeutende Buchſtaben, die Merkmaale des Schlußes, ſeiner Richtigkeit und Verwandlung vorſtellt. So hat Herr Prof. Kraft in Anſehung der Saͤulenordnung, durch Vorausſetzung, daß jede Saͤule aus drey groͤßern, und jedes von dieſen aus drey kleinern Haupttheilen beſtehe, alle dieſe Theile aber ein harmoniſches Verhaͤltniß gegen einander haben ſollen, herausgebracht, daß es in allem fuͤnf ſolcher Ord- nungen gebe, wenn man die Regeln der Harmonie und die von der Baukunſt nicht uͤberſchreiten wolle. §. 106.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/88
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 1. Leipzig, 1764, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon01_1764/88>, abgerufen am 27.11.2024.