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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 4, v. 16.
[Spaltenumbruch] oder nur auf solche Lehrer gehe, welche die Corin-
thier nur bloß auf eine gesetzliche Art, und
nicht recht angeführet, siehet man daraus, daß
dabey stehet in Christo, wenn ihr solcher auch
gleich viel in Christo hättet. Einen Lehrer aber
in Christo haben, das heißt einen guten Lehrer
haben. Ein anders aber ist ein guter Lehrer an
sich sich selbst, ein anders ein solcher, den GOtt
auch anfangs bey der Wiedergeburt zum geistli-
chen Vater gebrauchet hat. Welches Paulus
in Ansehung der Corinthier von sich sagen konte.
2. Eines rechtschaffenen Lehrers Eigen-
schaft und Pflicht ist, durch das Evangelium
geistliche Kinder zu zeugen, oder auch die schon
gezeuget sind, durch ihn, oder durch andere, im
Christenthum weiter zu führen, daß sie nicht bey
dem ersten Anfange stehen bleiben: gleichwie
es auch nicht weniger eines rechtschafnen Zuhö-
rers Character ist, sich durch das Wort der
Wahrheit zeugen und zum rechten Alter in Chri-
sto bringen zu lassen.
3. Wer aber geistliche Kinder zeugen will,
muß zuvorderst selbst würcklich durchs Evange-
lium gezeuget und ein Kind GOttes, auch schon
zu einigem Alter in Christo gelanget seyn.
Welches erhellet wie aus der Person Pauli,
der ein solcher war, also auch daraus, daß er sa-
get: er habe die Corinthier in Christo ge-
zeuget,
das ist, er habe sie in dieser Ordnung
zur Wiedergeburt gebracht, daß er sich selbst in
Christo erfinden lassen. Denn ob zwar auch
ein unwiedergebohrner Lehrer einen buchstäbli-
chen richtigen Vortrag des Worts thun kan, so
fern er sich an die H. Schrift und an solche Bü-
cher, welche der H. Schrift gemäß sind, hält,
und also auch das Wort an sich selbst seine Kraft
behält, so ist er doch mit seinem entweder noch
gantz rohen und ungebrochenen, oder doch Pha-
risäischen und noch gantz eitelem Gemüthe nicht
in dem Stande den gantzen Rath GOttes von
unserer Seligkeit aus der H. Schrift und denen
derselben gemässen andern Büchern in der
rechten Lauterkeit und Kraft ohne alle
eigne Erfahrung recht lebendig zu erkennen,
vielweniger in allen Stücken gehörig vor-
zutragen; zumal wenn die verderbte Eigen-
liebe, nach welcher ein solcher sich schon für be-
kehret, oder doch für tüchtig genug hält, ihn da-
hin bringet, wie wol bey allen geschiehet, daß er
die aus der H. Schrift und andern nach dersel-
ben eingerichteten Büchern bloß buchstäb-
lich erkante Wahrheit, nach seiner eignen
Einsicht und Beurtheilung will digeriren,
und sich so wol im Vortrage selbst, als auch
in der application darnach richten. Da denn
nichts weniger als das lautere Wort GOttes zu
finden ist; und es also auch unmöglich die sonst
davon zu hoffende Frucht bringen kan. Wie
solches leider die Erfahrung an allen fleischlich-
gesinneten Lehrern zeiget.
