Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 4, v. 6. an die Galater. [Spaltenumbruch]
zwar solche, welche den Unmündigen entgegengesetzet sind v. 1. 2. 3.) hat GOtt (der himm- lische Vater, nach der persönlichen Eigenschaft des Heiligen Geistes, nach welcher er vom Va- ter auf eine unbegreifliche Art ausgehet Joh. 15, 26.) gesandt den Geist seines Sohnes, (der auch von dem Sohne ausgehet, von ihm ge- sandt wird und ihn verkläret c. 16, 14.) in eu- re Hertzen, (in eure Seele, dieselbe im Wil- len mit geistlichem Leben und mit Kraft, im Verstande mit göttlichem Lichte zu salben und zu erfüllen, (der da (als der Geist der Gnaden und des Gebets Zachar. 12, 10. Rom. 8, 26.) schreyet, (ein Schreyen, oder ernstliches Be- ten und Rufen, in uns wircket,) Abba, lie- ber Vater. Rom. 8, 14. seqq. Anmerckungen. 1. Wir finden in diesem Spruche Pauli ein sehr klares Zeugniß von dem Geheimniß der heiligen Drey-Einigkeit. Denn GOtt der himmlische Vater sendet den Heiligen Geist, den Geist seines Sohnes, in der Gläubigen Her- tzen. 2. Diese Sendung gründet sich auf das ewige Ausgehen vom Vater, und nebst den Worten, daß der Heilige Geist ein Geist des Sohnes sey, gehet sie auf den persönlichen Un- terscheid des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes in dem einigen göttlichen We- sen. Daraus denn zu erkennen ist, wie die hochgelobte Drey-Einigkeit in dem Wercke un- serer Seligkeit beschäftiget sey. Denn gleich- wie darinnen alles dem Dreyeinigen GOTT zuzuschreiben ist; so offenbaret sich eine iede Person darinnen auf eine sonderbare Art: der Vater in der Sendung des Sohnes: der Sohn in der Zukunft, Menschwerdung und Erlösung: der Heilige Geist, als ein Geist des Vaters und des Sohnes, darinnen, daß er CHristum in den Seelen der Gläubigen ver- kläret. 3. Ob gleich GOtt dem Vater die Sen- dung des Sohnes und des Heiligen Geistes zugeschrieben wird: so ist deßwegen der Sohn und der Heilige Geist doch nicht weniger wah- rer ewiger GOTT, als der Vater: sondern es wird damit nur die Ordnung der Personen in der hochgelobten Gottheit angezeiget, mit der Anweisung, wie sich alle drey das Werck der Wiederbringung besonders zueignen. 4. Und wenn denn gleich an manchen Or- ten der heiligen Schrift nur allein des Vaters und des Sohnes gedacht wird; so gehet doch dadurch der dritten Person, als dem Heiligen Geiste, nichts ab. Denn es wird damit ei- gentlich gesehen auf den Grund des Heils: da hingegen, wenn von der Ordnung des Heils die Rede ist, nebst der Meldung des Vaters und des Sohnes, auch zum öftern des Heiligen Geistes, oder desselben allein, gedacht wird. 5. Gleichwie das Wort exapeseilen v. 4. von der Sendung des Sohnes seinen beson- dern Nachdruck hat: also findet ein solcher sich darinnen auch alhier von der Sendung des Heiligen Geistes; daß er nemlich von dem Va- [Spaltenumbruch] ter ausgehe, und vermöge solches ausgehens ausgesendet werde, und zwar mit aller Wil- ligkeit, nach der göttlichen philanthropia. 6. Der Heilige Geist heißt ein Geist, wie des Vaters, also auch des Sohnes, weil er ist die dritte Person in der hochgelobten Gott- heit, und nach dieser Ordnung also im Vater und Sohne dem einigen Wesen nach ist, daß er nicht weniger vom Sohne als vom Vater auf eine unbegreifliche Art ausgehet, auch uns mit seinen Gaben von dem Sohne verdienet ist: sintemal er mit uns, als ein so Heiliger Geist, sich in keine Gemeinschaft einlassen würde, wo er es nicht thäte in Ansehung der von dem Soh- ne GOTTes geschehenen Menschwerdung und Erlösung. Dazu denn kömmt, daß er CHri- stum, wie schon zuvor gedacht, in den Seelen verkläret, also, daß er den Glauben an CHri- stum anzündet, und ihnen CHristum nach sei- ner Person und Mittler-Amte recht groß ma- chet. 7. Diese Sendung des Geistes des Soh- nes GOttes war also geschehen bey den Gala- tern, daß der Heilige Geist bey Anhörung des Evangelii die wahre Bekehrung und dabey den Glauben in ihnen gewircket, sie auch mit sei- nen ordentlichen und ausserordentlichen Gna- den-Gaben reichlich beseliget und sie zu seinen Tempeln und Wohnungen gemachet hatte Joh. 16, 7. 