Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.
Erklärung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 10. 11. [Spaltenumbruch]
folgende Oerter wohl zu erwegen: 5 B. Mos.4, 2. Jhr sollt nichts dazu thun, das ich euch gebiete, und sollt auch nichts davon thun etc. c. 12, 32. Alles, was ich euch ge- biete, das sollt ihr halten, daß ihr darnach thut. Jhr sollt nichts dazu thun, noch davon thun. Siehe auch Prov. 30, 5. 6. Offenb. Joh. 22, 18. 19. Jch bezeuge allen, die da hören die Worte der Weissagung in diesem Buche: So iemand dazu setzet, so wird GOtt zusetzen auf ihn die Plagen, die in diesem Buche geschrieben stehen. Und so iemand davon thut u. s. w. V. 10. Predige ich denn ietzt (noch, wie ich Anmerckungen. 1. Gleichwie der Apostel v. 1. bezeuget hat, daß er seinen Beruf nicht von Menschen habe, sondern allein von GOtt: also bezeuget er in diesen Worten, daß er sein Evangelium weder von Menschen habe, oder darinnen auf Men- schen führe, noch auch in desselben Vortrage menschliche Absichten hege; wie er solches, da er noch ein blinder Pharisäer gewesen, wol ehemals gethan habe. 2. Die Redens-Art, peithein anthropous, persuadere homines, scilicet auditoribus, heißt die Zuhörer auf Menschen, oder auf menschliche Aussprüche und Autorität führen, und sie davon oder dazu zu überreden suchen: als welches ei- ne der Eigenschaften falscher Lehrer mit ist, daß sie die Seelen auf sich selbst, oder auf andere Menschen weisen; wenn sie auch schon vorgeben, daß alles auf GOtt gehe. 3. Peithein theon, persuadere Deum, scilicet auditoribus, heisset hingegen die Seelen allein auf GOtt führen, und sie also überzeugen, daß ihr Glaube allein auf GOtt und sein Evangelium sich gründe und beruhe. Welches das Kenn- zeichen ist rechtschafner Lehrer. 4. Menschen gefällig, und also GOtt nicht gefällig seyn, oder seyn wollen, heißt den Vortrag des Worts also einrichten, wie es Menschen oder GOtt gefällt; und also das Ev- angelium nach dem Sinne der Menschen un- lauter, oder nach dem Sinne GOttes lauter und rein verkündigen. 5. Es saget demnach Paulus nach dem Verstande dieser Redens-Arten so viel, als: Jch führe niemanden auf Menschen, oder menschliche Satzungen, sondern iederman allein auf GOtt und auf sein Wort, oder lauteres Evangelium: und dieses trage ich also vor, wie [Spaltenumbruch] es GOtt haben will, und es mein Gewissen nach dem Willen GOttes erfodert, ohne Absehen auf der Menschen Gunst und auf eigne Ehre und Vortheile, dadurch bey ihnen zu erlangen. 6. Daß aber der Apostel dieses Fragwei- se vorstellet, und spricht: Predige ich denn ietzo etc. suche ich Menschen gefällig zu seyn? das zeiget an, wie eines theils seinen grossen Ernst in dieser Sache: also auch zugleich andern theils der Sachen Gewißheit; als nach welcher er sich getrost auf das Gewissen der Galater be- ruffen konte. Zugleich aber bestrafet er damit die falschen Lehrer, bey welchen sich das Ge- gentheil befunde: wie er hernach deutlicher bezeuget, sonderlich c. 6, 12. da er spricht: Die sich wollen angenehm machen nach dem Fleisch, die zwingen euch zu beschnei- den etc. 7. Paulus suchte zwar in der Ordnung des guten Gewissens, um GOtt in Christo zu gefal- len, und seinem Amte ein Genügen zu thun, al- len allerley zu werden, und ihnen in so fern gefäl- lig zu seyn, als es der Eingang mit dem Evange- lio bey ihnen erfoderte; wie er solches 1 Cor. 9, 19. seqq. mit mehrern bezeuget. So hats einer auch darnach zu machen, daß er, wie zuvorderst GOtt, also auch allen rechtschaffnen Menschen gefällig sey Rom. 14, 8. Allein dieses ist von der unlautern Menschen-Gefälligkeit, wie die Nacht vom Tage unterschieden. Vielmehr heisset es von dieser Jac. 4, 4. Wisset ihr nicht, daß der Welt Freundschaft GOttes Feind- schaft ist? Wer der Welt Freund seyn will, der wird GOttes Feind seyn. Und gleichwie der Apostel diese Gefälligkeit flohe, und dagegen gerne allerley Leiden willig über sich nahm 1 Thess. 2, 4. also ist solches ein rechter Character aller rechtschafnen Lehrer: zumal, wenn das Exempel ihrer Lauterkeit dergestalt offenbar ist, daß auch die Feinde selbst, wie von Christo, also auch von ihnen, sagen müssen: Meister, wir wissen, daß du wahrhaftig bist, und lehrest den Weg GOttes recht, und du fragest nach niemand; denn du achtest nicht das Ansehen der Menschen. Denn ein Knecht Christi und ein solcher Men- schen-Knecht zu seyn, der der eiteln Menschen Gunst mehr zu seinem Zweck hat, als die Gnade GOttes, stimmet unmöglich zusammen. V. 11. Jch thue euch aber kund lieben Brü- V. 12.
