Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

Bild:
<< vorherige Seite
Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 13-17.
[Spaltenumbruch] digen ein besonderer Beyfall mit einiger Erhe-
bung gegeben wird.
4. Niemals aber ist die Eigen-Liebe wie
den Eigen-Liebigen selbst verdeckter, also auch
ihnen selbst schändlicher und andern schädlicher,
als wenn sie die Masque geistlicher Dinge und
Handlungen sich anleget.
V. 13.

Wir aber rühmen uns nicht über das
Ziel, sondern nur nach dem Ziel der Re-
gel, damit uns GOTT abgemessen hat
das Ziel, zu gelangen auch bis an euch.

Anmerckungen.
1. Sich über das Ziel, oder Maß rüh-
men,
ist alhier sich mehr zuschreiben, sonderlich
an Arbeit in gepflantzten Gemeinen, als einem
zukömmt. Da nun die Feinde Pauli seine Ar-
beit mit neidischen Augen ansahen, und sehr ver-
kleinerlich davon redeten, ihn auch beschuldigten,
als schriebe er sich, oder man ihm, ein mehrers
zu, als sich in der That befinde; so spricht er,
er rühme sich nicht über das Ziel.
2. Das Wort Regel heißt alhier so viel
als eine Maß-Schnur, dadurch etwas abge-
messen und in gewisse Theile abgetheilet wird.
Einem das Ziel abmessen ist einem die An-
weisung geben, wie weit er gehen und kommen
soll.
3. Nun hatte GOTT einem ieden Apostel,
und also auch Paulo nicht allein ein gewisses
Maß der Gnade und Gaben zugemessen, sondern
es auch nach seiner heiligen Providentz gleichsam
abgemessen, wie weit sie in dem Laufe des Apo-
stolischen Amts kommen solten. Da nun auch
Griechen-Land in diesem Ziele oder Lauf mit ein-
geschlossen war, und dieses der Erfolg selbst bis-
her gnugsam erwiesen hatte; so spricht er, er
rühme, das ist, rede mit Freudigkeit, nur nach
dem Ziel der Regel, welches GOTT also ab-
gemessen hatte, daß er auch bis an Corinthen
bisher gekommen war: da er doch aber hernach
noch viel weiter gekommen ist, nemlich nach
Rom, wo nicht gar nach Hispanien, wie er hof-
fete. Rom. 15, 24.
4. GOTT hat, wie Paulo auf eine ausser-
ordentliche, also auch einem ieden getreuen Leh-
rer auf eine ordentliche Art, zugemessen, wie
weit der Lauf seines Amts, und darinnen das
Ziel seiner Arbeit gehen soll. Darum muß ein
ieder dahin sehen, daß er seinen Lauf recht vollen-
de, und nichts von dem Masse der ihm zugemes-
senen Arbeit zurück lasse; zumal da man nicht
weiß, wie bald man von seinem Posten möchte
abgerufen werden. Es gehöret gewiß viel dazu,
wenn man mit Paulo in der Freudigkeit des
Glaubens dermaleins sagen will: Jch habe ei-
nen guten Kampf gekämpfet, ich habe den
Lauf vollendet, ich habe Glauben gehal-
ten
etc. 2 Tim. 4, 7.
V. 14.

Denn wir fahren nicht zu weit, als
hätten wir nicht gelanget, bis an euch:

(Gr. strecken uns nicht zu weit aus, nemlich daß
[Spaltenumbruch] wir uns zuschrieben, bis an euch gekommen zu
seyn mit dem Evangelio, und wären doch nicht
so weit gelanget; wie man mit Verunglimpfung
vorgiebt:) denn wir sind ja bis auch zu euch
kommen mit dem Evangelio CHristi,
(also,
daß ihr durch unsern Dienst zu CHristo gebracht
seyd. Siehe auch Rom. 15, 19. 20.)

