Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 1, v. 13. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
gehalten, die Lehre selbst sey bey dem einen vor-treflicher, als bey dem andern. Welches denn freylich eine nicht geringe Versuchung und Schwachheit unter ihnen war. Und hierauf mögen wol sonderlich die aus den Heiden zu Christo Bekehrte gefallen seyn, da sie vermey- net, sie könten sich auch also nach den Lehrern nennen, gleichwie sie wusten, daß diejenigen, welche sich unter ihnen auf die Philosophie leg- ten, sich zu einer gewissen Secte zu bekennen und sich von Platone, Zenone, Aristotele und andern zu benennen pflegten. 2. Die richtigst urtheilende unter ihnen sind wol diejenigen gewesen, welche sich von Christo Christisch genennet haben. Denn ob es wol das Ansehen haben könte, als hätten eini- ge auch diesen Namen nur also geführet, daß sie sich damit von andern getrennet, oder auch wol auf das andere extremum gefallen und ihre Lehrer nicht in genugsamen Werth gehalten hät- ten: so ist doch viel vermuthlicher, daß diese Be- nennung nicht zur Trennung, sondern nur zum Unterschiede, und, was noch mehr, oder die Haupt-Sache ist, zur Bezeugung des Glau- bens und der Dependenz wegen, die sie damit allein von Christo zu haben bekennet, gebrau- chet worden. Wie denn auch diese wol nicht werden unterlassen haben, den übrigen vorzu- stellen, wie unbedachtsam sie mit ihrer schisma- tischen Benennung verführen, und wie billig es sey, sich allein von Christo nennen zu lassen; zu- mal da die Jünger Christi ohne das bereits zu Antiochia Christen genennet worden. Als welches man zu Corintho schon kan und wird gewust haben; da es bereits im Jahr Christi 43 geschehen war, und diß über 12 Jahr nach- ber erst vorging. Man darf auch nicht geden- cken, es sey daher vermuthlich, daß die Benen- nung von Christo auf eine seetirische Art ge- schehen sey, weil Paulus es mit anführe unter die zu den Spaltungen gehörigen Benennungen. Denn solches folget nicht: sondern vielmehr dieses, daß der Apostel damit anzeiget, wie viele Partheyen unter ihnen gewesen, welche von de- nen, die sich nach Christo benennen lassen, und allein recht gethan, abgegangen wären. 3. Daß ihrer etwa viele auf den Apollo gefallen sind, ist daher gekommen, weil er ein sonderlich beredter und auch sonst wohl begabter Mann, und dabey mächtig in der Schrift war, und mit brünstigem Geiste redete Act. 18, 24-26. und, da er nach Pauli Abzuge nach Corinthus kommen war, er denen, welche gläubig worden waren, viel half; sonderlich dadurch, daß er die widersprechende Juden beständiglich über- wand, und aus der H. Schrift altes Testaments erwiese, daß JEsus der Christ, oder der ver- heissene Meßias sey: wie Lucas Act. 18, 27. 28. referiret. Und da er vermuthlich den an Pau- lum geschriebenen Brief der Corinthier an ihn überbracht, 1 Cor. 17, 1. c. 16, 12. so wird er Paulo auch wol selbst sein Mißfallen an dieser Anhänglichkeit bezeuget haben: er hat aber nicht für gut befunden, eher wieder nach Corinthus zu gehen, als bis durch Pauli Vorstellung die [Spaltenumbruch] Trennungen daselbst würden gehoben seyn, wie sich aus 1 Cor. 16, 12. schliessen läßt. 4. Von Petro aber, der auf Syrisch auch Kephas hiesse, Joh. 1, 43. lieset man nicht, daß er an der Gemeine zu Corinthus mit gearbeitet habe: wie denn auch Paulus, wenn er der Ar- beiter im Corinthischen Weinberge e. 3, 6. ge- dencket, des Petri gar keine Meldung thut, son- dern nur saget: Jch habe gepflantzet, Apol- lo begossen, aber GOtt hat das Gedeyen gegeben. Daß aber ein Theil an Petro ge- hangen, ist wol daher geschehen, daß, da Corin- thus eine grosse Handels-Stadt war, dahin täg- lich aus allen Orten viele Fremde kamen, auch manche, die Petrumanderswo mit grossem Bey- fall gehöret, auch zu Corinthen viel von ihm ge- rühmet, und also durch ihre zu unlautere Ankle- bung auch einige andere dazu verleitet haben. 