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 10. 11. [Spaltenumbruch]
folgende Oerter wohl zu erwegen: 5 B. Moſ.4, 2. Jhr ſollt nichts dazu thun, das ich euch gebiete, und ſollt auch nichts davon thun ꝛc. c. 12, 32. Alles, was ich euch ge- biete, das ſollt ihr halten, daß ihr darnach thut. Jhr ſollt nichts dazu thun, noch davon thun. Siehe auch Prov. 30, 5. 6. Offenb. Joh. 22, 18. 19. Jch bezeuge allen, die da hoͤren die Worte der Weiſſagung in dieſem Buche: So iemand dazu ſetzet, ſo wird GOtt zuſetzen auf ihn die Plagen, die in dieſem Buche geſchrieben ſtehen. Und ſo iemand davon thut u. ſ. w. V. 10. Predige ich denn ietzt (noch, wie ich Anmerckungen. 1. Gleichwie der Apoſtel v. 1. bezeuget hat, daß er ſeinen Beruf nicht von Menſchen habe, ſondern allein von GOtt: alſo bezeuget er in dieſen Worten, daß er ſein Evangelium weder von Menſchen habe, oder darinnen auf Men- ſchen fuͤhre, noch auch in deſſelben Vortrage menſchliche Abſichten hege; wie er ſolches, da er noch ein blinder Phariſaͤer geweſen, wol ehemals gethan habe. 2. Die Redens-Art, πείϑειν ἀνϑρώπους, perſuadere homines, ſcilicet auditoribus, heißt die Zuhoͤrer auf Menſchen, oder auf menſchliche Ausſpruͤche und Autoritaͤt fuͤhren, und ſie davon oder dazu zu uͤberreden ſuchen: als welches ei- ne der Eigenſchaften falſcher Lehrer mit iſt, daß ſie die Seelen auf ſich ſelbſt, oder auf andere Menſchen weiſen; wenn ſie auch ſchon vorgeben, daß alles auf GOtt gehe. 3. Πείϑειν ϑεόν, perſuadere Deum, ſcilicet auditoribus, heiſſet hingegen die Seelen allein auf GOtt fuͤhren, und ſie alſo uͤberzeugen, daß ihr Glaube allein auf GOtt und ſein Evangelium ſich gruͤnde und beruhe. Welches das Kenn- zeichen iſt rechtſchafner Lehrer. 4. Menſchen gefaͤllig, und alſo GOtt nicht gefaͤllig ſeyn, oder ſeyn wollen, heißt den Vortrag des Worts alſo einrichten, wie es Menſchen oder GOtt gefaͤllt; und alſo das Ev- angelium nach dem Sinne der Menſchen un- lauter, oder nach dem Sinne GOttes lauter und rein verkuͤndigen. 5. Es ſaget demnach Paulus nach dem Verſtande dieſer Redens-Arten ſo viel, als: Jch fuͤhre niemanden auf Menſchen, oder menſchliche Satzungen, ſondern iederman allein auf GOtt und auf ſein Wort, oder lauteres Evangelium: und dieſes trage ich alſo vor, wie [Spaltenumbruch] es GOtt haben will, und es mein Gewiſſen nach dem Willen GOttes erfodert, ohne Abſehen auf der Menſchen Gunſt und auf eigne Ehre und Vortheile, dadurch bey ihnen zu erlangen. 6. Daß aber der Apoſtel dieſes Fragwei- ſe vorſtellet, und ſpricht: Predige ich denn ietzo ꝛc. ſuche ich Menſchen gefaͤllig zu ſeyn? das zeiget an, wie eines theils ſeinen groſſen Ernſt in dieſer Sache: alſo auch zugleich andern theils der Sachen Gewißheit; als nach welcher er ſich getroſt auf das Gewiſſen der Galater be- ruffen konte. Zugleich aber beſtrafet er damit die falſchen Lehrer, bey welchen ſich das Ge- gentheil befunde: wie er hernach deutlicher bezeuget, ſonderlich