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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des andern Briefs Pauli Cap. 11, v. 26. 27.
[Spaltenumbruch] den, haben wir zuvor bey v. 22. gesehen. Ein
gleiches müssen gemeiniglich noch heute zu Tage
alle rechtschafne Knechte GOttes erfahren, daß
sie nemlich vielen, ja wol den grössesten, Druck von
ihren eignen Landes-Leuten, und äusserlichen
Confessions-Verwandten ausstehen.
5. Daß aber die Heiden Paulo aufsätzig
wurden, war kein Wunder. Denn gleichwie
er die Juden von ihrem Tempel suchte auf Chri-
stum und zur Gemeinschaft seines geistlichen
Reichs zu führen; also stellete er den Heiden die
Nichtigkeit und Gottlosigkeit ihres Götzen-We-
sens, auch ihrer salschen Philosophie und einge-
bildeten Weisheit also vor, daß er ihnen bey der
Anführung zu dem lebendigen GOTT ihre fal-
sche Stützen wegnahme. Daher es denn an
Haß und Verfolgung nicht fehlen konte, sonder-
lich durch Anstiftung der Götzen-Popen, theils
auch der schwülstigen Philosophorum: wie man
an deme siehet, was ihm zu Athen, Corinthus
und Ephesus, begegnet. Apost. Gesch. 17. 18.
19.
6. Durch das Wort polei, Stadt, ver-
stehet der Apostel alhier wol nicht Jerusalem,
welches sonst wol schlechthin also benennet zu
werden pflegte; sondern überhaupt alle, und
sonderlich die zuvor benannte. Städte, und
andere dergleichen mehr, deren weder in der
Apostel-Geschicht noch sonst gedacht wird: ob
er wol das Wort Stadt nur in der einzeln Zahl
gesetzet hat, wie auch die beyden folgende Worte;
sintemal er die Städte den Wüsten entgegen
setzet.
7. Daß er aber auch in den Wüsteneyen,
wenn er da durchreisen müssen, sonderlich Ara-
biens, in Gefahr gerathen, ist so viel weniger zu
verwundern, so viel mehr man darinnen ausser
den Strassen-Räubern auch dem Anfall der wil-
den Thiere unterworfen war. Da denn leicht-
lich zu erachten, wie Paulus bey so mancher Ge-
legenheit so manche Ubung, wie auch bey der ge-
schehenen wunderbaren Errettung, auch so man-
che Stärckung seines Glaubens zu vielem Lobe
GOttes gehabt habe.
8. Da der Apostel die Gefährlichkeiten
auf dem Meere
von dem v. 25. bemeldeten
dreyfachen Schiffbruche unterscheidet, so ver-
stehet er dadurch ohne Zweifel solche Lebens-Ge-
fahr, die bey starcken Ungewittern und Stürmen,
zum Theil auch wol von Anfällen der See-Räu-
ber, vor Augen gestanden; da es aber zu keinem
würcklichen Schiffbruche gekommen ist. Wie
denn unser Heiland sich noch oft als den rechten
Ober-Herrn des Meers erweiset, dem Wind
und Meer gehorsam ist.
9. Die Noth und Gefahr unter und von
falschen Brüdern, ist gewißlich so viel weniger
eine von den geringsten gewesen, so viel mehr der
von ihnen erregte Widerstand mit ihrem gantzen
Verfahren auf das rechte Werck Pauli ging,
nemlich auf die Christliche Religion. Es waren
aber die falschen Brüder von zweyerley Gat-
tung: theils solche, welche sich noch niemals
rechtschaffen zu GOTT bekehret hatten, daher
auch dem Christenthum der Bekäntniß nach nicht
völlig zugethan waren, sondern es entweder mit
[Spaltenumbruch] dem Judenthum oder mit dem Heidenthum ver-
mischeten, sonderlich mit jenem. Und diß wa-
ren eben die falschen Apostel, darüber sich Pau-
lus vorhin beschweret, und derer er in den meisten
Briefen gedencket. Siehe insonderheit Gal. 2,
4. Hernach gab es auch solche falsche Brüder,
bey welchen das Saltz tumm worden; und wel-
che, wie Demas, Paulum und auch das Evan-
gelium, was dessen lautere Bekäntniß betrift, ver-
lassen, und die Welt lieb gewonnen hatten: wel-
che sich wieder einflechten liessen in allerhand
Gleichstellungen der Welt, also, daß sie davon
überwunden und das letztere mit ihnen ärger
worden, denn das erstere. 2 Tim. 4, 10. 2 Pet.
