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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 11-14.
[Spaltenumbruch]
V. 11.

Jch fürchte aber (aus dem Grunde der
Liebe, nach welcher ich auch abwesend für die
Wohlfahrt eurer Seelen sorge) daß ich
nicht vielleicht ümsonst habe an euch gear-
beitet
(wofern ihr euch von dem Evangelio wol-
let zu den dürftigen Satzungen der Jüdischen
Ceremonien und von Christo auf Mosen führen
lassen, und mir, da ich euch wieder auf den rech-
ten Weg zu Christo bringen will, kein Gehör
geben.)

Anmerckungen.
1. Das Kennzeichen eines getreuen Leh-
rers
ist, wenn er dahin siehet, daß die durch ihn,
oder auch durch andere, erweckte und zu Christo
gebrachte Seelen nicht wieder zurück, sondern
fein fortgehen und wachsen in allem Guten:
gleichwie dieses auch eines rechtschafnen Zuhö-
rers
Eigenschaft und Pflicht ist.
2. Man kan hieraus auch an Paulo den
Spruch desto besser einsehen, wenn er 2 Cor.
11, 28. saget: Jch werde täglich angelauf-
fen, und trage Sorge für alle Gemeinen.

Die getrene Sorgfalt der Lehrer, und die
Folgsamkeit der Zuhörer, mit eigner Wahr-
nehmung seiner selbst verknüpfet, wie wohl stehet
das zusammen, und wie rar ist es!
3. Die Bekehrung der Menschen, oder
ein getreues und tüchtiges Werckzeug dazu ab-
geben, ist kein Spiel-Werck, sondern eine nicht
geringe Arbeit, wie äusserlich mit allerhand
Beschäftigung: also auch innerlich mit vielem
Kampfe des Gemüths. So hatte Paulus an
den Galatern gearbeitet.
4. Da nicht allein leichtlich eine laue Un-
lauterkeit, sondern auch gar ein gäntzlicher Rück-
fall geschehen kan; so hat man wohl auf seiner
Hut zu seyn. Denn auf die Beständigkeit und
Beharrung kömmt es an. Matth. 24, 13. Luc.
21, 19. Apoc. 2, 7. Und diß ists, was Johannes
einer auserwehlten Frauen und ihren Kindern
anpriese, wenn er sagte: Sehet zu, daß wir
nicht verlieren, was wir erarbeitet haben,
sondern vollen Lohn empfahen.
2 Ep. v. 8.
Siehe auch 1 Thess. 3, 5.
V. 12.

Seyd doch, wie ich (seyd gesinnet, wie
ich, nemlich also, als wäret ihr gleichsam ein
Hertz und Seele mit mir) denn ich bin, wie
ihr
(ich hebe und trage euch dergestalt in mei-
nem Hertzen, als wenn ich mit euch ein Hertz
und Seele wäre:) lieben Brüder (als dafür
ich euch dennoch erkenne, ob ich wol an vielen
unter euch irre gemacht worden) ich bitte euch
(da ich befehlen könte, nach Apostolischer Auto-
rität, so bitte und flehe ich, nach der Liebe, wo-
mit ich euch umfasse. Wohin aber meine Bitte
gehet, das sehet ihr aus diesem gantzen Briefe.)
Jhr habet mir kein Leid gethan (für meine
Person. Und ob es mir wol Amts halber sehr
nahe gegangen ist, daß ihr euch vom Evangelio
habet abwendig machen lassen; so dürfet ihr
doch nicht gedencken, als zürnete ich mit euch,
[Spaltenumbruch] wie Beleidigte pflegen zu thun: sondern was ich
schreibe, auch mit Ernst und heiligem Eifer, hat
nach meiner Amts-Pflicht eine lautere und vä-
terliche Liebe zum Grunde. Jch werde auch die
eurenthalben getragene Bekümmerniß ansehen,
als hätte ich sie nicht gehabt, wenn ich nur durch
diesen Brief meinen gesuchten Zweck von eurer
Herumholung erreiche. Siehe 2 Cor. 2, 5.