c. 6, 12. da er ſpricht: Die ſich wollen angenehm machen nach dem Fleiſch, die zwingen euch zu beſchnei- den ꝛc. 7. Paulus ſuchte zwar in der Ordnung des guten Gewiſſens, um GOtt in Chriſto zu gefal- len, und ſeinem Amte ein Genuͤgen zu thun, al- len allerley zu werden, und ihnen in ſo fern gefaͤl- lig zu ſeyn, als es der Eingang mit dem Evange- lio bey ihnen erfoderte; wie er ſolches 1 Cor. 9, 19. ſeqq. mit mehrern bezeuget. So hats einer auch darnach zu machen, daß er, wie zuvorderſt GOtt, alſo auch allen rechtſchaffnen Menſchen gefaͤllig ſey Rom. 14, 8. Allein dieſes iſt von der unlautern Menſchen-Gefaͤlligkeit, wie die Nacht vom Tage unterſchieden. Vielmehr heiſſet es von dieſer Jac. 4, 4. Wiſſet ihr nicht, daß der Welt Freundſchaft GOttes Feind- ſchaft iſt? Wer der Welt Freund ſeyn will, der wird GOttes Feind ſeyn. Und gleichwie der Apoſtel dieſe Gefaͤlligkeit flohe, und dagegen gerne allerley Leiden willig uͤber ſich nahm 1 Theſſ. 2, 4. alſo iſt ſolches ein rechter Character aller rechtſchafnen Lehrer: zumal, wenn das Exempel ihrer Lauterkeit dergeſtalt offenbar iſt, daß auch die Feinde ſelbſt, wie von Chriſto, alſo auch von ihnen, ſagen muͤſſen: Meiſter, wir wiſſen, daß du wahrhaftig biſt, und lehreſt den Weg GOttes recht, und du frageſt nach niemand; denn du achteſt nicht das Anſehen der Menſchen. Denn ein Knecht Chriſti und ein ſolcher Men- ſchen-Knecht zu ſeyn, der der eiteln Menſchen Gunſt mehr zu ſeinem Zweck hat, als die Gnade GOttes, ſtimmet unmoͤglich zuſammen. V. 11. Jch thue euch aber kund lieben Bruͤ- V. 12.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <list> <item><pb facs="#f0520" n="492"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erklaͤrung des Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 1, v. 10. 11.</hi></hi></fw><lb/><cb/> folgende Oerter wohl zu erwegen: 5 B. Moſ.<lb/> 4, 2. <hi rendition="#fr">Jhr ſollt nichts dazu thun, das ich<lb/> euch gebiete, und ſollt auch nichts davon<lb/> thun ꝛc. c. 12, 32. Alles, was ich euch ge-<lb/> biete, das ſollt ihr halten, daß ihr darnach<lb/> thut. Jhr ſollt nichts dazu thun, noch<lb/> davon thun.</hi> Siehe auch <hi rendition="#aq">Prov.</hi> 30, 5. 6.<lb/> Offenb. Joh. 22, 18. 19. <hi rendition="#fr">Jch bezeuge allen,<lb/> die da hoͤren die Worte der Weiſſagung<lb/> in dieſem Buche: So iemand dazu ſetzet,<lb/> ſo wird GOtt zuſetzen auf ihn die Plagen,<lb/> die in dieſem Buche geſchrieben ſtehen.<lb/> Und ſo iemand davon thut</hi> u. ſ. w.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 10.