V. 15.

Und rühmen uns nicht übers Ziel in
fremder
(von andern Aposteln in Pflantzung der
Kirchen verrichteten) Arbeit: und haben Hoff-
nung, wenn nun euer Glaube
(mit allem
übrigen rechtschafnen Wesen) gewachsen, daß
wir unserer Regel nach
(nach der Schnur,
darnach uns GOTT noch mehrere Länder und
Oerter wird zugemessen haben,) wollen weiter
kommen.

Anmerckung.

Daß der Glaube das Haupt-Werck im
Christenthum sey, siehet man auch hieraus, da
Paulus den gantzen Fortgang desselben mit der
Beharrung im Wachsthum des Glaubens setzet.
Denn der Glaube ist das rechte geistliche Band
unserer Seelen mit GOTT: er ist das Mittel,
wodurch wir, als die Reben, am Wein-Stocke,
CHristo, bleiben, in ihm und aus ihm allen geist-
lichen Nahrungs-Saft und Kraft ziehen, und
daher im Guten beharren und noch immer zu-
nehmen können. Dannenhero ein ieder billig
am allermeisten auf die Stärckung seines Glau-
bens sehen und gehen solle, da hingegen mit der
Schwächung des Glaubens auch alle übrige
Christenthums-Pflichten geschwächet werden.

V. 16.

Und das Evangelium auch predigen
denen, die jenseit euch wohnen, und uns
nicht rühmen in dem, das mit fremder Re-
gel bereitet ist.
(Wir wollen uns die Arbeit an-
derer nicht zueignen, wie wir fälschlich beschuldi-
get werden.)

V. 17.

Wer sich aber rühmet, der rühme sich
des HERRN
(enKurio, in dem HERRN.

Anmerckungen.
1. Der HERR ist alhier der Sohn GOt-
tes, der im N. Testament das Wort HERR
mit grossem Nachdruck wol über 500 mal füh-
ret, gleichwie er in den Büchern des alten Te-
staments heißt IEHOVAH, zu einem so vielfa-
chen Zeugniß seiner wahren und ewigen GOtt-
heit.
2. Der Apostel siehet sonderlich auf den
Ort Jer. 9, 23. 24. alwo Iehovah, der Messias
spricht: Ein Weiser rühme sich nicht seiner
Weisheit: ein Starcker rühme sich nicht
seiner Stärcke; ein Reicher rühme sich nicht
seines Reichthums: sondern wer sich rüh-
men will, der rühme sich deß, daß er mich
wisse und kenne, daß ich der HERR bin,
der Barmhertzigkeit, Recht und Gerech-

tigkeit
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 13-17.
[Spaltenumbruch] digen ein beſonderer Beyfall mit einiger Erhe-
bung gegeben wird.
4. Niemals aber iſt die Eigen-Liebe wie
den Eigen-Liebigen ſelbſt verdeckter, alſo auch
ihnen ſelbſt ſchaͤndlicher und andern ſchaͤdlicher,
als wenn ſie die Masque geiſtlicher Dinge und
Handlungen ſich anleget.
V. 13.

Wir aber ruͤhmen uns nicht uͤber das
Ziel, ſondern nur nach dem Ziel der Re-
gel, damit uns GOTT abgemeſſen hat
das Ziel, zu gelangen auch bis an euch.