1, 19. 20.
10. Es gehet noch allewege also, daß getreue
Knechte und Kinder GOttes die meiste, oder doch
viele Noth von falschen Brüdern haben: da sie
mit ihren offenbaren Feinden colludiren, und
doch das Ansehen haben wollen, als hielten sie es
mit den wahren Brüdern, unterdessen aber durch
ihr Verhalten ihnen den gehäßigsten und schein-
baresten Vorwurf machen. Darum sich Knech-
te GOttes auch mit Pauli Exempel trösten; sol-
cher Aufrichtung auch so viel mehr bedürfen, so
viel näher es ihnen gehet, von denen, von welchen
man Beystand haben solte, sich nicht allein ver-
lassen, sondern auch gedrucket sehen; und das
unter dem Schein des Rechten, welchen solche
unlautere Geister, deren Sinn die Welt- und
Eigen-Liebe von der auf CHristum zu richtenden
Einfalt verrücket hat, durch mancherley Blend-
werck in die Augen geben: aber zu ihrem desto
schwereren Gerichte.
V. 27.

Jn Mühe und Arbeit, in viel Wachen,
in Hunger und Durst, in viel Fasten, in
Frost und Blösse.

Anmerckungen.
1. Durch die beyden Worte Mühe und
Arbeit, zeiget der Apostel die Vielheit und Grös-
se, oder Beschwerlichkeit, seiner Arbeit an; der
Verrichtungen, die er mit Lehren, theils auch
mit Hand-Arbeit 1 Thess. 2, 9. und mit Anord-
nung und Unterhaltung der äusserlichen Kirchen-
Zucht, mit Abthuung der Aergernissen, und mit
Zurechtbringung der Verirreten zu übernehmen
hatte. Was hatte er nicht, als ein Gärtner, bey
Anlegung eines fruchtbaren Gartens in der Wü-
sten, und als ein Ackers-Mann zur Bebauung ei-
nes vorher unfruchtbar gelegenen Feldes zu thun?
Und ob auch gleich ein grosser Unterscheid ist zwi-
schen einer schon gepflantzten und noch erst zu
pflantzenden Kirche; so fehlet es doch auch in je-
ner an grosser Arbeit nimmermehr; zumal wenn
die gepflantzten den ungepflantzten an grober Un-
wissenheit, Unordnung und Bosheit fast gleich
worden sind. Wie denn heute zu Tage mancher
treuer Knecht GOttes, wenn er zu einer Gemei-
ne berufen wird, die einen Mietling, oder auch
offenbaren Bauch-Diener zum Hirten gehabt
hat, fast ein rechtes Heidenthum vor sich findet,
daß er darüber erschrickt, und ausser der schon ge-
schehenen Taufe und der öffentlichen Bekäntniß
zum
Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 11, v. 26. 27.
[Spaltenumbruch] den, haben wir zuvor bey v. 22. geſehen. Ein
gleiches muͤſſen gemeiniglich noch heute zu Tage
alle rechtſchafne Knechte GOttes erfahren, daß
ſie nemlich vielen, ja wol den groͤſſeſten, Druck von
ihren eignen Landes-Leuten, und aͤuſſerlichen
Confesſions-Verwandten ausſtehen.
