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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Einleitung in das siebende Capitel
[Spaltenumbruch] so theure Verheissung hatte von einem solchen
männlichen Samen, aus welchem nach gesche-
hener grossen Ausbreitung endlich der Meßias,
zum Heil und zum Segen aller Völcker auf Er-
den, solte geboren werden; und aber die Sara,
sein Ehe-Weib, unfruchtbar war, auch noch lan-
ge Zeit nach der schon geschehenen Verheissung
unfruchtbar blieb; und er also nebst derselben
dafür hielte, er solte nach GOttes Willen sich
eine andere Ehe-Gattin erwählen; siehe, so ge-
schahe es in dieser Absicht, nach dem Vorschla-
ge seiner eigenen Sara. Da aber Jsaac sahe,
wie aus solcher Ehe mancherley Streit in der Fa-
milie Abrahams entstanden war, enthielt er sich
derselben, und ließ es nach der göttlichen Einse-
tzung bey seiner einzigen Rebecca, ob er sie gleich
bis ins 20ste Jahr unfruchtbar fand. Gen. 25,
25. 26. Daß auch Jacob wider seinen Vorsatz
in die polygamie geführet worden, ist aus seinem
Leben bekant. Und als hernach die Jsraeliten
in Aegypten solch Exempel gemißbrauchet, hat
es GOtt ihres Hertzens Härtigkeit wegen gesche-
hen lassen, was geschehen ist. Davon hernach ein
mehrers zu erinnern seyn wird.

6) Daß Christus selbst in Entscheidung ei-
ner von der Ehe-Scheidung vorgelegten Frage
sich auf diese erste Einsetzung, als auf eine Regel,
beziehet. Matth. 19, 3. sqq. Marc. 10, 2. sqq.
desgleichen thut auch Paulus Eph. 5, 22-31.
davon hernach gleichfalls mit mehrern wird zu
handeln seyn.

§. VII. Nachdem nun der eigentliche
Verstand des Mosaischen Ortes nebst seiner vi
mormativa,
oder gesetzlichen Kraft zur Verbin-
dung, gezeiget und erwiesen worden, so ziehen
wir nun daraus mit allem Rechte die consecta-
ria
oder richtige Schlüsse von der Ehe zwischen
nicht mehr als zwey Personen, und deren unauf-
lösliches Band, wider die polygamie und wider
die willkührlichen Ehescheidungen, auch wider
die übrigen Vorurtheile. Wider die Polyga-
mi
e machen wir aus dem Mosaischen Orte die-
sen Schluß: Ein Mann soll in der Ehe
nicht mehrere, als nur ein Weib auf ein-
mal haben; desgleichen eine Frau nicht
mehrere als nur einen Mann.
Und da von
dem letztern Stücke dieses Schlusses kein Streit
ist, so erweisen wir vom erstern die Richtigkeit
der Folge solcher gestalt:

1) Aus dem facto Dei, weil GOTT nicht
mehr als einen Mann und ein Weib zur Fort-
pflantzung des menschlichen Geschlechts erschaf-
fen hat. GOTT wuste gar wohl, daß der erste
Ehe-Mann mehrere Ehe-Weiber besamen kon-
te, als eine: aber nichts destoweniger hat er ihm
nur ein einziges zugesellet, da es ihm ja ein leich-
tes gewesen wäre, entweder auf einmal, oder
nach einander aus dem Adam ihrer mehrere zu
bauen. So war ja auch der ausdrückliche Zweck
GOttes, daß sie, vermöge seines Segens, sol-
ten fruchtbar seyn und sich mehren. Wäre nun
die eligamie und polygamie dem Willen GOttes
zur Vermehrung des menschlichen Geschlechts
gemäß gewesen; so würde er sie gewiß in und
mit der Schöpfung selbst durch Hervorbringung
mehrer Ehe-Weiber verordnet haben; zumal
[Spaltenumbruch] da das menschliche Geschlecht noch nicht vermeh-
ret war, sondern erst ausgebreitet werden solte.
Hat nun aber GOtt die polygamie nicht einmal
zu der Zeit beliebet; vielweniger kan dieselbe her-
nach in dem schon ausgebreiteten menschlichen
Geschlechte dem wohlgefälligen Willen GOttes
gemäß gewesen seyn.