Anmerckungen.
1. Sich uͤber das Ziel, oder Maß ruͤh-
men,
iſt alhier ſich mehr zuſchreiben, ſonderlich
an Arbeit in gepflantzten Gemeinen, als einem
zukoͤmmt. Da nun die Feinde Pauli ſeine Ar-
beit mit neidiſchen Augen anſahen, und ſehr ver-
kleinerlich davon redeten, ihn auch beſchuldigten,
als ſchriebe er ſich, oder man ihm, ein mehrers
zu, als ſich in der That befinde; ſo ſpricht er,
er ruͤhme ſich nicht uͤber das Ziel.
2. Das Wort Regel heißt alhier ſo viel
als eine Maß-Schnur, dadurch etwas abge-
meſſen und in gewiſſe Theile abgetheilet wird.
Einem das Ziel abmeſſen iſt einem die An-
weiſung geben, wie weit er gehen und kommen
ſoll.
3. Nun hatte GOTT einem ieden Apoſtel,
und alſo auch Paulo nicht allein ein gewiſſes
Maß der Gnade und Gaben zugemeſſen, ſondern
es auch nach ſeiner heiligen Providentz gleichſam
abgemeſſen, wie weit ſie in dem Laufe des Apo-
ſtoliſchen Amts kommen ſolten. Da nun auch
Griechen-Land in dieſem Ziele oder Lauf mit ein-
geſchloſſen war, und dieſes der Erfolg ſelbſt bis-
her gnugſam erwieſen hatte; ſo ſpricht er, er
ruͤhme, das iſt, rede mit Freudigkeit, nur nach
dem Ziel der Regel, welches GOTT alſo ab-
gemeſſen hatte, daß er auch bis an Corinthen
bisher gekommen war: da er doch aber hernach
noch viel weiter gekommen iſt, nemlich nach
Rom, wo nicht gar nach Hiſpanien, wie er hof-
fete. Rom. 15, 24.
4. GOTT hat, wie Paulo auf eine auſſer-
ordentliche, alſo auch einem ieden getreuen Leh-
rer auf eine ordentliche Art, zugemeſſen, wie
weit der Lauf ſeines Amts, und darinnen das
Ziel ſeiner Arbeit gehen ſoll. Darum muß ein
ieder dahin ſehen, daß er ſeinen Lauf recht vollen-
de, und nichts von dem Maſſe der ihm zugemeſ-
ſenen Arbeit zuruͤck laſſe; zumal da man nicht
weiß, wie bald man von ſeinem Poſten moͤchte
abgerufen werden. Es gehoͤret gewiß viel dazu,
wenn man mit Paulo in der Freudigkeit des
Glaubens dermaleins ſagen will: Jch habe ei-
nen guten Kampf gekaͤmpfet, ich habe den
Lauf vollendet, ich habe Glauben gehal-
ten
ꝛc. 2 Tim. 4, 7.
V. 14.

Denn wir fahren nicht zu weit, als
haͤtten wir nicht gelanget, bis an euch:

(Gr. ſtrecken uns nicht zu weit aus, nemlich daß
[Spaltenumbruch] wir uns zuſchrieben, bis an euch gekommen zu
ſeyn mit dem Evangelio, und waͤren doch nicht
ſo weit gelanget; wie man mit Verunglimpfung
vorgiebt:) denn wir ſind ja bis auch zu euch
kommen mit dem Evangelio CHriſti,
(alſo,
daß ihr durch unſern Dienſt zu CHriſto gebracht
ſeyd. Siehe auch Rom. 15, 19. 20.)

V. 15.

Und ruͤhmen uns nicht uͤbers Ziel in
fremder
(von andern Apoſteln in Pflantzung der
Kirchen verrichteten) Arbeit: und haben Hoff-
nung, wenn nun euer Glaube
(mit allem
uͤbrigen rechtſchafnen Weſen) gewachſen, daß
wir unſerer Regel nach
(nach der Schnur,
darnach uns GOTT noch mehrere Laͤnder und
Oerter wird zugemeſſen haben,) wollen weiter
kommen.

Anmerckung.

Daß der Glaube das Haupt-Werck im
Chriſtenthum ſey, ſiehet man auch hieraus, da
Paulus den gantzen Fortgang deſſelben mit der
Beharrung im Wachsthum des Glaubens ſetzet.
Denn der Glaube iſt das rechte geiſtliche Band
unſerer Seelen mit GOTT: er iſt das Mittel,
wodurch wir, als die Reben, am Wein-Stocke,
CHriſto, bleiben, in ihm und aus ihm allen geiſt-
lichen Nahrungs-Saft und Kraft ziehen, und
daher im Guten beharren und noch immer zu-
nehmen koͤnnen. Dannenhero ein ieder billig
am allermeiſten auf die Staͤrckung ſeines Glau-
bens ſehen und gehen ſolle, da hingegen mit der
Schwaͤchung des Glaubens auch alle uͤbrige
Chriſtenthums-Pflichten geſchwaͤchet werden.

