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Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764.

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III. Hauptstück.
Begriffe, noch dermalen bewenden lassen (§. 33. Ale-
thiol.).

§. 126. Die Benennung der Dinge und Handlun-
gen würde aber entweder zu weitläuftig oder zu unvoll-
ständig seyn, wenn nicht in den Sprachen ein gewisses
Mittel wäre getroffen worden. Denn da die Dinge
sehr viele Abwechslungen und Verhältnisse, die Hand-
lungen sehr viele Modificationen und Bestimmungen
haben, von welchen in jeden einzeln Fällen nur eine vor-
kömmt, so hätte man entweder für jeden Fall besondere
und eigene Wörter gebrauchen, oder in den Ausdrük-
ken alle diese Veränderungen und Unterschiede durch-
aus weglassen müssen. Das Mittel, so man hierinn
getroffen, macht die Sprachen gewissermaßen und noch
in einem ziemlichen Grade wissenschaftlich. Denn sie
sind so eingerichtet worden, daß wir sehr viele Verän-
derungen und Bestimmungen der Dinge auf die Wör-
ter bringen können, und dieses geschieht durch Ablei-
ten, Zusammensetzen, Abändern, Abwandlen,
Vergleichen
etc. (Deriuatio, Compofitio, Declinatio,
Coniugatio, Comparatio &c.
). Ferner geschieht es
durch besondere Wörter, wodurch man die Umstände,
Verhältnisse, Verbindungen, Grade, Zusammenhang,
Affecte etc. anzeigt, dergleichen die Beywörter, Zu-
wörter, Vorwörter, Bindwörter, Zwischen-
wörter
etc. (Adiectiua, Aduerbia, Praepofitiones,
Coniunctiones, Interiectiones &c.
) sind, und welche,
nebst einigen andern, überhaupt Bestimmungswör-
ter,
Particulae, genennt werden. Ueberdieß nehmen
wir alle diese Wörter entweder in ihrer eigenen Be-
deutung,
oder wir gebrauchen sie in verblümtem
oder figürlichem Verstande, wegen der Aehnlichkeit
des Eindruckes der dadurch in beyden Fällen vorgestell-
ten Dinge (§. 46. Alethlol.), und auch dadurch wird
die Anzahl der Wörter vermindert.

§. 127.

III. Hauptſtuͤck.
Begriffe, noch dermalen bewenden laſſen (§. 33. Ale-
thiol.).

§. 126. Die Benennung der Dinge und Handlun-
gen wuͤrde aber entweder zu weitlaͤuftig oder zu unvoll-
ſtaͤndig ſeyn, wenn nicht in den Sprachen ein gewiſſes
Mittel waͤre getroffen worden. Denn da die Dinge
ſehr viele Abwechslungen und Verhaͤltniſſe, die Hand-
lungen ſehr viele Modificationen und Beſtimmungen
haben, von welchen in jeden einzeln Faͤllen nur eine vor-
koͤmmt, ſo haͤtte man entweder fuͤr jeden Fall beſondere
und eigene Woͤrter gebrauchen, oder in den Ausdruͤk-
ken alle dieſe Veraͤnderungen und Unterſchiede durch-
aus weglaſſen muͤſſen. Das Mittel, ſo man hierinn
getroffen, macht die Sprachen gewiſſermaßen und noch
in einem ziemlichen Grade wiſſenſchaftlich. Denn ſie
ſind ſo eingerichtet worden, daß wir ſehr viele Veraͤn-
derungen und Beſtimmungen der Dinge auf die Woͤr-
ter bringen koͤnnen, und dieſes geſchieht durch Ablei-
ten, Zuſammenſetzen, Abaͤndern, Abwandlen,
Vergleichen
ꝛc. (Deriuatio, Compofitio, Declinatio,
Coniugatio, Comparatio &c.
). Ferner geſchieht es
durch beſondere Woͤrter, wodurch man die Umſtaͤnde,
Verhaͤltniſſe, Verbindungen, Grade, Zuſammenhang,
Affecte ꝛc. anzeigt, dergleichen die Beywoͤrter, Zu-
woͤrter, Vorwoͤrter, Bindwoͤrter, Zwiſchen-
woͤrter
ꝛc. (Adiectiua, Aduerbia, Præpofitiones,
Coniunctiones, Interiectiones &c.
) ſind, und welche,
nebſt einigen andern, uͤberhaupt Beſtimmungswoͤr-
ter,
Particulae, genennt werden. Ueberdieß nehmen
wir alle dieſe Woͤrter entweder in ihrer eigenen Be-
deutung,
oder wir gebrauchen ſie in verbluͤmtem
oder figuͤrlichem Verſtande, wegen der Aehnlichkeit
des Eindruckes der dadurch in beyden Faͤllen vorgeſtell-
ten Dinge (§. 46. Alethlol.), und auch dadurch wird
die Anzahl der Woͤrter vermindert.

§. 127.
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[74/0080] III. Hauptſtuͤck. Begriffe, noch dermalen bewenden laſſen (§. 33. Ale- thiol.). §. 126. Die Benennung der Dinge und Handlun- gen wuͤrde aber entweder zu weitlaͤuftig oder zu unvoll- ſtaͤndig ſeyn, wenn nicht in den Sprachen ein gewiſſes Mittel waͤre getroffen worden. Denn da die Dinge ſehr viele Abwechslungen und Verhaͤltniſſe, die Hand- lungen ſehr viele Modificationen und Beſtimmungen haben, von welchen in jeden einzeln Faͤllen nur eine vor- koͤmmt, ſo haͤtte man entweder fuͤr jeden Fall beſondere und eigene Woͤrter gebrauchen, oder in den Ausdruͤk- ken alle dieſe Veraͤnderungen und Unterſchiede durch- aus weglaſſen muͤſſen. Das Mittel, ſo man hierinn getroffen, macht die Sprachen gewiſſermaßen und noch in einem ziemlichen Grade wiſſenſchaftlich. Denn ſie ſind ſo eingerichtet worden, daß wir ſehr viele Veraͤn- derungen und Beſtimmungen der Dinge auf die Woͤr- ter bringen koͤnnen, und dieſes geſchieht durch Ablei- ten, Zuſammenſetzen, Abaͤndern, Abwandlen, Vergleichen ꝛc. (Deriuatio, Compofitio, Declinatio, Coniugatio, Comparatio &c.). Ferner geſchieht es durch beſondere Woͤrter, wodurch man die Umſtaͤnde, Verhaͤltniſſe, Verbindungen, Grade, Zuſammenhang, Affecte ꝛc. anzeigt, dergleichen die Beywoͤrter, Zu- woͤrter, Vorwoͤrter, Bindwoͤrter, Zwiſchen- woͤrter ꝛc. (Adiectiua, Aduerbia, Præpofitiones, Coniunctiones, Interiectiones &c.) ſind, und welche, nebſt einigen andern, uͤberhaupt Beſtimmungswoͤr- ter, Particulae, genennt werden. Ueberdieß nehmen wir alle dieſe Woͤrter entweder in ihrer eigenen Be- deutung, oder wir gebrauchen ſie in verbluͤmtem oder figuͤrlichem Verſtande, wegen der Aehnlichkeit des Eindruckes der dadurch in beyden Faͤllen vorgeſtell- ten Dinge (§. 46. Alethlol.), und auch dadurch wird die Anzahl der Woͤrter vermindert. §. 127.

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Zitationshilfe: Lambert, Johann Heinrich: Neues Organon. Bd. 2. Leipzig, 1764, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lambert_organon02_1764/80>, abgerufen am 10.05.2024.