2) Aus dem dicto Dei. Denn da ist in
dem aus dem facto gezogenen Ehe-Gesetze die
Rede nur von einem Manne, und von einem
Weibe, also, daß sie beyde sollen ein Fleisch seyn,
und also nur ein einiges Paar ausmachen.
Wodurch denn die intention GOttes, welche er
bey dem facto der Schöpfung nur eines Man-
nes und nur eines Weibes wider die polygamie
gehabt, so vielmehr bekräftiget wird. Denn
hätte GOTT mit dem gedachten facto
selbst nicht darauf gesehen, so würde er nicht
mit der particula illativa [fremdsprachliches Material - fehlt] darum, davon
zur Regel geschritten seyn. Und wenn auch die
illatio, der Schluß, nicht hauptsächlich mit auf
die Zahl der Eheleute in einer Ehe hätte gehen
sollen, so würde das dictum ohne Zweifel also
ausgesprochen seyn, daß man daraus die plura-
lit
ät oder mehrere Zahl auf Seiten des Weibes
würde haben ersehen können.

3) Aus der Application dieser Regel
bey den ersten Frommen Patriarchen vor und
nach der Sündfluth, ehe aus dem Mißbrauche
der sonderbaren Exempel Abrahams und Jacobs
die polygamie einrisse: und sonderlich in der Fa-
milie des Noachs; als der samt seinen Söhnen
nur in der monogamie, oder Ehe mit einem ein-
zigen Weibe, stunde, und mit ihnen darinnen
nicht geblieben seyn würde, woferne sie nach der
ersten Einsetzung des Ehe-Standes die polyga-
mi
e frey gehabt und als zulaßig erkannt hätten.
Und wenn man auch gedencken wolte, es hätte sie
die Noth nach der Sündstuth bey der monoga-
mi
e erhalten; so hat sie doch die Noth vor dersel-
ben dazu nicht bringen können. Aus diesen
Exempeln aber hat man billig andere Menschen
vor und nach der Sündfluth, welche nicht von
gleicher Ruchlosigkeit, als der Mörder Lamech,
gewesen, zu beurtheilen.

4) Aus der ausdrücklichen allegation
und Erklärung Christi. Denn da im Mo-
saischen Terte nur schlechthin stehet
[fremdsprachliches Material - fehlt], et erunt, seu sunt in unam carnem, sie,
der Mann und die Frau sollen ein Fleisch seyn,
ohne daß dabey stehet: diese beyde; so setzet
Christus Matth. 19, 5. Marc. 10, 8. zur Erläu-
terung des Verstandes in jenem Texte, aus-
drücklich dazu nicht allein duo, sondern auch mit
dem articulo diacritico oi duo, diese zweene,
kai isontai oi duo eis sarka mian, und werden
dieselbe zwey ein Fleisch seyn.
Und eben
mit diesen Worten CHristi führet Paulus zu
zween malen den Mosaischen Text an: als
1 Cor. 6, 16. Eph. 5, 31. oi duo, die zween,
dieselbe zweene, nur die zweene,
werden,
oder sollen, ein Fleisch seyn. Dabey demnach
zu mercken ist, daß wir die Worte: oi duo, nur
die zweene,
noch 24mal im Neuen Testament
lesen, nemlich Matth. 14, 19. 20, 21. 24. 25, 17.
22. 26, 37. Marc. 6, 41. 9, 43. 45. Luc. 9, 16.

23.

