Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 1. 2. [Spaltenumbruch]
todt waret durch Ubertretung und Sün-de, so bleibet er, ehe er zur Anzeigung der Le- bendigmachung schreitet, bey der Beschreibung der Sünde, darinnen die Heiden vorhin ihren geistlichen Tod gehabt haben, v. 2. stehen, und kömmt dabey auch v. 3. auf die Juden, und zei- get an, wie daß sie gleicher gestalt solche geist- lich Todte gewesen: und darauf wird denn v. 4. 5. u. f. der sensus also ergäntzet, daß angezeiget wird, wie daß GOTT Juden und Heiden aus dem Tode zum geistlichen Leben geholfen habe. Es lassen sich auch diese Anfangs-Worte gar füglich mit den Worten des 19ten Verses ver- binden, daß die Construction sey: seiner Kraft an uns und an euch u. s. w. 3. Wie Ubertretung und Sünde unter- schieden sind, ist nicht nöthig genau zu unter- suchen; sondern nur dieses zu mercken, daß der Apostel sich zweyer Wörter bedienet, um die Grösse und Vielheit des sündlichen Wesens da- mit anzuzeigen: daher in unterschiedlichen an- dern Orten noch mehrere Wörter davon ge- brauchet werden. Siehe Psalm. 32, 1. 2. u. f. Doch kan man wol sagen, daß mit dem Worte Ubertretung, gesehen werde auf grobe sündli- che Ausbrüche; mit dem Worte Sünden aber auf das innere Verderben des Menschen, und auf solche Handlungen, da man vermeinet recht zu thun, und sich doch sehr versündiget, als bey den Heiden die Abgötterey war. 4. Jn Sünden todt seyn, ist dergestalt unter der Herrschaft der Sünde stehen, daß man durch dieselbe alles geistlichen Lebens und aller geistlichen Kräfte, welche zur wahren Erkäntniß und zum wahren im Geiste und in der Wahr- heit zu leistenden Dienste GOttes erfodert wer- de, im Verstand und Willen gäntzlich beraubet ist, und hingegen eine grosse Widerspenstigkeit und Abkehr dagegen in sich empfindet. 5. Es ist demnach ein grosser Unverstand, wenn so manche Leute, wenn sie zum Erweis des thätigen Christenthums ermahnet werden, gleich fertig sind mit der Entschuldigung, sie wären ja schwache Menschen. Da wir von Natur nicht allein schwach, sondern auch gar er- storben sind zum Guten; aber dieses nicht zur Entschuldigung gebrauchen müssen, sondern viel- mehr zum Erweise der Nothwendigkeit, daß man sich zum geistlichen Leben, und dadurch auch zugleich zu geistlichen Kräften bringen lasse. 6. Es dienet dieser Ort auch zur Erläute- rung der Worte, da GOTT im Paradiese sag- te: Welches Tages du davon essen wirst, solt du des Todes sterben. Denn daß GOTT mit dieser Dräuung zuvorderst auf den geistlichen Tod gesehen habe, erkennet man aus dem Erfolg desselben, welchen uns nebst der Er- fahrung dieser Ort und dergleichen Sprüche mehr vorhalten. V. 2. Jn welchen ihr weiland gewandelt Anmerckungen. 1. Hier erkläret der Apostel den gantzen Zustand der Heiden für verdammlich: und da- zu gehören unter ihnen auch die ehrbaren: wie denn auch diese der Abgötterey ergeben waren; auch waren sie Kinder des Unglaubens, und ent- fremdet von dem Leben, das aus GOTT ist. Und solche sind noch ietzo unter uns Christen bey ihrer bürgerlichen Frömmigkeit alle Unbe- kehrte. 