Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 4, 13-16. [Spaltenumbruch]
er denn auch schon vorher c. 2, 15. von der ausJuden und Heiden gesammleten Gemeine gesa- get hat, daß Christus aus zween einen neuen Menschen in ihm selber erschaffen habe. 5. Vor andern sind in diesem Verse son- derlich die letztern Worte zu mercken: eis metron elikias tou pleromatos tou khristou. Da denn pleroma tou khristou, die Fülle Christi ist das männliche Alter Christi, da er, (nachdem er, wie an Alter, also auch an Weisheit dergestalt zugenommen, daß sich die Fülle der Gottheit, die er durch die persöhnliche Vereinigung beyder Naturen bereits empfangen hatte, immer mehr in ihm hervorgethan Luc. 2, 40. 52.) in seinem Lehr-Amte in vol- ler Reiffe mit aller Fülle zur Erfüllung an- derer ist ausgeflossen. Das Maß dieser Statur, oder dieses Alters Christi ist eben das zuvorgedachte männliche Alter, da man ein vollkommener Mann ist. Ob wir nun gleich das Maß des männlichen Alters Christi nicht erreichen können in der Gleichheit, so können wir doch dazu gelangen in einer Aehnlichkeit. Und das ists, worauf Paulus mit diesen Worten gehet, daß nemlich eine Aehnlichkeit sich dißfalls finden müsse zwischen dem Haupte und dem geist- lichen Leibe in allen wahren Gliedern; da sich denn in der Gestalt Christi Gal. 4, 19. die geist- liche Fülle der Gnaden bey einem jeden Gliede müsse hervor thun, nach c. 1, 23. 3, 19. 4, 10. V. 14. Auf daß wir nicht mehr (nepioi, un- Anmerckungen. 1. Der Apostel vergleichet die ungeübten Milch-Kinder in Christo mit den Meeres- Wellen, oder mit den Schiflein, welche mit den Meeres-Wellen hin und her geworfen wer- den, nicht ohne Gefahr des Schiffbruchs. Womit er denn anzeiget, was es für Gefahr habe, immer ein solcher Anfänger im Christen- thum zu bleiben, und wie nöthig es sey, daß man darin recht wachse und zunehme. Es ist auch höchst unanständig, wenn man zu keinem geistlichen Alter und Wachsthum kömmt; und schicket es sich gewiß noch weniger, als wenn man bey dem natürlichen Alter von 20. 30. und mehr Jahren immer ein Kind bleiben wolte, so sich gängeln und führen läßt. Christen müssen nicht seyn, viel weniger bleiben, wie ein Rohr, das der Wind hin und her wehet Matth. 11, 7. sondern wie ein tief eingewurtzelter Baum, der seine Früchte bringet zu seiner Zeit. Psalm 1, 3. 2. Wind der Lehre ist falsche Lehre, wie überhaupt, also insonderheit in denjenigen [Spaltenumbruch] Haupt-Puncten der Christlichen Religion, wel- che auf den Grund und auf die Ordnung des Heils gehen. Es ist demnach viel daran gele- gen, daß man die reine Lehre habe und bewahre, und sich nicht mit mancherley Lehren lasse umtrei- ben. Hebr. 13, 9. 3. Mit den vier Worten ku[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]eia, panour- gia und methodeia tes planes wird die grosse Arglistigkeit bezeichnet, welcher sich falsche Leh- rer mit allerhand Sophisterey, Wortteuscherey und scheinbaren Blendwercke zu Berückung der Einfältigen bedienen. Da hingegen die wahre Lehre solcher Hülfs-Mittel gar nicht gebrauchet, sondern die lautere Einfalt gleichsam zur Wort- halterin hat. V. 15. Lasset uns aber rechtschaffen, (ale- Anmerckungen. 