Einleitung in das ſiebende Capitel
[Spaltenumbruch] ſo theure Verheiſſung hatte von einem ſolchen
maͤnnlichen Samen, aus welchem nach geſche-
hener groſſen Ausbreitung endlich der Meßias,
zum Heil und zum Segen aller Voͤlcker auf Er-
den, ſolte geboren werden; und aber die Sara,
ſein Ehe-Weib, unfruchtbar war, auch noch lan-
ge Zeit nach der ſchon geſchehenen Verheiſſung
unfruchtbar blieb; und er alſo nebſt derſelben
dafuͤr hielte, er ſolte nach GOttes Willen ſich
eine andere Ehe-Gattin erwaͤhlen; ſiehe, ſo ge-
ſchahe es in dieſer Abſicht, nach dem Vorſchla-
ge ſeiner eigenen Sara. Da aber Jſaac ſahe,
wie aus ſolcher Ehe mancherley Streit in der Fa-
milie Abrahams entſtanden war, enthielt er ſich
derſelben, und ließ es nach der goͤttlichen Einſe-
tzung bey ſeiner einzigen Rebecca, ob er ſie gleich
bis ins 20ſte Jahr unfruchtbar fand. Gen. 25,
25. 26. Daß auch Jacob wider ſeinen Vorſatz
in die polygamie gefuͤhret worden, iſt aus ſeinem
Leben bekant. Und als hernach die Jſraeliten
in Aegypten ſolch Exempel gemißbrauchet, hat
es GOtt ihres Hertzens Haͤrtigkeit wegen geſche-
hen laſſen, was geſchehen iſt. Davon hernach ein
mehrers zu erinnern ſeyn wird.

6) Daß Chriſtus ſelbſt in Entſcheidung ei-
ner von der Ehe-Scheidung vorgelegten Frage
ſich auf dieſe erſte Einſetzung, als auf eine Regel,
beziehet. Matth. 19, 3. ſqq. Marc. 10, 2. ſqq.
desgleichen thut auch Paulus Eph. 5, 22-31.
davon hernach gleichfalls mit mehrern wird zu
handeln ſeyn.

§. VII. Nachdem nun der eigentliche
Verſtand des Moſaiſchen Ortes nebſt ſeiner vi
mormativa,
oder geſetzlichen Kraft zur Verbin-
dung, gezeiget und erwieſen worden, ſo ziehen
wir nun daraus mit allem Rechte die conſecta-
ria
oder richtige Schluͤſſe von der Ehe zwiſchen
nicht mehr als zwey Perſonen, und deren unauf-
loͤsliches Band, wider die polygamie und wider
die willkuͤhrlichen Eheſcheidungen, auch wider
die uͤbrigen Vorurtheile. Wider die Polyga-
mi
e machen wir aus dem Moſaiſchen Orte die-
ſen Schluß: Ein Mann ſoll in der Ehe
nicht mehrere, als nur ein Weib auf ein-
mal haben; desgleichen eine Frau nicht
mehrere als nur einen Mann.
Und da von
dem letztern Stuͤcke dieſes Schluſſes kein Streit
iſt, ſo erweiſen wir vom erſtern die Richtigkeit
der Folge ſolcher geſtalt:

1) Aus dem facto Dei, weil GOTT nicht
mehr als einen Mann und ein Weib zur Fort-
pflantzung des menſchlichen Geſchlechts erſchaf-
fen hat. GOTT wuſte gar wohl, daß der erſte
Ehe-Mann mehrere Ehe-Weiber beſamen kon-
te, als eine: aber nichts deſtoweniger hat er ihm
nur ein einziges zugeſellet, da es ihm ja ein leich-
tes geweſen waͤre, entweder auf einmal, oder
nach einander aus dem Adam ihrer mehrere zu
bauen. So war ja auch der ausdruͤckliche Zweck
GOttes, daß ſie, vermoͤge ſeines Segens, ſol-
ten fruchtbar ſeyn und ſich mehren. Waͤre nun
die eligamie und polygamie dem Willen GOttes
zur Vermehrung des menſchlichen Geſchlechts
gemaͤß geweſen; ſo wuͤrde er ſie gewiß in und
mit der Schoͤpfung ſelbſt durch Hervorbringung
mehrer Ehe-Weiber verordnet haben; zumal
[Spaltenumbruch] da das menſchliche Geſchlecht noch nicht vermeh-
ret war, ſondern erſt ausgebreitet werden ſolte.
Hat nun aber GOtt die polygamie nicht einmal
zu der Zeit beliebet; vielweniger kan dieſelbe her-
nach in dem ſchon ausgebreiteten menſchlichen
Geſchlechte dem wohlgefaͤlligen Willen GOttes
gemaͤß geweſen ſeyn.