5. Es pfleget bey diesem Orte gefraget zu werden, ob es wohlgethan sey, daß man sich in der Evangelischen Kirche nach Luthero Luthe- risch, oder einen Lutheraner nenne? Man hat hier wohl die Mittel-Strasse zu halten zwischen de- nen, welche es schlechterdings wollen zur Sün- de machen, und denen, welche es im sectirischen Sinne thun. Denn gleichwie dieses unrecht ist, auch leider wol häufig genug geschehen ist und noch geschiehet, und Luthero es schon bey seinem Lebzeiten mit seinem Widerwillen begegnet ist: so ist doch auch nicht zu leugnen, daß gedachtes Wort wie von den Papisten, also auch von vie- len, die aus dem Pabstthum ausgegangen, nur zum Unterscheide von ihnen und von andern Confessionen gebrauchet, oder, nachdem es in sol- chem Verstande einmal gebräuchlich worden, es darinnen ohne alle Anhänglichkeit an die Auto- rität Lutheri, beybehalten wird. Gleichwie nun dieses solchergestalt wohl geschehen kan; so wäre es doch viel besser und andern unanstößiger, wenn man für das Wort Lutherisch, Luthera- ner, sich vom Evangelio Christi nur Evange- lisch genennet hätte und noch nennete. Wie zwar auch sehr vielfältig geschehen, und am aller- sichersten geschehen kan, da der Name der Chri- sten unter so vielen Secten nunmehro zum Un- terscheide nicht hinlänglich ist, der Name Evan- gelisch aber im Gegensatze nicht allein auf das Pabstthum, darinnen das Evangelium von Chri- sto sehr verdunckelt, ja verfälschet worden, son- dern auch auf andere Confessionen, als deren keine das Evangelium von der wahren und all- gemeinen Gnade in einem solchen Glantze hat, als die Erkäntniß unserer Kirche, sich zu solcher unserer Confession am besten schicket. V. 13. Wie? ist denn Christus nun zertren- so
Cap. 1, v. 13. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
gehalten, die Lehre ſelbſt ſey bey dem einen vor-treflicher, als bey dem andern. Welches denn freylich eine nicht geringe Verſuchung und Schwachheit unter ihnen war. Und hierauf moͤgen wol ſonderlich die aus den Heiden zu Chriſto Bekehrte gefallen ſeyn, da ſie vermey- net, ſie koͤnten ſich auch alſo nach den Lehrern nennen, gleichwie ſie wuſten, daß diejenigen, welche ſich unter ihnen auf die Philoſophie leg- ten, ſich zu einer gewiſſen Secte zu bekennen und ſich von Platone, Zenone, Ariſtotele und andern zu benennen pflegten. 2. Die richtigſt urtheilende unter ihnen ſind wol diejenigen geweſen, welche ſich von Chriſto Chriſtiſch genennet haben. Denn ob es wol das Anſehen haben koͤnte, als haͤtten eini- ge auch dieſen Namen nur alſo gefuͤhret, daß ſie ſich damit von andern getrennet, oder auch wol auf das andere extremum gefallen und ihre Lehrer nicht in genugſamen Werth gehalten haͤt- ten: ſo iſt doch viel vermuthlicher, daß dieſe Be- nennung nicht zur Trennung, ſondern nur zum Unterſchiede, und, was noch mehr, oder die Haupt-Sache iſt, zur Bezeugung des Glau- bens und der Dependenz wegen, die ſie damit allein von Chriſto zu haben bekennet, gebrau- chet worden. Wie denn auch dieſe wol nicht werden unterlaſſen haben, den uͤbrigen vorzu- ſtellen, wie unbedachtſam ſie mit ihrer ſchisma- tiſchen Benennung verfuͤhren, und wie billig es ſey, ſich allein von Chriſto nennen zu laſſen; zu- mal da die Juͤnger Chriſti ohne das bereits zu Antiochia Chriſten genennet worden. Als welches man zu Corintho ſchon kan und wird gewuſt haben; da es bereits im Jahr Chriſti 43 geſchehen war, und diß uͤber 12 Jahr nach- ber erſt vorging. Man darf auch nicht geden- cken, es ſey daher vermuthlich, daß die Benen- nung von Chriſto auf eine ſeetiriſche Art ge- ſchehen ſey, weil Paulus es mit anfuͤhre unter die zu den Spaltungen gehoͤrigen