1. Aletheuein en agape, und agapan en alethei[fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt], der Wahrheit ergeben seyn im Beweise der Liebe: und Liebe üben in der Ordnung der Wahrheit, gehöret allemal genau zusammen. Denn was hilft Wahr- heit, wenn sie nicht angewendet wird? Und wie kan eine rechte Liebe statt haben, wo sie nicht die Wahrheit der richtigen Lehre zum Grunde hat? So handelt auch mancher nach der Wahrheit, oder nach dem Rechte, das er vor sich hat: aber nicht nach der Liebe, nach wel- cher er sich seines Rechts in gewissen Fällen be- geben solte. Gleichwie hingegen es gar leicht geschiehet, daß man dieses und jenes in Liebe thut: aber dabey die Wahrheit und das gute Gewissen aus den Augen setzet: auf welche Art die Liebe auch nicht lauter und rechter Art ist. 2. Gleichwie ein Kind zugleich an allen Gliedern wächset: so soll auch ein Christ in allen Stücken des Christenthums, kein eintziges aus- genommen, wachsen. Und wie monstroese wür- de es nicht heraus kommen, wenn ein Kind an einem und dem andern Theile des Leibes nicht wüchse? Daraus man leichtlich erkennen kan, wie so gar es sich nicht schicke, wenn man in ei- nem und dem andern Stücke des Christenthums gar nicht zunehmen wolte. V. 16. Aus welchem der gantze (aus Juden men
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, 13-16. [Spaltenumbruch]
er denn auch ſchon vorher c. 2, 15. von der ausJuden und Heiden geſammleten Gemeine geſa- get hat, daß Chriſtus aus zween einen neuen Menſchen in ihm ſelber erſchaffen habe. 5. Vor andern ſind in dieſem Verſe ſon- derlich die letztern Worte zu mercken: ἐις μέτρον ἡλικίας τοῦ πληρώματος τοῦ χριστοῦ. Da denn πλήρωμα τοῦ χριστοῦ, die Fuͤlle Chriſti iſt das maͤnnliche Alter Chriſti, da er, (nachdem er, wie an Alter, alſo auch an Weisheit dergeſtalt zugenommen, daß ſich die Fuͤlle der Gottheit, die er durch die perſoͤhnliche Vereinigung beyder Naturen bereits empfangen hatte, immer mehr in ihm hervorgethan Luc. 2, 40. 52.) in ſeinem Lehr-Amte in vol- ler Reiffe mit aller Fuͤlle zur Erfuͤllung an- derer iſt ausgefloſſen. Das Maß dieſer Statur, oder dieſes Alters Chriſti iſt eben das zuvorgedachte maͤnnliche Alter, da man ein vollkommener Mann iſt. Ob wir nun gleich das Maß des maͤnnlichen Alters Chriſti nicht erreichen koͤnnen in der Gleichheit, ſo koͤnnen wir doch dazu gelangen in einer Aehnlichkeit. Und das iſts, worauf Paulus mit dieſen Worten gehet, daß nemlich eine Aehnlichkeit ſich dißfalls finden muͤſſe zwiſchen dem Haupte und dem geiſt- lichen Leibe in allen wahren Gliedern; da ſich denn in der Geſtalt Chriſti Gal. 4, 19. die geiſt- liche Fuͤlle der Gnaden bey einem jeden Gliede muͤſſe hervor thun, nach c. 1, 23. 3, 19. 4, 10. V. 14. Auf daß wir nicht mehr (νήπιοι, un- Anmerckungen. 1. Der Apoſtel vergleichet die ungeuͤbten Milch-Kinder in Chriſto mit den Meeres- Wellen, oder mit den Schiflein, welche mit den Meeres-Wellen hin und her geworfen wer- den, nicht ohne Gefahr des Schiffbruchs. Womit er denn anzeiget, was es fuͤr Gefahr habe, immer ein ſolcher Anfaͤnger im Chriſten- thum zu bleiben, und wie noͤthig es ſey, daß man darin recht wachſe und zunehme. Es iſt auch hoͤchſt unanſtaͤndig, wenn man zu keinem geiſtlichen Alter und Wachsthum koͤmmt; und ſchicket es ſich gewiß noch weniger, als wenn man bey dem natuͤrlichen Alter von 20. 30. und mehr Jahren immer ein Kind bleiben wolte, ſo ſich gaͤngeln und fuͤhren laͤßt. Chriſten muͤſſen nicht ſeyn, viel weniger bleiben, wie ein Rohr, das der Wind hin und her wehet Matth. 11, 7. ſondern wie ein tief eingewurtzelter Baum, der ſeine Fruͤchte bringet zu ſeiner Zeit. Pſalm 1, 3. 2. Wind der Lehre iſt falſche Lehre, wie uͤberhaupt, alſo inſonderheit in denjenigen [Spaltenumbruch] Haupt-Puncten der Chriſtlichen Religion, wel- che auf den Grund und auf die Ordnung des Heils gehen. Es iſt demnach viel daran gele- gen, daß man die reine Lehre habe und bewahre, und ſich nicht mit mancherley Lehren laſſe umtrei- ben. Hebr. 13, 9. 