2) Aus dem dicto Dei. Denn da iſt in
dem aus dem facto gezogenen Ehe-Geſetze die
Rede nur von einem Manne, und von einem
Weibe, alſo, daß ſie beyde ſollen ein Fleiſch ſeyn,
und alſo nur ein einiges Paar ausmachen.
Wodurch denn die intention GOttes, welche er
bey dem facto der Schoͤpfung nur eines Man-
nes und nur eines Weibes wider die polygamie
gehabt, ſo vielmehr bekraͤftiget wird. Denn
haͤtte GOTT mit dem gedachten facto
ſelbſt nicht darauf geſehen, ſo wuͤrde er nicht
mit der particula illativa [fremdsprachliches Material – fehlt] darum, davon
zur Regel geſchritten ſeyn. Und wenn auch die
illatio, der Schluß, nicht hauptſaͤchlich mit auf
die Zahl der Eheleute in einer Ehe haͤtte gehen
ſollen, ſo wuͤrde das dictum ohne Zweifel alſo
ausgeſprochen ſeyn, daß man daraus die plura-
lit
aͤt oder mehrere Zahl auf Seiten des Weibes
wuͤrde haben erſehen koͤnnen.

3) Aus der Application dieſer Regel
bey den erſten Frommen Patriarchen vor und
nach der Suͤndfluth, ehe aus dem Mißbrauche
der ſonderbaren Exempel Abrahams und Jacobs
die polygamie einriſſe: und ſonderlich in der Fa-
milie des Noachs; als der ſamt ſeinen Soͤhnen
nur in der monogamie, oder Ehe mit einem ein-
zigen Weibe, ſtunde, und mit ihnen darinnen
nicht geblieben ſeyn wuͤrde, woferne ſie nach der
erſten Einſetzung des Ehe-Standes die polyga-
mi
e frey gehabt und als zulaßig erkannt haͤtten.
Und wenn man auch gedencken wolte, es haͤtte ſie
die Noth nach der Suͤndſtuth bey der monoga-
mi
e erhalten; ſo hat ſie doch die Noth vor derſel-
ben dazu nicht bringen koͤnnen. Aus dieſen
Exempeln aber hat man billig andere Menſchen
vor und nach der Suͤndfluth, welche nicht von
gleicher Ruchloſigkeit, als der Moͤrder Lamech,
geweſen, zu beurtheilen.

4) Aus der ausdruͤcklichen allegation
und Erklaͤrung Chriſti. Denn da im Mo-
ſaiſchen Terte nur ſchlechthin ſtehet
[fremdsprachliches Material – fehlt], et erunt, ſeu ſunt in unam carnem, ſie,
der Mann und die Frau ſollen ein Fleiſch ſeyn,
ohne daß dabey ſtehet: dieſe beyde; ſo ſetzet
Chriſtus Matth. 19, 5. Marc. 10, 8. zur Erlaͤu-
terung des Verſtandes in jenem Texte, aus-
druͤcklich dazu nicht allein δύο, ſondern auch mit
dem articulo diacritico ὁι δύο, dieſe zweene,
καὶ ἰσονται ὁι δύο εἰς σάρκα μίαν, und werden
dieſelbe zwey ein Fleiſch ſeyn.
Und eben
mit dieſen Worten CHriſti fuͤhret Paulus zu
zween malen den Moſaiſchen Text an: als
1 Cor. 6, 16. Eph. 5, 31. ὁι δύο, die zween,
dieſelbe zweene, nur die zweene,
werden,
oder ſollen, ein Fleiſch ſeyn. Dabey demnach
zu mercken iſt, daß wir die Worte: ὁι δύο, nur
die zweene,
noch 24mal im Neuen Teſtament
leſen, nemlich Matth. 14, 19. 20, 21. 24. 25, 17.
22. 26, 37. Marc. 6, 41. 9, 43. 45. Luc. 9, 16.