V. 16.

Und das Evangelium auch predigen
denen, die jenſeit euch wohnen, und uns
nicht ruͤhmen in dem, das mit fremder Re-
gel bereitet iſt.
(Wir wollen uns die Arbeit an-
derer nicht zueignen, wie wir faͤlſchlich beſchuldi-
get werden.)

V. 17.

Wer ſich aber ruͤhmet, der ruͤhme ſich
des HERRN
(ἐνΚυρίῳ, in dem HERRN.

Anmerckungen.
1. Der HERR iſt alhier der Sohn GOt-
tes, der im N. Teſtament das Wort HERR
mit groſſem Nachdruck wol uͤber 500 mal fuͤh-
ret, gleichwie er in den Buͤchern des alten Te-
ſtaments heißt IEHOVAH, zu einem ſo vielfa-
chen Zeugniß ſeiner wahren und ewigen GOtt-
heit.
2. Der Apoſtel ſiehet ſonderlich auf den
Ort Jer. 9, 23. 24. alwo Iehovah, der Meſſias
ſpricht: Ein Weiſer ruͤhme ſich nicht ſeiner
Weisheit: ein Starcker ruͤhme ſich nicht
ſeiner Staͤrcke; ein Reicher ruͤhme ſich nicht
ſeines Reichthums: ſondern wer ſich ruͤh-
men will, der ruͤhme ſich deß, daß er mich
wiſſe und kenne, daß ich der HERR bin,
der Barmhertzigkeit, Recht und Gerech-