13. 1 Cor. 3, 16. u. s. w. Da denn unter den ordentlichen Gaben sonderlich war die Ga- be des Gebets: und zwar fürnemlich des in- nerlichen Hertzens-Gebets; nach welchem der glaubige Mensch sich in einer steten innern sanf- ten Regung, Bewegung, Erhebung und Auf- opferung gegen GOtt befindet. 8. Gleichwie nun dieses gläubige Her- tzens-Gebet das innere Kennzeichen der Kind- schaft ist, und diese Gnaden-Gabe des Heili- gen Geistes sonst auch das Unterpfand und die Versiegelung genennet wird Ephes. 1, 13. 14. 4, 30. 2 Cor. 1, 22. also wird man dadurch auch von der Gewißheit der künftigen grossen Erb- schaft versichert. 9. Und da den Gläubigen keine höhere Würde wiederfahren kan, als daß sie GOttes Kinder werden: so ist ihnen auch im seligen Genuß solcher ihrer Kindschaft nichts erquickli- chers und erfreulichers, als der so holde und süs- se Vater-Name. 10. Die Verdoppelung des Vater- Namens, da das, was mit dem Syrischen Worte Abba gesetzet war, mit dem Griechi- schen pater, Vater, wiederho[hl]et wird, zei- get in Paulo und auch in allen Gläubigen den Affect an, oder die Jnnbrüstigkeit, womit sie GOTT ihren in CHristo versöhnten Vater nennen. 11. Und dieser Nachdruck wird auch damit angezeiget, daß die innere Bewegung des be- tenden Hertzens ein R[o]fen und Schreyen ge- nennet wird. Ob es denn nun gleich innerlich und oft so verborgen geschiehet, daß sich auch der Mund nicht einmal mit einem Seuftzen dazu reget, vielweniger einigen Laut von sich giebet; zumal wo man sich unter Menschen und aller- ley X x x 3
Cap. 4, v. 6. an die Galater. [Spaltenumbruch]
zwar ſolche, welche den Unmuͤndigen entgegengeſetzet ſind v. 1. 2. 3.) hat GOtt (der himm- liſche Vater, nach der perſoͤnlichen Eigenſchaft des Heiligen Geiſtes, nach welcher er vom Va- ter auf eine unbegreifliche Art ausgehet Joh. 15, 26.) geſandt den Geiſt ſeines Sohnes, (der auch von dem Sohne ausgehet, von ihm ge- ſandt wird und ihn verklaͤret c. 16, 14.) in eu- re Hertzen, (in eure Seele, dieſelbe im Wil- len mit geiſtlichem Leben und mit Kraft, im Verſtande mit goͤttlichem Lichte zu ſalben und zu erfuͤllen, (der da (als der Geiſt der Gnaden und des Gebets Zachar. 12, 10. Rom. 8, 26.) ſchreyet, (ein Schreyen, oder ernſtliches Be- ten und Rufen, in uns wircket,) Abba, lie- ber Vater. Rom. 8, 14. ſeqq. Anmerckungen. 1. Wir finden in dieſem Spruche Pauli ein ſehr klares Zeugniß von dem Geheimniß der heiligen Drey-Einigkeit. Denn GOtt der himmliſche Vater ſendet den Heiligen Geiſt, den Geiſt ſeines Sohnes, in der Glaͤubigen Her- tzen. 2. Dieſe Sendung gruͤndet ſich auf das ewige Ausgehen vom Vater, und nebſt den Worten, daß der Heilige Geiſt ein Geiſt des Sohnes ſey, gehet ſie auf den perſoͤnlichen Un- terſcheid des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geiſtes in dem einigen goͤttlichen We- ſen. Daraus denn zu erkennen iſt, wie die hochgelobte Drey-Einigkeit in dem Wercke un- ſerer Seligkeit beſchaͤftiget ſey. Denn gleich- wie darinnen alles dem Dreyeinigen GOTT zuzuſchreiben iſt; ſo offenbaret ſich eine iede Perſon darinnen auf eine ſonderbare Art: der Vater in der Sendung des Sohnes: der Sohn in der Zukunft, Menſchwerdung und Erloͤſung: der Heilige Geiſt, als ein Geiſt des Vaters und des Sohnes, darinnen, daß er CHriſtum in den Seelen der Glaͤubigen ver- klaͤret. 3. Ob gleich GOtt dem Vater die Sen- dung des Sohnes und des Heiligen Geiſtes zugeſchrieben wird: ſo iſt deßwegen der Sohn und der Heilige Geiſt doch nicht weniger wah- rer ewiger GOTT, als der Vater: ſondern es wird damit nur die Ordnung der Perſonen in der hochgelobten Gottheit angezeiget, mit der Anweiſung, wie ſich alle drey das Werck der Wiederbringung beſonders zueignen. 