Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 3, v. 11-13. an die Galater. [Spaltenumbruch]
an statt des erwarteten Segens, durch das sooft wiederholte Wehe den schweren Fluch an- kündiget. V. 11. Daß aber durchs Gesetz (oder durch ei- Anmerckungen. 1. Nachdem der Apostel den Erweis, daß man durch das Gesetz nicht gerecht und selig werden könne, daher genommen hatte, daß das Gesetze, an statt dessen, daß es dem Menschen die Seligkeit zuerkennen solte, ihm, in Ansehung sei- ner unmöglichen Erfüllung und vielfältigen Uber- tretung, den Fluch dräuet: so thut er einen neuen Erweis hinzu; den er denn hernimmt von dem Evangelio und von dem auf dasselbe gerichteten Glauben. Und dazu führet er den Ort aus dem Propheten Habacuc c. 2, 4. an, alwo nicht dem gesetzlichen Gehorsam, sondern dem evangelischen Glauben das Leben, nemlich das ewige, und also damit auch die Gerechtigkeit und Seligkeit, zuer- kant wird. 2. Es ist bereits Rom. 1, 17. alwo dieser Ort gleichfalls angeführet wird, angezeiget, daß nach dem Hebräischen Texte die Worte eigentlich also lauten: Der Gerechte aus dem Glau- ben, das ist, der Glaubens-Gerechte, der seine Gerechtigkeit durch den Glauben in dem Meßia suchet, der wird leben, oder das ewi- ge Leben haben. Und also gehöret das Wort piseos mit seiner particula ek nicht zum praedi- cato, oder zu dem Worte leben, ob wol dieses einen guten Verstand giebt, der sich auf jenen beziehet; sondern zum subjecto, oder zu dem Worte o dikaios, also: o dikaios ek piseos, der Glaubens-Gerechte, der ein solcher ist durch den Glauben an den Meßiam, zesetai, der wird leben. Und folglich wird der Glau- bens-Gerechte dem gesetzlichen Gerechten, oder dem, der seine Gerechtigkeit im Gehorsam des Gesetzes ausser oder neben dem Meßia suchet, entgegen gesetzet. 3. Und diese Construction, nach welcher man die Worte ek piseos, aus dem Glauben, zu dem Worte o dikaios, der Gerechte, setzet, wird auch damit bekräftiget und erläutert, daß v. 7. 8. 9. die Gläubigen ausdrücklich genennet werden oi ek piseos, scilicet dikaioi, die des Glaubens sind, die Glaubens-Gerechten, im Gegensatze auf die, welche v. 10. heissen oi ex ergon nomou, die mit des Gesetzes Wercken um- gehen. V. 12. Das Gesetz aber ist nicht des Glau- Anmerckung. Aus diesem gantzen Contexte kan man gar V. 13. CHristus aber hat uns erlöset (da er Anmerckungen. 1. Es sind in diesem Verse vier Stücke wohl zu erwegen: a. Wie der Mensch von Natur unter dem Fluche liege, und sich davon nicht loß machen könne. b. Wie CHri- stus an statt der Menschen zum Fluch wor- den. c. Wie er sie dadurch vom Fluche be- freyet, und ihnen dagegen den Segen erwor- ben. d. Wie dieses in dem aus Mose angeführ- ten Orte schon vorher angezeiget worden. 2. Daß das gantze menschliche Ge- schlecht wegen des verlohrnen Ebenbildes GOttes und angenommenen sündlichen Ver- derbens, damit es wider GOTT und sein Gesetz streitet, unter einem solchen Fluche liege, der aus dem geistlichen Tod durch den leiblichen in den ewigen einführet, das haben wir bereits vor- her gesehen aus dem v. 10. angeführten Fluche des Gesetzes, oder Gesetz-Gebers, über alle Sün- der, und ist solches aus dem gantzen Stande der Sünden bekant. 3. Da
Cap. 3, v. 11-13. an die Galater. [Spaltenumbruch]