4. Es ist demnach ein gedoppelter grosser
Jrrthum alhier wohl zu mercken und zu vermei-
den. Erstlich der, wenn man dem Amte unbe-
kehrter Lehrer alles wolte absprechen, auch die
Tüchtigkeit, den Rath GOttes buchstäblich zu
erkennen und nach solcher Erkäntniß viel wah-
[Spaltenumbruch] res zur Crbauung davon vorzutragen, auch die
heilige Sacramente in ihrer Integrität also zu
administriren, daß dadurch den Participanten an
ihrer Kraft nichts abgehe: wenn man ihnen, sa-
ge ich, dieses wolte absprechen, also, daß man
die Kraft und Frucht des Worts und der heili-
gen Sacramenten von ihrer Würdigkeit oder
Unwürdigkeit wolte dependent machen. Her-
nach der, wenn man einen noch unbekehrten
und fleischlich gesinnneten Lehrer wolte für
wahrhaftig erleuchtet erkennen, und ihm aus ei-
ner ertichteten besondern Amts-Gnade diejeni-
ge geistliche Tüchtigkeit zuschreiben, die ein
Wiedergeborner hat, und dafür halten, daß er
den Rath GOttes eben so lauterlich, kräftig
und eben mit sotcher Frucht, als der Vortrag ei-
nes gottseligen Lehrers hat, könne vortragen.
Und wenn die Symbolischen Bücher unserer
Kirche von dem Amte unbekehrter Lehrer reden,
so widersprechen sie dem ersten Jrrthum; kei-
nesweges aber hegen sie den andern, oder wie-
dersprechen der demselben entgegen stehenden
Wahrheit. Wenn sie aber von fleischlich-ge-
sinneten Lehrern doch also verstanden werden,
so verrathen sie damit nur sich selbst, daß sie in
der That solche sind, dafür sie doch nicht gerne
wollen gehalten seyn, und daß sie den Sinn der
H. Schrift und der Symbolischen Bücher nicht
verstehen, und nicht erkennen wollen.
5. Gleichwie nun, wo Zuhörer einen sol-
chen Lehrer haben, der selbst aus GOtt gebo-
ren und also auch ein rechter geistlicher Vater
vieler geistlichen Kinder in seiner Gemeine ist,
sie denselben werth zu halten, und ihm so viel
mehr zu folgen haben: also haben sie auch nicht
weniger Ursache, sich wohl vorzusehen, daß sie
sich nicht einschläfern lassen durch einen fleisch-
lich-gesinneten, der den schmalen Weg zum
Himmel fein breit machet, oder dasjenige, was
er in einer Predigt oder in einem Theile dersel-
ben in der Richtigkeit zur Erbauung vorträget,
in der andern, oder auch wol im andern Theile
derselben, wieder destruiret, und alle seine unbe-
kehrte Zuhörer, die nur etwa äusserlich nicht är-
ger sind, als er selbst, mit application des Evange-
lii für liebe Kinder GOttes hält. Jm übrigen
aber hat man mit einen solchen billig Geduld zu
haben, und in der Liebe gegen ihn zu bleiben,
und für ihn zu beten, und das, was er wahres
und gutes vorträget, anzunehmen, und darin-
nen auf GOtt zu sehen.
6. Ein fleischlicher Lehrer aber hat dieses
nicht zu weit zu extendiren, und so viel weniger
zu mißbrauchen, so viel weniger er nach der
Wahrheit mit Paulo sagen kan: Jch ermah-
ne euch, seyd meine Nachfolger.
Denn
dieses gehöret nicht weniger zu dem Amte eines
jeden guten Hirten insgemein, als zum Apo-
stel-Amte. Darum, wer das nicht mit gutem
Gewissen und mit Erweisung der That sagen
kan, der ist kein guter und getreuer Hirte, son-
dern ein Mietling: gleichwie, wer unter den Zu-
hörern weder der Lehre, noch dem Exempel eines
getreuen Hirten folget, gar kein Schaf Christi
des Ertz-Hirten ist.
V. 17.
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 4, v. 16.
[Spaltenumbruch] oder nur auf ſolche Lehrer gehe, welche die Corin-
thier nur bloß auf eine geſetzliche Art, und
nicht recht angefuͤhret, ſiehet man daraus, daß
dabey ſtehet in Chriſto, wenn ihr ſolcher auch
gleich viel in Chriſto haͤttet. Einen Lehrer aber
in Chriſto haben, das heißt einen guten Lehrer
haben. Ein anders aber iſt ein guter Lehrer an
ſich ſich ſelbſt, ein anders ein ſolcher, den GOtt
auch anfangs bey der Wiedergeburt zum geiſtli-
chen Vater gebrauchet hat. Welches Paulus
in Anſehung der Corinthier von ſich ſagen konte.
