Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 9, v. 13-16. [Spaltenumbruch]
Anmerckungen. 1. Das erste, iera ergazesthai, mit hei- 2. Nun will zwar Paulus keines weges so 3. Jm übrigen ist hiebey zu mercken, daß, V. 14. Also hat auch der HERR befohlen, Anmerckungen. 1. Da Paulus auf die Oerter Matth. 10, 10. Luc. 10, 7. siehet, da es heißt: Ein Arbei- ter ist seiner Speise, seines Lohns werth: so erkennet man daraus, wie bekannt die Reden CHristi unter den gläubigen gewesen; und zwar wie erstlich aus dem mündlichen Vortrage und aus der Fortpflantzung; also auch hernach aus den Schriften der Evangelisten, welche zu Pau- li Zeiten schon sehr bekant gewesen sind, ausser dem Evangelio Johannis; welches wol später geschrieben ist. 2. Wenn nun Evangelische Lehrer sich vom Evangelio nähren sollen und können, so ists ihrer Person und ihrem Amte sehr unanstän- dig, wenn sie sich in diese und jene weltliche Ge- [Spaltenumbruch] schäfte, welche zu ihrem Hauswesen nicht gehö- ren, einlassen, sonderlich aus Geitz. 3. Es ist zwar eine beschwerliche Sache, wenn es bey dem Unterhalt eines Lehrers für- nemlich auf die eigne Bestellung des Ackerbaues ankömmt: wenn er doch aber mit völliger Be- freyung von allen Gaben zu einer Pfarre geleget ist; so ist es doch auch ein der Arbeit am Evan- gelio gewidmeter Segen; dessen man in einer gleichsam Patriarchalischen Lebens-Art zu ge- niessen hat. 4. Jm übrigen ist alhier zu mercken, daß wenn unser Heiland Matth. 10, 8. spricht: Um- sonst habt ihrs empfangen, umsonst ge- bet es auch, nicht von der Verkündigung des Worts, sondern von den Wundern redet, wie die vorhergehende Worte anzeigen, daß sie die- selbe nicht aus Geitz thun sollen, wie Simon, der Zauberer, meinete. Act. 8, V. 15. Jch habe aber der keines gebrauchet. V. 16. Denn daß ich das Evangelium predi- Anmerckungen. 1. Durch das Wort, Evangelium, ver- stehet der Apostel den gantzen Rath GOTTes von dem Grunde und von der Ordnung des Heils, sonderlich nach der Oeconomie des Neuen Testaments. Und weil nun auf Seiten des Men- schen der Glaube die Haupt-Sache ist, dieser aber in einer dem Gesetze gemässen Bekehrung angezündet und in der Erneurung ausgeübet und vermehret, und dazu das Gesetz durch des- sen Gehorsam aufgerichtet wird, Rom. 3, 31. so siehet man wohl, daß das Wort Evangeli- um an diesem und dergleichen Orten mehr in einem etwas weitern Verstande genommen, bey derselben doch aber immer auf das gesehen wird, was darinnen der rechte Mittel-Punct ist, das ist,
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 9, v. 13-16. [Spaltenumbruch]
Anmerckungen. 1. Das erſte, ἱερὰ ἐργάζεσϑαι, mit hei- 2. Nun will zwar Paulus keines weges ſo 3. Jm uͤbrigen iſt hiebey zu mercken, daß, V. 14. Alſo hat auch der HERR befohlen, Anmerckungen. 1. Da Paulus auf die Oerter Matth. 10, 10. Luc. 10, 7. ſiehet, da es heißt: Ein Arbei- ter iſt ſeiner Speiſe, ſeines Lohns werth: ſo erkennet man daraus, wie bekannt die Reden CHriſti unter den glaͤubigen geweſen; und zwar wie erſtlich aus dem muͤndlichen Vortrage und aus der Fortpflantzung; alſo auch hernach aus den Schriften der Evangeliſten, welche zu Pau- li Zeiten ſchon ſehr bekant geweſen ſind, auſſer dem Evangelio Johannis; welches wol ſpaͤter geſchrieben iſt. 2. Wenn nun Evangeliſche Lehrer ſich vom Evangelio naͤhren ſollen und koͤnnen, ſo iſts ihrer Perſon und ihrem Amte ſehr unanſtaͤn- dig, wenn ſie ſich in dieſe und jene weltliche Ge- [Spaltenumbruch] ſchaͤfte, welche zu ihrem Hausweſen nicht gehoͤ- ren, einlaſſen, ſonderlich aus Geitz. 