Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des ersten Briefs Pauli Cap. 11, v. 11-18. [Spaltenumbruch]
Weib, noch das Weib ohne den Mann, indem HERRN (obgleich der Mann, wie ge- dacht, einen Vorzug vor dem Weibe hat, und diese solchen erkennen muß, so hat diese Ungleich- heit doch nicht statt im Christenthum, oder in dem Rechte und in den Gütern, welche zum Reiche GOttes gehören; sondern darinnen sind sie ein- ander gleich, daß also der Mann seines Vorzuges wegen sich so wenig zu überheben, als das Weib ihrer Unterthänigkeit halber sich zu betrüben hat. Und also heißts hier auch nach Gal. 3, 28. Hier ist kein Mann noch Weib nemlich mit eini- gem Vorzuge, oder einiger Hindansetzung: denn ihr seyd allzumal einer in CHristo JESU. Der Mann ist von CHristo nicht geliebet und erlöset ohne das Weib, noch das Weib ohne den Mann.) V. 12. Denn wie das Weib von dem Manne V. 13. 14. 15. Richtet bey euch selbst, obs wohl ste- Anmerckung. Jst es dem Manne eine Unehre, so er lange V. 16. Jst aber iemand unter euch, der Lust Anmerckung. Dieses haben diejenigen heute zu Tage V. 17. Jch muß aber diß befehlen, ich kans Anmerckung. Wenn man diesen gantzen Vers, und dar- V. 18. Zum ersten (zuvorderst) wenn ihr zu- che
Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 11, v. 11-18. [Spaltenumbruch]
Weib, noch das Weib ohne den Mann, indem HERRN (obgleich der Mann, wie ge- dacht, einen Vorzug vor dem Weibe hat, und dieſe ſolchen erkennen muß, ſo hat dieſe Ungleich- heit doch nicht ſtatt im Chriſtenthum, oder in dem Rechte und in den Guͤtern, welche zum Reiche GOttes gehoͤren; ſondern darinnen ſind ſie ein- ander gleich, daß alſo der Mann ſeines Vorzuges wegen ſich ſo wenig zu uͤberheben, als das Weib ihrer Unterthaͤnigkeit halber ſich zu betruͤben hat. Und alſo heißts hier auch nach Gal. 3, 28. Hier iſt kein Mann noch Weib nemlich mit eini- gem Vorzuge, oder einiger Hindanſetzung: denn ihr ſeyd allzumal einer in CHriſto JESU. Der Mann iſt von CHriſto nicht geliebet und erloͤſet ohne das Weib, noch das Weib ohne den Mann.) V. 12. Denn wie das Weib von dem Manne V. 13. 14. 15. Richtet bey euch ſelbſt, obs wohl ſte- Anmerckung. Jſt es dem Manne eine Unehre, ſo er lange V. 16. Jſt aber iemand unter euch, der Luſt Anmerckung. Dieſes haben diejenigen heute zu Tage V. 17. Jch muß aber diß befehlen, ich kans Anmerckung. Wenn man dieſen gantzen Vers, und dar- V. 18. Zum erſten (zuvorderſt) wenn ihr zu- che
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Erklaͤrung des erſten Briefs Pauli Cap. 11, v. 11-18.
Weib, noch das Weib ohne den Mann, in
dem HERRN (obgleich der Mann, wie ge-
dacht, einen Vorzug vor dem Weibe hat, und
dieſe ſolchen erkennen muß, ſo hat dieſe Ungleich-
heit doch nicht ſtatt im Chriſtenthum, oder in dem
Rechte und in den Guͤtern, welche zum Reiche
GOttes gehoͤren; ſondern darinnen ſind ſie ein-
ander gleich, daß alſo der Mann ſeines Vorzuges
wegen ſich ſo wenig zu uͤberheben, als das Weib
ihrer Unterthaͤnigkeit halber ſich zu betruͤben hat.
Und alſo heißts hier auch nach Gal. 3, 28. Hier
iſt kein Mann noch Weib nemlich mit eini-
gem Vorzuge, oder einiger Hindanſetzung:
denn ihr ſeyd allzumal einer in CHriſto
JESU. Der Mann iſt von CHriſto nicht
geliebet und erloͤſet ohne das Weib, noch das
Weib ohne den Mann.)
V. 12.
Denn wie das Weib von dem Manne
(koͤmmt nach der erſten Schoͤpfung) alſo koͤmmt
auch der Mann durchs Weib (nach der na-
tuͤrlichen Geburt: wie denn der Welt-Heiland
ſelbſt von einem Weibe hat wollen gebohren
werden:) aber alles (ſo wol die erſte Schoͤ-
pfung mit der daher entſtehenden Subordination,
als die Fortpflantzung des menſchlichen Ge-
ſchlechts) von GOtt (wie alle uͤbrige Geſchoͤ-
pfe Rom. 11, 36. 1 Cor. 8, 6. daß alſo die Maͤn-
ner ihre Weiber der Unterthaͤnigkeit wegen ſo
wenig zu verachten, als dieſe ihre Maͤnner der
Herrſchaft wegen zu beneiden haben.)
