Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 7, v. 34-38. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
men stehen: gleichwie es überhaupt von denGläubigen Rom. 14, 17. 18. heißt: Wer dar- innen (in Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem Heiligen Geist) Christo dienet, der ist GOTT gefällig und den Menschen (also auch dem Ehegatten) werth. Da es hingegen von der unordentlichen Menschen-Ge- fälligkeit Gal. 1, 15. heißt: Wenn ich den Menschen gefällig wäre, so wäre ich Chri- sti Knecht nicht. Denn in diesem Verstan- de ist nach Jacobi Ausspruch c. 4, 4. der Welt Freundschaft GOttes Feindschaft. V. 35. Solches aber sage ich zu eurem Nutz, Anmerckungen. 1. Es läßt sich alhier auf gewisse Art ap- 2. Der Coelibatus Clericorum, auch der V. 36. So aber iemand (der Eltern, oder Anmerckungen. 1. Man siehet hieraus, wie Kinder bey 2. Eltern aber haben sich auch wohl zu V. 37. Wenn einer aber ihm vest vornimmt, Anmerckung. Die Redens-Art exousian ekhein peri tou~ V. 38. Endlich, welcher (seine Tochter) ver- V. 39. H h 3
Cap. 7, v. 34-38. an die Corinthier. [Spaltenumbruch]
men ſtehen: gleichwie es uͤberhaupt von denGlaͤubigen Rom. 14, 17. 18. heißt: Wer dar- innen (in Gerechtigkeit, Friede und Freude in dem Heiligen Geiſt) Chriſto dienet, der iſt GOTT gefaͤllig und den Menſchen (alſo auch dem Ehegatten) werth. Da es hingegen von der unordentlichen Menſchen-Ge- faͤlligkeit Gal. 1, 15. heißt: Wenn ich den Menſchen gefaͤllig waͤre, ſo waͤre ich Chri- ſti Knecht nicht. Denn in dieſem Verſtan- de iſt nach Jacobi Ausſpruch c. 4, 4. der Welt Freundſchaft GOttes Feindſchaft. V. 35. Solches aber ſage ich zu eurem Nutz, Anmerckungen. 1. Es laͤßt ſich alhier auf gewiſſe Art ap- 2. Der Cœlibatus Clericorum, auch der V. 36. So aber iemand (der Eltern, oder Anmerckungen. 1. Man ſiehet hieraus, wie Kinder bey 2. Eltern aber haben ſich auch wohl zu V. 37. Wenn einer aber ihm veſt vornimmt, Anmerckung. Die Redens-Art ἐξουσίαν ἔχειν περὶ του῀ V. 38. Endlich, welcher (ſeine Tochter) ver- V. 39. H h 3
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Cap. 7, v. 34-38. an die Corinthier.
men ſtehen: gleichwie es uͤberhaupt von den
Glaͤubigen Rom. 14, 17. 18. heißt: Wer dar-
innen (in Gerechtigkeit, Friede und Freude
in dem Heiligen Geiſt) Chriſto dienet, der
iſt GOTT gefaͤllig und den Menſchen
(alſo auch dem Ehegatten) werth. Da es
hingegen von der unordentlichen Menſchen-Ge-
faͤlligkeit Gal. 1, 15. heißt: Wenn ich den
Menſchen gefaͤllig waͤre, ſo waͤre ich Chri-
ſti Knecht nicht. Denn in dieſem Verſtan-
de iſt nach Jacobi Ausſpruch c. 4, 4. der Welt
Freundſchaft GOttes Feindſchaft.
V. 35.
Solches aber ſage ich zu eurem Nutz,
(um eurer Schwachheit willen, damit ihr
nicht zur Zeit mehrer Leiden, um der Beſchwe-
rungen willen, welchen ihr im Eheſtande unter-
worfen ſeyd, moͤchtet muͤde werden, auch wol
gar in die Verſuchungen des Abfalls gerathen:)
nicht daß ich euch einen Strick an den
Hals werfe, (euer Gewiſſen zu binden, als
muͤſtet ihr im ledigen Stande verbleiben: ſiehe
dergleichen Redens-Art Act. 15, 10. 18.) ſon-
dern dazu, daß es fein iſt, und ihr ſtets
und unverhindert dem HERRN dienen
koͤnnet.
Anmerckungen.
1. Es laͤßt ſich alhier auf gewiſſe Art ap-
pliciren, was unſer Heiland Luc. 10, 41. 42.
von der Martha und Maria ſaget: Martha,
Martha, du haſt viel Sorge und Muͤhe.
Eins aber iſt noth. Maria hat das gute
Theil erwehlet: das ſoll nicht von ihr ge-
nommen werden. Jedoch aber, wie zuvor
gezeiget iſt, laͤßt ſich das eintzige Nothwendige
auch gar wohl im Eheſtande beſorgen, ob es gleich
mit mehrer Beſchwerlichkeit geſchiehet.