tigkeit
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <list>
                <item><pb facs="#f0466" n="438"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erkla&#x0364;rung des andern Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 10, v. 13-17.</hi></hi></fw><lb/><cb/>
digen ein be&#x017F;onderer Beyfall mit einiger Erhe-<lb/>
bung gegeben wird.</item><lb/>
                <item>4. Niemals aber i&#x017F;t die Eigen-Liebe wie<lb/>
den Eigen-Liebigen &#x017F;elb&#x017F;t verdeckter, al&#x017F;o auch<lb/>
ihnen &#x017F;elb&#x017F;t &#x017F;cha&#x0364;ndlicher und andern &#x017F;cha&#x0364;dlicher,<lb/>
als wenn &#x017F;ie die <hi rendition="#aq">Masque</hi> gei&#x017F;tlicher Dinge und<lb/>
Handlungen &#x017F;ich anleget.</item>
              </list>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 13.</hi> </head><lb/>
            <p> <hi rendition="#fr">Wir aber ru&#x0364;hmen uns nicht u&#x0364;ber das<lb/>
Ziel, &#x017F;ondern nur nach dem Ziel der Re-<lb/>
gel, damit uns GOTT abgeme&#x017F;&#x017F;en hat<lb/>
das Ziel, zu gelangen auch bis an euch.</hi> </p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. Sich u&#x0364;ber <hi rendition="#fr">das Ziel,</hi> oder <hi rendition="#fr">Maß ru&#x0364;h-<lb/>
men,</hi> i&#x017F;t alhier &#x017F;ich mehr zu&#x017F;chreiben, &#x017F;onderlich<lb/>
an Arbeit in gepflantzten Gemeinen, als einem<lb/>
zuko&#x0364;mmt. Da nun die Feinde Pauli &#x017F;eine Ar-<lb/>
beit mit neidi&#x017F;chen Augen an&#x017F;ahen, und &#x017F;ehr ver-<lb/>
kleinerlich davon redeten, ihn auch be&#x017F;chuldigten,<lb/>
als &#x017F;chriebe er &#x017F;ich, oder man ihm, ein mehrers<lb/>
zu, als &#x017F;ich in der That befinde; &#x017F;o &#x017F;pricht er,<lb/><hi rendition="#fr">er ru&#x0364;hme &#x017F;ich nicht u&#x0364;ber das Ziel.</hi></item><lb/>
                <item>2. Das Wort <hi rendition="#fr">Regel</hi> heißt alhier &#x017F;o viel<lb/>
als eine <hi rendition="#fr">Maß-Schnur,</hi> dadurch etwas abge-<lb/>
me&#x017F;&#x017F;en und in gewi&#x017F;&#x017F;e Theile abgetheilet wird.<lb/>
Einem das <hi rendition="#fr">Ziel abme&#x017F;&#x017F;en</hi> i&#x017F;t einem die An-<lb/>
wei&#x017F;ung geben, wie weit er gehen und kommen<lb/>
&#x017F;oll.</item><lb/>
                <item>3. Nun hatte GOTT einem ieden Apo&#x017F;tel,<lb/>
und al&#x017F;o auch Paulo nicht allein ein gewi&#x017F;&#x017F;es<lb/>
Maß der Gnade und Gaben zugeme&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ondern<lb/>
es auch nach &#x017F;einer heiligen <hi rendition="#aq">Providen</hi>tz gleich&#x017F;am<lb/>
abgeme&#x017F;&#x017F;en, wie weit &#x017F;ie in dem Laufe des Apo-<lb/>
&#x017F;toli&#x017F;chen Amts kommen &#x017F;olten. Da nun auch<lb/>
Griechen-Land in die&#x017F;em Ziele oder Lauf mit ein-<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en war, und die&#x017F;es der Erfolg &#x017F;elb&#x017F;t bis-<lb/>
her gnug&#x017F;am erwie&#x017F;en hatte; &#x017F;o &#x017F;pricht er, er<lb/>
ru&#x0364;hme, das i&#x017F;t, rede mit Freudigkeit, nur nach<lb/>
dem Ziel der Regel, welches GOTT al&#x017F;o ab-<lb/>
geme&#x017F;&#x017F;en hatte, daß er auch bis an Corinthen<lb/>
bisher gekommen war: da er doch aber hernach<lb/>
noch viel weiter gekommen i&#x017F;t, nemlich nach<lb/>
Rom, wo nicht gar nach Hi&#x017F;panien, wie er hof-<lb/>
fete. Rom. 15, 24.</item><lb/>
                <item>4. GOTT hat, wie Paulo auf eine au&#x017F;&#x017F;er-<lb/>
ordentliche, al&#x017F;o auch einem ieden getreuen Leh-<lb/>