2. Eines rechtſchaffenen Lehrers Eigen-
ſchaft und Pflicht iſt, durch das Evangelium
geiſtliche Kinder zu zeugen, oder auch die ſchon
gezeuget ſind, durch ihn, oder durch andere, im
Chriſtenthum weiter zu fuͤhren, daß ſie nicht bey
dem erſten Anfange ſtehen bleiben: gleichwie
es auch nicht weniger eines rechtſchafnen Zuhoͤ-
rers Character iſt, ſich durch das Wort der
Wahrheit zeugen und zum rechten Alter in Chri-
ſto bringen zu laſſen.
3. Wer aber geiſtliche Kinder zeugen will,
muß zuvorderſt ſelbſt wuͤrcklich durchs Evange-
lium gezeuget und ein Kind GOttes, auch ſchon
zu einigem Alter in Chriſto gelanget ſeyn.
Welches erhellet wie aus der Perſon Pauli,
der ein ſolcher war, alſo auch daraus, daß er ſa-
get: er habe die Corinthier in Chriſto ge-
zeuget,
das iſt, er habe ſie in dieſer Ordnung
zur Wiedergeburt gebracht, daß er ſich ſelbſt in
Chriſto erfinden laſſen. Denn ob zwar auch
ein unwiedergebohrner Lehrer einen buchſtaͤbli-
chen richtigen Vortrag des Worts thun kan, ſo
fern er ſich an die H. Schrift und an ſolche Buͤ-
cher, welche der H. Schrift gemaͤß ſind, haͤlt,
und alſo auch das Wort an ſich ſelbſt ſeine Kraft
behaͤlt, ſo iſt er doch mit ſeinem entweder noch
gantz rohen und ungebrochenen, oder doch Pha-
riſaͤiſchen und noch gantz eitelem Gemuͤthe nicht
in dem Stande den gantzen Rath GOttes von
unſerer Seligkeit aus der H. Schrift und denen
derſelben gemaͤſſen andern Buͤchern in der
rechten Lauterkeit und Kraft ohne alle
eigne Erfahrung recht lebendig zu erkennen,
vielweniger in allen Stuͤcken gehoͤrig vor-
zutragen; zumal wenn die verderbte Eigen-
liebe, nach welcher ein ſolcher ſich ſchon fuͤr be-
kehret, oder doch fuͤr tuͤchtig genug haͤlt, ihn da-
hin bringet, wie wol bey allen geſchiehet, daß er
die aus der H. Schrift und andern nach derſel-
ben eingerichteten Buͤchern bloß buchſtaͤb-
lich erkante Wahrheit, nach ſeiner eignen
Einſicht und Beurtheilung will digeriren,
und ſich ſo wol im Vortrage ſelbſt, als auch
in der application darnach richten. Da denn
nichts weniger als das lautere Wort GOttes zu
finden iſt; und es alſo auch unmoͤglich die ſonſt
davon zu hoffende Frucht bringen kan. Wie
ſolches leider die Erfahrung an allen fleiſchlich-
geſinneten Lehrern zeiget.