2. Unbekehrte Menschen haben ein ge- doppeltes, ja ein dreyfaches principium, oder einen dreyfachen Antrieb ihres bö- sen Willens und Wandels: erstlich in sich den Unglauben, und darinnen den geistli- chen Tod, davon sie Todte und Kinder des Un- glaubens heissen: und denn den Lauf dieser bösen Welt, oder die Exempel, die Form und Gewohnheiten anderer Unbekehrten, dadurch sie gar starck gereitzet und gezogen werden. Da- zu denn drittens kömmt der Satan mit seinen heimlichen Eingebungen, womit er jenem ge- doppelten bösen principio, darein er seinen Ein- fluß hat, den rechten Nachdruck zur Verfüh- rung und Beherrschung giebet. Welches doch aber niemanden zur Entschuldigung dienet, da uns die noch viel stärckere Gnade GOttes nach dem Evangelio in CHristo angeboten, ja recht angepriesen, und auch wircklich geschencket wird. Da wir denn sagen können, wie schon oben angeführet: Jn dem allen überwinden wir weit Rom. 8, 37. Und: Jch vermag alles, durch den, der mich mächtig ma- chet, CHristum Phil. 4, 13. Jmgleichen: Alles, was aus GOTT gebohren ist, über- windet die Welt, und unser Glaube ist der Sieg, der die Welt überwunden hat 1 Joh. 5, 14. Kindlein, ihr seyd von GOTT, und habet jene überwunden. Denn der in euch ist, der ist grösser, denn der in der Welt ist c. 4, 4. Und diß ists eben, worauf der Apostel im nachfolgenden gehet, wenn er bezeu-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 1. 2. [Spaltenumbruch]
todt waret durch Ubertretung und Suͤn-de, ſo bleibet er, ehe er zur Anzeigung der Le- bendigmachung ſchreitet, bey der Beſchreibung der Suͤnde, darinnen die Heiden vorhin ihren geiſtlichen Tod gehabt haben, v. 2. ſtehen, und koͤmmt dabey auch v. 3. auf die Juden, und zei- get an, wie daß ſie gleicher geſtalt ſolche geiſt- lich Todte geweſen: und darauf wird denn v. 4. 5. u. f. der ſenſus alſo ergaͤntzet, daß angezeiget wird, wie daß GOTT Juden und Heiden aus dem Tode zum geiſtlichen Leben geholfen habe. Es laſſen ſich auch dieſe Anfangs-Worte gar fuͤglich mit den Worten des 19ten Verſes ver- binden, daß die Conſtruction ſey: ſeiner Kraft an uns und an euch u. ſ. w. 3. Wie Ubertretung und Suͤnde unter- ſchieden ſind, iſt nicht noͤthig genau zu unter- ſuchen; ſondern nur dieſes zu mercken, daß der Apoſtel ſich zweyer Woͤrter bedienet, um die Groͤſſe und Vielheit des ſuͤndlichen Weſens da- mit anzuzeigen: daher in unterſchiedlichen an- dern Orten noch mehrere Woͤrter davon ge- brauchet werden. Siehe Pſalm. 32, 1. 2. u. f. Doch kan man wol ſagen, daß mit dem Worte Ubertretung, geſehen werde auf grobe ſuͤndli- che Ausbruͤche; mit dem Worte Suͤnden aber auf das innere Verderben des Menſchen, und auf ſolche Handlungen, da man vermeinet recht zu thun, und ſich doch ſehr verſuͤndiget, als bey den Heiden die Abgoͤtterey war. 4. Jn Suͤnden todt ſeyn, iſt dergeſtalt unter der Herrſchaft der Suͤnde ſtehen, daß man durch dieſelbe alles geiſtlichen Lebens und aller geiſtlichen Kraͤfte, welche zur wahren Erkaͤntniß und zum wahren im Geiſte und in der Wahr- heit zu leiſtenden Dienſte GOttes erfodert wer- de, im Verſtand und Willen gaͤntzlich beraubet iſt, und hingegen eine groſſe Widerſpenſtigkeit und Abkehr dagegen in ſich empfindet. 