4. Und wenn denn gleich an manchen Or- ten der heiligen Schrift nur allein des Vaters und des Sohnes gedacht wird; ſo gehet doch dadurch der dritten Perſon, als dem Heiligen Geiſte, nichts ab. Denn es wird damit ei- gentlich geſehen auf den Grund des Heils: da hingegen, wenn von der Ordnung des Heils die Rede iſt, nebſt der Meldung des Vaters und des Sohnes, auch zum oͤftern des Heiligen Geiſtes, oder deſſelben allein, gedacht wird. 5. Gleichwie das Wort ἐξαπέςειλεν v. 4. von der Sendung des Sohnes ſeinen beſon- dern Nachdruck hat: alſo findet ein ſolcher ſich darinnen auch alhier von der Sendung des Heiligen Geiſtes; daß er nemlich von dem Va- [Spaltenumbruch] ter ausgehe, und vermoͤge ſolches ausgehens ausgeſendet werde, und zwar mit aller Wil- ligkeit, nach der goͤttlichen φιλανϑρωπία. 6. Der Heilige Geiſt heißt ein Geiſt, wie des Vaters, alſo auch des Sohnes, weil er iſt die dritte Perſon in der hochgelobten Gott- heit, und nach dieſer Ordnung alſo im Vater und Sohne dem einigen Weſen nach iſt, daß er nicht weniger vom Sohne als vom Vater auf eine unbegreifliche Art ausgehet, auch uns mit ſeinen Gaben von dem Sohne verdienet iſt: ſintemal er mit uns, als ein ſo Heiliger Geiſt, ſich in keine Gemeinſchaft einlaſſen wuͤrde, wo er es nicht thaͤte in Anſehung der von dem Soh- ne GOTTes geſchehenen Menſchwerdung und Erloͤſung. Dazu denn koͤmmt, daß er CHri- ſtum, wie ſchon zuvor gedacht, in den Seelen verklaͤret, alſo, daß er den Glauben an CHri- ſtum anzuͤndet, und ihnen CHriſtum nach ſei- ner Perſon und Mittler-Amte recht groß ma- chet. 7. Dieſe Sendung des Geiſtes des Soh- nes GOttes war alſo geſchehen bey den Gala- tern, daß der Heilige Geiſt bey Anhoͤrung des Evangelii die wahre Bekehrung und dabey den Glauben in ihnen gewircket, ſie auch mit ſei- nen ordentlichen und auſſerordentlichen Gna- den-Gaben reichlich beſeliget und ſie zu ſeinen Tempeln und Wohnungen gemachet hatte Joh. 16, 7. 13. 1 Cor. 3, 16. u. ſ. w. Da denn unter den ordentlichen Gaben ſonderlich war die Ga- be des Gebets: und zwar fuͤrnemlich des in- nerlichen Hertzens-Gebets; nach welchem der glaubige Menſch ſich in einer ſteten innern ſanf- ten Regung, Bewegung, Erhebung und Auf- opferung gegen GOtt befindet. 8. Gleichwie nun dieſes glaͤubige Her- tzens-Gebet das innere Kennzeichen der Kind- ſchaft iſt, und dieſe Gnaden-Gabe des Heili- gen Geiſtes ſonſt auch das Unterpfand und die Verſiegelung genennet wird Epheſ. 1, 13. 14. 4, 30. 2 Cor. 1, 22. alſo wird man dadurch auch von der Gewißheit der kuͤnftigen groſſen Erb- ſchaft verſichert. 9. Und da den Glaͤubigen keine hoͤhere Wuͤrde wiederfahren kan, als daß ſie GOttes Kinder werden: ſo iſt ihnen auch im ſeligen Genuß ſolcher ihrer Kindſchaft nichts erquickli- chers und erfreulichers, als der ſo holde und ſuͤſ- ſe Vater-Name. 10. Die Verdoppelung des Vater- Namens, da das, was mit dem Syriſchen Worte Abba geſetzet war, mit dem Griechi- ſchen πάτερ, Vater, wiederho[hl]et wird, zei- get in Paulo und auch in allen Glaͤubigen den Affect an, oder die Jnnbruͤſtigkeit, womit ſie GOTT ihren in CHriſto verſoͤhnten Vater nennen. 11. Und dieſer Nachdruck wird auch damit angezeiget, daß die innere Bewegung des be- tenden Hertzens ein R[o]fen und Schreyen ge- nennet wird. Ob es denn nun gleich innerlich und oft ſo verborgen geſchiehet, daß ſich auch der Mund nicht einmal mit einem Seuftzen dazu reget, vielweniger einigen Laut von ſich giebet; zumal wo man ſich unter Menſchen und aller- ley X x x 3
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Cap. 4, v. 6. an die Galater.