rer auf eine ordentliche Art, zugeme&#x017F;&#x017F;en, wie<lb/>
weit der Lauf &#x017F;eines Amts, und darinnen das<lb/>
Ziel &#x017F;einer Arbeit gehen &#x017F;oll. Darum muß ein<lb/>
ieder dahin &#x017F;ehen, daß er &#x017F;einen Lauf recht vollen-<lb/>
de, und nichts von dem Ma&#x017F;&#x017F;e der ihm zugeme&#x017F;-<lb/>
&#x017F;enen Arbeit zuru&#x0364;ck la&#x017F;&#x017F;e; zumal da man nicht<lb/>
weiß, wie bald man von &#x017F;einem Po&#x017F;ten mo&#x0364;chte<lb/>
abgerufen werden. Es geho&#x0364;ret gewiß viel dazu,<lb/>
wenn man mit Paulo in der Freudigkeit des<lb/>
Glaubens dermaleins &#x017F;agen will: <hi rendition="#fr">Jch habe ei-<lb/>
nen guten Kampf geka&#x0364;mpfet, ich habe den<lb/>
Lauf vollendet, ich habe Glauben gehal-<lb/>
ten</hi> &#xA75B;c. 2 Tim. 4, 7.</item>
              </list>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 14.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Denn wir fahren nicht zu weit, als<lb/>
ha&#x0364;tten wir nicht gelanget, bis an euch:</hi><lb/>
(<hi rendition="#aq">Gr.</hi> &#x017F;trecken uns nicht zu weit aus, nemlich daß<lb/><cb/>
wir uns zu&#x017F;chrieben, bis an euch gekommen zu<lb/>
&#x017F;eyn mit dem Evangelio, und wa&#x0364;ren doch nicht<lb/>
&#x017F;o weit gelanget; wie man mit Verunglimpfung<lb/>
vorgiebt:) <hi rendition="#fr">denn wir &#x017F;ind ja bis auch zu euch<lb/>
kommen mit dem Evangelio CHri&#x017F;ti,</hi> (al&#x017F;o,<lb/>
daß ihr durch un&#x017F;ern Dien&#x017F;t zu CHri&#x017F;to gebracht<lb/>
&#x017F;eyd. Siehe auch Rom. 15, 19. 20.)</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 15.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Und ru&#x0364;hmen uns nicht u&#x0364;bers Ziel in<lb/>
fremder</hi> (von andern Apo&#x017F;teln in Pflantzung der<lb/>
Kirchen verrichteten) <hi rendition="#fr">Arbeit: und haben Hoff-<lb/>
nung, wenn nun euer Glaube</hi> (mit allem<lb/>
u&#x0364;brigen recht&#x017F;chafnen We&#x017F;en) <hi rendition="#fr">gewach&#x017F;en, daß<lb/>
wir un&#x017F;erer Regel nach</hi> (nach der Schnur,<lb/>
darnach uns GOTT noch mehrere La&#x0364;nder und<lb/>
Oerter wird zugeme&#x017F;&#x017F;en haben,) <hi rendition="#fr">wollen weiter<lb/>
kommen.</hi></p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckung.</hi> </head><lb/>
              <p>Daß der Glaube das Haupt-Werck im<lb/>
Chri&#x017F;tenthum &#x017F;ey, &#x017F;iehet man auch hieraus, da<lb/>
Paulus den gantzen Fortgang de&#x017F;&#x017F;elben mit der<lb/>
Beharrung im Wachsthum des Glaubens &#x017F;etzet.<lb/>
Denn der Glaube i&#x017F;t das rechte gei&#x017F;tliche Band<lb/>
un&#x017F;erer Seelen mit GOTT: er i&#x017F;t das Mittel,<lb/>
wodurch wir, als die Reben, am Wein-Stocke,<lb/>
CHri&#x017F;to, bleiben, in ihm und aus ihm allen gei&#x017F;t-<lb/>
lichen Nahrungs-Saft und Kraft ziehen, und<lb/>
daher im Guten beharren und noch immer zu-<lb/>
nehmen ko&#x0364;nnen. Dannenhero ein ieder billig<lb/>
am allermei&#x017F;ten auf die Sta&#x0364;rckung &#x017F;eines Glau-<lb/>
bens &#x017F;ehen und gehen &#x017F;olle, da hingegen mit der<lb/>
Schwa&#x0364;chung des Glaubens auch alle u&#x0364;brige<lb/>
Chri&#x017F;tenthums-Pflichten ge&#x017F;chwa&#x0364;chet werden.</p>
            </div>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 16.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Und das Evangelium auch predigen<lb/>
denen, die jen&#x017F;eit euch wohnen, und uns<lb/>
nicht ru&#x0364;hmen in dem, das mit fremder Re-<lb/>