5. Es iſt demnach ein groſſer Unverſtand, wenn ſo manche Leute, wenn ſie zum Erweis des thaͤtigen Chriſtenthums ermahnet werden, gleich fertig ſind mit der Entſchuldigung, ſie waͤren ja ſchwache Menſchen. Da wir von Natur nicht allein ſchwach, ſondern auch gar er- ſtorben ſind zum Guten; aber dieſes nicht zur Entſchuldigung gebrauchen muͤſſen, ſondern viel- mehr zum Erweiſe der Nothwendigkeit, daß man ſich zum geiſtlichen Leben, und dadurch auch zugleich zu geiſtlichen Kraͤften bringen laſſe. 6. Es dienet dieſer Ort auch zur Erlaͤute- rung der Worte, da GOTT im Paradieſe ſag- te: Welches Tages du davon eſſen wirſt, ſolt du des Todes ſterben. Denn daß GOTT mit dieſer Draͤuung zuvorderſt auf den geiſtlichen Tod geſehen habe, erkennet man aus dem Erfolg deſſelben, welchen uns nebſt der Er- fahrung dieſer Ort und dergleichen Spruͤche mehr vorhalten. V. 2. Jn welchen ihr weiland gewandelt Anmerckungen. 1. Hier erklaͤret der Apoſtel den gantzen Zuſtand der Heiden fuͤr verdammlich: und da- zu gehoͤren unter ihnen auch die ehrbaren: wie denn auch dieſe der Abgoͤtterey ergeben waren; auch waren ſie Kinder des Unglaubens, und ent- fremdet von dem Leben, das aus GOTT iſt. Und ſolche ſind noch ietzo unter uns Chriſten bey ihrer buͤrgerlichen Froͤmmigkeit alle Unbe- kehrte. 2. Unbekehrte Menſchen haben ein ge- doppeltes, ja ein dreyfaches principium, oder einen dreyfachen Antrieb ihres boͤ- ſen Willens und Wandels: erſtlich in ſich den Unglauben, und darinnen den geiſtli- chen Tod, davon ſie Todte und Kinder des Un- glaubens heiſſen: und denn den Lauf dieſer boͤſen Welt, oder die Exempel, die Form und Gewohnheiten anderer Unbekehrten, dadurch ſie gar ſtarck gereitzet und gezogen werden. Da- zu denn drittens koͤmmt der Satan mit ſeinen heimlichen Eingebungen, womit er jenem ge- doppelten boͤſen principio, darein er ſeinen Ein- fluß hat, den rechten Nachdruck zur Verfuͤh- rung und Beherrſchung giebet. Welches doch aber niemanden zur Entſchuldigung dienet, da uns die noch viel ſtaͤrckere Gnade GOttes nach dem Evangelio in CHriſto angeboten, ja recht angeprieſen, und auch wircklich geſchencket wird. Da wir denn ſagen koͤnnen, wie ſchon oben angefuͤhret: Jn dem allen uͤberwinden wir weit Rom. 8, 37. Und: Jch vermag alles, durch den, der mich maͤchtig ma- chet, CHriſtum Phil. 4, 13. Jmgleichen: Alles, was aus GOTT gebohren iſt, uͤber- windet die Welt, und unſer Glaube iſt der Sieg, der die Welt uͤberwunden hat 1 Joh. 5, 14. Kindlein, ihr ſeyd von GOTT, und habet jene uͤberwunden. Denn der in euch iſt, der iſt groͤſſer, denn der in der Welt iſt c. 4, 4. Und diß iſts eben, worauf der Apoſtel im nachfolgenden gehet, wenn er bezeu-
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, v. 1. 2.
todt waret durch Ubertretung und Suͤn-
de, ſo bleibet er, ehe er zur Anzeigung der Le-
bendigmachung ſchreitet, bey der Beſchreibung
der Suͤnde, darinnen die Heiden vorhin ihren
geiſtlichen Tod gehabt haben, v. 2. ſtehen, und
koͤmmt dabey auch v. 3. auf die Juden, und zei-
get an, wie daß ſie gleicher geſtalt ſolche geiſt-
lich Todte geweſen: und darauf wird denn v. 4.