4. Es iſt demnach ein gedoppelter groſſer
Jrrthum alhier wohl zu mercken und zu vermei-
den. Erſtlich der, wenn man dem Amte unbe-
kehrter Lehrer alles wolte abſprechen, auch die
Tuͤchtigkeit, den Rath GOttes buchſtaͤblich zu
erkennen und nach ſolcher Erkaͤntniß viel wah-
[Spaltenumbruch] res zur Crbauung davon vorzutragen, auch die
heilige Sacramente in ihrer Integritaͤt alſo zu
adminiſtriren, daß dadurch den Participanten an
ihrer Kraft nichts abgehe: wenn man ihnen, ſa-
ge ich, dieſes wolte abſprechen, alſo, daß man
die Kraft und Frucht des Worts und der heili-
gen Sacramenten von ihrer Wuͤrdigkeit oder
Unwuͤrdigkeit wolte dependent machen. Her-
nach der, wenn man einen noch unbekehrten
und fleiſchlich geſinnneten Lehrer wolte fuͤr
wahrhaftig erleuchtet erkennen, und ihm aus ei-
ner ertichteten beſondern Amts-Gnade diejeni-
ge geiſtliche Tuͤchtigkeit zuſchreiben, die ein
Wiedergeborner hat, und dafuͤr halten, daß er
den Rath GOttes eben ſo lauterlich, kraͤftig
und eben mit ſotcher Frucht, als der Vortrag ei-
nes gottſeligen Lehrers hat, koͤnne vortragen.
Und wenn die Symboliſchen Buͤcher unſerer
Kirche von dem Amte unbekehrter Lehrer reden,
ſo widerſprechen ſie dem erſten Jrrthum; kei-
nesweges aber hegen ſie den andern, oder wie-
derſprechen der demſelben entgegen ſtehenden
Wahrheit. Wenn ſie aber von fleiſchlich-ge-
ſinneten Lehrern doch alſo verſtanden werden,
ſo verrathen ſie damit nur ſich ſelbſt, daß ſie in
der That ſolche ſind, dafuͤr ſie doch nicht gerne
wollen gehalten ſeyn, und daß ſie den Sinn der
H. Schrift und der Symboliſchen Buͤcher nicht
verſtehen, und nicht erkennen wollen.
5. Gleichwie nun, wo Zuhoͤrer einen ſol-
chen Lehrer haben, der ſelbſt aus GOtt gebo-
ren und alſo auch ein rechter geiſtlicher Vater
vieler geiſtlichen Kinder in ſeiner Gemeine iſt,
ſie denſelben werth zu halten, und ihm ſo viel
mehr zu folgen haben: alſo haben ſie auch nicht
weniger Urſache, ſich wohl vorzuſehen, daß ſie
ſich nicht einſchlaͤfern laſſen durch einen fleiſch-
lich-geſinneten, der den ſchmalen Weg zum
Himmel fein breit machet, oder dasjenige, was
er in einer Predigt oder in einem Theile derſel-
ben in der Richtigkeit zur Erbauung vortraͤget,
in der andern, oder auch wol im andern Theile
derſelben, wieder deſtruiret, und alle ſeine unbe-
kehrte Zuhoͤrer, die nur etwa aͤuſſerlich nicht aͤr-
ger ſind, als er ſelbſt, mit application des Evange-
lii fuͤr liebe Kinder GOttes haͤlt. Jm uͤbrigen
aber hat man mit einen ſolchen billig Geduld zu
haben, und in der Liebe gegen ihn zu bleiben,
und fuͤr ihn zu beten, und das, was er wahres
und gutes vortraͤget, anzunehmen, und darin-
nen auf GOtt zu ſehen.
6. Ein fleiſchlicher Lehrer aber hat dieſes
nicht zu weit zu extendiren, und ſo viel weniger
zu mißbrauchen, ſo viel weniger er nach der
Wahrheit mit Paulo ſagen kan: Jch ermah-
ne euch, ſeyd meine Nachfolger.
Denn
dieſes gehoͤret nicht weniger zu dem Amte eines
jeden guten Hirten insgemein, als zum Apo-
ſtel-Amte. Darum, wer das nicht mit gutem
Gewiſſen und mit Erweiſung der That ſagen
kan, der iſt kein guter und getreuer Hirte, ſon-
dern ein Mietling: gleichwie, wer unter den Zu-
hoͤrern weder der Lehre, noch dem Exempel eines
getreuen Hirten folget, gar kein Schaf Chriſti
des Ertz-Hirten iſt.