Anmerckungen.
1. Die abgekürtzete vier Sätze (1. seyd
doch, wie ich: 2. denn ich bin wie ihr:
3. lieben Brüder, ich bitte euch: 4. ihr ha-
bet mir kein Leid gethan
) zeigen in Paul[o]
den zartesten Affect der Liebe gegen die Galater
an. Welches diese auch wol werden empfun-
den haben.
2. Ein guter Hertzens-Freund pfleget wol
zu heissen: alter ego, alter idem, der andere
ich.
Und das will hier Paulus anzeigen.
Denn da es auf seiner Seite hiesse: ich bin wie
die Galater,
das ist, ich liebe sie, als mich
selbst: so wünschte er auch, daß es auf Seiten
der Galater heissen möchte: Wir sind, wie
Paulus,
das ist, wir lieben Paulum als uns
selbst, und sind so einig mit ihm, als wäre er und
wir nur eine Person.
3. Der Evangelische Weg der Liebe
ist zur Uberzeugung, Herumholung und Bevesti-
gung der verirreten Seelen immer der beste und
gesegneteste; doch muß das gantze Geschäfte solcher
Liebes-Bemühungen mit Saltz gewürtzet seyn.
Beydes sehen wir an Paulo, und auch selbst an
unserm Heilande.
V. 13. 14.

Denn ihr wisset (Gr. ihr wisset aber)
daß ich euch in Schwachheit nach dem
Fleisch
(unter vielen Leiden nach dem äusserli-
chen Menschen) das Evangelium (von der
Gnade GOttes in Christo Act. 20, 24.) gepre-
diget habe zum ersten mal
(proteron, vor dem,
als ich bey euch gegenwärtig war.) v. 14. Und
(solche) meine Anfechtung, die ich leide
(oder gelitten habe) nach dem Fleische, habet
ihr nicht verachtet, noch verschmähet

(daß ihr euch deswegen an dem Evangelio gestos-
sen und es verächtlich gehalten und gleichsam da-
gegen ausgespien hättet) sondern als einen
Engel
(oder Boten GOttes, wie ich auch bin)
nahmet ihr mich auf, ja als Christum JE-
sum
(als wenn er euch in eigner Person gepredi-
get hätte: wie denn auch mein Wort sein Wort
war, und man einen Abgesandten auf gewisse
Art als den Herrn selbst anzusehen pfleget.)

Anmerckungen.
1. Was der Apostel erstlich nennet
Schwachheit nach dem Fleisch, das erkläret
er hernach durch Anfechtung, die er erlitten
nach, oder an dem Fleische.
2. Und da er durch Schwachheiten keine
sündliche, sondern Leidens-Schwachheiten,
wodurch der Leib auch oft sehr angegriffen und
entkräftet wird, verstehet: wie er denn das
Wort
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 11-14.
[Spaltenumbruch]
V. 11.

Jch fuͤrchte aber (aus dem Grunde der
Liebe, nach welcher ich auch abweſend fuͤr die
Wohlfahrt eurer Seelen ſorge) daß ich
nicht vielleicht uͤmſonſt habe an euch gear-
beitet
(wofern ihr euch von dem Evangelio wol-
let zu den duͤrftigen Satzungen der Juͤdiſchen
Ceremonien und von Chriſto auf Moſen fuͤhren
laſſen, und mir, da ich euch wieder auf den rech-
ten Weg zu Chriſto bringen will, kein Gehoͤr
geben.)

Anmerckungen.
1. Das Kennzeichen eines getreuen Leh-
rers
iſt, wenn er dahin ſiehet, daß die durch ihn,
oder auch durch andere, erweckte und zu Chriſto
gebrachte Seelen nicht wieder zuruͤck, ſondern
fein fortgehen und wachſen in allem Guten:
gleichwie dieſes auch eines rechtſchafnen Zuhoͤ-
rers
Eigenſchaft und Pflicht iſt.
2. Man kan hieraus auch an Paulo den
Spruch deſto beſſer einſehen, wenn er 2 Cor.
11, 28. ſaget: Jch werde taͤglich angelauf-
fen, und trage Sorge fuͤr alle Gemeinen.

