Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Historische und exegetische Einleitung [Spaltenumbruch]
eligen Anfall einiger Jüden. 3) Daß er dievornehmsten der Jüden, welche von dem Evan- gelio CHristi noch entfernet waren, zu sich kom- men lassen, und sie davon gesuchet zu überzeu- gen, und also vor allen Dingen diese zu gewin- nen. Da sie denn von dem, was mit Paulo zu Jerusalem vorgegangen war, noch keine Nach- richt erhalten hatten, aber doch bezeugeten, vom Christenthum, welches sie für eine neue Jüdische Secte hielten, gehöret zu haben, daß ihr an allen Enden widersprochen werde. 4) Daß er den Jüden, welche in grosser Anzahl zu ihm in seine Herberge gekommen, eine herrliche Predigt von CHristo aus Mose und aus den Propheten von frühe Morgens an bis auf den Abend gehalten, mit dem Erfolg, daß ein Theil davon gewonnen wurde, die übrigen aber im Unglauben blieben, iedoch von der Predigt Gelegenheit nahmen, viel Fragens deßhalb unter sich anzustellen: welches denn wol noch manchem wird zur Uberzeugung gedienet haben. 5) Daß er zu Rom zwey Jahre, nemlich von 61 bis ins 63te Jahr die Freyheit ge- habt, in seinem eigenen Gedinge, oder in seiner nach eignem Belieben gemietheten Wohnung, zu leben, darinnen auch andere aufzunehmen, und ohne Verbot mit aller Freudigkeit von dem HErrn JESU zu lehren. 6) Daß also eines theils man zwar mit Paulo nicht hart verfahren, andern theils aber auch also, daß er nicht gäntzlich auf freyen Fuß gestellet worden. 7) Daß er in die- sen zweyen Jahren die Briefe an den Philemo- nem, an die Colosser und an die Philipper geschrieben, und ihnen Hoffnung gemachet, sie noch einmal wieder zu besuchen: wie denn auch geschehen ist. 8) Daß er, als er seines Arrestes erlediget war, und sich bereits ausser Rom, doch noch in Jtalien, aufgehalten, den Brief an die bekehrten Hebräer, oder Jüden in Orient, geschrie- ben, und ihnen eben dieselbe Hoffnung von sei- ner nochmaligen Besuchung gemachet hat: wie aus dem Beschluß dieses Briefes zu ersehen ist. 9) Daß noch unterschiedliches in diesen vier Brie- fen enthalten ist, sonderlich in den Beschlüssen derselben, aus welchem der Zustand Pauli zu Rom sich noch mit mehrern erkennen läßt. §. XXV. Nun ist noch übrig die letztere §. XXVI. So ist denn nun der Apostel §. XXVII. Von Creta ist er vermuhtlich §. XXVIII. Von Colossen ist der Apostel §. XXIX. Da nun der Apostel, wie ge- verspro-
Hiſtoriſche und exegetiſche Einleitung [Spaltenumbruch]
eligen Anfall einiger Juͤden. 3) Daß er dievornehmſten der Juͤden, welche von dem Evan- gelio CHriſti noch entfernet waren, zu ſich kom- men laſſen, und ſie davon geſuchet zu uͤberzeu- gen, und alſo vor allen Dingen dieſe zu gewin- nen. Da ſie denn von dem, was mit Paulo zu Jeruſalem vorgegangen war, noch keine Nach- richt erhalten hatten, aber doch bezeugeten, vom Chriſtenthum, welches ſie fuͤr eine neue Juͤdiſche Secte hielten, gehoͤret zu haben, daß ihr an allen Enden widerſprochen werde. 4) Daß er den Juͤden, welche in groſſer Anzahl zu ihm in ſeine Herberge gekommen, eine herrliche Predigt von CHriſto aus Moſe und aus den Propheten von fruͤhe Morgens an bis auf den Abend gehalten, mit dem Erfolg, daß ein Theil davon gewonnen wurde, die uͤbrigen aber im Unglauben blieben, iedoch von der Predigt Gelegenheit nahmen, viel Fragens deßhalb unter ſich anzuſtellen: welches denn wol noch manchem wird zur Uberzeugung gedienet haben. 