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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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Von dem Wahrscheinlichen.
deln, wenn das Verneinen des Untersatzes zweifelhaft
wird.

§. 227. Der Unterschied, den wir (§. 223. seqq.)
zwischen den Graden der Allgemeinheit und dem An-
stand über das Bejahen oder Verneinen gemacht ha-
ben, besteht darinn, daß wir die Frage von der Allge-
meinheit eines Satzes aus dem Subjecte, hingegen die
Frage von dem Bejahen oder Verneinen aus dem Prä-
dicate entscheiden. Man habe z. E.

3/4 A sind 2/3 B.

so zeigt 3/4 A nicht nur die Particularität, sondern auch
dessen Grad an. Hingegen will 2/3 B sagen, daß man
nur noch von 2/3 der Merkmale des B wisse, ob sie den
3/4 A zukomme, von den übrigen 1/3 B bleibe es dahinge-
stellt. Fehlte es aber an einem einzigen, so würde der
Satz verneinend. Demnach wird die Frage von dem
Bejahen oder Verneinen des Satzes aus dem Prädi-
cat erörtert. Es muß dem Subject ganz zukommen.
Dieses macht, daß bey verneinenden Sätzen der Bruch
von dem Prädicat wegbleibt. Denn

A ist nicht 1/4 B

will sagen

A ist nicht B.

Steht man aber an, ob ein Satz verneine, so wird
der Grad des Anstandes dem Bindwörtgen beyge-
fügt. Z. E.

A 1/4 ist nicht B.

oder man zieht den Bruch von 1 ab, und fügt den Ue-
berrest dem Prädicat in Form eines bejahenden Satzes
bey. Z. E.

A ist 3/4 B.

Denn der Grund des Zweifels rührt immer daher, daß
A Merkmale von B habe, und daß man vermuthen
könne, es habe sie alle. Was aber noch an der Gewiß-

heit
B b 2

Von dem Wahrſcheinlichen.
deln, wenn das Verneinen des Unterſatzes zweifelhaft
wird.

§. 227. Der Unterſchied, den wir (§. 223. ſeqq.)
zwiſchen den Graden der Allgemeinheit und dem An-
ſtand uͤber das Bejahen oder Verneinen gemacht ha-
ben, beſteht darinn, daß wir die Frage von der Allge-
meinheit eines Satzes aus dem Subjecte, hingegen die
Frage von dem Bejahen oder Verneinen aus dem Praͤ-
dicate entſcheiden. Man habe z. E.

¾ A ſind ⅔ B.

ſo zeigt ¾ A nicht nur die Particularitaͤt, ſondern auch
deſſen Grad an. Hingegen will ⅔ B ſagen, daß man
nur noch von ⅔ der Merkmale des B wiſſe, ob ſie den
¾ A zukomme, von den uͤbrigen ⅓ B bleibe es dahinge-
ſtellt. Fehlte es aber an einem einzigen, ſo wuͤrde der
Satz verneinend. Demnach wird die Frage von dem
Bejahen oder Verneinen des Satzes aus dem Praͤdi-
cat eroͤrtert. Es muß dem Subject ganz zukommen.
Dieſes macht, daß bey verneinenden Saͤtzen der Bruch
von dem Praͤdicat wegbleibt. Denn

A iſt nicht ¼ B

will ſagen

A iſt nicht B.

Steht man aber an, ob ein Satz verneine, ſo wird
der Grad des Anſtandes dem Bindwoͤrtgen beyge-
fuͤgt. Z. E.

A ¼ iſt nicht B.

oder man zieht den Bruch von 1 ab, und fuͤgt den Ue-
berreſt dem Praͤdicat in Form eines bejahenden Satzes
bey. Z. E.

A iſt ¾ B.

Denn der Grund des Zweifels ruͤhrt immer daher, daß
A Merkmale von B habe, und daß man vermuthen
koͤnne, es habe ſie alle. Was aber noch an der Gewiß-

heit
B b 2
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[387/0393] Von dem Wahrſcheinlichen. deln, wenn das Verneinen des Unterſatzes zweifelhaft wird. §. 227. Der Unterſchied, den wir (§. 223. ſeqq.) zwiſchen den Graden der Allgemeinheit und dem An- ſtand uͤber das Bejahen oder Verneinen gemacht ha- ben, beſteht darinn, daß wir die Frage von der Allge- meinheit eines Satzes aus dem Subjecte, hingegen die Frage von dem Bejahen oder Verneinen aus dem Praͤ- dicate entſcheiden. Man habe z. E. ¾ A ſind ⅔ B. ſo zeigt ¾ A nicht nur die Particularitaͤt, ſondern auch deſſen Grad an. Hingegen will ⅔ B ſagen, daß man nur noch von ⅔ der Merkmale des B wiſſe, ob ſie den ¾ A zukomme, von den uͤbrigen ⅓ B bleibe es dahinge- ſtellt. Fehlte es aber an einem einzigen, ſo wuͤrde der Satz verneinend. Demnach wird die Frage von dem Bejahen oder Verneinen des Satzes aus dem Praͤdi- cat eroͤrtert. Es muß dem Subject ganz zukommen. Dieſes macht, daß bey verneinenden Saͤtzen der Bruch von dem Praͤdicat wegbleibt. Denn A iſt nicht ¼ B will ſagen A iſt nicht B. Steht man aber an, ob ein Satz verneine, ſo wird der Grad des Anſtandes dem Bindwoͤrtgen beyge- fuͤgt. Z. E. A ¼ iſt nicht B. oder man zieht den Bruch von 1 ab, und fuͤgt den Ue- berreſt dem Praͤdicat in Form eines bejahenden Satzes bey. Z. E. A iſt ¾ B. Denn der Grund des Zweifels ruͤhrt immer daher, daß A Merkmale von B habe, und daß man vermuthen koͤnne, es habe ſie alle. Was aber noch an der Gewiß- heit B b 2

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/393>, abgerufen am 21.11.2024.