an ſtatt des erwarteten Segens, durch das ſooft wiederholte Wehe den ſchweren Fluch an- kuͤndiget. V. 11. Daß aber durchs Geſetz (oder durch ei- Anmerckungen. 1. Nachdem der Apoſtel den Erweis, daß man durch das Geſetz nicht gerecht und ſelig werden koͤnne, daher genommen hatte, daß das Geſetze, an ſtatt deſſen, daß es dem Menſchen die Seligkeit zuerkennen ſolte, ihm, in Anſehung ſei- ner unmoͤglichen Erfuͤllung und vielfaͤltigen Uber- tretung, den Fluch draͤuet: ſo thut er einen neuen Erweis hinzu; den er denn hernimmt von dem Evangelio und von dem auf daſſelbe gerichteten Glauben. Und dazu fuͤhret er den Ort aus dem Propheten Habacuc c. 2, 4. an, alwo nicht dem geſetzlichen Gehorſam, ſondern dem evangeliſchen Glauben das Leben, nemlich das ewige, und alſo damit auch die Gerechtigkeit und Seligkeit, zuer- kant wird. 2. Es iſt bereits Rom. 1, 17. alwo dieſer Ort gleichfalls angefuͤhret wird, angezeiget, daß nach dem Hebraͤiſchen Texte die Worte eigentlich alſo lauten: Der Gerechte aus dem Glau- ben, das iſt, der Glaubens-Gerechte, der ſeine Gerechtigkeit durch den Glauben in dem Meßia ſuchet, der wird leben, oder das ewi- ge Leben haben. Und alſo gehoͤret das Wort πίςεως mit ſeiner particula ἐκ nicht zum prædi- cato, oder zu dem Worte leben, ob wol dieſes einen guten Verſtand giebt, der ſich auf jenen beziehet; ſondern zum ſubjecto, oder zu dem Worte ὁ δίκαιος, alſo: ὁ δίκαιος ἐκ πίςεως, der Glaubens-Gerechte, der ein ſolcher iſt durch den Glauben an den Meßiam, ζήσεται, der wird leben. Und folglich wird der Glau- bens-Gerechte dem geſetzlichen Gerechten, oder dem, der ſeine Gerechtigkeit im Gehorſam des Geſetzes auſſer oder neben dem Meßia ſuchet, entgegen geſetzet. 3. Und dieſe Conſtruction, nach welcher man die Worte ἐκ πίςεως, aus dem Glauben, zu dem Worte ὁ δίκαιος, der Gerechte, ſetzet, wird auch damit bekraͤftiget und erlaͤutert, daß v. 7. 8. 9. die Glaͤubigen ausdruͤcklich genennet werden ὁι ἐκ πίςεως, ſcilicet δίκαιοι, die des Glaubens ſind, die Glaubens-Gerechten, im Gegenſatze auf die, welche v. 10. heiſſen οἱ ἐξ ἔργων νόμου, die mit des Geſetzes Wercken um- gehen. V. 12. Das Geſetz aber iſt nicht des Glau- Anmerckung. Aus dieſem gantzen Contexte kan man gar V. 13. CHriſtus aber hat uns erloͤſet (da er Anmerckungen. 1. Es ſind in dieſem Verſe vier Stuͤcke wohl zu erwegen: a. Wie der Menſch von Natur unter dem Fluche liege, und ſich davon nicht loß machen koͤnne. b. Wie CHri- ſtus an ſtatt der Menſchen zum Fluch wor- den. c. Wie er ſie dadurch vom Fluche be- freyet, und ihnen dagegen den Segen erwor- ben. d. Wie dieſes in dem aus Moſe angefuͤhr- ten Orte ſchon vorher angezeiget worden. 2. Daß das gantze menſchliche Ge- ſchlecht wegen des verlohrnen Ebenbildes GOttes und angenommenen ſuͤndlichen Ver- derbens, damit es wider GOTT und ſein Geſetz ſtreitet, unter einem ſolchen Fluche liege, der aus dem geiſtlichen Tod durch den leiblichen in den ewigen einfuͤhret, das haben wir bereits vor- her geſehen aus dem v. 10. angefuͤhrten Fluche des Geſetzes, oder Geſetz-Gebers, uͤber alle Suͤn- der, und iſt ſolches aus dem gantzen Stande der Suͤnden bekant. 3. Da
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Cap. 3, v. 11-13. an die Galater.
an ſtatt des erwarteten Segens, durch das ſo
oft wiederholte Wehe den ſchweren Fluch an-
kuͤndiget.