5) Daß er zu Rom zwey Jahre, nemlich von 61 bis ins 63te Jahr die Freyheit ge- habt, in ſeinem eigenen Gedinge, oder in ſeiner nach eignem Belieben gemietheten Wohnung, zu leben, darinnen auch andere aufzunehmen, und ohne Verbot mit aller Freudigkeit von dem HErrn JESU zu lehren. 6) Daß alſo eines theils man zwar mit Paulo nicht hart verfahren, andern theils aber auch alſo, daß er nicht gaͤntzlich auf freyen Fuß geſtellet worden. 7) Daß er in die- ſen zweyen Jahren die Briefe an den Philemo- nem, an die Coloſſer und an die Philipper geſchrieben, und ihnen Hoffnung gemachet, ſie noch einmal wieder zu beſuchen: wie denn auch geſchehen iſt. 8) Daß er, als er ſeines Arreſtes erlediget war, und ſich bereits auſſer Rom, doch noch in Jtalien, aufgehalten, den Brief an die bekehrten Hebraͤer, oder Juͤden in Orient, geſchrie- ben, und ihnen eben dieſelbe Hoffnung von ſei- ner nochmaligen Beſuchung gemachet hat: wie aus dem Beſchluß dieſes Briefes zu erſehen iſt. 9) Daß noch unterſchiedliches in dieſen vier Brie- fen enthalten iſt, ſonderlich in den Beſchluͤſſen derſelben, aus welchem der Zuſtand Pauli zu Rom ſich noch mit mehrern erkennen laͤßt. §. XXV. Nun iſt noch uͤbrig die letztere §. XXVI. So iſt denn nun der Apoſtel §. XXVII. Von Creta iſt er vermuhtlich §. XXVIII. Von Coloſſen iſt der Apoſtel §. XXIX. Da nun der Apoſtel, wie ge- verſpro-
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Da ſie denn von dem, was mit Paulo zu<lb/> Jeruſalem vorgegangen war, noch keine Nach-<lb/> richt erhalten hatten, aber doch bezeugeten, vom<lb/> Chriſtenthum, welches ſie fuͤr eine neue Juͤdiſche<lb/> Secte hielten, gehoͤret zu haben, daß ihr an allen<lb/> Enden widerſprochen werde. 4) Daß er den<lb/> Juͤden, welche in groſſer Anzahl zu ihm in ſeine<lb/> Herberge gekommen, eine herrliche Predigt von<lb/> CHriſto aus Moſe und aus den Propheten von<lb/> fruͤhe Morgens an bis auf den Abend gehalten,<lb/> mit dem Erfolg, daß ein Theil davon gewonnen<lb/> wurde, die uͤbrigen aber im Unglauben blieben,<lb/> iedoch von der Predigt Gelegenheit nahmen, viel<lb/> Fragens deßhalb unter ſich anzuſtellen: welches<lb/> denn wol noch manchem wird zur Uberzeugung<lb/> gedienet haben. 5) Daß er zu Rom zwey Jahre,<lb/> nemlich von 61 bis ins 63te Jahr die Freyheit ge-<lb/> habt, in ſeinem eigenen Gedinge, oder in ſeiner<lb/> nach eignem Belieben gemietheten Wohnung,<lb/> zu leben, darinnen auch andere aufzunehmen,<lb/> und ohne Verbot mit aller Freudigkeit von dem<lb/> HErrn JESU zu lehren. 6) Daß alſo eines<lb/> theils man zwar mit Paulo nicht hart verfahren,<lb/> andern theils aber auch alſo, daß er nicht gaͤntzlich<lb/> auf freyen Fuß geſtellet worden. 7) Daß er in die-<lb/> ſen zweyen Jahren die <hi rendition="#fr">Briefe</hi> an den <hi rendition="#fr">Philemo-<lb/> nem,</hi> an die <hi rendition="#fr">Coloſſer</hi> und an die <hi rendition="#fr">Philipper</hi><lb/> geſchrieben, und ihnen Hoffnung gemachet, ſie<lb/> noch einmal wieder zu beſuchen: wie denn auch<lb/> geſchehen iſt. 8) Daß er, als er ſeines <hi rendition="#aq">Arreſt</hi>es<lb/> erlediget war, und ſich bereits auſſer Rom, doch<lb/> noch in Jtalien, aufgehalten, den Brief an die<lb/> bekehrten <hi rendition="#fr">Hebraͤer,</hi> oder Juͤden in <hi rendition="#aq">Orient,</hi> geſchrie-<lb/> ben, und ihnen eben dieſelbe Hoffnung von ſei-<lb/> ner nochmaligen Beſuchung gemachet hat: wie<lb/> aus dem Beſchluß dieſes Briefes zu erſehen iſt.