5. Daß aber die Heiden Paulo aufſaͤtzig
wurden, war kein Wunder. Denn gleichwie
er die Juden von ihrem Tempel ſuchte auf Chri-
ſtum und zur Gemeinſchaft ſeines geiſtlichen
Reichs zu fuͤhren; alſo ſtellete er den Heiden die
Nichtigkeit und Gottloſigkeit ihres Goͤtzen-We-
ſens, auch ihrer ſalſchen Philoſophie und einge-
bildeten Weisheit alſo vor, daß er ihnen bey der
Anfuͤhrung zu dem lebendigen GOTT ihre fal-
ſche Stuͤtzen wegnahme. Daher es denn an
Haß und Verfolgung nicht fehlen konte, ſonder-
lich durch Anſtiftung der Goͤtzen-Popen, theils
auch der ſchwuͤlſtigen Philoſophorum: wie man
an deme ſiehet, was ihm zu Athen, Corinthus
und Epheſus, begegnet. Apoſt. Geſch. 17. 18.
19.
6. Durch das Wort πόλει, Stadt, ver-
ſtehet der Apoſtel alhier wol nicht Jeruſalem,
welches ſonſt wol ſchlechthin alſo benennet zu
werden pflegte; ſondern uͤberhaupt alle, und
ſonderlich die zuvor benannte. Staͤdte, und
andere dergleichen mehr, deren weder in der
Apoſtel-Geſchicht noch ſonſt gedacht wird: ob
er wol das Wort Stadt nur in der einzeln Zahl
geſetzet hat, wie auch die beyden folgende Worte;
ſintemal er die Staͤdte den Wuͤſten entgegen
ſetzet.
7. Daß er aber auch in den Wuͤſteneyen,
wenn er da durchreiſen muͤſſen, ſonderlich Ara-
biens, in Gefahr gerathen, iſt ſo viel weniger zu
verwundern, ſo viel mehr man darinnen auſſer
den Straſſen-Raͤubern auch dem Anfall der wil-
den Thiere unterworfen war. Da denn leicht-
lich zu erachten, wie Paulus bey ſo mancher Ge-
legenheit ſo manche Ubung, wie auch bey der ge-
ſchehenen wunderbaren Errettung, auch ſo man-
che Staͤrckung ſeines Glaubens zu vielem Lobe
GOttes gehabt habe.
8. Da der Apoſtel die Gefaͤhrlichkeiten
auf dem Meere
von dem v. 25. bemeldeten
dreyfachen Schiffbruche unterſcheidet, ſo ver-
ſtehet er dadurch ohne Zweifel ſolche Lebens-Ge-
fahr, die bey ſtarcken Ungewittern und Stuͤrmen,
zum Theil auch wol von Anfaͤllen der See-Raͤu-
ber, vor Augen geſtanden; da es aber zu keinem
wuͤrcklichen Schiffbruche gekommen iſt. Wie
denn unſer Heiland ſich noch oft als den rechten
Ober-Herrn des Meers erweiſet, dem Wind
und Meer gehorſam iſt.
9. Die Noth und Gefahr unter und von
falſchen Bruͤdern, iſt gewißlich ſo viel weniger
eine von den geringſten geweſen, ſo viel mehr der
von ihnen erregte Widerſtand mit ihrem gantzen
Verfahren auf das rechte Werck Pauli ging,
nemlich auf die Chriſtliche Religion. Es waren
aber die falſchen Bruͤder von zweyerley Gat-
tung: theils ſolche, welche ſich noch niemals
rechtſchaffen zu GOTT bekehret hatten, daher
auch dem Chriſtenthum der Bekaͤntniß nach nicht
voͤllig zugethan waren, ſondern es entweder mit
[Spaltenumbruch] dem Judenthum oder mit dem Heidenthum ver-
miſcheten, ſonderlich mit jenem. Und diß wa-
ren eben die falſchen Apoſtel, daruͤber ſich Pau-
lus vorhin beſchweret, und derer er in den meiſten
Briefen gedencket. Siehe inſonderheit Gal. 2,
4. Hernach gab es auch ſolche falſche Bruͤder,
bey welchen das Saltz tumm worden; und wel-
che, wie Demas, Paulum und auch das Evan-
gelium, was deſſen lautere Bekaͤntniß betrift, ver-
laſſen, und die Welt lieb gewonnen hatten: wel-
che ſich wieder einflechten lieſſen in allerhand
Gleichſtellungen der Welt, alſo, daß ſie davon
uͤberwunden und das letztere mit ihnen aͤrger
worden, denn das erſtere. 2 Tim. 4, 10. 2 Pet.