V. 17.
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[204/0232] Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 4, v. 16. oder nur auf ſolche Lehrer gehe, welche die Corin- thier nur bloß auf eine geſetzliche Art, und nicht recht angefuͤhret, ſiehet man daraus, daß dabey ſtehet in Chriſto, wenn ihr ſolcher auch gleich viel in Chriſto haͤttet. Einen Lehrer aber in Chriſto haben, das heißt einen guten Lehrer haben. Ein anders aber iſt ein guter Lehrer an ſich ſich ſelbſt, ein anders ein ſolcher, den GOtt auch anfangs bey der Wiedergeburt zum geiſtli- chen Vater gebrauchet hat. Welches Paulus in Anſehung der Corinthier von ſich ſagen konte. 2. Eines rechtſchaffenen Lehrers Eigen- ſchaft und Pflicht iſt, durch das Evangelium geiſtliche Kinder zu zeugen, oder auch die ſchon gezeuget ſind, durch ihn, oder durch andere, im Chriſtenthum weiter zu fuͤhren, daß ſie nicht bey dem erſten Anfange ſtehen bleiben: gleichwie es auch nicht weniger eines rechtſchafnen Zuhoͤ- rers Character iſt, ſich durch das Wort der Wahrheit zeugen und zum rechten Alter in Chri- ſto bringen zu laſſen. 3. Wer aber geiſtliche Kinder zeugen will, muß zuvorderſt ſelbſt wuͤrcklich durchs Evange- lium gezeuget und ein Kind GOttes, auch ſchon zu einigem Alter in Chriſto gelanget ſeyn. Welches erhellet wie aus der Perſon Pauli, der ein ſolcher war, alſo auch daraus, daß er ſa- get: er habe die Corinthier in Chriſto ge- zeuget, das iſt, er habe ſie in dieſer Ordnung zur Wiedergeburt gebracht, daß er ſich ſelbſt in Chriſto erfinden laſſen. Denn ob zwar auch ein unwiedergebohrner Lehrer einen buchſtaͤbli- chen richtigen Vortrag des Worts thun kan, ſo fern er ſich an die H. Schrift und an ſolche Buͤ- cher, welche der H. Schrift gemaͤß ſind, haͤlt, und alſo auch das Wort an ſich ſelbſt ſeine Kraft behaͤlt, ſo iſt er doch mit ſeinem entweder noch gantz rohen und ungebrochenen, oder doch Pha- riſaͤiſchen und noch gantz eitelem Gemuͤthe nicht in dem Stande den gantzen Rath GOttes von unſerer Seligkeit aus der H. Schrift und denen derſelben gemaͤſſen andern Buͤchern in der rechten Lauterkeit und Kraft ohne alle eigne Erfahrung recht lebendig zu erkennen, vielweniger in allen Stuͤcken gehoͤrig vor- zutragen; zumal wenn die verderbte Eigen- liebe, nach welcher ein ſolcher ſich ſchon fuͤr be- kehret, oder doch fuͤr tuͤchtig genug haͤlt, ihn da- hin bringet, wie wol bey allen geſchiehet, daß er die aus der H. Schrift und andern nach derſel- ben eingerichteten Buͤchern bloß buchſtaͤb- lich erkante Wahrheit, nach ſeiner eignen Einſicht und Beurtheilung will digeriren, und ſich ſo wol im Vortrage ſelbſt, als auch in der application darnach richten. Da denn nichts weniger als das lautere Wort GOttes zu finden iſt; und es alſo auch unmoͤglich die ſonſt davon zu hoffende Frucht bringen kan. Wie ſolches leider die Erfahrung an allen fleiſchlich- geſinneten Lehrern zeiget. 