zwar ſolche, welche den Unmuͤndigen entgegen
geſetzet ſind v. 1. 2. 3.) hat GOtt (der himm-
liſche Vater, nach der perſoͤnlichen Eigenſchaft
des Heiligen Geiſtes, nach welcher er vom Va-
ter auf eine unbegreifliche Art ausgehet Joh. 15,
26.) geſandt den Geiſt ſeines Sohnes, (der
auch von dem Sohne ausgehet, von ihm ge-
ſandt wird und ihn verklaͤret c. 16, 14.) in eu-
re Hertzen, (in eure Seele, dieſelbe im Wil-
len mit geiſtlichem Leben und mit Kraft, im
Verſtande mit goͤttlichem Lichte zu ſalben und zu
erfuͤllen, (der da (als der Geiſt der Gnaden
und des Gebets Zachar. 12, 10. Rom. 8, 26.)
ſchreyet, (ein Schreyen, oder ernſtliches Be-
ten und Rufen, in uns wircket,) Abba, lie-
ber Vater. Rom. 8, 14. ſeqq.
Anmerckungen.
1. Wir finden in dieſem Spruche Pauli
ein ſehr klares Zeugniß von dem Geheimniß der
heiligen Drey-Einigkeit. Denn GOtt der
himmliſche Vater ſendet den Heiligen Geiſt,
den Geiſt ſeines Sohnes, in der Glaͤubigen Her-
tzen.
2. Dieſe Sendung gruͤndet ſich auf das
ewige Ausgehen vom Vater, und nebſt den
Worten, daß der Heilige Geiſt ein Geiſt des
Sohnes ſey, gehet ſie auf den perſoͤnlichen Un-
terſcheid des Vaters, des Sohnes und des
Heiligen Geiſtes in dem einigen goͤttlichen We-
ſen. Daraus denn zu erkennen iſt, wie die
hochgelobte Drey-Einigkeit in dem Wercke un-
ſerer Seligkeit beſchaͤftiget ſey. Denn gleich-
wie darinnen alles dem Dreyeinigen GOTT
zuzuſchreiben iſt; ſo offenbaret ſich eine iede
Perſon darinnen auf eine ſonderbare Art: der
Vater in der Sendung des Sohnes: der
Sohn in der Zukunft, Menſchwerdung und
Erloͤſung: der Heilige Geiſt, als ein Geiſt
des Vaters und des Sohnes, darinnen, daß
er CHriſtum in den Seelen der Glaͤubigen ver-
klaͤret.
3. Ob gleich GOtt dem Vater die Sen-
dung des Sohnes und des Heiligen Geiſtes
zugeſchrieben wird: ſo iſt deßwegen der Sohn
und der Heilige Geiſt doch nicht weniger wah-
rer ewiger GOTT, als der Vater: ſondern
es wird damit nur die Ordnung der Perſonen
in der hochgelobten Gottheit angezeiget, mit der
Anweiſung, wie ſich alle drey das Werck der
Wiederbringung beſonders zueignen.
4. Und wenn denn gleich an manchen Or-
ten der heiligen Schrift nur allein des Vaters
und des Sohnes gedacht wird; ſo gehet doch
dadurch der dritten Perſon, als dem Heiligen
Geiſte, nichts ab. Denn es wird damit ei-
gentlich geſehen auf den Grund des Heils: da
hingegen, wenn von der Ordnung des Heils
die Rede iſt, nebſt der Meldung des Vaters und
des Sohnes, auch zum oͤftern des Heiligen
Geiſtes, oder deſſelben allein, gedacht wird.