V. 11.
Daß aber durchs Geſetz (oder durch ei-
nige nach dem Geſetze gethane Wercke) nie-
mand gerecht wird vor GOTT, iſt offen-
bar. Denn der Gerechte wird ſeines Glau-
bens leben. Habac. 2, 14. Rom. 1, 17. Hebr.
10, 38.
Anmerckungen.
1. Nachdem der Apoſtel den Erweis, daß
man durch das Geſetz nicht gerecht und ſelig
werden koͤnne, daher genommen hatte, daß das
Geſetze, an ſtatt deſſen, daß es dem Menſchen die
Seligkeit zuerkennen ſolte, ihm, in Anſehung ſei-
ner unmoͤglichen Erfuͤllung und vielfaͤltigen Uber-
tretung, den Fluch draͤuet: ſo thut er einen neuen
Erweis hinzu; den er denn hernimmt von dem
Evangelio und von dem auf daſſelbe gerichteten
Glauben. Und dazu fuͤhret er den Ort aus dem
Propheten Habacuc c. 2, 4. an, alwo nicht dem
geſetzlichen Gehorſam, ſondern dem evangeliſchen
Glauben das Leben, nemlich das ewige, und alſo
damit auch die Gerechtigkeit und Seligkeit, zuer-
kant wird.
2. Es iſt bereits Rom. 1, 17. alwo dieſer
Ort gleichfalls angefuͤhret wird, angezeiget, daß
nach dem Hebraͤiſchen Texte die Worte eigentlich
alſo lauten: Der Gerechte aus dem Glau-
ben, das iſt, der Glaubens-Gerechte, der
ſeine Gerechtigkeit durch den Glauben in dem
Meßia ſuchet, der wird leben, oder das ewi-
ge Leben haben. Und alſo gehoͤret das Wort
πίςεως mit ſeiner particula ἐκ nicht zum prædi-
cato, oder zu dem Worte leben, ob wol dieſes
einen guten Verſtand giebt, der ſich auf jenen
beziehet; ſondern zum ſubjecto, oder zu dem
Worte ὁ δίκαιος, alſo: ὁ δίκαιος ἐκ πίςεως,
der Glaubens-Gerechte, der ein ſolcher iſt
durch den Glauben an den Meßiam, ζήσεται,
der wird leben. Und folglich wird der Glau-
bens-Gerechte dem geſetzlichen Gerechten, oder
dem, der ſeine Gerechtigkeit im Gehorſam des
Geſetzes auſſer oder neben dem Meßia ſuchet,
entgegen geſetzet.
3. Und dieſe Conſtruction, nach welcher man
die Worte ἐκ πίςεως, aus dem Glauben, zu
dem Worte ὁ δίκαιος, der Gerechte, ſetzet,
wird auch damit bekraͤftiget und erlaͤutert, daß
v. 7. 8. 9. die Glaͤubigen ausdruͤcklich genennet
werden ὁι ἐκ πίςεως, ſcilicet δίκαιοι, die des
Glaubens ſind, die Glaubens-Gerechten, im
Gegenſatze auf die, welche v. 10. heiſſen οἱ ἐξ
ἔργων νόμου, die mit des Geſetzes Wercken um-
gehen.