1, 19. 20.
10. Es gehet noch allewege alſo, daß getreue
Knechte und Kinder GOttes die meiſte, oder doch
viele Noth von falſchen Bruͤdern haben: da ſie
mit ihren offenbaren Feinden colludiren, und
doch das Anſehen haben wollen, als hielten ſie es
mit den wahren Bruͤdern, unterdeſſen aber durch
ihr Verhalten ihnen den gehaͤßigſten und ſchein-
bareſten Vorwurf machen. Darum ſich Knech-
te GOttes auch mit Pauli Exempel troͤſten; ſol-
cher Aufrichtung auch ſo viel mehr beduͤrfen, ſo
viel naͤher es ihnen gehet, von denen, von welchen
man Beyſtand haben ſolte, ſich nicht allein ver-
laſſen, ſondern auch gedrucket ſehen; und das
unter dem Schein des Rechten, welchen ſolche
unlautere Geiſter, deren Sinn die Welt- und
Eigen-Liebe von der auf CHriſtum zu richtenden
Einfalt verruͤcket hat, durch mancherley Blend-
werck in die Augen geben: aber zu ihrem deſto
ſchwereren Gerichte.
V. 27.

Jn Muͤhe und Arbeit, in viel Wachen,
in Hunger und Durſt, in viel Faſten, in
Froſt und Bloͤſſe.

Anmerckungen.
1. Durch die beyden Worte Muͤhe und
Arbeit, zeiget der Apoſtel die Vielheit und Groͤſ-
ſe, oder Beſchwerlichkeit, ſeiner Arbeit an; der
Verrichtungen, die er mit Lehren, theils auch
mit Hand-Arbeit 1 Theſſ. 2, 9. und mit Anord-
nung und Unterhaltung der aͤuſſerlichen Kirchen-
Zucht, mit Abthuung der Aergerniſſen, und mit
Zurechtbringung der Verirreten zu uͤbernehmen
hatte. Was hatte er nicht, als ein Gaͤrtner, bey
Anlegung eines fruchtbaren Gartens in der Wuͤ-
ſten, und als ein Ackers-Mann zur Bebauung ei-
nes vorher unfruchtbar gelegenen Feldes zu thun?