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Predige ich denn ietzt</hi> (noch, wie ich<lb/> vordem im <hi rendition="#aq">Phariſæiſmo</hi> gethan; und wie die<lb/> falſchen Lehrer noch ietzo thun) <hi rendition="#fr">Menſchen oder<lb/> GOtt zu Dienſt? oder gedencke ich Men-<lb/> ſchen gefaͤllig zu ſeyn</hi> (und verkehre zu dem<lb/> Ende die Lehre, wie jene thun, die euch alſo<lb/> verwirren.) <hi rendition="#fr">Wenn ich den Menſchen</hi> (auf<lb/> eine ſolche verkehrte Art) <hi rendition="#fr">gefaͤllig waͤre, ſo<lb/> waͤre ich Chriſti Knecht nicht</hi> (als der nur<lb/> allein auf den Willen und auf die Vorſchrift<lb/> ſeines HErrn ſehen muß)</p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Gleichwie der Apoſtel v. 1. bezeuget hat,<lb/> daß er ſeinen Beruf nicht von Menſchen habe,<lb/> ſondern allein von GOtt: alſo bezeuget er in<lb/> dieſen Worten, daß er ſein Evangelium weder<lb/> von Menſchen habe, oder darinnen auf Men-<lb/> ſchen fuͤhre, noch auch in deſſelben Vortrage<lb/><hi rendition="#fr">menſchliche Abſichten</hi> hege; wie er ſolches,<lb/> da er noch ein blinder Phariſaͤer geweſen, wol<lb/> ehemals gethan habe.</item><lb/> <item>2. Die Redens-Art, πείϑειν ἀνϑρώπους,<lb/><hi rendition="#aq">perſuadere homines, ſcilicet auditoribus,</hi> heißt<lb/> die Zuhoͤrer auf Menſchen, oder auf menſchliche<lb/> Ausſpruͤche und Autoritaͤt fuͤhren, und ſie davon<lb/> oder dazu zu uͤberreden ſuchen: als welches ei-<lb/> ne der Eigenſchaften falſcher Lehrer mit iſt, daß<lb/> ſie die Seelen auf ſich ſelbſt, oder auf andere<lb/> Menſchen weiſen; wenn ſie auch ſchon vorgeben,<lb/> daß alles auf GOtt gehe.</item><lb/> <item>3. Πείϑειν ϑεόν, <hi rendition="#aq">perſuadere Deum, ſcilicet<lb/> auditoribus,</hi> heiſſet hingegen die Seelen allein auf<lb/> GOtt fuͤhren, und ſie alſo uͤberzeugen, daß ihr<lb/> Glaube allein auf GOtt und ſein Evangelium<lb/> ſich gruͤnde und beruhe. Welches das Kenn-<lb/> zeichen iſt rechtſchafner Lehrer.</item><lb/> <item>4. <hi rendition="#fr">Menſchen gefaͤllig,</hi> und alſo GOtt<lb/> nicht gefaͤllig ſeyn, oder ſeyn wollen, heißt den<lb/> Vortrag des Worts alſo einrichten, wie es<lb/> Menſchen oder GOtt gefaͤllt; und alſo das Ev-<lb/> angelium nach dem Sinne der Menſchen un-<lb/> lauter, oder nach dem Sinne GOttes lauter und<lb/> rein verkuͤndigen.</item><lb/> <item>5. Es ſaget demnach Paulus nach dem<lb/> Verſtande dieſer Redens-Arten ſo viel, als:<lb/> Jch fuͤhre niemanden auf Menſchen, oder<lb/> menſchliche Satzungen, ſondern iederman allein<lb/> auf GOtt und auf ſein Wort, oder lauteres<lb/> Evangelium: und dieſes trage ich alſo vor, wie<lb/><cb/> es GOtt haben will, und es mein Gewiſſen nach<lb/> dem Willen GOttes erfodert, ohne Abſehen<lb/> auf der Menſchen Gunſt und auf eigne Ehre<lb/> und Vortheile, dadurch bey ihnen zu erlangen.</item><lb/> <item>6. Daß aber der Apoſtel dieſes Fragwei-<lb/> ſe vorſtellet, und ſpricht: <hi rendition="#fr">Predige ich denn<lb/> ietzo</hi> ꝛc. ſuche ich Menſchen gefaͤllig zu ſeyn?<lb/> das zeiget an, wie eines theils ſeinen groſſen<lb/> Ernſt in dieſer Sache: alſo auch zugleich andern<lb/> theils der Sachen Gewißheit; als nach welcher<lb/> er ſich getroſt auf das Gewiſſen der Galater be-<lb/> ruffen konte. Zugleich aber beſtrafet er damit<lb/> die falſchen Lehrer, bey welchen ſich das Ge-<lb/> gentheil befunde: wie er hernach deutlicher<lb/> bezeuget, ſonderlich c. 6, 12. da er ſpricht: <hi rendition="#fr">Die<lb/> ſich wollen angenehm machen nach dem<lb/> Fleiſch, die zwingen euch zu beſchnei-<lb/> den</hi> ꝛc.