Benennungen. Denn ſolches folget nicht: ſondern vielmehr dieſes, daß der Apoſtel damit anzeiget, wie viele Partheyen unter ihnen geweſen, welche von de- nen, die ſich nach Chriſto benennen laſſen, und allein recht gethan, abgegangen waͤren. 3. Daß ihrer etwa viele auf den Apollo gefallen ſind, iſt daher gekommen, weil er ein ſonderlich beredter und auch ſonſt wohl begabter Mann, und dabey maͤchtig in der Schrift war, und mit bruͤnſtigem Geiſte redete Act. 18, 24-26. und, da er nach Pauli Abzuge nach Corinthus kommen war, er denen, welche glaͤubig worden waren, viel half; ſonderlich dadurch, daß er die widerſprechende Juden beſtaͤndiglich uͤber- wand, und aus der H. Schrift altes Teſtaments erwieſe, daß JEſus der Chriſt, oder der ver- heiſſene Meßias ſey: wie Lucas Act. 18, 27. 28. referiret. Und da er vermuthlich den an Pau- lum geſchriebenen Brief der Corinthier an ihn uͤberbracht, 1 Cor. 17, 1. c. 16, 12. ſo wird er Paulo auch wol ſelbſt ſein Mißfallen an dieſer Anhaͤnglichkeit bezeuget haben: er hat aber nicht fuͤr gut befunden, eher wieder nach Corinthus zu gehen, als bis durch Pauli Vorſtellung die [Spaltenumbruch] Trennungen daſelbſt wuͤrden gehoben ſeyn, wie ſich aus 1 Cor. 16, 12. ſchlieſſen laͤßt. 4. Von Petro aber, der auf Syriſch auch Kephas hieſſe, Joh. 1, 43. lieſet man nicht, daß er an der Gemeine zu Corinthus mit gearbeitet habe: wie denn auch Paulus, wenn er der Ar- beiter im Corinthiſchen Weinberge e. 3, 6. ge- dencket, des Petri gar keine Meldung thut, ſon- dern nur ſaget: Jch habe gepflantzet, Apol- lo begoſſen, aber GOtt hat das Gedeyen gegeben. Daß aber ein Theil an Petro ge- hangen, iſt wol daher geſchehen, daß, da Corin- thus eine groſſe Handels-Stadt war, dahin taͤg- lich aus allen Orten viele Fremde kamen, auch manche, die Petrumanderswo mit groſſem Bey- fall gehoͤret, auch zu Corinthen viel von ihm ge- ruͤhmet, und alſo durch ihre zu unlautere Ankle- bung auch einige andere dazu verleitet haben. 5. Es pfleget bey dieſem Orte gefraget zu werden, ob es wohlgethan ſey, daß man ſich in der Evangeliſchen Kirche nach Luthero Luthe- riſch, oder einen Lutheraner nenne? Man hat hier wohl die Mittel-Straſſe zu halten zwiſchen de- nen, welche es ſchlechterdings wollen zur Suͤn- de machen, und denen, welche es im ſectiriſchen Sinne thun. Denn gleichwie dieſes unrecht iſt, auch leider wol haͤufig genug geſchehen iſt und noch geſchiehet, und Luthero es ſchon bey ſeinem Lebzeiten mit ſeinem Widerwillen begegnet iſt: ſo iſt doch auch nicht zu leugnen, daß gedachtes Wort wie von den Papiſten, alſo auch von vie- len, die aus dem Pabſtthum ausgegangen, nur zum Unterſcheide von ihnen und von andern Confeſſionen gebrauchet, oder, nachdem es in ſol- chem Verſtande einmal gebraͤuchlich worden, es darinnen ohne alle Anhaͤnglichkeit an die Auto- ritaͤt Lutheri, beybehalten wird. Gleichwie nun dieſes ſolchergeſtalt wohl geſchehen kan; ſo waͤre es doch viel beſſer und andern unanſtoͤßiger, wenn man fuͤr das Wort Lutheriſch, Luthera- ner, ſich vom Evangelio Chriſti nur Evange- liſch genennet haͤtte und noch nennete. Wie zwar auch ſehr vielfaͤltig geſchehen, und am aller- ſicherſten geſchehen kan, da der Name der Chri- ſten unter ſo vielen Secten nunmehro zum Un- terſcheide nicht hinlaͤnglich iſt, der Name Evan- geliſch aber im Gegenſatze nicht allein auf das Pabſtthum, darinnen das Evangelium von Chri- ſto ſehr verdunckelt, ja verfaͤlſchet worden, ſon- dern auch auf andere Confesſionen, als deren keine das Evangelium von der wahren und all- gemeinen Gnade in einem ſolchen Glantze hat, als die Erkaͤntniß unſerer Kirche, ſich zu ſolcher unſerer Confesſion am beſten ſchicket. V. 13. Wie? iſt denn Chriſtus nun zertren- ſo
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Cap. 1, v. 13. an die Corinthier.