gel bereitet i&#x017F;t.</hi> (Wir wollen uns die Arbeit an-<lb/>
derer nicht zueignen, wie wir fa&#x0364;l&#x017F;chlich be&#x017F;chuldi-<lb/>
get werden.)</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">V. 17.</hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Wer &#x017F;ich aber ru&#x0364;hmet, der ru&#x0364;hme &#x017F;ich<lb/>
des HERRN</hi> (&#x1F10;&#x03BD;&#x039A;&#x03C5;&#x03C1;&#x03AF;&#x1FF3;, in dem HERRN.</p><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/>
              <list>
                <item>1. Der HERR i&#x017F;t alhier der Sohn GOt-<lb/>
tes, der im N. Te&#x017F;tament das Wort HERR<lb/>
mit gro&#x017F;&#x017F;em Nachdruck wol u&#x0364;ber 500 mal fu&#x0364;h-<lb/>
ret, gleichwie er in den Bu&#x0364;chern des alten Te-<lb/>
&#x017F;taments heißt <hi rendition="#aq">IEHOVAH,</hi> zu einem &#x017F;o vielfa-<lb/>
chen Zeugniß &#x017F;einer wahren und ewigen GOtt-<lb/>
heit.</item><lb/>
                <item>2. Der Apo&#x017F;tel &#x017F;iehet &#x017F;onderlich auf den<lb/>
Ort Jer. 9, 23. 24. alwo <hi rendition="#aq">Iehovah,</hi> der <hi rendition="#aq">Me&#x017F;&#x017F;ias</hi><lb/>
&#x017F;pricht: <hi rendition="#fr">Ein Wei&#x017F;er ru&#x0364;hme &#x017F;ich nicht &#x017F;einer<lb/>
Weisheit: ein Starcker ru&#x0364;hme &#x017F;ich nicht<lb/>
&#x017F;einer Sta&#x0364;rcke; ein Reicher ru&#x0364;hme &#x017F;ich nicht<lb/>
&#x017F;eines Reichthums: &#x017F;ondern wer &#x017F;ich ru&#x0364;h-<lb/>
men will, der ru&#x0364;hme &#x017F;ich deß, daß er mich<lb/>
wi&#x017F;&#x017F;e und kenne, daß ich der HERR bin,<lb/>
der Barmhertzigkeit, Recht und Gerech-</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">tigkeit</hi></fw><lb/></item>
              </list>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[438/0466] Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 10, v. 13-17. digen ein beſonderer Beyfall mit einiger Erhe- bung gegeben wird. 4. Niemals aber iſt die Eigen-Liebe wie den Eigen-Liebigen ſelbſt verdeckter, alſo auch ihnen ſelbſt ſchaͤndlicher und andern ſchaͤdlicher, als wenn ſie die Masque geiſtlicher Dinge und Handlungen ſich anleget. V. 13. Wir aber ruͤhmen uns nicht uͤber das Ziel, ſondern nur nach dem Ziel der Re- gel, damit uns GOTT abgemeſſen hat das Ziel, zu gelangen auch bis an euch. Anmerckungen. 1. Sich uͤber das Ziel, oder Maß ruͤh- men, iſt alhier ſich mehr zuſchreiben, ſonderlich an Arbeit in gepflantzten Gemeinen, als einem zukoͤmmt. Da nun die Feinde Pauli ſeine Ar- beit mit neidiſchen Augen anſahen, und ſehr ver- kleinerlich davon redeten, ihn auch beſchuldigten, als ſchriebe er ſich, oder man ihm, ein mehrers zu, als ſich in der That befinde; ſo ſpricht er, er ruͤhme ſich nicht uͤber das Ziel. 2. Das Wort Regel heißt alhier ſo viel als eine Maß-Schnur, dadurch etwas abge- meſſen und in gewiſſe Theile abgetheilet wird. Einem das Ziel abmeſſen iſt einem die An- weiſung geben, wie weit er gehen und kommen ſoll. 3. Nun hatte GOTT einem ieden Apoſtel, und alſo auch Paulo nicht allein ein gewiſſes Maß der Gnade und Gaben zugemeſſen, ſondern es auch nach ſeiner heiligen Providentz gleichſam abgemeſſen, wie weit ſie in dem Laufe des Apo- ſtoliſchen Amts kommen ſolten. Da nun auch Griechen-Land in dieſem Ziele oder Lauf mit ein- geſchloſſen war, und dieſes der Erfolg ſelbſt bis- her gnugſam erwieſen hatte; ſo ſpricht er, er ruͤhme, das iſt, rede mit Freudigkeit, nur nach dem Ziel der Regel, welches GOTT alſo ab- gemeſſen hatte, daß er auch bis an Corinthen bisher gekommen war: da er doch aber hernach noch viel weiter gekommen iſt, nemlich nach Rom, wo nicht gar nach Hiſpanien, wie er hof- fete. Rom. 15, 24. 