Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

Bild:
<< vorherige Seite

Erkenntniß überhaupt.
trachtet. Die Begriffe lang, kurz, werden bey Figu-
ren und Tönen gebraucht, nur daß sie sich bey den Fi-
guren auf die Ausdehnung, bey den Tönen aber auf
die Dauer beziehen, in beyden Fällen aber nur eine
Dimension, und daher etwas lineares haben. Eben
dieses gilt auch von den Begriffen vor, nach, welche
sowohl von der Ausdehnung als von der Dauer Ver-
hältnisse vorstellen, und einen Rang und Ordnung an-
zeigen, welche in Absicht auf die Zeichen bedeutend wer-
den kann.

§. 69. Daferne die Verhältnisse in zu großer An-
zahl wären, als daß man sie alle durch einfache Unter-
schiede des Ortes oder der Zeit vorstellen könnte, so
muß man entweder besondere Zeichen dafür annehmen,
oder wenn sie sich trennen lassen, sie wirklich trennen,
und die Sache theilsweise oder in jeden Absichten be-
sonders betrachten. Auf diese Art haben wir in der
Dianoiologie von den Begriffen nur die Ausdehnung
und Subordination vorgenommen, weil diese beyden
Stücke zur Zeichnung der Sätze und Schlüsse zurei-
chend sind. Auf gleiche Art nimmt man in der Alge-
ber nur die Größe und Grade der Dinge vor, und
kann es thun, weil sich die mathematische Seite der
Sachen besonders betrachten läßt, und von den übrigen
nur so viel fordert, als etwan nöthig ist, zu Gleichun-
gen zu gelangen.



Zwey-

Erkenntniß uͤberhaupt.
trachtet. Die Begriffe lang, kurz, werden bey Figu-
ren und Toͤnen gebraucht, nur daß ſie ſich bey den Fi-
guren auf die Ausdehnung, bey den Toͤnen aber auf
die Dauer beziehen, in beyden Faͤllen aber nur eine
Dimenſion, und daher etwas lineares haben. Eben
dieſes gilt auch von den Begriffen vor, nach, welche
ſowohl von der Ausdehnung als von der Dauer Ver-
haͤltniſſe vorſtellen, und einen Rang und Ordnung an-
zeigen, welche in Abſicht auf die Zeichen bedeutend wer-
den kann.

§. 69. Daferne die Verhaͤltniſſe in zu großer An-
zahl waͤren, als daß man ſie alle durch einfache Unter-
ſchiede des Ortes oder der Zeit vorſtellen koͤnnte, ſo
muß man entweder beſondere Zeichen dafuͤr annehmen,
oder wenn ſie ſich trennen laſſen, ſie wirklich trennen,
und die Sache theilsweiſe oder in jeden Abſichten be-
ſonders betrachten. Auf dieſe Art haben wir in der
Dianoiologie von den Begriffen nur die Ausdehnung
und Subordination vorgenommen, weil dieſe beyden
Stuͤcke zur Zeichnung der Saͤtze und Schluͤſſe zurei-
chend ſind. Auf gleiche Art nimmt man in der Alge-
ber nur die Groͤße und Grade der Dinge vor, und
kann es thun, weil ſich die mathematiſche Seite der
Sachen beſonders betrachten laͤßt, und von den uͤbrigen
nur ſo viel fordert, als etwan noͤthig iſt, zu Gleichun-
gen zu gelangen.