gehalten, die Lehre ſelbſt ſey bey dem einen vor-
treflicher, als bey dem andern. Welches denn
freylich eine nicht geringe Verſuchung und
Schwachheit unter ihnen war. Und hierauf
moͤgen wol ſonderlich die aus den Heiden zu
Chriſto Bekehrte gefallen ſeyn, da ſie vermey-
net, ſie koͤnten ſich auch alſo nach den Lehrern
nennen, gleichwie ſie wuſten, daß diejenigen,
welche ſich unter ihnen auf die Philoſophie leg-
ten, ſich zu einer gewiſſen Secte zu bekennen
und ſich von Platone, Zenone, Ariſtotele und
andern zu benennen pflegten.
2. Die richtigſt urtheilende unter ihnen
ſind wol diejenigen geweſen, welche ſich von
Chriſto Chriſtiſch genennet haben. Denn ob
es wol das Anſehen haben koͤnte, als haͤtten eini-
ge auch dieſen Namen nur alſo gefuͤhret, daß ſie
ſich damit von andern getrennet, oder auch wol
auf das andere extremum gefallen und ihre
Lehrer nicht in genugſamen Werth gehalten haͤt-
ten: ſo iſt doch viel vermuthlicher, daß dieſe Be-
nennung nicht zur Trennung, ſondern nur zum
Unterſchiede, und, was noch mehr, oder die
Haupt-Sache iſt, zur Bezeugung des Glau-
bens und der Dependenz wegen, die ſie damit
allein von Chriſto zu haben bekennet, gebrau-
chet worden. Wie denn auch dieſe wol nicht
werden unterlaſſen haben, den uͤbrigen vorzu-
ſtellen, wie unbedachtſam ſie mit ihrer ſchisma-
tiſchen Benennung verfuͤhren, und wie billig es
ſey, ſich allein von Chriſto nennen zu laſſen; zu-
mal da die Juͤnger Chriſti ohne das bereits zu
Antiochia Chriſten genennet worden. Als
welches man zu Corintho ſchon kan und wird
gewuſt haben; da es bereits im Jahr Chriſti
43 geſchehen war, und diß uͤber 12 Jahr nach-
ber erſt vorging. Man darf auch nicht geden-
cken, es ſey daher vermuthlich, daß die Benen-
nung von Chriſto auf eine ſeetiriſche Art ge-
ſchehen ſey, weil Paulus es mit anfuͤhre unter
die zu den Spaltungen gehoͤrigen Benennungen.
Denn ſolches folget nicht: ſondern vielmehr
dieſes, daß der Apoſtel damit anzeiget, wie viele
Partheyen unter ihnen geweſen, welche von de-
nen, die ſich nach Chriſto benennen laſſen, und
allein recht gethan, abgegangen waͤren.
3. Daß ihrer etwa viele auf den Apollo
gefallen ſind, iſt daher gekommen, weil er ein
ſonderlich beredter und auch ſonſt wohl begabter
Mann, und dabey maͤchtig in der Schrift war,
und mit bruͤnſtigem Geiſte redete Act. 18, 24-26.
und, da er nach Pauli Abzuge nach Corinthus
kommen war, er denen, welche glaͤubig worden
waren, viel half; ſonderlich dadurch, daß er
die widerſprechende Juden beſtaͤndiglich uͤber-
wand, und aus der H. Schrift altes Teſtaments
erwieſe, daß JEſus der Chriſt, oder der ver-
heiſſene Meßias ſey: wie Lucas Act. 18, 27. 28.
referiret. Und da er vermuthlich den an Pau-
lum geſchriebenen Brief der Corinthier an ihn
uͤberbracht, 1 Cor. 17, 1. c. 16, 12. ſo wird er
Paulo auch wol ſelbſt ſein Mißfallen an dieſer
Anhaͤnglichkeit bezeuget haben: er hat aber nicht
fuͤr gut befunden, eher wieder nach Corinthus
zu gehen, als bis durch Pauli Vorſtellung die
Trennungen daſelbſt wuͤrden gehoben ſeyn, wie
ſich aus 1 Cor. 16, 12. ſchlieſſen laͤßt.