</item><lb/> <item>7. Paulus ſuchte zwar in der Ordnung des<lb/> guten Gewiſſens, um GOtt in Chriſto zu gefal-<lb/> len, und ſeinem Amte ein Genuͤgen zu thun, al-<lb/> len allerley zu werden, und ihnen in ſo fern gefaͤl-<lb/> lig zu ſeyn, als es der Eingang mit dem Evange-<lb/> lio bey ihnen erfoderte; wie er ſolches 1 Cor. 9,<lb/> 19. <hi rendition="#aq">ſeqq.</hi> mit mehrern bezeuget. So hats einer<lb/> auch darnach zu machen, daß er, wie zuvorderſt<lb/> GOtt, alſo auch allen rechtſchaffnen Menſchen<lb/> gefaͤllig ſey Rom. 14, 8. Allein dieſes iſt von<lb/> der unlautern Menſchen-Gefaͤlligkeit, wie die<lb/> Nacht vom Tage unterſchieden. Vielmehr<lb/> heiſſet es von dieſer Jac. 4, 4. <hi rendition="#fr">Wiſſet ihr nicht,<lb/> daß der Welt Freundſchaft GOttes Feind-<lb/> ſchaft iſt? Wer der Welt Freund ſeyn<lb/> will, der wird GOttes Feind ſeyn.</hi> Und<lb/> gleichwie der Apoſtel dieſe Gefaͤlligkeit flohe,<lb/> und dagegen gerne allerley Leiden willig uͤber ſich<lb/> nahm 1 Theſſ. 2, 4. alſo iſt ſolches ein rechter<lb/><hi rendition="#aq">Character</hi> aller rechtſchafnen Lehrer: zumal,<lb/> wenn das Exempel ihrer Lauterkeit dergeſtalt<lb/> offenbar iſt, daß auch die Feinde ſelbſt, wie von<lb/> Chriſto, alſo auch von ihnen, ſagen muͤſſen:<lb/><hi rendition="#fr">Meiſter, wir wiſſen, daß du wahrhaftig<lb/> biſt, und lehreſt den Weg GOttes recht,<lb/> und du frageſt nach niemand; denn du<lb/> achteſt nicht das Anſehen der Menſchen.</hi><lb/> Denn ein Knecht Chriſti und ein ſolcher Men-<lb/> ſchen-Knecht zu ſeyn, der der eiteln Menſchen<lb/> Gunſt mehr zu ſeinem Zweck hat, als die Gnade<lb/> GOttes, ſtimmet unmoͤglich zuſammen.</item> </list> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 11.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Jch thue euch aber kund lieben Bruͤ-<lb/> der</hi> (welche ich zum Zeugniß meiner beſtaͤndigen<lb/> Liebe und in der Zuverſicht, daß ihr euch aufs<lb/> neue werdet wieder gewinnen laſſen, auch noch<lb/> nicht alle zerruͤttet worden ſeyd, alſo nenne)<lb/><hi rendition="#fr">daß das Evangelium, das von mir gepre-<lb/> diget iſt, nicht menſchlich iſt</hi> (nicht von<lb/> Menſchen herruͤhret, und alſo auch nicht auf eine<lb/> bloß menſchliche oder unlautere Weiſe vorgetra-<lb/> gen iſt: wie ich euch denn, damit ihr, wie es<lb/> um meine Berufung zum Apoſtel-Amte ſtehe,<lb/> ſo viel mehr einſehen moͤget, mit mehrern vor<lb/> ſtellen will, wie ich dazu gelanget bin.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">V. 12.</fw><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [492/0520]
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, v. 10. 11.
folgende Oerter wohl zu erwegen: 5 B. Moſ.