Die getrene Sorgfalt der Lehrer, und die
Folgſamkeit der Zuhoͤrer, mit eigner Wahr-
nehmung ſeiner ſelbſt verknuͤpfet, wie wohl ſtehet
das zuſammen, und wie rar iſt es!
3. Die Bekehrung der Menſchen, oder
ein getreues und tuͤchtiges Werckzeug dazu ab-
geben, iſt kein Spiel-Werck, ſondern eine nicht
geringe Arbeit, wie aͤuſſerlich mit allerhand
Beſchaͤftigung: alſo auch innerlich mit vielem
Kampfe des Gemuͤths. So hatte Paulus an
den Galatern gearbeitet.
4. Da nicht allein leichtlich eine laue Un-
lauterkeit, ſondern auch gar ein gaͤntzlicher Ruͤck-
fall geſchehen kan; ſo hat man wohl auf ſeiner
Hut zu ſeyn. Denn auf die Beſtaͤndigkeit und
Beharrung koͤmmt es an. Matth. 24, 13. Luc.
21, 19. Apoc. 2, 7. Und diß iſts, was Johannes
einer auserwehlten Frauen und ihren Kindern
anprieſe, wenn er ſagte: Sehet zu, daß wir
nicht verlieren, was wir erarbeitet haben,
ſondern vollen Lohn empfahen.
2 Ep. v. 8.
Siehe auch 1 Theſſ. 3, 5.
V. 12.

Seyd doch, wie ich (ſeyd geſinnet, wie
ich, nemlich alſo, als waͤret ihr gleichſam ein
Hertz und Seele mit mir) denn ich bin, wie
ihr
(ich hebe und trage euch dergeſtalt in mei-
nem Hertzen, als wenn ich mit euch ein Hertz
und Seele waͤre:) lieben Bruͤder (als dafuͤr
ich euch dennoch erkenne, ob ich wol an vielen
unter euch irre gemacht worden) ich bitte euch
(da ich befehlen koͤnte, nach Apoſtoliſcher Auto-
ritaͤt, ſo bitte und flehe ich, nach der Liebe, wo-
mit ich euch umfaſſe. Wohin aber meine Bitte
gehet, das ſehet ihr aus dieſem gantzen Briefe.)
Jhr habet mir kein Leid gethan (fuͤr meine
Perſon. Und ob es mir wol Amts halber ſehr
nahe gegangen iſt, daß ihr euch vom Evangelio
habet abwendig machen laſſen; ſo duͤrfet ihr
doch nicht gedencken, als zuͤrnete ich mit euch,
[Spaltenumbruch] wie Beleidigte pflegen zu thun: ſondern was ich
ſchreibe, auch mit Ernſt und heiligem Eifer, hat
nach meiner Amts-Pflicht eine lautere und vaͤ-
terliche Liebe zum Grunde. Jch werde auch die
eurenthalben getragene Bekuͤmmerniß anſehen,
als haͤtte ich ſie nicht gehabt, wenn ich nur durch
dieſen Brief meinen geſuchten Zweck von eurer
Herumholung erreiche. Siehe 2 Cor. 2, 5.

Anmerckungen.
1. Die abgekuͤrtzete vier Saͤtze (1. ſeyd
doch, wie ich: 2. denn ich bin wie ihr:
3. lieben Bruͤder, ich bitte euch: 4. ihr ha-
bet mir kein Leid gethan
) zeigen in Paul[o]
den zarteſten Affect der Liebe gegen die Galater
an. Welches dieſe auch wol werden empfun-
den haben.
2. Ein guter Hertzens-Freund pfleget wol
zu heiſſen: alter ego, alter idem, der andere
ich.
Und das will hier Paulus anzeigen.
Denn da es auf ſeiner Seite hieſſe: ich bin wie
die Galater,
das iſt, ich liebe ſie, als mich
ſelbſt: ſo wuͤnſchte er auch, daß es auf Seiten
der Galater heiſſen moͤchte: Wir ſind, wie
Paulus,
das iſt, wir lieben Paulum als uns
ſelbſt, und ſind ſo einig mit ihm, als waͤre er und
wir nur eine Perſon.
3. Der Evangeliſche Weg der Liebe
iſt zur Uberzeugung, Herumholung und Beveſti-
gung der verirreten Seelen immer der beſte und
geſegneteſte; doch muß das gantze Geſchaͤfte ſolcher
Liebes-Bemuͤhungen mit Saltz gewuͤrtzet ſeyn.
Beydes ſehen wir an Paulo, und auch ſelbſt an
unſerm Heilande.
V. 13. 14.

