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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von dem Hypothetischen der Sprache.
der Unterschied dabey, daß wir im letztern Fall fast im-
mer genothigt sind, die Namen für abstracte Begriffe
von sinnlichen Dingen und Bildern herzunehmen, im
erstern aber dient es nur zu Abkürzung der Sprache,
und bähnt etwan den Weg, uns zu dem andern leichter
zu gewöhnen.

§. 340. Um dieses mehr ins Licht zu setzen, so mer-
ken wir an, daß Gegenstände der äußern Sinnen, eben
deswegen, weil sie können empfunden und vorgezeigt
werden, jedes für sich mit einem eigenen Namen belegt
werden können, und es ist eben nicht unumgänglich
nothwendig, den einen mit dem Namen des andern zu
belegen. Jndessen ist es in den wirklichen Sprachen
theils zufälliger Weise, theils auch wegen Aehnlichkeit
des Eindruckes geschehen. Jm erstern Fall ist es viel-
mehr ein Fehler der Sprache, weil Dinge, die gar nichts
gemein haben, schicklicher mit eigenen Wörtern benennt
werden. Jm andern Fall mag die Aehnlichkeit des
Eindruckes einen abstractern Begriff veranlassen, wel-
chen das Wort, womit die Gegenstände benennt wer-
den, in seiner allgemeinern oder transcendenten Bedeu-
tung vorstellt. Auf diese Art gebrauchen wir die Wör-
ter lang, kurz, welche eigentlich auf die Ausdehnung
dem Raume nach gehen, bey der Zeit, und bald bey al-
lem, was einer Dimension fähig ist.

§. 341. Hingegen sind wir fast immer genöthigt,
abstracte Begriffe durch Wörter anzuzeigen, die von
sinnlichen Dingen hergenommen sind, und einen ähnli-
chen Eindruck machen, weil wir solche Begriffe nicht
vorzeigen können. Jst aber einmal der Anfang zu sol-
chen Benennungen gemacht, so ist es wohl möglich, sol-
che Begriffe unter sich zu vergleichen, zusammenzusetzen,
zu verbinden, etc. und die dadurch veranlaßten oder her-
ausgebrachten neuen Begriffe, mit neuen Namen zu be-
legen, wenn es sich der Mühe lohnet (§. 200.). Man

thut

Von dem Hypothetiſchen der Sprache.
der Unterſchied dabey, daß wir im letztern Fall faſt im-
mer genothigt ſind, die Namen fuͤr abſtracte Begriffe
von ſinnlichen Dingen und Bildern herzunehmen, im
erſtern aber dient es nur zu Abkuͤrzung der Sprache,
und baͤhnt etwan den Weg, uns zu dem andern leichter
zu gewoͤhnen.

§. 340. Um dieſes mehr ins Licht zu ſetzen, ſo mer-
ken wir an, daß Gegenſtaͤnde der aͤußern Sinnen, eben
deswegen, weil ſie koͤnnen empfunden und vorgezeigt
werden, jedes fuͤr ſich mit einem eigenen Namen belegt
werden koͤnnen, und es iſt eben nicht unumgaͤnglich
nothwendig, den einen mit dem Namen des andern zu
belegen. Jndeſſen iſt es in den wirklichen Sprachen
theils zufaͤlliger Weiſe, theils auch wegen Aehnlichkeit
des Eindruckes geſchehen. Jm erſtern Fall iſt es viel-
mehr ein Fehler der Sprache, weil Dinge, die gar nichts
gemein haben, ſchicklicher mit eigenen Woͤrtern benennt
werden. Jm andern Fall mag die Aehnlichkeit des
Eindruckes einen abſtractern Begriff veranlaſſen, wel-
chen das Wort, womit die Gegenſtaͤnde benennt wer-
den, in ſeiner allgemeinern oder tranſcendenten Bedeu-
tung vorſtellt. Auf dieſe Art gebrauchen wir die Woͤr-
ter lang, kurz, welche eigentlich auf die Ausdehnung
dem Raume nach gehen, bey der Zeit, und bald bey al-
lem, was einer Dimenſion faͤhig iſt.

§. 341. Hingegen ſind wir faſt immer genoͤthigt,
abſtracte Begriffe durch Woͤrter anzuzeigen, die von
ſinnlichen Dingen hergenommen ſind, und einen aͤhnli-
chen Eindruck machen, weil wir ſolche Begriffe nicht
vorzeigen koͤnnen. Jſt aber einmal der Anfang zu ſol-
chen Benennungen gemacht, ſo iſt es wohl moͤglich, ſol-
che Begriffe unter ſich zu vergleichen, zuſammenzuſetzen,
zu verbinden, ꝛc. und die dadurch veranlaßten oder her-
ausgebrachten neuen Begriffe, mit neuen Namen zu be-
legen, wenn es ſich der Muͤhe lohnet (§. 200.). Man

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[207/0213] Von dem Hypothetiſchen der Sprache. der Unterſchied dabey, daß wir im letztern Fall faſt im- mer genothigt ſind, die Namen fuͤr abſtracte Begriffe von ſinnlichen Dingen und Bildern herzunehmen, im erſtern aber dient es nur zu Abkuͤrzung der Sprache, und baͤhnt etwan den Weg, uns zu dem andern leichter zu gewoͤhnen. §. 340. Um dieſes mehr ins Licht zu ſetzen, ſo mer- ken wir an, daß Gegenſtaͤnde der aͤußern Sinnen, eben deswegen, weil ſie koͤnnen empfunden und vorgezeigt werden, jedes fuͤr ſich mit einem eigenen Namen belegt werden koͤnnen, und es iſt eben nicht unumgaͤnglich nothwendig, den einen mit dem Namen des andern zu belegen. Jndeſſen iſt es in den wirklichen Sprachen theils zufaͤlliger Weiſe, theils auch wegen Aehnlichkeit des Eindruckes geſchehen. Jm erſtern Fall iſt es viel- mehr ein Fehler der Sprache, weil Dinge, die gar nichts gemein haben, ſchicklicher mit eigenen Woͤrtern benennt werden. Jm andern Fall mag die Aehnlichkeit des Eindruckes einen abſtractern Begriff veranlaſſen, wel- chen das Wort, womit die Gegenſtaͤnde benennt wer- den, in ſeiner allgemeinern oder tranſcendenten Bedeu- tung vorſtellt. Auf dieſe Art gebrauchen wir die Woͤr- ter lang, kurz, welche eigentlich auf die Ausdehnung dem Raume nach gehen, bey der Zeit, und bald bey al- lem, was einer Dimenſion faͤhig iſt. §. 341. Hingegen ſind wir faſt immer genoͤthigt, abſtracte Begriffe durch Woͤrter anzuzeigen, die von ſinnlichen Dingen hergenommen ſind, und einen aͤhnli- chen Eindruck machen, weil wir ſolche Begriffe nicht vorzeigen koͤnnen. Jſt aber einmal der Anfang zu ſol- chen Benennungen gemacht, ſo iſt es wohl moͤglich, ſol- che Begriffe unter ſich zu vergleichen, zuſammenzuſetzen, zu verbinden, ꝛc. und die dadurch veranlaßten oder her- ausgebrachten neuen Begriffe, mit neuen Namen zu be- legen, wenn es ſich der Muͤhe lohnet (§. 200.). Man thut

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/213>, abgerufen am 27.11.2024.