Und ob auch gleich ein groſſer Unterſcheid iſt zwi-
ſchen einer ſchon gepflantzten und noch erſt zu
pflantzenden Kirche; ſo fehlet es doch auch in je-
ner an groſſer Arbeit nimmermehr; zumal wenn
die gepflantzten den ungepflantzten an grober Un-
wiſſenheit, Unordnung und Bosheit faſt gleich
worden ſind. Wie denn heute zu Tage mancher
treuer Knecht GOttes, wenn er zu einer Gemei-
ne berufen wird, die einen Mietling, oder auch
offenbaren Bauch-Diener zum Hirten gehabt
hat, faſt ein rechtes Heidenthum vor ſich findet,
daß er daruͤber erſchrickt, und auſſer der ſchon ge-
ſchehenen Taufe und der oͤffentlichen Bekaͤntniß
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[454/0482] Erklaͤrung des andern Briefs Pauli Cap. 11, v. 26. 27. den, haben wir zuvor bey v. 22. geſehen. Ein gleiches muͤſſen gemeiniglich noch heute zu Tage alle rechtſchafne Knechte GOttes erfahren, daß ſie nemlich vielen, ja wol den groͤſſeſten, Druck von ihren eignen Landes-Leuten, und aͤuſſerlichen Confesſions-Verwandten ausſtehen. 5. Daß aber die Heiden Paulo aufſaͤtzig wurden, war kein Wunder. Denn gleichwie er die Juden von ihrem Tempel ſuchte auf Chri- ſtum und zur Gemeinſchaft ſeines geiſtlichen Reichs zu fuͤhren; alſo ſtellete er den Heiden die Nichtigkeit und Gottloſigkeit ihres Goͤtzen-We- ſens, auch ihrer ſalſchen Philoſophie und einge- bildeten Weisheit alſo vor, daß er ihnen bey der Anfuͤhrung zu dem lebendigen GOTT ihre fal- ſche Stuͤtzen wegnahme. Daher es denn an Haß und Verfolgung nicht fehlen konte, ſonder- lich durch Anſtiftung der Goͤtzen-Popen, theils auch der ſchwuͤlſtigen Philoſophorum: wie man an deme ſiehet, was ihm zu Athen, Corinthus und Epheſus, begegnet. Apoſt. Geſch. 17. 18. 19. 6. Durch das Wort πόλει, Stadt, ver- ſtehet der Apoſtel alhier wol nicht Jeruſalem, welches ſonſt wol ſchlechthin alſo benennet zu werden pflegte; ſondern uͤberhaupt alle, und ſonderlich die zuvor benannte. Staͤdte, und andere dergleichen mehr, deren weder in der Apoſtel-Geſchicht noch ſonſt gedacht wird: ob er wol das Wort Stadt nur in der einzeln Zahl geſetzet hat, wie auch die beyden folgende Worte; ſintemal er die Staͤdte den Wuͤſten entgegen ſetzet. 7. Daß er aber auch in den Wuͤſteneyen, wenn er da durchreiſen muͤſſen, ſonderlich Ara- biens, in Gefahr gerathen, iſt ſo viel weniger zu verwundern, ſo viel mehr man darinnen auſſer den Straſſen-Raͤubern auch dem Anfall der wil- den Thiere unterworfen war. Da denn leicht- lich zu erachten, wie Paulus bey ſo mancher Ge- legenheit ſo manche Ubung, wie auch bey der ge- ſchehenen wunderbaren Errettung, auch ſo man- che Staͤrckung ſeines Glaubens zu vielem Lobe GOttes gehabt habe. 8. Da der Apoſtel die Gefaͤhrlichkeiten auf dem Meere von dem v. 25. bemeldeten dreyfachen Schiffbruche unterſcheidet, ſo ver- ſtehet er dadurch ohne Zweifel ſolche Lebens-Ge- fahr, die bey ſtarcken Ungewittern und Stuͤrmen, zum Theil auch wol von Anfaͤllen der See-Raͤu- ber, vor Augen geſtanden; da es aber zu keinem wuͤrcklichen Schiffbruche gekommen iſt. Wie denn unſer Heiland ſich noch oft als den rechten Ober-Herrn des Meers erweiſet, dem Wind und Meer gehorſam iſt. 9. Die Noth und Gefahr unter und von falſchen Bruͤdern, iſt gewißlich ſo viel weniger eine von den geringſten geweſen, ſo viel mehr der von ihnen erregte Widerſtand mit ihrem gantzen