23.
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[220/0248] Einleitung in das ſiebende Capitel ſo theure Verheiſſung hatte von einem ſolchen maͤnnlichen Samen, aus welchem nach geſche- hener groſſen Ausbreitung endlich der Meßias, zum Heil und zum Segen aller Voͤlcker auf Er- den, ſolte geboren werden; und aber die Sara, ſein Ehe-Weib, unfruchtbar war, auch noch lan- ge Zeit nach der ſchon geſchehenen Verheiſſung unfruchtbar blieb; und er alſo nebſt derſelben dafuͤr hielte, er ſolte nach GOttes Willen ſich eine andere Ehe-Gattin erwaͤhlen; ſiehe, ſo ge- ſchahe es in dieſer Abſicht, nach dem Vorſchla- ge ſeiner eigenen Sara. Da aber Jſaac ſahe, wie aus ſolcher Ehe mancherley Streit in der Fa- milie Abrahams entſtanden war, enthielt er ſich derſelben, und ließ es nach der goͤttlichen Einſe- tzung bey ſeiner einzigen Rebecca, ob er ſie gleich bis ins 20ſte Jahr unfruchtbar fand. Gen. 25, 25. 26. Daß auch Jacob wider ſeinen Vorſatz in die polygamie gefuͤhret worden, iſt aus ſeinem Leben bekant. Und als hernach die Jſraeliten in Aegypten ſolch Exempel gemißbrauchet, hat es GOtt ihres Hertzens Haͤrtigkeit wegen geſche- hen laſſen, was geſchehen iſt. Davon hernach ein mehrers zu erinnern ſeyn wird. 6) Daß Chriſtus ſelbſt in Entſcheidung ei- ner von der Ehe-Scheidung vorgelegten Frage ſich auf dieſe erſte Einſetzung, als auf eine Regel, beziehet. Matth. 19, 3. ſqq. Marc. 10, 2. ſqq. desgleichen thut auch Paulus Eph. 5, 22-31. davon hernach gleichfalls mit mehrern wird zu handeln ſeyn. §. VII. Nachdem nun der eigentliche Verſtand des Moſaiſchen Ortes nebſt ſeiner vi mormativa, oder geſetzlichen Kraft zur Verbin- dung, gezeiget und erwieſen worden, ſo ziehen wir nun daraus mit allem Rechte die conſecta- ria oder richtige Schluͤſſe von der Ehe zwiſchen nicht mehr als zwey Perſonen, und deren unauf- loͤsliches Band, wider die polygamie und wider die willkuͤhrlichen Eheſcheidungen, auch wider die uͤbrigen Vorurtheile. Wider die Polyga- mie machen wir aus dem Moſaiſchen Orte die- ſen Schluß: Ein Mann ſoll in der Ehe nicht mehrere, als nur ein Weib auf ein- mal haben; desgleichen eine Frau nicht mehrere als nur einen Mann. Und da von dem letztern Stuͤcke dieſes Schluſſes kein Streit iſt, ſo erweiſen wir vom erſtern die Richtigkeit der Folge ſolcher geſtalt: 1) Aus dem facto Dei, weil GOTT nicht mehr als einen Mann und ein Weib zur Fort- pflantzung des menſchlichen Geſchlechts erſchaf- fen hat. GOTT wuſte gar wohl, daß der erſte Ehe-Mann mehrere Ehe-Weiber beſamen kon- te, als eine: aber nichts deſtoweniger hat er ihm nur ein einziges zugeſellet, da es ihm ja ein leich- tes geweſen waͤre, entweder auf einmal, oder nach einander aus dem Adam ihrer mehrere zu bauen. So war ja auch der ausdruͤckliche Zweck GOttes, daß ſie, vermoͤge ſeines Segens, ſol- ten fruchtbar ſeyn und ſich mehren. Waͤre nun die eligamie und polygamie dem Willen GOttes zur Vermehrung des menſchlichen Geſchlechts gemaͤß geweſen; ſo wuͤrde er ſie gewiß in und mit der Schoͤpfung ſelbſt durch Hervorbringung mehrer Ehe-Weiber