4. Es iſt demnach ein gedoppelter groſſer Jrrthum alhier wohl zu mercken und zu vermei- den. Erſtlich der, wenn man dem Amte unbe- kehrter Lehrer alles wolte abſprechen, auch die Tuͤchtigkeit, den Rath GOttes buchſtaͤblich zu erkennen und nach ſolcher Erkaͤntniß viel wah- res zur Crbauung davon vorzutragen, auch die heilige Sacramente in ihrer Integritaͤt alſo zu adminiſtriren, daß dadurch den Participanten an ihrer Kraft nichts abgehe: wenn man ihnen, ſa- ge ich, dieſes wolte abſprechen, alſo, daß man die Kraft und Frucht des Worts und der heili- gen Sacramenten von ihrer Wuͤrdigkeit oder Unwuͤrdigkeit wolte dependent machen. Her- nach der, wenn man einen noch unbekehrten und fleiſchlich geſinnneten Lehrer wolte fuͤr wahrhaftig erleuchtet erkennen, und ihm aus ei- ner ertichteten beſondern Amts-Gnade diejeni- ge geiſtliche Tuͤchtigkeit zuſchreiben, die ein Wiedergeborner hat, und dafuͤr halten, daß er den Rath GOttes eben ſo lauterlich, kraͤftig und eben mit ſotcher Frucht, als der Vortrag ei- nes gottſeligen Lehrers hat, koͤnne vortragen. Und wenn die Symboliſchen Buͤcher unſerer Kirche von dem Amte unbekehrter Lehrer reden, ſo widerſprechen ſie dem erſten Jrrthum; kei- nesweges aber hegen ſie den andern, oder wie- derſprechen der demſelben entgegen ſtehenden Wahrheit. Wenn ſie aber von fleiſchlich-ge- ſinneten Lehrern doch alſo verſtanden werden, ſo verrathen ſie damit nur ſich ſelbſt, daß ſie in der That ſolche ſind, dafuͤr ſie doch nicht gerne wollen gehalten ſeyn, und daß ſie den Sinn der H. Schrift und der Symboliſchen Buͤcher nicht verſtehen, und nicht erkennen wollen. 5. Gleichwie nun, wo Zuhoͤrer einen ſol- chen Lehrer haben, der ſelbſt aus GOtt gebo- ren und alſo auch ein rechter geiſtlicher Vater vieler geiſtlichen Kinder in ſeiner Gemeine iſt, ſie denſelben werth zu halten, und ihm ſo viel mehr zu folgen haben: alſo haben ſie auch nicht weniger Urſache, ſich wohl vorzuſehen, daß ſie ſich nicht einſchlaͤfern laſſen durch einen fleiſch- lich-geſinneten, der den ſchmalen Weg zum Himmel fein breit machet, oder dasjenige, was er in einer Predigt oder in einem Theile derſel- ben in der Richtigkeit zur Erbauung vortraͤget, in der andern, oder auch wol im andern Theile derſelben, wieder deſtruiret, und alle ſeine unbe- kehrte Zuhoͤrer, die nur etwa aͤuſſerlich nicht aͤr- ger ſind, als er ſelbſt, mit application des Evange- lii fuͤr liebe Kinder GOttes haͤlt. Jm uͤbrigen aber hat man mit einen ſolchen billig Geduld zu haben, und in der Liebe gegen ihn zu bleiben, und fuͤr ihn zu beten, und das, was er wahres und gutes vortraͤget, anzunehmen, und darin- nen auf GOtt zu ſehen. 6. Ein fleiſchlicher Lehrer aber hat dieſes nicht zu weit zu extendiren, und ſo viel weniger zu mißbrauchen, ſo viel weniger er nach der Wahrheit mit Paulo ſagen kan: Jch ermah- ne euch, ſeyd meine Nachfolger. Denn dieſes gehoͤret nicht weniger zu dem Amte eines jeden guten Hirten insgemein, als zum Apo- ſtel-Amte. Darum, wer das nicht mit gutem Gewiſſen und mit Erweiſung der That ſagen kan, der iſt kein guter und getreuer Hirte, ſon- dern ein Mietling: gleichwie, wer unter den Zu- hoͤrern weder der Lehre, noch dem Exempel eines getreuen Hirten folget, gar kein Schaf Chriſti des Ertz-Hirten iſt. V. 17.

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/232>, abgerufen am 24.11.2024.