V. 12.
Das Geſetz aber iſt nicht des Glau-
bens (hat mit dem Glauben eigentlich nichts
zu thun, oder lehret nicht, wie man durch den
Glauben in Ergreifung einer fremden, oder des
Meßiaͤ, Gerechtigkeit ſoll gerecht und ſelig wer-
den) ſondern der Menſch, der es (alſo) thut
(wie es ſoll gethan ſeyn, das iſt, der es vollkom-
men, und dazu aus eigenen Kraͤften, erfuͤllet)
wird dadurch leben (in der Ordnung ſolcher
Erfuͤllung zum ewigen Leben eingehen, ohne daß
er eines Mittlers und deſſen Gerechtigkeit ge-
brauchte. 3 B. Moſ. 18, 5. Ezech. 20, 11. 3 B.
Moſ. 10, 28. Denn ein ſolcher iſt ὁ ἐργαζόμε-
νος, der mit den Wercken auf eine faſt verdienſt-
liche Art umgehet; dem alſo auch der Lohn nicht
aus Gnaden zugerechnet wird, ſondern aus
Pflicht und Schuldigkeit. Rom. 4, 4. 10, 5.
11, 6.)
Anmerckung.
Aus dieſem gantzen Contexte kan man gar
fein die beyden ſonſt ſchweren Spruͤche erlaͤutern
Luc. 13, 24. und Rom. 9, 16. da es heißt: Viele
werden, das ſage ich euch, darnach trach-
ten, wie ſie hinein kommen (nemlich durch
die enge Pforte in den Himmel) und werden
es nicht thun koͤnnen: (weil ihr Trachten
nicht von rechter und dem Evangelio gemaſſer
Art iſt.) Alſo auch: Es lieget nicht an ieman-
des (eigenwilligem, und der evangeliſchen Heils-
Ordnung entgegen geſetzten) Laufen oder
Wollen, ſondern an GOttes Erbarmen,
(an dem evangeliſchen Glaubens-Wege, darauf
man von dem Fluche des verdammenden Geſetzes
zu der in dem Mittler-Amte des Meßiaͤ angewie-
nen und dargehotenen Erbarmung GOttes ſeine
Zuflucht nimmt.)
V. 13.
CHriſtus aber hat uns erloͤſet (da er
ſich ſelbſt zum Loͤſe-Geld fuͤr uns in den Tod ge-
geben Matth. 20, 18. 1 Tim. 2, 6. Tit. 2, 14.
1 Pet. 1, 18. 19. 1 Joh. 2, 2.) von dem Fluch
des Geſetzes, da er ward ein Fluch fuͤr uns
(da er denſelben an unſerer ſtatt uͤber ſich genom-
men, und von uns abgenommen hat:) Denn es
ſtehet (5 B. Moſ. 21, 20.) geſchrieben: Ver-
flucht ſey iedermann, der am Holtze han-
get.)
Anmerckungen.
1. Es ſind in dieſem Verſe vier Stuͤcke
wohl zu erwegen: a. Wie der Menſch von
Natur unter dem Fluche liege, und ſich
davon nicht loß machen koͤnne. b. Wie CHri-
ſtus an ſtatt der Menſchen zum Fluch wor-
den. c. Wie er ſie dadurch vom Fluche be-
freyet, und ihnen dagegen den Segen erwor-
ben. d. Wie dieſes in dem aus Moſe angefuͤhr-
ten Orte ſchon vorher angezeiget worden.
2. Daß das gantze menſchliche Ge-
ſchlecht wegen des verlohrnen Ebenbildes
GOttes und angenommenen ſuͤndlichen Ver-
derbens, damit es wider GOTT und ſein Geſetz
ſtreitet, unter einem ſolchen Fluche liege, der
aus dem geiſtlichen Tod durch den leiblichen in
den ewigen einfuͤhret, das haben wir bereits vor-
her geſehen aus dem v. 10. angefuͤhrten Fluche
des Geſetzes, oder Geſetz-Gebers, uͤber alle Suͤn-
der, und iſt ſolches aus dem gantzen Stande der
Suͤnden bekant.
3. Da
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