V. 13. 14. 15.
Richtet bey euch ſelbſt, obs wohl ſte-
het, daß ein Weib unbedeckt vor GOtt be-
te (und damit bezeuge, als ſey ſie dem Manne
nicht unterworfen.) V. 14. Oder lehret euch
auch nicht die Natur (welche dem maͤnnli-
chen Geſchlechte ein kuͤrtzeres Haupt-Haar giebt,
als dem weiblichen,) daß es dem Manne ei-
ne Unehre (oder unanſtaͤndig) iſt, ſo er lange
Haare zeuget (ſie alſo traͤget, wie das weibliche
Geſchlecht, und damit gleichſam ſein Vorrecht
vor dem Weibe ſelbſt geringſchaͤtzig machet?)
V. 15. Und dem Weibe eine Ehre (oder wohl-
anſtaͤndig iſt) ſo ſie lange Haare zeuget?
denn das Haar iſt ihr zur Decke gegeben,
(und zum Zeichen der Unterthaͤnigkeit, nach wel-
cher ſie des Mannes Bild und Ehre iſt: um wel-
cher natuͤrlichen Decke willen, um zu erkennen zu
geben, daß ſie dieſelbe fuͤr ein ſolches Zeichen hal-
te, ſie auch noch eine andere ſelbſtgemachte Decke
auf dem Haupte tragen ſoll.)
Anmerckung.
Jſt es dem Manne eine Unehre, ſo er lange
Haare zeuget, ſo iſt es ihm auch nicht anſtaͤn-
dig, wenn er ſolche Parucken traͤget, welche ihm
von dem Haupte ſo weit herunter hangen, als
kaum ein langes Weiber-Haar thun wuͤrde:
zumal es auch unnoͤthige Koſten verurſachet, und
nur zum eitlen Staat geſchiehet, darinnen im-
mer einer dem andern nachaͤffet. Da ſonſt dem
maͤnnlichen Geſchlecht in den kaͤltern Abend-
und Mitter-Naͤchtigen Laͤndern, an ſtatt der ih-
me von Natur wohl anſtehenden Entbloͤſſung ei-
ne Decke des Haupts wohl zu goͤnnen iſt. Aber
wo iſt eine ſolche Maͤßigung, da man nur auf
die Nothdurft ſiehet, oder doch wenigſtens nicht
einem ieden mit gleicher Ubermaſſe in ſeiner
Phantaſie nachzuaͤffen ſuche?
V. 16.
Jſt aber iemand unter euch, der Luſt
zu zancken hat, (daruͤber, wie ich ietzo meine
Meinung von der aͤuſſerlichen Zucht und Anſtaͤn-
digkeit geſagt habe, diſputiren, auch diß und das
beſſer wiſſen will) der wiſſe, daß wir ſolche
Weiſe nicht haben, die Gemeinen GOttes
auch nicht, (und alſo werde ich mich daruͤber mit
niemanden weiter einlaſſen, ſondern es als einen
Eigenſinn anſehen.)
Anmerckung.
Dieſes haben diejenigen heute zu Tage
wohl zu mercken, welche um ſolcher Dinge wil-
len, die doch das Gewiſſen nicht verletzen, ſich
und andern Unruhe machen; oder auch hie und
da in den Gemeinen GOttes ein Gezaͤnck mit
ungegruͤndeten Beſchuldigungen anfangen, und
damit andere, um dem Aergerniß abzuhelfen, zu
ſo vielen Schutz-Reden, oder Schutz-Schriften,
noͤthigen.
V. 17.
Jch muß aber diß befehlen, ich kans
nicht loben, daß ihr nicht auf beſſere Wei-
ſe, ſondern auf aͤrgere Weiſe zuſammen
kommet.
Anmerckung.
Wenn man dieſen gantzen Vers, und dar-
innen ſonderlich die erſten Worte auf die folgen-
de Materie vom heiligen Abendmahl ziehet; ſo
haben und behalten die Worte ihre Schwierig-
keit. Man hat es aber gar nicht noͤthig, auch gar
keinen Grund, ſie alſo zu verſtehen. Denn ob-
gleich der Apoſtel mit den uͤbrigen Worten des
Verſes ſchon zu der folgenden Materie ſchreitet;
ſo gehen doch die erſtern, του῀το δὲ παραγγέλλων,
auf das Vorhergehende, und iſt die Uberſetzung
nach Pauli Sinn fuͤglich dieſe: Da ich aber
dieſes, (was ich bisher von dem aͤuſſerlichen
guten Wohlſtande in der oͤffentlichen Verſamm-
lung vorgeſtellet habe) befehle (oder anordne,
und auch zuvor v. 2. gelobet habe, daß ihr, zu-
mal ihr Wohlgeſinneten und ordentlich Han-
delnden und Wandelnden, euch nach meiner
Verordnung richtet,) ſo lobe ich (hingegen)
nicht, (kan es auch nicht loben) daß ihr nicht
auf eine beſſere Weiſe, ſondern auf eine aͤr-
gere Weiſe zuſammen kommet, (daß es in eu-
rer Verſammlung, inſonderheit was die Hand-
lung des heiligen Abendmahls betrift, nicht beſſer
zugehet, als ich von euch hoͤre.)
V. 18.
Zum erſten (zuvorderſt) wenn ihr zu-
ſammen kommt in der Gemeine (oͤffentlich,
im Gegenſatz auch anderer oder gemeiner Privat-
Haͤuſer, v. 22. ob gleich auch dazumal die oͤffentli-
che
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