4, 2. Jhr ſollt nichts dazu thun, das ich
euch gebiete, und ſollt auch nichts davon
thun ꝛc. c. 12, 32. Alles, was ich euch ge-
biete, das ſollt ihr halten, daß ihr darnach
thut. Jhr ſollt nichts dazu thun, noch
davon thun. Siehe auch Prov. 30, 5. 6.
Offenb. Joh. 22, 18. 19. Jch bezeuge allen,
die da hoͤren die Worte der Weiſſagung
in dieſem Buche: So iemand dazu ſetzet,
ſo wird GOtt zuſetzen auf ihn die Plagen,
die in dieſem Buche geſchrieben ſtehen.
Und ſo iemand davon thut u. ſ. w.
V. 10.
Predige ich denn ietzt (noch, wie ich
vordem im Phariſæiſmo gethan; und wie die
falſchen Lehrer noch ietzo thun) Menſchen oder
GOtt zu Dienſt? oder gedencke ich Men-
ſchen gefaͤllig zu ſeyn (und verkehre zu dem
Ende die Lehre, wie jene thun, die euch alſo
verwirren.) Wenn ich den Menſchen (auf
eine ſolche verkehrte Art) gefaͤllig waͤre, ſo
waͤre ich Chriſti Knecht nicht (als der nur
allein auf den Willen und auf die Vorſchrift
ſeines HErrn ſehen muß)
Anmerckungen.
1. Gleichwie der Apoſtel v. 1. bezeuget hat,
daß er ſeinen Beruf nicht von Menſchen habe,
ſondern allein von GOtt: alſo bezeuget er in
dieſen Worten, daß er ſein Evangelium weder
von Menſchen habe, oder darinnen auf Men-
ſchen fuͤhre, noch auch in deſſelben Vortrage
menſchliche Abſichten hege; wie er ſolches,
da er noch ein blinder Phariſaͤer geweſen, wol
ehemals gethan habe.
2. Die Redens-Art, πείϑειν ἀνϑρώπους,
perſuadere homines, ſcilicet auditoribus, heißt
die Zuhoͤrer auf Menſchen, oder auf menſchliche
Ausſpruͤche und Autoritaͤt fuͤhren, und ſie davon
oder dazu zu uͤberreden ſuchen: als welches ei-
ne der Eigenſchaften falſcher Lehrer mit iſt, daß
ſie die Seelen auf ſich ſelbſt, oder auf andere
Menſchen weiſen; wenn ſie auch ſchon vorgeben,
daß alles auf GOtt gehe.
3. Πείϑειν ϑεόν, perſuadere Deum, ſcilicet
auditoribus, heiſſet hingegen die Seelen allein auf
GOtt fuͤhren, und ſie alſo uͤberzeugen, daß ihr
Glaube allein auf GOtt und ſein Evangelium
ſich gruͤnde und beruhe. Welches das Kenn-
zeichen iſt rechtſchafner Lehrer.
4. Menſchen gefaͤllig, und alſo GOtt
nicht gefaͤllig ſeyn, oder ſeyn wollen, heißt den
Vortrag des Worts alſo einrichten, wie es
Menſchen oder GOtt gefaͤllt; und alſo das Ev-
angelium nach dem Sinne der Menſchen un-
lauter, oder nach dem Sinne GOttes lauter und
rein verkuͤndigen.