<lb/> 9) Daß noch unterſchiedliches in dieſen vier Brie-<lb/> fen enthalten iſt, ſonderlich in den Beſchluͤſſen<lb/> derſelben, aus welchem der Zuſtand Pauli zu<lb/> Rom ſich noch mit mehrern erkennen laͤßt.</p><lb/> <p>§. <hi rendition="#aq">XXV.</hi> Nun iſt noch uͤbrig die <hi rendition="#fr">letztere<lb/> groſſe Reiſe Pauli nach</hi> <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Orient</hi></hi> <hi rendition="#fr">und Grie-<lb/> chen-Land,</hi> welche von 63 bis 67 eine vier-<lb/> jaͤhrige Zeit in ſich haͤlt: davon zwar Lucas, da er<lb/> ſeine Beſchreibung mit den zu Rom zugebrachten<lb/> zweyen Jahren beſchlieſſet, und die Schrift noch<lb/> vor Pauli Abreiſe von ſich gegeben zu haben<lb/> ſcheinet, nichts weiter meldet; die ſich doch aber<lb/> aus den letztern Briefen Pauli gar wohl erken-<lb/> nen laͤßt.</p><lb/> <p>§. <hi rendition="#aq">XXVI.</hi> So iſt denn nun der Apoſtel<lb/> aus Jtalien allem Anſehen nach erſtlich auf die<lb/> Jnſel <hi rendition="#fr">Creta</hi> zugereiſet, und hat unter andern<lb/> Titum unter ſeinen Gefaͤhrten gehabt. 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Und da er ſich die Herberge bey<lb/> ihm ausgebeten Philem. v. 22. ſo iſt wol kein<lb/> Zweifel, daß er ſie auch bey ihm genommen ha-<lb/> be. Daß aber <hi rendition="#fr">Philemon</hi> zu <hi rendition="#fr">Coloſſen</hi> gewoh-<lb/> net, ſiehet man aus Col. 4, 9. da er den <hi rendition="#fr">Oneſi-<lb/> mum,</hi> der in des Philemonis Hauſe geweſen<lb/> war, zu den Coloſſenſern rechnet: wie auch aus<lb/> v. 17. und Philem. v. 2. da dem Philemoni der<lb/> Archippus, ein Aelteſter der Coloſſenſiſchen Ge-<lb/> meine, zugeſellet wird. Wie wird ſich aber<lb/> der von Paulo zu CHriſto gefuͤhrte und nicht<lb/> lange vorher mit einem Briefe an den Philemo-<lb/> nem zuruͤck geſchickte Oneſimus nicht gefreuet<lb/> haben uͤber der Ankunft Pauli, ſeines ſo theu-<lb/> ren Vaters in CHriſto? Und da Paulus befoh-<lb/> len hatte, daß der an die Coloſſenſer geſchriebene<lb/> Brief auch von der benachbarten Laodiceiſchen<lb/> Gemeine geleſen werden ſolte; ſo wird er wol<lb/> ohne Zweifel dieſelbe nunmehro auch perſoͤnlich<lb/> beſuchet und erbauet haben.</p><lb/> <p>§. <hi rendition="#aq">XXVIII.</hi> Von <hi rendition="#fr">Coloſſen</hi> iſt der Apoſtel<lb/> vermuhtlich nach <hi rendition="#fr">Epheſus</hi> gegangen. Denn er<lb/> ſchreibet in dem erſten aus Macedonien an den<lb/> Timotheum abgelaſſenen Briefe c. 1, 3. daß er<lb/> ihn, da er in Macedonien ziehen wollen, zu Ephe-<lb/> ſus gelaſſen habe, um den Wohlſtand derſelbi-<lb/> gen Kirche zu befoͤrdern. Welches nicht anders,<lb/> als von dieſer Zeit, kan verſtanden werden.<lb/> Paulus iſt zwar vorher ſchon zweymal zu Ephe-<lb/> ſus geweſen: das erſte mal als er von Corinthus<lb/> dorthin kam Ap. 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Alſo muß dieſe dritte Beſuchung in<lb/> dieſe Zeit, nemlich da Paulus wieder aus Jta-<lb/> lien nach Orient gekommen, verſtanden werden.<lb/> Denn da ließ er Timotheum zu Epheſus zuruͤck,<lb/> mit dem Vorſatze, wieder dahin zu kommen.<lb/> 1 Tim. 1, 3. 3, 14. 15. 4, 13.</p><lb/> <p>§. <hi rendition="#aq">XXIX.</hi> Da nun der Apoſtel, wie ge-<lb/> dacht, von <hi rendition="#fr">Epheſus</hi> nach <hi rendition="#fr">Macedonien</hi> ge-<lb/> gangen, ſo iſt leichtlich zu erachten, daß er zu-<lb/> voͤrderſt die Gemeine zu <hi rendition="#fr">Philippis</hi> wird beſu-<lb/> chet haben, wie er ihnen in dem zuvor aus Rom<lb/> an ſie geſchriebenen Brief c. 1, 25. 26. 27, c. 2, 24.<lb/> <fw place="bottom" type="catch">verſpro-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0036]