2. Der Cœlibatus Clericorum, auch der
Moͤnche und Nonnen im Pabſtthum, iſt bey
den allermeiſten nichts anders, als eine ge-
faͤhrliche Beſtrickung der Gewiſſen.
V. 36.
So aber iemand (der Eltern, oder
auch, ſo ſie leben, alle beyde,) ſich laͤſſet
duͤncken, es wolle ſich nicht ſchicken mit
ſeiner Jungfrauen, weil ſie eben wohl
mannbar iſt, (ὑπέρακμος, ſchon uͤber ihre
Jahre der Mannbarkeit iſt,) und es will
nicht anders ſeyn, (es will ſich weder fuͤr ih-
re an ihr gemerckte Natur, noch fuͤr ſeine Fa-
milie, noch auch in Anſehung der zu ihrer Ver-
heyrathung gegebenen Gelegenheit, wohl ſchi-
cken, daß er ſie uͤber die Zeit bey ſich behalte:)
ſo thue er, was er will, er ſuͤndiget nicht,
er laſſe ſie freyen, (deßgleichen auch den Sohn
wenn er in dem Stande iſt, daß er einer Fami-
lie vorſtehen und ſie ernehren kan.)
Anmerckungen.
1. Man ſiehet hieraus, wie Kinder bey
ihrer Verheyrathung auſſer dem, daß ſie ihre
Entſchlieſſung in der Furcht des HErrn nach
ſeinem Willen wohl zu pruͤfen haben, es ſollen
auf den Rath und auf die Einwilligung ihrer El-
tern ankommen laſſen.
2. Eltern aber haben ſich auch wohl zu
beſcheiden, daß ſie ihr Recht nicht zu weit ex-
tendiren, noch die Berathung ihrer Kinder in
Unlauterkeit fuͤhren, oder ihnen einen Strick
an den Hals werfen; ſintemal der Eltern Wil-
le der Kinder Freyheit nicht ausſchlieſſet.
V. 37.
Wenn einer aber ihm veſt vornimmt,
weil er ungezwungen iſt, und ſeinen freyen
Willen hat, und beſchleußt ſolches in ſei-
nem Hertzen, ſeine Jungfrau (unverheyra-
thete Tochter, von der er erfaͤhret, und auch
ſonſt an ihr wahrnimmt, daß ſie zum ehelichen
Leben kein, oder doch gar wenig Belieben traͤ-
get, und alſo die Gabe der Enthaltung hat, es
auch die Umſtaͤnde ſeiner Familie zulaſſen,) al-
ſo bleiben zu laſſen, der thut wohl, (er
ſchonet ihrer in vielen Stuͤcken, und laͤßt ihr
die Gelegenheit, deſto ungehinderter GOTT zu
dienen.
Anmerckung.
Die Redens-Art ἐξουσίαν ἔχειν περὶ του῀
ἰδίου ϑελήματος, Macht uͤber ſeinen eig-
nen Willen haben und ungezwungen ſeyn,
zeiget mit den beyden uͤbrigen dabey ſtehenden
Ausdruͤcken, nemlich ihm veſt vorſetzen, und
in ſeinem Hertzen beſchlieſſen, gar klaͤrlich
an, daß GOttes Rathſchluß nicht der Grund
ſey aller menſchlichen Handlungen, als wenn
alles, was und wie es der Menſch thut oder
laͤßt, von GOTT alſo verordnet, und daher
nothwendig waͤre; ſondern daß GOTT den
Menſchen, nachdem er ihn mit einem freyen
Willen erſchaffen hat, den freyen Willen laſ-
ſe, und ob er gleich dabey auf mancherley Art
concurriret, ſonderlich mit der Darbietung,
auch Darreichung der noͤthigen Kraͤfte, er den-
noch den Menſchen keines weges zwinge. Da-
her er denn auch, weil er aus eigner Schuld,
mit Mißbrauch ſeines freyen Willens, die
Suͤnde hat herrſchen laſſen, mit Recht ver-
dammet wird; gleichwie hingegen das Gute, ſo
er gethan, ſo viel edler iſt, ſo viel freywilliger
es geſchehen.
V. 38.
Endlich, welcher (ſeine Tochter) ver-
heyrathet, der thut wohl. Welcher aber
(dieſelbe) nicht verheyrathet (bey denen Um-
ſtaͤnden, da die Tochter auſſer der Ehe gar wohl
und fuͤglich leben kan) der thut beſſer (nach
v. 1. 8. 26. 35. nicht ſo wol an ſich ſelbſt, als um
der zuvor gedachten gegenwaͤrtigen und noch be-
vorſtehenden Noth willen, damit ſie mit weniger
Verhinderung GOtt deſto leichter und beſtaͤndi-
ger dienen koͤnne. Welches denn auch von den
Perſonen maͤnnliches Geſchlechts und von den
Wittwen gilt, nach v. 1. u. 8.)
V. 39.
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