3. Mit den vier Worten κυ[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]είᾳ, πανουρ- γίᾳ und μεϑοδειᾳ τῆς πλάνης wird die groſſe Argliſtigkeit bezeichnet, welcher ſich falſche Leh- rer mit allerhand Sophiſterey, Wortteuſcherey und ſcheinbaren Blendwercke zu Beruͤckung der Einfaͤltigen bedienen. Da hingegen die wahre Lehre ſolcher Huͤlfs-Mittel gar nicht gebrauchet, ſondern die lautere Einfalt gleichſam zur Wort- halterin hat. V. 15. Laſſet uns aber rechtſchaffen, (ἀλη- Anmerckungen. 1. Ἀληϑεύειν ἐν ἀγάπῃ, und ἀγαπᾷν ἐν ἀληϑεί[fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt], der Wahrheit ergeben ſeyn im Beweiſe der Liebe: und Liebe uͤben in der Ordnung der Wahrheit, gehoͤret allemal genau zuſammen. Denn was hilft Wahr- heit, wenn ſie nicht angewendet wird? Und wie kan eine rechte Liebe ſtatt haben, wo ſie nicht die Wahrheit der richtigen Lehre zum Grunde hat? So handelt auch mancher nach der Wahrheit, oder nach dem Rechte, das er vor ſich hat: aber nicht nach der Liebe, nach wel- cher er ſich ſeines Rechts in gewiſſen Faͤllen be- geben ſolte. Gleichwie hingegen es gar leicht geſchiehet, daß man dieſes und jenes in Liebe thut: aber dabey die Wahrheit und das gute Gewiſſen aus den Augen ſetzet: auf welche Art die Liebe auch nicht lauter und rechter Art iſt. 2. Gleichwie ein Kind zugleich an allen Gliedern waͤchſet: ſo ſoll auch ein Chriſt in allen Stuͤcken des Chriſtenthums, kein eintziges aus- genommen, wachſen. Und wie monſtrœſe wuͤr- de es nicht heraus kommen, wenn ein Kind an einem und dem andern Theile des Leibes nicht wuͤchſe? Daraus man leichtlich erkennen kan, wie ſo gar es ſich nicht ſchicke, wenn man in ei- nem und dem andern Stuͤcke des Chriſtenthums gar nicht zunehmen wolte. V. 16. Aus welchem der gantze (aus Juden men
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, 13-16.
er denn auch ſchon vorher c. 2, 15. von der aus
Juden und Heiden geſammleten Gemeine geſa-
get hat, daß Chriſtus aus zween einen neuen
Menſchen in ihm ſelber erſchaffen habe.
5. Vor andern ſind in dieſem Verſe ſon-
derlich die letztern Worte zu mercken: ἐις μέτρον
ἡλικίας τοῦ πληρώματος τοῦ χριστοῦ. Da denn
πλήρωμα τοῦ χριστοῦ, die Fuͤlle Chriſti iſt das
maͤnnliche Alter Chriſti, da er, (nachdem er,
wie an Alter, alſo auch an Weisheit dergeſtalt
zugenommen, daß ſich die Fuͤlle der Gottheit,
die er durch die perſoͤhnliche Vereinigung
beyder Naturen bereits empfangen hatte,
immer mehr in ihm hervorgethan Luc.
2, 40. 52.) in ſeinem Lehr-Amte in vol-
ler Reiffe mit aller Fuͤlle zur Erfuͤllung an-
derer iſt ausgefloſſen. Das Maß dieſer
Statur, oder dieſes Alters Chriſti iſt eben
das zuvorgedachte maͤnnliche Alter, da man
ein vollkommener Mann iſt. Ob wir nun gleich
das Maß des maͤnnlichen Alters Chriſti nicht
erreichen koͤnnen in der Gleichheit, ſo koͤnnen wir
doch dazu gelangen in einer Aehnlichkeit. Und
das iſts, worauf Paulus mit dieſen Worten
gehet, daß nemlich eine Aehnlichkeit ſich dißfalls
finden muͤſſe zwiſchen dem Haupte und dem geiſt-
lichen Leibe in allen wahren Gliedern; da ſich
denn in der Geſtalt Chriſti Gal. 4, 19. die geiſt-
liche Fuͤlle der Gnaden bey einem jeden Gliede
muͤſſe hervor thun, nach c. 1, 23. 3, 19. 4, 10.
V. 14.
Auf daß wir nicht mehr (νήπιοι, un-
muͤndige und unverſtaͤndige) Kinder ſeyn (die
da noch kindiſch im Chriſtenthum ſich bezeugen
1 Cor. 3, 1. 2. Hebr. 5, 12. 13.) und uns waͤgen
und wiegen laſſen von allerley Wind der
Lehre (Gr. die wie Meeres-Wellen ſich hin
und her bewegen und umtreiben laſſen von aller-
ley Wind der Lehre) durch Schalckheit der
Menſchen und Teuſcherey, damit ſie uns
erſchleichen zu verfuͤhren.
Anmerckungen.
1. Der Apoſtel vergleichet die ungeuͤbten
Milch-Kinder in Chriſto mit den Meeres-
Wellen, oder mit den Schiflein, welche mit
den Meeres-Wellen hin und her geworfen wer-
den, nicht ohne Gefahr des Schiffbruchs.