3. Es iſt zwar eine beſchwerliche Sache, wenn es bey dem Unterhalt eines Lehrers fuͤr- nemlich auf die eigne Beſtellung des Ackerbaues ankoͤmmt: wenn er doch aber mit voͤlliger Be- freyung von allen Gaben zu einer Pfarre geleget iſt; ſo iſt es doch auch ein der Arbeit am Evan- gelio gewidmeter Segen; deſſen man in einer gleichſam Patriarchaliſchen Lebens-Art zu ge- nieſſen hat. 4. Jm uͤbrigen iſt alhier zu mercken, daß wenn unſer Heiland Matth. 10, 8. ſpricht: Um- ſonſt habt ihrs empfangen, umſonſt ge- bet es auch, nicht von der Verkuͤndigung des Worts, ſondern von den Wundern redet, wie die vorhergehende Worte anzeigen, daß ſie die- ſelbe nicht aus Geitz thun ſollen, wie Simon, der Zauberer, meinete. Act. 8, V. 15. Jch habe aber der keines gebrauchet. V. 16. Denn daß ich das Evangelium predi- Anmerckungen. 1. Durch das Wort, Evangelium, ver- ſtehet der Apoſtel den gantzen Rath GOTTes von dem Grunde und von der Ordnung des Heils, ſonderlich nach der Oeconomie des Neuen Teſtaments. Und weil nun auf Seiten des Men- ſchen der Glaube die Haupt-Sache iſt, dieſer aber in einer dem Geſetze gemaͤſſen Bekehrung angezuͤndet und in der Erneurung ausgeuͤbet und vermehret, und dazu das Geſetz durch deſ- ſen Gehorſam aufgerichtet wird, Rom. 3, 31. ſo ſiehet man wohl, daß das Wort Evangeli- um an dieſem und dergleichen Orten mehr in einem etwas weitern Verſtande genommen, bey derſelben doch aber immer auf das geſehen wird, was darinnen der rechte Mittel-Punct iſt, das iſt,
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Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 9, v. 13-16.
Anmerckungen.
1. Das erſte, ἱερὰ ἐργάζεσϑαι, mit hei-
ligen Dingen umgehen, gehet auch auf die Le-
viten, als welche auch ἐκ του῀ ἱερου῀, vom Tem-
pel, und dem, was im gantzen Lande dazu ge-
widmet war, ihren Unterhalt hatten. Das
andere aber gehet eigentlich nur auf die Prie-
ſter, welche es mit den Opfern und dem Altar,
dazu kein gemeiner Levite ſich nahen durfte, zu
thun hatten; welches der Apoſtel hier προσε-
δρέυειν nennet.
2. Nun will zwar Paulus keines weges ſo
viel ſagen, daß die Lehrer des Evangelii das
ſeynd, was die Prieſter des Alten Teſtaments
geweſen; ſintemal derſelben Perſon und gantzes
Amt ein Vorbild war von CHriſto und den
Chriſten, auch Chriſtenthum: indeſſen ziehet er
doch billig daraus dieſe Erinnerung, daß die
Lehrer des Evangelii auch ihres Unterhalts
werth waͤren, wie jene des ihrigen. Wobey
denn ein ieder leichtlich ſelbſt erkennet, daß man
bey dem Evangelio ſo viel vergnuͤgter ſeyn muͤſ-
ſe, mit ſeiner und der Seinigen aͤuſſerlichen
Nothdurft, ie weniger wir dabey auf einen aͤuſ-
ſerlichen Levitiſchen und reichlichen Vorrath ge-
wieſen ſind, und ſo viel reicher und herrlicher
die geiſtlichen dabey vermachten Schaͤtze ſind;
nemlich in der Ordnung der Verleugnung unſe-
rer ſelbſt und der Welt.
3. Jm uͤbrigen iſt hiebey zu mercken, daß,
da der Apoſtel an eine ſolche Gemeine ſchreibet,
die groſſen theils aus bekehrten Heiden beſtun-
de, aber auch dieſe wuſten, was es mit dem Le-
vitiſchen Opfer-Weſen fuͤr eine Beſchaffenheit
gehabt; ſintemal Paulus ſich ſonſt nicht insge-
mein darauf bezogen haben wuͤrde; daß, ſage
ich, dieſelbe bald Anfangs im Unterricht vom
Chriſtenthum fleißig auf die Oeconomie des Al-
ten Teſtaments gefuͤhret worden, daß ſie auch
die heilige Schrift davon wohl geforſchet haben
muͤſſen: wozu ſie auch von den aus den Juden
Bekehrten gute Anleitung gehabt haben.
V. 14.
Alſo hat auch der HERR befohlen,
daß die das Evangelium verkuͤndigen, ſol-
len ſich vom Evangelio naͤhren.