5. u. f. der ſenſus alſo ergaͤntzet, daß angezeiget
wird, wie daß GOTT Juden und Heiden aus
dem Tode zum geiſtlichen Leben geholfen habe.
Es laſſen ſich auch dieſe Anfangs-Worte gar
fuͤglich mit den Worten des 19ten Verſes ver-
binden, daß die Conſtruction ſey: ſeiner Kraft
an uns und an euch u. ſ. w.
3. Wie Ubertretung und Suͤnde unter-
ſchieden ſind, iſt nicht noͤthig genau zu unter-
ſuchen; ſondern nur dieſes zu mercken, daß der
Apoſtel ſich zweyer Woͤrter bedienet, um die
Groͤſſe und Vielheit des ſuͤndlichen Weſens da-
mit anzuzeigen: daher in unterſchiedlichen an-
dern Orten noch mehrere Woͤrter davon ge-
brauchet werden. Siehe Pſalm. 32, 1. 2. u. f.
Doch kan man wol ſagen, daß mit dem Worte
Ubertretung, geſehen werde auf grobe ſuͤndli-
che Ausbruͤche; mit dem Worte Suͤnden aber
auf das innere Verderben des Menſchen, und
auf ſolche Handlungen, da man vermeinet recht
zu thun, und ſich doch ſehr verſuͤndiget, als bey
den Heiden die Abgoͤtterey war.
4. Jn Suͤnden todt ſeyn, iſt dergeſtalt
unter der Herrſchaft der Suͤnde ſtehen, daß man
durch dieſelbe alles geiſtlichen Lebens und aller
geiſtlichen Kraͤfte, welche zur wahren Erkaͤntniß
und zum wahren im Geiſte und in der Wahr-
heit zu leiſtenden Dienſte GOttes erfodert wer-
de, im Verſtand und Willen gaͤntzlich beraubet
iſt, und hingegen eine groſſe Widerſpenſtigkeit
und Abkehr dagegen in ſich empfindet.
5. Es iſt demnach ein groſſer Unverſtand,
wenn ſo manche Leute, wenn ſie zum Erweis
des thaͤtigen Chriſtenthums ermahnet werden,
gleich fertig ſind mit der Entſchuldigung, ſie
waͤren ja ſchwache Menſchen. Da wir von
Natur nicht allein ſchwach, ſondern auch gar er-
ſtorben ſind zum Guten; aber dieſes nicht zur
Entſchuldigung gebrauchen muͤſſen, ſondern viel-
mehr zum Erweiſe der Nothwendigkeit, daß
man ſich zum geiſtlichen Leben, und dadurch
auch zugleich zu geiſtlichen Kraͤften bringen
laſſe.
6. Es dienet dieſer Ort auch zur Erlaͤute-
rung der Worte, da GOTT im Paradieſe ſag-
te: Welches Tages du davon eſſen wirſt,
ſolt du des Todes ſterben. Denn daß
GOTT mit dieſer Draͤuung zuvorderſt auf den
geiſtlichen Tod geſehen habe, erkennet man aus
dem Erfolg deſſelben, welchen uns nebſt der Er-
fahrung dieſer Ort und dergleichen Spruͤche
mehr vorhalten.
V. 2.
Jn welchen ihr weiland gewandelt
habt, (alſo daß euer innerer Zuſtand und euer
gantzes aͤuſſerliches Leben ſuͤndlich geweſen, auch
in dem, wo ihr euch der aͤuſſerlichen Ehrbarkeit
dabey zuweilen, oder euer etliche, befliſſen ha-
bet; als welches doch alles im Unglauben ge-
ſchehen iſt:) nach dem Lauf dieſer (argen
und im Argen liegenden) Welt, (Gal. 1, 3.