Womit er denn anzeiget, was es fuͤr Gefahr
habe, immer ein ſolcher Anfaͤnger im Chriſten-
thum zu bleiben, und wie noͤthig es ſey, daß
man darin recht wachſe und zunehme. Es iſt
auch hoͤchſt unanſtaͤndig, wenn man zu keinem
geiſtlichen Alter und Wachsthum koͤmmt; und
ſchicket es ſich gewiß noch weniger, als wenn
man bey dem natuͤrlichen Alter von 20. 30. und
mehr Jahren immer ein Kind bleiben wolte, ſo
ſich gaͤngeln und fuͤhren laͤßt. Chriſten muͤſſen
nicht ſeyn, viel weniger bleiben, wie ein Rohr,
das der Wind hin und her wehet Matth. 11, 7.
ſondern wie ein tief eingewurtzelter Baum, der
ſeine Fruͤchte bringet zu ſeiner Zeit. Pſalm 1, 3.
2. Wind der Lehre iſt falſche Lehre,
wie uͤberhaupt, alſo inſonderheit in denjenigen
Haupt-Puncten der Chriſtlichen Religion, wel-
che auf den Grund und auf die Ordnung des
Heils gehen. Es iſt demnach viel daran gele-
gen, daß man die reine Lehre habe und bewahre,
und ſich nicht mit mancherley Lehren laſſe umtrei-
ben. Hebr. 13, 9.
3. Mit den vier Worten κυ_ είᾳ, πανουρ-
γίᾳ und μεϑοδειᾳ τῆς πλάνης wird die groſſe
Argliſtigkeit bezeichnet, welcher ſich falſche Leh-
rer mit allerhand Sophiſterey, Wortteuſcherey
und ſcheinbaren Blendwercke zu Beruͤckung der
Einfaͤltigen bedienen. Da hingegen die wahre
Lehre ſolcher Huͤlfs-Mittel gar nicht gebrauchet,
ſondern die lautere Einfalt gleichſam zur Wort-
halterin hat.
V. 15.
Laſſet uns aber rechtſchaffen, (ἀλη-
ϑέυειν, der dem zuvorgedachten irrigen luͤgen-
haften und verfuͤhriſchen Weſen in der Lehre ent-
gegen geſetzten Wahrheit recht ergeben ſeyn) in
der Liebe (alſo, daß wir die kraͤftigen Glau-
bens-Lehren auch in Heiligung, oder in den
Pflichten der wohlgeordneten Liebe gegen GOtt,
uns ſelbſt und unſern Nechſten zur Ubung brin-
gen) und wachſen (nicht nur in einem und dem
andern, ſondern) in allen Stuͤcken an dem
(έις ἀυτὸν, auf den, oder zu immer mehrern
Gleichfoͤrmigkeit deſſen) der das Haupt iſt,
Chriſtus (aus welchem und zu welchem wir
wachſen muͤſſen. Cap. 1, 22. 2, 21. 5, 25. Col.
1, 18.
Anmerckungen.
1. Ἀληϑεύειν ἐν ἀγάπῃ, und ἀγαπᾷν
ἐν ἀληϑεί_ , der Wahrheit ergeben ſeyn im
Beweiſe der Liebe: und Liebe uͤben in der
Ordnung der Wahrheit, gehoͤret allemal
genau zuſammen. Denn was hilft Wahr-
heit, wenn ſie nicht angewendet wird? Und
wie kan eine rechte Liebe ſtatt haben, wo ſie nicht
die Wahrheit der richtigen Lehre zum Grunde
hat? So handelt auch mancher nach der
Wahrheit, oder nach dem Rechte, das er vor
ſich hat: aber nicht nach der Liebe, nach wel-
cher er ſich ſeines Rechts in gewiſſen Faͤllen be-
geben ſolte. Gleichwie hingegen es gar leicht
geſchiehet, daß man dieſes und jenes in Liebe
thut: aber dabey die Wahrheit und das gute
Gewiſſen aus den Augen ſetzet: auf welche Art
die Liebe auch nicht lauter und rechter Art iſt.
2. Gleichwie ein Kind zugleich an allen
Gliedern waͤchſet: ſo ſoll auch ein Chriſt in allen
Stuͤcken des Chriſtenthums, kein eintziges aus-
genommen, wachſen. Und wie monſtrœſe wuͤr-
de es nicht heraus kommen, wenn ein Kind an
einem und dem andern Theile des Leibes nicht
wuͤchſe? Daraus man leichtlich erkennen kan,
wie ſo gar es ſich nicht ſchicke, wenn man in ei-
nem und dem andern Stuͤcke des Chriſtenthums
gar nicht zunehmen wolte.
V. 16.
Aus welchem der gantze (aus Juden
und Heyden beſtehende geiſtliche) Leib zuſam-
men
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