5. Gleichwie das Wort ἐξαπέςειλεν v. 4.
von der Sendung des Sohnes ſeinen beſon-
dern Nachdruck hat: alſo findet ein ſolcher ſich
darinnen auch alhier von der Sendung des
Heiligen Geiſtes; daß er nemlich von dem Va-
ter ausgehe, und vermoͤge ſolches ausgehens
ausgeſendet werde, und zwar mit aller Wil-
ligkeit, nach der goͤttlichen φιλανϑρωπία.
6. Der Heilige Geiſt heißt ein Geiſt,
wie des Vaters, alſo auch des Sohnes, weil
er iſt die dritte Perſon in der hochgelobten Gott-
heit, und nach dieſer Ordnung alſo im Vater
und Sohne dem einigen Weſen nach iſt, daß
er nicht weniger vom Sohne als vom Vater
auf eine unbegreifliche Art ausgehet, auch uns
mit ſeinen Gaben von dem Sohne verdienet iſt:
ſintemal er mit uns, als ein ſo Heiliger Geiſt,
ſich in keine Gemeinſchaft einlaſſen wuͤrde, wo
er es nicht thaͤte in Anſehung der von dem Soh-
ne GOTTes geſchehenen Menſchwerdung und
Erloͤſung. Dazu denn koͤmmt, daß er CHri-
ſtum, wie ſchon zuvor gedacht, in den Seelen
verklaͤret, alſo, daß er den Glauben an CHri-
ſtum anzuͤndet, und ihnen CHriſtum nach ſei-
ner Perſon und Mittler-Amte recht groß ma-
chet.
7. Dieſe Sendung des Geiſtes des Soh-
nes GOttes war alſo geſchehen bey den Gala-
tern, daß der Heilige Geiſt bey Anhoͤrung des
Evangelii die wahre Bekehrung und dabey den
Glauben in ihnen gewircket, ſie auch mit ſei-
nen ordentlichen und auſſerordentlichen Gna-
den-Gaben reichlich beſeliget und ſie zu ſeinen
Tempeln und Wohnungen gemachet hatte Joh.
16, 7. 13. 1 Cor. 3, 16. u. ſ. w. Da denn unter
den ordentlichen Gaben ſonderlich war die Ga-
be des Gebets: und zwar fuͤrnemlich des in-
nerlichen Hertzens-Gebets; nach welchem der
glaubige Menſch ſich in einer ſteten innern ſanf-
ten Regung, Bewegung, Erhebung und Auf-
opferung gegen GOtt befindet.
8. Gleichwie nun dieſes glaͤubige Her-
tzens-Gebet das innere Kennzeichen der Kind-
ſchaft iſt, und dieſe Gnaden-Gabe des Heili-
gen Geiſtes ſonſt auch das Unterpfand und die
Verſiegelung genennet wird Epheſ. 1, 13. 14. 4,
30. 2 Cor. 1, 22. alſo wird man dadurch auch
von der Gewißheit der kuͤnftigen groſſen Erb-
ſchaft verſichert.
9. Und da den Glaͤubigen keine hoͤhere
Wuͤrde wiederfahren kan, als daß ſie GOttes
Kinder werden: ſo iſt ihnen auch im ſeligen
Genuß ſolcher ihrer Kindſchaft nichts erquickli-
chers und erfreulichers, als der ſo holde und ſuͤſ-
ſe Vater-Name.
10. Die Verdoppelung des Vater-
Namens, da das, was mit dem Syriſchen
Worte Abba geſetzet war, mit dem Griechi-
ſchen πάτερ, Vater, wiederhohlet wird, zei-
get in Paulo und auch in allen Glaͤubigen den
Affect an, oder die Jnnbruͤſtigkeit, womit ſie
GOTT ihren in CHriſto verſoͤhnten Vater
nennen.
11. Und dieſer Nachdruck wird auch damit
angezeiget, daß die innere Bewegung des be-
tenden Hertzens ein Rofen und Schreyen ge-
nennet wird. Ob es denn nun gleich innerlich
und oft ſo verborgen geſchiehet, daß ſich auch der
Mund nicht einmal mit einem Seuftzen dazu
reget, vielweniger einigen Laut von ſich giebet;
zumal wo man ſich unter Menſchen und aller-
ley
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