Denn ihr wiſſet (Gr. ihr wiſſet aber)
daß ich euch in Schwachheit nach dem
Fleiſch
(unter vielen Leiden nach dem aͤuſſerli-
chen Menſchen) das Evangelium (von der
Gnade GOttes in Chriſto Act. 20, 24.) gepre-
diget habe zum erſten mal
(πρότερον, vor dem,
als ich bey euch gegenwaͤrtig war.) v. 14. Und
(ſolche) meine Anfechtung, die ich leide
(oder gelitten habe) nach dem Fleiſche, habet
ihr nicht verachtet, noch verſchmaͤhet

(daß ihr euch deswegen an dem Evangelio geſtoſ-
ſen und es veraͤchtlich gehalten und gleichſam da-
gegen ausgeſpien haͤttet) ſondern als einen
Engel
(oder Boten GOttes, wie ich auch bin)
nahmet ihr mich auf, ja als Chriſtum JE-
ſum
(als wenn er euch in eigner Perſon gepredi-
get haͤtte: wie denn auch mein Wort ſein Wort
war, und man einen Abgeſandten auf gewiſſe
Art als den Herrn ſelbſt anzuſehen pfleget.)

Anmerckungen.
1. Was der Apoſtel erſtlich nennet
Schwachheit nach dem Fleiſch, das erklaͤret
er hernach durch Anfechtung, die er erlitten
nach, oder an dem Fleiſche.
2. Und da er durch Schwachheiten keine
ſuͤndliche, ſondern Leidens-Schwachheiten,
wodurch der Leib auch oft ſehr angegriffen und
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[538/0566] Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, v. 11-14. V. 11. Jch fuͤrchte aber (aus dem Grunde der Liebe, nach welcher ich auch abweſend fuͤr die Wohlfahrt eurer Seelen ſorge) daß ich nicht vielleicht uͤmſonſt habe an euch gear- beitet (wofern ihr euch von dem Evangelio wol- let zu den duͤrftigen Satzungen der Juͤdiſchen Ceremonien und von Chriſto auf Moſen fuͤhren laſſen, und mir, da ich euch wieder auf den rech- ten Weg zu Chriſto bringen will, kein Gehoͤr geben.) Anmerckungen. 1. Das Kennzeichen eines getreuen Leh- rers iſt, wenn er dahin ſiehet, daß die durch ihn, oder auch durch andere, erweckte und zu Chriſto gebrachte Seelen nicht wieder zuruͤck, ſondern fein fortgehen und wachſen in allem Guten: gleichwie dieſes auch eines rechtſchafnen Zuhoͤ- rers Eigenſchaft und Pflicht iſt. 2. Man kan hieraus auch an Paulo den Spruch deſto beſſer einſehen, wenn er 2 Cor. 11, 28. ſaget: Jch werde taͤglich angelauf- fen, und trage Sorge fuͤr alle Gemeinen. Die getrene Sorgfalt der Lehrer, und die Folgſamkeit der Zuhoͤrer, mit eigner Wahr- nehmung ſeiner ſelbſt verknuͤpfet, wie wohl ſtehet das zuſammen, und wie rar iſt es! 3. Die Bekehrung der Menſchen, oder ein getreues und tuͤchtiges Werckzeug dazu ab- geben, iſt kein Spiel-Werck, ſondern eine nicht geringe Arbeit, wie aͤuſſerlich mit allerhand Beſchaͤftigung: alſo auch innerlich mit vielem Kampfe des Gemuͤths. So hatte Paulus an den Galatern gearbeitet. 4. Da nicht allein leichtlich eine laue Un- lauterkeit, ſondern auch gar ein gaͤntzlicher Ruͤck- fall geſchehen kan; ſo hat man wohl auf ſeiner Hut zu ſeyn. Denn auf die Beſtaͤndigkeit und Beharrung koͤmmt es an. Matth. 24, 13. Luc. 21, 19. Apoc. 2, 7. Und diß iſts, was Johannes einer auserwehlten Frauen und ihren Kindern anprieſe, wenn er ſagte: Sehet zu, daß wir nicht verlieren, was wir erarbeitet haben, ſondern vollen Lohn empfahen. 2 Ep. v. 8. Siehe auch 1 Theſſ. 