Anmerckungen.
1. Da Paulus auf die Oerter Matth. 10,
10. Luc. 10, 7. ſiehet, da es heißt: Ein Arbei-
ter iſt ſeiner Speiſe, ſeines Lohns werth:
ſo erkennet man daraus, wie bekannt die Reden
CHriſti unter den glaͤubigen geweſen; und zwar
wie erſtlich aus dem muͤndlichen Vortrage und
aus der Fortpflantzung; alſo auch hernach aus
den Schriften der Evangeliſten, welche zu Pau-
li Zeiten ſchon ſehr bekant geweſen ſind, auſſer
dem Evangelio Johannis; welches wol ſpaͤter
geſchrieben iſt.
2. Wenn nun Evangeliſche Lehrer ſich
vom Evangelio naͤhren ſollen und koͤnnen, ſo
iſts ihrer Perſon und ihrem Amte ſehr unanſtaͤn-
dig, wenn ſie ſich in dieſe und jene weltliche Ge-
ſchaͤfte, welche zu ihrem Hausweſen nicht gehoͤ-
ren, einlaſſen, ſonderlich aus Geitz.
3. Es iſt zwar eine beſchwerliche Sache,
wenn es bey dem Unterhalt eines Lehrers fuͤr-
nemlich auf die eigne Beſtellung des Ackerbaues
ankoͤmmt: wenn er doch aber mit voͤlliger Be-
freyung von allen Gaben zu einer Pfarre geleget
iſt; ſo iſt es doch auch ein der Arbeit am Evan-
gelio gewidmeter Segen; deſſen man in einer
gleichſam Patriarchaliſchen Lebens-Art zu ge-
nieſſen hat.
4. Jm uͤbrigen iſt alhier zu mercken, daß
wenn unſer Heiland Matth. 10, 8. ſpricht: Um-
ſonſt habt ihrs empfangen, umſonſt ge-
bet es auch, nicht von der Verkuͤndigung des
Worts, ſondern von den Wundern redet, wie
die vorhergehende Worte anzeigen, daß ſie die-
ſelbe nicht aus Geitz thun ſollen, wie Simon,
der Zauberer, meinete. Act. 8,
V. 15.
Jch habe aber der keines gebrauchet.
Jch ſchreibe auch nicht darum davon, daß
mit mir alſo ſolte gehalten werden, (ſon-
derlich bey euch Corinthiern, wenn ich wieder
zu euch komme:) Es waͤre mir lieber, (an-
ſtaͤndiger) ich ſtuͤrbe, (ſonderlich vor Man-
gel,) denn daß mir iemand meinen Ruhm
ſolte zu nichte machen, (nemlich nicht eini-
gen geſuchten eignen Ruhm, ſondern das gute
Geruͤchte von einem gantz lautern und uninter-
eßirten Gemuͤthe, und mich hingegen eines un-
lautern Zweckes und des Geitzes bey dem Evan-
gelio mit einigem Schein beſchuldigen.)
V. 16.
Denn daß ich das Evangelium predi-
ge, darf ich mich nicht ruͤhmen, (als thaͤte ich
etwas, das ich nicht ſchuldig waͤre zu thun.)
Denn ich muß es thun, (vermoͤge des mir
aufgetragenen Amts. Daß ich es aber ohne den
dabey genommenen Unterhalt verkuͤndiget ha-
be, das bin ich nicht ſchuldig geweſen, ſondern
habe es aus gutem Willen gethan:) und we-
he mir, wenn ich das Evangelium nicht
predigte, (auch ohne aͤuſſerliche Vergeltung,
und zwar in rechter Ordnung und Lauter keit.)
Anmerckungen.
1. Durch das Wort, Evangelium, ver-
ſtehet der Apoſtel den gantzen Rath GOTTes
von dem Grunde und von der Ordnung des
Heils, ſonderlich nach der Oeconomie des Neuen
Teſtaments. Und weil nun auf Seiten des Men-
ſchen der Glaube die Haupt-Sache iſt, dieſer
aber in einer dem Geſetze gemaͤſſen Bekehrung
angezuͤndet und in der Erneurung ausgeuͤbet
und vermehret, und dazu das Geſetz durch deſ-
ſen Gehorſam aufgerichtet wird, Rom. 3, 31.
ſo ſiehet man wohl, daß das Wort Evangeli-
um an dieſem und dergleichen Orten mehr in
einem etwas weitern Verſtande genommen, bey
derſelben doch aber immer auf das geſehen wird,
was darinnen der rechte Mittel-Punct iſt, das
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