1 Joh. 5, 19.) und nach dem Fuͤrſten, (dem
Oberſten der boͤſen Engel, unter deſſen Anfuͤh-
rung die uͤbrigen von GOTT abgefallen ſind,)
der in der Luft herrſchet, (und alſo, nach-
dem er ſeine Wohnung ſelbſt nicht behalten, und
aus gerechtem Gericht GOttes daraus verſtoſ-
ſen iſt Joh. 8, 44. 2 Pet. 2, 4. Ep. Jud. v. 6.
in der untern Luft, die uns Menſchen umgiebet,
und darinnen wir leben, mit ſeinen boͤſen En-
geln ſich befindet, und die Menſchen durch die
Suͤnde verſuchet und verfuͤhret, ja ſie durch die
von Natur in ihnen herrſchende Suͤnde in ſeinen
Stricken haͤlt,) nemlich nach dem Geiſt,
der, (wie zu ieder Zeit, alſo auch) zu dieſer
Zeit ſein Werck hat in den Kindern des
Unglaubens, (die dergeſtalt im Unglauben lie-
gen, daß ſie durch denſelben vom Satan be-
herrſchet und zu allen Suͤnden und Greueln an-
getrieben werden.)
Anmerckungen.
1. Hier erklaͤret der Apoſtel den gantzen
Zuſtand der Heiden fuͤr verdammlich: und da-
zu gehoͤren unter ihnen auch die ehrbaren: wie
denn auch dieſe der Abgoͤtterey ergeben waren;
auch waren ſie Kinder des Unglaubens, und ent-
fremdet von dem Leben, das aus GOTT iſt.
Und ſolche ſind noch ietzo unter uns Chriſten
bey ihrer buͤrgerlichen Froͤmmigkeit alle Unbe-
kehrte.
2. Unbekehrte Menſchen haben ein ge-
doppeltes, ja ein dreyfaches principium,
oder einen dreyfachen Antrieb ihres boͤ-
ſen Willens und Wandels: erſtlich in
ſich den Unglauben, und darinnen den geiſtli-
chen Tod, davon ſie Todte und Kinder des Un-
glaubens heiſſen: und denn den Lauf dieſer
boͤſen Welt, oder die Exempel, die Form und
Gewohnheiten anderer Unbekehrten, dadurch
ſie gar ſtarck gereitzet und gezogen werden. Da-
zu denn drittens koͤmmt der Satan mit ſeinen
heimlichen Eingebungen, womit er jenem ge-
doppelten boͤſen principio, darein er ſeinen Ein-
fluß hat, den rechten Nachdruck zur Verfuͤh-
rung und Beherrſchung giebet. Welches doch
aber niemanden zur Entſchuldigung dienet, da
uns die noch viel ſtaͤrckere Gnade GOttes nach
dem Evangelio in CHriſto angeboten, ja recht
angeprieſen, und auch wircklich geſchencket
wird. Da wir denn ſagen koͤnnen, wie ſchon
oben angefuͤhret: Jn dem allen uͤberwinden
wir weit Rom. 8, 37. Und: Jch vermag
alles, durch den, der mich maͤchtig ma-
chet, CHriſtum Phil. 4, 13. Jmgleichen:
Alles, was aus GOTT gebohren iſt, uͤber-
windet die Welt, und unſer Glaube iſt der
Sieg, der die Welt uͤberwunden hat 1 Joh.
5, 14. Kindlein, ihr ſeyd von GOTT,
und habet jene uͤberwunden. Denn der
in euch iſt, der iſt groͤſſer, denn der in der
Welt iſt c. 4, 4. Und diß iſts eben, worauf
der Apoſtel im nachfolgenden gehet, wenn er
bezeu-
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