4. GOTT hat, wie Paulo auf eine auſſer- ordentliche, alſo auch einem ieden getreuen Leh- rer auf eine ordentliche Art, zugemeſſen, wie weit der Lauf ſeines Amts, und darinnen das Ziel ſeiner Arbeit gehen ſoll. Darum muß ein ieder dahin ſehen, daß er ſeinen Lauf recht vollen- de, und nichts von dem Maſſe der ihm zugemeſ- ſenen Arbeit zuruͤck laſſe; zumal da man nicht weiß, wie bald man von ſeinem Poſten moͤchte abgerufen werden. Es gehoͤret gewiß viel dazu, wenn man mit Paulo in der Freudigkeit des Glaubens dermaleins ſagen will: Jch habe ei- nen guten Kampf gekaͤmpfet, ich habe den Lauf vollendet, ich habe Glauben gehal- ten ꝛc. 2 Tim. 4, 7. V. 14. Denn wir fahren nicht zu weit, als haͤtten wir nicht gelanget, bis an euch: (Gr. ſtrecken uns nicht zu weit aus, nemlich daß wir uns zuſchrieben, bis an euch gekommen zu ſeyn mit dem Evangelio, und waͤren doch nicht ſo weit gelanget; wie man mit Verunglimpfung vorgiebt:) denn wir ſind ja bis auch zu euch kommen mit dem Evangelio CHriſti, (alſo, daß ihr durch unſern Dienſt zu CHriſto gebracht ſeyd. Siehe auch Rom. 15, 19. 20.) V. 15. Und ruͤhmen uns nicht uͤbers Ziel in fremder (von andern Apoſteln in Pflantzung der Kirchen verrichteten) Arbeit: und haben Hoff- nung, wenn nun euer Glaube (mit allem uͤbrigen rechtſchafnen Weſen) gewachſen, daß wir unſerer Regel nach (nach der Schnur, darnach uns GOTT noch mehrere Laͤnder und Oerter wird zugemeſſen haben,) wollen weiter kommen. Anmerckung. Daß der Glaube das Haupt-Werck im Chriſtenthum ſey, ſiehet man auch hieraus, da Paulus den gantzen Fortgang deſſelben mit der Beharrung im Wachsthum des Glaubens ſetzet. Denn der Glaube iſt das rechte geiſtliche Band unſerer Seelen mit GOTT: er iſt das Mittel, wodurch wir, als die Reben, am Wein-Stocke, CHriſto, bleiben, in ihm und aus ihm allen geiſt- lichen Nahrungs-Saft und Kraft ziehen, und daher im Guten beharren und noch immer zu- nehmen koͤnnen. Dannenhero ein ieder billig am allermeiſten auf die Staͤrckung ſeines Glau- bens ſehen und gehen ſolle, da hingegen mit der Schwaͤchung des Glaubens auch alle uͤbrige Chriſtenthums-Pflichten geſchwaͤchet werden. V. 16. Und das Evangelium auch predigen denen, die jenſeit euch wohnen, und uns nicht ruͤhmen in dem, das mit fremder Re- gel bereitet iſt. (Wir wollen uns die Arbeit an- derer nicht zueignen, wie wir faͤlſchlich beſchuldi- get werden.) V. 17. Wer ſich aber ruͤhmet, der ruͤhme ſich des HERRN (ἐνΚυρίῳ, in dem HERRN. Anmerckungen. 1. Der HERR iſt alhier der Sohn GOt- tes, der im N. Teſtament das Wort HERR mit groſſem Nachdruck wol uͤber 500 mal fuͤh- ret, gleichwie er in den Buͤchern des alten Te- ſtaments heißt IEHOVAH, zu einem ſo vielfa- chen Zeugniß ſeiner wahren und ewigen GOtt- heit. 2. Der Apoſtel ſiehet ſonderlich auf den Ort Jer. 9, 23. 24. alwo Iehovah, der Meſſias ſpricht: Ein Weiſer ruͤhme ſich nicht ſeiner Weisheit: ein Starcker ruͤhme ſich nicht ſeiner Staͤrcke; ein Reicher ruͤhme ſich nicht ſeines Reichthums: ſondern wer ſich ruͤh- men will, der ruͤhme ſich deß, daß er mich wiſſe und kenne, daß ich der HERR bin, der Barmhertzigkeit, Recht und Gerech- tigkeit

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/466
Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 438. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/466>, abgerufen am 16.07.2024.