Hiſtoriſche und exegetiſche Einleitung
eligen Anfall einiger Juͤden. 3) Daß er die
vornehmſten der Juͤden, welche von dem Evan-
gelio CHriſti noch entfernet waren, zu ſich kom-
men laſſen, und ſie davon geſuchet zu uͤberzeu-
gen, und alſo vor allen Dingen dieſe zu gewin-
nen. Da ſie denn von dem, was mit Paulo zu
Jeruſalem vorgegangen war, noch keine Nach-
richt erhalten hatten, aber doch bezeugeten, vom
Chriſtenthum, welches ſie fuͤr eine neue Juͤdiſche
Secte hielten, gehoͤret zu haben, daß ihr an allen
Enden widerſprochen werde. 4) Daß er den
Juͤden, welche in groſſer Anzahl zu ihm in ſeine
Herberge gekommen, eine herrliche Predigt von
CHriſto aus Moſe und aus den Propheten von
fruͤhe Morgens an bis auf den Abend gehalten,
mit dem Erfolg, daß ein Theil davon gewonnen
wurde, die uͤbrigen aber im Unglauben blieben,
iedoch von der Predigt Gelegenheit nahmen, viel
Fragens deßhalb unter ſich anzuſtellen: welches
denn wol noch manchem wird zur Uberzeugung
gedienet haben. 5) Daß er zu Rom zwey Jahre,
nemlich von 61 bis ins 63te Jahr die Freyheit ge-
habt, in ſeinem eigenen Gedinge, oder in ſeiner
nach eignem Belieben gemietheten Wohnung,
zu leben, darinnen auch andere aufzunehmen,
und ohne Verbot mit aller Freudigkeit von dem
HErrn JESU zu lehren. 6) Daß alſo eines
theils man zwar mit Paulo nicht hart verfahren,
andern theils aber auch alſo, daß er nicht gaͤntzlich
auf freyen Fuß geſtellet worden. 7) Daß er in die-
ſen zweyen Jahren die Briefe an den Philemo-
nem, an die Coloſſer und an die Philipper
geſchrieben, und ihnen Hoffnung gemachet, ſie
noch einmal wieder zu beſuchen: wie denn auch
geſchehen iſt. 8) Daß er, als er ſeines Arreſtes
erlediget war, und ſich bereits auſſer Rom, doch
noch in Jtalien, aufgehalten, den Brief an die
bekehrten Hebraͤer, oder Juͤden in Orient, geſchrie-
ben, und ihnen eben dieſelbe Hoffnung von ſei-
ner nochmaligen Beſuchung gemachet hat: wie
aus dem Beſchluß dieſes Briefes zu erſehen iſt.
9) Daß noch unterſchiedliches in dieſen vier Brie-
fen enthalten iſt, ſonderlich in den Beſchluͤſſen
derſelben, aus welchem der Zuſtand Pauli zu
Rom ſich noch mit mehrern erkennen laͤßt.
§. XXV. Nun iſt noch uͤbrig die letztere
groſſe Reiſe Pauli nach Orient und Grie-
chen-Land, welche von 63 bis 67 eine vier-
jaͤhrige Zeit in ſich haͤlt: davon zwar Lucas, da er
ſeine Beſchreibung mit den zu Rom zugebrachten
zweyen Jahren beſchlieſſet, und die Schrift noch
vor Pauli Abreiſe von ſich gegeben zu haben
ſcheinet, nichts weiter meldet; die ſich doch aber
aus den letztern Briefen Pauli gar wohl erken-
nen laͤßt.
§. XXVI. So iſt denn nun der Apoſtel
aus Jtalien allem Anſehen nach erſtlich auf die
Jnſel Creta zugereiſet, und hat unter andern
Titum unter ſeinen Gefaͤhrten gehabt. Denn
dieſen hat er zu Creta gelaſſen, daß er ſolte
vollend anrichten, wo er, Paulus, es gelaſ-
ſen hatte, und die Staͤdte hin und her mit
Aelteſten beſetzen. Wie er in dem hernach
aus Macedonien an ihn geſchriebenen Brief c.