Verfahren auf das rechte Werck Pauli ging, nemlich auf die Chriſtliche Religion. Es waren aber die falſchen Bruͤder von zweyerley Gat- tung: theils ſolche, welche ſich noch niemals rechtſchaffen zu GOTT bekehret hatten, daher auch dem Chriſtenthum der Bekaͤntniß nach nicht voͤllig zugethan waren, ſondern es entweder mit dem Judenthum oder mit dem Heidenthum ver- miſcheten, ſonderlich mit jenem. Und diß wa- ren eben die falſchen Apoſtel, daruͤber ſich Pau- lus vorhin beſchweret, und derer er in den meiſten Briefen gedencket. Siehe inſonderheit Gal. 2, 4. Hernach gab es auch ſolche falſche Bruͤder, bey welchen das Saltz tumm worden; und wel- che, wie Demas, Paulum und auch das Evan- gelium, was deſſen lautere Bekaͤntniß betrift, ver- laſſen, und die Welt lieb gewonnen hatten: wel- che ſich wieder einflechten lieſſen in allerhand Gleichſtellungen der Welt, alſo, daß ſie davon uͤberwunden und das letztere mit ihnen aͤrger worden, denn das erſtere. 2 Tim. 4, 10. 2 Pet. 1, 19. 20. 10. Es gehet noch allewege alſo, daß getreue Knechte und Kinder GOttes die meiſte, oder doch viele Noth von falſchen Bruͤdern haben: da ſie mit ihren offenbaren Feinden colludiren, und doch das Anſehen haben wollen, als hielten ſie es mit den wahren Bruͤdern, unterdeſſen aber durch ihr Verhalten ihnen den gehaͤßigſten und ſchein- bareſten Vorwurf machen. Darum ſich Knech- te GOttes auch mit Pauli Exempel troͤſten; ſol- cher Aufrichtung auch ſo viel mehr beduͤrfen, ſo viel naͤher es ihnen gehet, von denen, von welchen man Beyſtand haben ſolte, ſich nicht allein ver- laſſen, ſondern auch gedrucket ſehen; und das unter dem Schein des Rechten, welchen ſolche unlautere Geiſter, deren Sinn die Welt- und Eigen-Liebe von der auf CHriſtum zu richtenden Einfalt verruͤcket hat, durch mancherley Blend- werck in die Augen geben: aber zu ihrem deſto ſchwereren Gerichte. V. 27. Jn Muͤhe und Arbeit, in viel Wachen, in Hunger und Durſt, in viel Faſten, in Froſt und Bloͤſſe. Anmerckungen. 1. Durch die beyden Worte Muͤhe und Arbeit, zeiget der Apoſtel die Vielheit und Groͤſ- ſe, oder Beſchwerlichkeit, ſeiner Arbeit an; der Verrichtungen, die er mit Lehren, theils auch mit Hand-Arbeit 1 Theſſ. 2, 9. und mit Anord- nung und Unterhaltung der aͤuſſerlichen Kirchen- Zucht, mit Abthuung der Aergerniſſen, und mit Zurechtbringung der Verirreten zu uͤbernehmen hatte. Was hatte er nicht, als ein Gaͤrtner, bey Anlegung eines fruchtbaren Gartens in der Wuͤ- ſten, und als ein Ackers-Mann zur Bebauung ei- nes vorher unfruchtbar gelegenen Feldes zu thun? Und ob auch gleich ein groſſer Unterſcheid iſt zwi- ſchen einer ſchon gepflantzten und noch erſt zu pflantzenden Kirche; ſo fehlet es doch auch in je- ner an groſſer Arbeit nimmermehr; zumal wenn die gepflantzten den ungepflantzten an grober Un- wiſſenheit, Unordnung und Bosheit faſt gleich worden ſind. Wie denn heute zu Tage mancher treuer Knecht GOttes, wenn er zu einer Gemei- ne berufen wird, die einen Mietling, oder auch offenbaren Bauch-Diener zum Hirten gehabt hat, faſt ein rechtes Heidenthum vor ſich findet, daß er daruͤber erſchrickt, und auſſer der ſchon ge- ſchehenen Taufe und der oͤffentlichen Bekaͤntniß zum

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 454. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/482>, abgerufen am 24.11.2024.