4. Von Petro aber, der auf Syriſch auch
Kephas hieſſe, Joh. 1, 43. lieſet man nicht, daß
er an der Gemeine zu Corinthus mit gearbeitet
habe: wie denn auch Paulus, wenn er der Ar-
beiter im Corinthiſchen Weinberge e. 3, 6. ge-
dencket, des Petri gar keine Meldung thut, ſon-
dern nur ſaget: Jch habe gepflantzet, Apol-
lo begoſſen, aber GOtt hat das Gedeyen
gegeben. Daß aber ein Theil an Petro ge-
hangen, iſt wol daher geſchehen, daß, da Corin-
thus eine groſſe Handels-Stadt war, dahin taͤg-
lich aus allen Orten viele Fremde kamen, auch
manche, die Petrumanderswo mit groſſem Bey-
fall gehoͤret, auch zu Corinthen viel von ihm ge-
ruͤhmet, und alſo durch ihre zu unlautere Ankle-
bung auch einige andere dazu verleitet haben.
5. Es pfleget bey dieſem Orte gefraget zu
werden, ob es wohlgethan ſey, daß man ſich in
der Evangeliſchen Kirche nach Luthero Luthe-
riſch, oder einen Lutheraner nenne? Man hat hier
wohl die Mittel-Straſſe zu halten zwiſchen de-
nen, welche es ſchlechterdings wollen zur Suͤn-
de machen, und denen, welche es im ſectiriſchen
Sinne thun. Denn gleichwie dieſes unrecht iſt,
auch leider wol haͤufig genug geſchehen iſt und
noch geſchiehet, und Luthero es ſchon bey ſeinem
Lebzeiten mit ſeinem Widerwillen begegnet iſt:
ſo iſt doch auch nicht zu leugnen, daß gedachtes
Wort wie von den Papiſten, alſo auch von vie-
len, die aus dem Pabſtthum ausgegangen, nur
zum Unterſcheide von ihnen und von andern
Confeſſionen gebrauchet, oder, nachdem es in ſol-
chem Verſtande einmal gebraͤuchlich worden, es
darinnen ohne alle Anhaͤnglichkeit an die Auto-
ritaͤt Lutheri, beybehalten wird. Gleichwie
nun dieſes ſolchergeſtalt wohl geſchehen kan; ſo
waͤre es doch viel beſſer und andern unanſtoͤßiger,
wenn man fuͤr das Wort Lutheriſch, Luthera-
ner, ſich vom Evangelio Chriſti nur Evange-
liſch genennet haͤtte und noch nennete. Wie
zwar auch ſehr vielfaͤltig geſchehen, und am aller-
ſicherſten geſchehen kan, da der Name der Chri-
ſten unter ſo vielen Secten nunmehro zum Un-
terſcheide nicht hinlaͤnglich iſt, der Name Evan-
geliſch aber im Gegenſatze nicht allein auf das
Pabſtthum, darinnen das Evangelium von Chri-
ſto ſehr verdunckelt, ja verfaͤlſchet worden, ſon-
dern auch auf andere Confesſionen, als deren
keine das Evangelium von der wahren und all-
gemeinen Gnade in einem ſolchen Glantze hat,
als die Erkaͤntniß unſerer Kirche, ſich zu ſolcher
unſerer Confesſion am beſten ſchicket.
V. 13.
Wie? iſt denn Chriſtus nun zertren-
net? (keinesweges. Da wir nun einen Chri-
ſtum zum Haupte haben, auch eine jede Partey
dieſes erkennet; ſo haben wir uns ja als Glieder
an einem Leibe unter einem Haupte ohne alle
Trennung anzuſehen und zu halten. Ein Haupt
erfodert auch nur einen Leib. Jſt denn Pau-
lus fuͤr euch gecreutziget? oder ſeyd ihr auf
Paulus Namen getaufet? (daß ihr ihme al-
ſo
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