Zwey-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0049" n="43"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erkenntniß u&#x0364;berhaupt.</hi></fw><lb/>
trachtet. Die Begriffe <hi rendition="#fr">lang, kurz,</hi> werden bey Figu-<lb/>
ren und To&#x0364;nen gebraucht, nur daß &#x017F;ie &#x017F;ich bey den Fi-<lb/>
guren auf die <hi rendition="#fr">Ausdehnung,</hi> bey den To&#x0364;nen aber auf<lb/>
die <hi rendition="#fr">Dauer</hi> beziehen, in beyden Fa&#x0364;llen aber nur eine<lb/>
Dimen&#x017F;ion, und daher etwas lineares haben. Eben<lb/>
die&#x017F;es gilt auch von den Begriffen <hi rendition="#fr">vor, nach,</hi> welche<lb/>
&#x017F;owohl von der Ausdehnung als von der Dauer Ver-<lb/>
ha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e vor&#x017F;tellen, und einen Rang und Ordnung an-<lb/>
zeigen, welche in Ab&#x017F;icht auf die Zeichen bedeutend wer-<lb/>
den kann.</p><lb/>
          <p>§. 69. Daferne die Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e in zu großer An-<lb/>
zahl wa&#x0364;ren, als daß man &#x017F;ie alle durch einfache Unter-<lb/>
&#x017F;chiede des Ortes oder der Zeit vor&#x017F;tellen ko&#x0364;nnte, &#x017F;o<lb/>
muß man entweder be&#x017F;ondere Zeichen dafu&#x0364;r annehmen,<lb/>
oder wenn &#x017F;ie &#x017F;ich trennen la&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ie wirklich trennen,<lb/>
und die Sache theilswei&#x017F;e oder in jeden Ab&#x017F;ichten be-<lb/>
&#x017F;onders betrachten. Auf die&#x017F;e Art haben wir in der<lb/>
Dianoiologie von den Begriffen nur die <hi rendition="#fr">Ausdehnung</hi><lb/>
und <hi rendition="#fr">Subordination</hi> vorgenommen, weil die&#x017F;e beyden<lb/>
Stu&#x0364;cke zur Zeichnung der Sa&#x0364;tze und Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e zurei-<lb/>
chend &#x017F;ind. Auf gleiche Art nimmt man in der Alge-<lb/>
ber nur die <hi rendition="#fr">Gro&#x0364;ße</hi> und <hi rendition="#fr">Grade</hi> der Dinge vor, und<lb/>
kann es thun, weil &#x017F;ich die mathemati&#x017F;che Seite der<lb/>
Sachen be&#x017F;onders betrachten la&#x0364;ßt, und von den u&#x0364;brigen<lb/>
nur &#x017F;o viel fordert, als etwan no&#x0364;thig i&#x017F;t, zu Gleichun-<lb/>
gen zu gelangen.</p>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">Zwey-</hi> </fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[43/0049] Erkenntniß uͤberhaupt. trachtet. Die Begriffe lang, kurz, werden bey Figu- ren und Toͤnen gebraucht, nur daß ſie ſich bey den Fi- guren auf die Ausdehnung, bey den Toͤnen aber auf die Dauer beziehen, in beyden Faͤllen aber nur eine Dimenſion, und daher etwas lineares haben. Eben dieſes gilt auch von den Begriffen vor, nach, welche ſowohl von der Ausdehnung als von der Dauer Ver- haͤltniſſe vorſtellen, und einen Rang und Ordnung an- zeigen, welche in Abſicht auf die Zeichen bedeutend wer- den kann. §. 69. Daferne die Verhaͤltniſſe in zu großer An- zahl waͤren, als daß man ſie alle durch einfache Unter- ſchiede des Ortes oder der Zeit vorſtellen koͤnnte, ſo muß man entweder beſondere Zeichen dafuͤr annehmen, oder wenn ſie ſich trennen laſſen, ſie wirklich trennen, und die Sache theilsweiſe oder in jeden Abſichten be- ſonders betrachten. Auf dieſe Art haben wir in der Dianoiologie von den Begriffen nur die Ausdehnung und Subordination vorgenommen, weil dieſe beyden Stuͤcke zur Zeichnung der Saͤtze und Schluͤſſe zurei- chend ſind. Auf gleiche Art nimmt man in der Alge- ber nur die Groͤße und Grade der Dinge vor, und kann es thun, weil ſich die mathematiſche Seite der Sachen beſonders betrachten laͤßt, und von den uͤbrigen nur ſo viel fordert, als etwan noͤthig iſt, zu Gleichun- gen zu gelangen. Zwey-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/49
Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/49>, abgerufen am 28.04.2024.