1, 5. bezeuget. Man ſiehet auch daraus, daß
Paulus ſich in Creta nicht lange aufgehalten,
ſondern nach der Aſiatiſchen Kirche geeilet
habe.
§. XXVII. Von Creta iſt er vermuhtlich
nach Aſien gegangen, und zuvorderſt nach Co-
loſſen: als welcher Gemeine er der Perſon nach
nach nicht war bekant worden: Col. 1, 14. 2, 4.
Den Philemonem aber ſcheint er ſchon vorher
gekant zu haben, weil er ſo gar zuverſichtlich an
ihn ſchreibet. Und da er ſich die Herberge bey
ihm ausgebeten Philem. v. 22. ſo iſt wol kein
Zweifel, daß er ſie auch bey ihm genommen ha-
be. Daß aber Philemon zu Coloſſen gewoh-
net, ſiehet man aus Col. 4, 9. da er den Oneſi-
mum, der in des Philemonis Hauſe geweſen
war, zu den Coloſſenſern rechnet: wie auch aus
v. 17. und Philem. v. 2. da dem Philemoni der
Archippus, ein Aelteſter der Coloſſenſiſchen Ge-
meine, zugeſellet wird. Wie wird ſich aber
der von Paulo zu CHriſto gefuͤhrte und nicht
lange vorher mit einem Briefe an den Philemo-
nem zuruͤck geſchickte Oneſimus nicht gefreuet
haben uͤber der Ankunft Pauli, ſeines ſo theu-
ren Vaters in CHriſto? Und da Paulus befoh-
len hatte, daß der an die Coloſſenſer geſchriebene
Brief auch von der benachbarten Laodiceiſchen
Gemeine geleſen werden ſolte; ſo wird er wol
ohne Zweifel dieſelbe nunmehro auch perſoͤnlich
beſuchet und erbauet haben.
§. XXVIII. Von Coloſſen iſt der Apoſtel
vermuhtlich nach Epheſus gegangen. Denn er
ſchreibet in dem erſten aus Macedonien an den
Timotheum abgelaſſenen Briefe c. 1, 3. daß er
ihn, da er in Macedonien ziehen wollen, zu Ephe-
ſus gelaſſen habe, um den Wohlſtand derſelbi-
gen Kirche zu befoͤrdern. Welches nicht anders,
als von dieſer Zeit, kan verſtanden werden.
Paulus iſt zwar vorher ſchon zweymal zu Ephe-
ſus geweſen: das erſte mal als er von Corinthus
dorthin kam Ap. Geſch. 18, 19. 20. 21. das an-
dere mal, da er nach der nach Jeruſalem ge-
thanen Reiſe, und nach der uͤber Antiochiam und
die Ober-Laͤnder Aſiens gethanen Ruͤckreiſe, wie-
der dahin kam, und ſich daſelbſt bey drey Jahre
aufhielte. Ap. Geſch. 18, 21. 19, 1. ſeqq. Aber
dieſe Zeiten koͤnnen von der gegenwaͤrtigen, da-
von ietzo die Rede iſt, nicht verſtanden werden.
Denn als Paulus das erſte mal von Epheſus ab-
reiſete, ging er nicht in Macedonien (wie er von
dieſer Zeit bezeuget) ſondern nach Jeruſalem. Ap.
Geſch. 18, 21. Als er zum andern mal von Ephe-
ſus ging, ſo reiſete er zwar in Macedonien; Ap.
Geſch. 20, 1. 2. 3. aber zu dieſem mal ließ er Ti-
motheum nicht zu Epheſus, ſondern er ſchickte
ihn nebſt dem Eraſto vor ſich hin in Macedonien
c. 19, 22. Alſo muß dieſe dritte Beſuchung in
dieſe Zeit, nemlich da Paulus wieder aus Jta-
lien nach Orient gekommen, verſtanden werden.
Denn da ließ er Timotheum zu Epheſus zuruͤck,
mit dem Vorſatze, wieder dahin zu kommen.
1 Tim. 1, 3. 3, 14. 15. 4, 13.
§. XXIX. Da nun der Apoſtel, wie ge-
dacht, von Epheſus nach Macedonien ge-
gangen, ſo iſt leichtlich zu erachten, daß er zu-
voͤrderſt die Gemeine zu Philippis wird beſu-
chet haben, wie er ihnen in dem zuvor aus Rom
an ſie geſchriebenen Brief c. 1, 25. 26. 27, c. 2, 24.
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