3, 5. V. 12. Seyd doch, wie ich (ſeyd geſinnet, wie ich, nemlich alſo, als waͤret ihr gleichſam ein Hertz und Seele mit mir) denn ich bin, wie ihr (ich hebe und trage euch dergeſtalt in mei- nem Hertzen, als wenn ich mit euch ein Hertz und Seele waͤre:) lieben Bruͤder (als dafuͤr ich euch dennoch erkenne, ob ich wol an vielen unter euch irre gemacht worden) ich bitte euch (da ich befehlen koͤnte, nach Apoſtoliſcher Auto- ritaͤt, ſo bitte und flehe ich, nach der Liebe, wo- mit ich euch umfaſſe. Wohin aber meine Bitte gehet, das ſehet ihr aus dieſem gantzen Briefe.) Jhr habet mir kein Leid gethan (fuͤr meine Perſon. Und ob es mir wol Amts halber ſehr nahe gegangen iſt, daß ihr euch vom Evangelio habet abwendig machen laſſen; ſo duͤrfet ihr doch nicht gedencken, als zuͤrnete ich mit euch, wie Beleidigte pflegen zu thun: ſondern was ich ſchreibe, auch mit Ernſt und heiligem Eifer, hat nach meiner Amts-Pflicht eine lautere und vaͤ- terliche Liebe zum Grunde. Jch werde auch die eurenthalben getragene Bekuͤmmerniß anſehen, als haͤtte ich ſie nicht gehabt, wenn ich nur durch dieſen Brief meinen geſuchten Zweck von eurer Herumholung erreiche. Siehe 2 Cor. 2, 5. Anmerckungen. 1. Die abgekuͤrtzete vier Saͤtze (1. ſeyd doch, wie ich: 2. denn ich bin wie ihr: 3. lieben Bruͤder, ich bitte euch: 4. ihr ha- bet mir kein Leid gethan) zeigen in Paulo den zarteſten Affect der Liebe gegen die Galater an. Welches dieſe auch wol werden empfun- den haben. 2. Ein guter Hertzens-Freund pfleget wol zu heiſſen: alter ego, alter idem, der andere ich. Und das will hier Paulus anzeigen. Denn da es auf ſeiner Seite hieſſe: ich bin wie die Galater, das iſt, ich liebe ſie, als mich ſelbſt: ſo wuͤnſchte er auch, daß es auf Seiten der Galater heiſſen moͤchte: Wir ſind, wie Paulus, das iſt, wir lieben Paulum als uns ſelbſt, und ſind ſo einig mit ihm, als waͤre er und wir nur eine Perſon. 3. Der Evangeliſche Weg der Liebe iſt zur Uberzeugung, Herumholung und Beveſti- gung der verirreten Seelen immer der beſte und geſegneteſte; doch muß das gantze Geſchaͤfte ſolcher Liebes-Bemuͤhungen mit Saltz gewuͤrtzet ſeyn. Beydes ſehen wir an Paulo, und auch ſelbſt an unſerm Heilande. V. 13. 14. Denn ihr wiſſet (Gr. ihr wiſſet aber) daß ich euch in Schwachheit nach dem Fleiſch (unter vielen Leiden nach dem aͤuſſerli- chen Menſchen) das Evangelium (von der Gnade GOttes in Chriſto Act. 20, 24.) gepre- diget habe zum erſten mal (πρότερον, vor dem, als ich bey euch gegenwaͤrtig war.) v. 14. Und (ſolche) meine Anfechtung, die ich leide (oder gelitten habe) nach dem Fleiſche, habet ihr nicht verachtet, noch verſchmaͤhet (daß ihr euch deswegen an dem Evangelio geſtoſ- ſen und es veraͤchtlich gehalten und gleichſam da- gegen ausgeſpien haͤttet) ſondern als einen Engel (oder Boten GOttes, wie ich auch bin) nahmet ihr mich auf, ja als Chriſtum JE- ſum (als wenn er euch in eigner Perſon gepredi- get haͤtte: wie denn auch mein Wort ſein Wort war, und man einen Abgeſandten auf gewiſſe Art als den Herrn ſelbſt anzuſehen pfleget.) Anmerckungen. 1. Was der Apoſtel erſtlich nennet Schwachheit nach dem Fleiſch, das erklaͤret er hernach durch Anfechtung, die er erlitten nach, oder an dem Fleiſche. 2. Und da er durch Schwachheiten keine ſuͤndliche, ſondern Leidens-Schwachheiten, wodurch der Leib auch oft ſehr angegriffen und entkraͤftet wird, verſtehet: wie er denn das Wort

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 538. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/566>, abgerufen am 24.11.2024.