verordnet haben; zumal da das menſchliche Geſchlecht noch nicht vermeh- ret war, ſondern erſt ausgebreitet werden ſolte. Hat nun aber GOtt die polygamie nicht einmal zu der Zeit beliebet; vielweniger kan dieſelbe her- nach in dem ſchon ausgebreiteten menſchlichen Geſchlechte dem wohlgefaͤlligen Willen GOttes gemaͤß geweſen ſeyn. 2) Aus dem dicto Dei. Denn da iſt in dem aus dem facto gezogenen Ehe-Geſetze die Rede nur von einem Manne, und von einem Weibe, alſo, daß ſie beyde ſollen ein Fleiſch ſeyn, und alſo nur ein einiges Paar ausmachen. Wodurch denn die intention GOttes, welche er bey dem facto der Schoͤpfung nur eines Man- nes und nur eines Weibes wider die polygamie gehabt, ſo vielmehr bekraͤftiget wird. Denn haͤtte GOTT mit dem gedachten facto ſelbſt nicht darauf geſehen, ſo wuͤrde er nicht mit der particula illativa _ darum, davon zur Regel geſchritten ſeyn. Und wenn auch die illatio, der Schluß, nicht hauptſaͤchlich mit auf die Zahl der Eheleute in einer Ehe haͤtte gehen ſollen, ſo wuͤrde das dictum ohne Zweifel alſo ausgeſprochen ſeyn, daß man daraus die plura- litaͤt oder mehrere Zahl auf Seiten des Weibes wuͤrde haben erſehen koͤnnen. 3) Aus der Application dieſer Regel bey den erſten Frommen Patriarchen vor und nach der Suͤndfluth, ehe aus dem Mißbrauche der ſonderbaren Exempel Abrahams und Jacobs die polygamie einriſſe: und ſonderlich in der Fa- milie des Noachs; als der ſamt ſeinen Soͤhnen nur in der monogamie, oder Ehe mit einem ein- zigen Weibe, ſtunde, und mit ihnen darinnen nicht geblieben ſeyn wuͤrde, woferne ſie nach der erſten Einſetzung des Ehe-Standes die polyga- mie frey gehabt und als zulaßig erkannt haͤtten. Und wenn man auch gedencken wolte, es haͤtte ſie die Noth nach der Suͤndſtuth bey der monoga- mie erhalten; ſo hat ſie doch die Noth vor derſel- ben dazu nicht bringen koͤnnen. Aus dieſen Exempeln aber hat man billig andere Menſchen vor und nach der Suͤndfluth, welche nicht von gleicher Ruchloſigkeit, als der Moͤrder Lamech, geweſen, zu beurtheilen. 4) Aus der ausdruͤcklichen allegation und Erklaͤrung Chriſti. Denn da im Mo- ſaiſchen Terte nur ſchlechthin ſtehet _ , et erunt, ſeu ſunt in unam carnem, ſie, der Mann und die Frau ſollen ein Fleiſch ſeyn, ohne daß dabey ſtehet: dieſe beyde; ſo ſetzet Chriſtus Matth. 19, 5. Marc. 10, 8. zur Erlaͤu- terung des Verſtandes in jenem Texte, aus- druͤcklich dazu nicht allein δύο, ſondern auch mit dem articulo diacritico ὁι δύο, dieſe zweene, καὶ ἰσονται ὁι δύο εἰς σάρκα μίαν, und werden dieſelbe zwey ein Fleiſch ſeyn. Und eben mit dieſen Worten CHriſti fuͤhret Paulus zu zween malen den Moſaiſchen Text an: als 1 Cor. 6, 16. Eph. 5, 31. ὁι δύο, die zween, dieſelbe zweene, nur die zweene, werden, oder ſollen, ein Fleiſch ſeyn. Dabey demnach zu mercken iſt, daß wir die Worte: ὁι δύο, nur die zweene, noch 24mal im Neuen Teſtament leſen, nemlich Matth. 14, 19. 20, 21. 24. 25, 17. 22. 26, 37. Marc. 6, 41. 9, 43. 45. Luc. 9, 16. 23.

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/248>, abgerufen am 24.11.2024.