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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von der Wortforschung.
sche, so darinn sehr häufig vorkömmt, den Grund zu
einer ihr eigenen Theorie angeben könne.

§. 270. Die Ableitungstheilchen geben überhaupt
die Veränderung in der Bedeutung an, die das Wur-
zelwort durch die Ableitung erhält. Sie betreffen dem-
nach gewisse allgemeine metaphysische Verhältnißbe-
griffe, die entweder bey jeden Dingen, oder wenigstens
bey Dingen von einerley Art, vorkommen. Wir ha-
ben oben (§. 131.) schon angemerkt, daß in den wirkli-
chen Sprachen schwerlich alle getroffen worden, und bis
die Metaphysik nicht an Begriffen vollständiger ist,
wird sich nicht wohl an eine erweisbare Abzählung der-
selben gedenken lassen, und noch schwerer wird es seyn,
die noch mangelnden in den Sprachen einzuführen.
Wir wollen daher nur so viel davon anmerken, als die-
nen kann, ihre Menge anzuzeigen, und daß allerdings
mit einem Worte viele andere gegeben sind.

§. 271. Das Wurzelwort sey ein Zeitwort, und stel-
le folglich eine Handlung oder Veränderung vor; so
wird an sich schon dem Thun das Leiden entgegen
gesetzt. Ferner kann die Handlung als angehangen,
als bald vollendet, als durchaus vollendet, als
öfters vorkommend, als wiederholt, als stärker
oder schwächer, als möglich, als nothwendig etc.
angesehen, und jede von diesen Bestimmungen durch
Ableitungstheilchen angezeigt werden, die von dem
Wurzelworte trennbar sind. Jede Verhältnisse der
Zeit und des Ortes (§. 213. 159.) geben ebenfalls sol-
che Bestimmungen. Sodann kommen bey Verände-
rungen und Handlungen die Ursache, Wirkung,
Absicht, Mittel, Materie,
der Thuende, das
Gewirkte, die Aenderung der Verhältnisse,
Eigenschaften, Stuffen
etc. vor, welche durch
Hauptwörter angezeigt werden können, die sich von dem

Wur-
L 2

Von der Wortforſchung.
ſche, ſo darinn ſehr haͤufig vorkoͤmmt, den Grund zu
einer ihr eigenen Theorie angeben koͤnne.

§. 270. Die Ableitungstheilchen geben uͤberhaupt
die Veraͤnderung in der Bedeutung an, die das Wur-
zelwort durch die Ableitung erhaͤlt. Sie betreffen dem-
nach gewiſſe allgemeine metaphyſiſche Verhaͤltnißbe-
griffe, die entweder bey jeden Dingen, oder wenigſtens
bey Dingen von einerley Art, vorkommen. Wir ha-
ben oben (§. 131.) ſchon angemerkt, daß in den wirkli-
chen Sprachen ſchwerlich alle getroffen worden, und bis
die Metaphyſik nicht an Begriffen vollſtaͤndiger iſt,
wird ſich nicht wohl an eine erweisbare Abzaͤhlung der-
ſelben gedenken laſſen, und noch ſchwerer wird es ſeyn,
die noch mangelnden in den Sprachen einzufuͤhren.
Wir wollen daher nur ſo viel davon anmerken, als die-
nen kann, ihre Menge anzuzeigen, und daß allerdings
mit einem Worte viele andere gegeben ſind.

§. 271. Das Wurzelwort ſey ein Zeitwort, und ſtel-
le folglich eine Handlung oder Veraͤnderung vor; ſo
wird an ſich ſchon dem Thun das Leiden entgegen
geſetzt. Ferner kann die Handlung als angehangen,
als bald vollendet, als durchaus vollendet, als
oͤfters vorkommend, als wiederholt, als ſtaͤrker
oder ſchwaͤcher, als moͤglich, als nothwendig ꝛc.
angeſehen, und jede von dieſen Beſtimmungen durch
Ableitungstheilchen angezeigt werden, die von dem
Wurzelworte trennbar ſind. Jede Verhaͤltniſſe der
Zeit und des Ortes (§. 213. 159.) geben ebenfalls ſol-
che Beſtimmungen. Sodann kommen bey Veraͤnde-
rungen und Handlungen die Urſache, Wirkung,
Abſicht, Mittel, Materie,
der Thuende, das
Gewirkte, die Aenderung der Verhaͤltniſſe,
Eigenſchaften, Stuffen
ꝛc. vor, welche durch
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[163/0169] Von der Wortforſchung. ſche, ſo darinn ſehr haͤufig vorkoͤmmt, den Grund zu einer ihr eigenen Theorie angeben koͤnne. §. 270. Die Ableitungstheilchen geben uͤberhaupt die Veraͤnderung in der Bedeutung an, die das Wur- zelwort durch die Ableitung erhaͤlt. Sie betreffen dem- nach gewiſſe allgemeine metaphyſiſche Verhaͤltnißbe- griffe, die entweder bey jeden Dingen, oder wenigſtens bey Dingen von einerley Art, vorkommen. Wir ha- ben oben (§. 131.) ſchon angemerkt, daß in den wirkli- chen Sprachen ſchwerlich alle getroffen worden, und bis die Metaphyſik nicht an Begriffen vollſtaͤndiger iſt, wird ſich nicht wohl an eine erweisbare Abzaͤhlung der- ſelben gedenken laſſen, und noch ſchwerer wird es ſeyn, die noch mangelnden in den Sprachen einzufuͤhren. Wir wollen daher nur ſo viel davon anmerken, als die- nen kann, ihre Menge anzuzeigen, und daß allerdings mit einem Worte viele andere gegeben ſind. §. 271. Das Wurzelwort ſey ein Zeitwort, und ſtel- le folglich eine Handlung oder Veraͤnderung vor; ſo wird an ſich ſchon dem Thun das Leiden entgegen geſetzt. Ferner kann die Handlung als angehangen, als bald vollendet, als durchaus vollendet, als oͤfters vorkommend, als wiederholt, als ſtaͤrker oder ſchwaͤcher, als moͤglich, als nothwendig ꝛc. angeſehen, und jede von dieſen Beſtimmungen durch Ableitungstheilchen angezeigt werden, die von dem Wurzelworte trennbar ſind. Jede Verhaͤltniſſe der Zeit und des Ortes (§. 213. 159.) geben ebenfalls ſol- che Beſtimmungen. Sodann kommen bey Veraͤnde- rungen und Handlungen die Urſache, Wirkung, Abſicht, Mittel, Materie, der Thuende, das Gewirkte, die Aenderung der Verhaͤltniſſe, Eigenſchaften, Stuffen ꝛc. vor, welche durch Hauptwoͤrter angezeigt werden koͤnnen, die ſich von dem Wur- L 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/169>, abgerufen am 14.05.2024.