5. Es ſaget demnach Paulus nach dem
Verſtande dieſer Redens-Arten ſo viel, als:
Jch fuͤhre niemanden auf Menſchen, oder
menſchliche Satzungen, ſondern iederman allein
auf GOtt und auf ſein Wort, oder lauteres
Evangelium: und dieſes trage ich alſo vor, wie
es GOtt haben will, und es mein Gewiſſen nach
dem Willen GOttes erfodert, ohne Abſehen
auf der Menſchen Gunſt und auf eigne Ehre
und Vortheile, dadurch bey ihnen zu erlangen.
6. Daß aber der Apoſtel dieſes Fragwei-
ſe vorſtellet, und ſpricht: Predige ich denn
ietzo ꝛc. ſuche ich Menſchen gefaͤllig zu ſeyn?
das zeiget an, wie eines theils ſeinen groſſen
Ernſt in dieſer Sache: alſo auch zugleich andern
theils der Sachen Gewißheit; als nach welcher
er ſich getroſt auf das Gewiſſen der Galater be-
ruffen konte. Zugleich aber beſtrafet er damit
die falſchen Lehrer, bey welchen ſich das Ge-
gentheil befunde: wie er hernach deutlicher
bezeuget, ſonderlich c. 6, 12. da er ſpricht: Die
ſich wollen angenehm machen nach dem
Fleiſch, die zwingen euch zu beſchnei-
den ꝛc.
7. Paulus ſuchte zwar in der Ordnung des
guten Gewiſſens, um GOtt in Chriſto zu gefal-
len, und ſeinem Amte ein Genuͤgen zu thun, al-
len allerley zu werden, und ihnen in ſo fern gefaͤl-
lig zu ſeyn, als es der Eingang mit dem Evange-
lio bey ihnen erfoderte; wie er ſolches 1 Cor. 9,
19. ſeqq. mit mehrern bezeuget. So hats einer
auch darnach zu machen, daß er, wie zuvorderſt
GOtt, alſo auch allen rechtſchaffnen Menſchen
gefaͤllig ſey Rom. 14, 8. Allein dieſes iſt von
der unlautern Menſchen-Gefaͤlligkeit, wie die
Nacht vom Tage unterſchieden. Vielmehr
heiſſet es von dieſer Jac. 4, 4. Wiſſet ihr nicht,
daß der Welt Freundſchaft GOttes Feind-
ſchaft iſt? Wer der Welt Freund ſeyn
will, der wird GOttes Feind ſeyn. Und
gleichwie der Apoſtel dieſe Gefaͤlligkeit flohe,
und dagegen gerne allerley Leiden willig uͤber ſich
nahm 1 Theſſ. 2, 4. alſo iſt ſolches ein rechter
Character aller rechtſchafnen Lehrer: zumal,
wenn das Exempel ihrer Lauterkeit dergeſtalt
offenbar iſt, daß auch die Feinde ſelbſt, wie von
Chriſto, alſo auch von ihnen, ſagen muͤſſen:
Meiſter, wir wiſſen, daß du wahrhaftig
biſt, und lehreſt den Weg GOttes recht,
und du frageſt nach niemand; denn du
achteſt nicht das Anſehen der Menſchen.
Denn ein Knecht Chriſti und ein ſolcher Men-
ſchen-Knecht zu ſeyn, der der eiteln Menſchen
Gunſt mehr zu ſeinem Zweck hat, als die Gnade
GOttes, ſtimmet unmoͤglich zuſammen.
V. 11.
Jch thue euch aber kund lieben Bruͤ-
der (welche ich zum Zeugniß meiner beſtaͤndigen
Liebe und in der Zuverſicht, daß ihr euch aufs
neue werdet wieder gewinnen laſſen, auch noch
nicht alle zerruͤttet worden ſeyd, alſo nenne)
daß das Evangelium, das von mir gepre-
diget iſt, nicht menſchlich iſt (nicht von
Menſchen herruͤhret, und alſo auch nicht auf eine
bloß menſchliche oder unlautere Weiſe vorgetra-
gen iſt: wie ich euch denn, damit ihr, wie es
um meine Berufung zum Apoſtel-Amte ſtehe,
ſo viel mehr einſehen moͤget, mit mehrern vor
ſtellen will, wie ich dazu gelanget bin.
V. 12.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/520 |
| Zitationshilfe: | Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 492. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/520>, abgerufen am 16.07.2024. |
