Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 2, 24-28. [Spaltenumbruch]
den unter ihnen wohnen, haben sich mit allemFleiß vor Aergernissen zu hüten, daß der Name ihres Heylandes nicht verlästert, sondern der- selbe vielmehr nebst dem Evangelio allewege ge- ehret und geschmücket werde, nach der den Weibern und auch den Dienst-Boten gegebnen ernstlichen Ermahnung. 1 Timoth. 6, 1. Tit. 2, 5. 8. 10. 1 Petr. 2, 12. Es haben demnach alle Christen dahin zu sehen, daß ihr Schatz nicht verlästert werde. Röm. 14, 16. 2. Jnsonderheit haben sich diejenige vor Aergerniß vorzusehen, welche in der Ausübung des Christenthums einen guten und kundbaren Anfang gemachet, und damit auch andern ein gut Exempel gegeben haben: sintemal sie sonst mehr wieder niederreissen, als sie gebauet hat- ten; sonderlich wenn dadurch rohen Welt-Kin- dern Gelegenheit gegeben wird, alle Bewei- sung des Ernsts im Christenthum für verdächtig, ja auch wol für Heucheley zu halten, und an rechtschaffenen Kindern GOttes mit Lästerun- gen sich zu versündigen. 3. Am allermeisten aber gehet diese War- nung vor Aergernissen die öffentlichen Lehrer an; als worauf auch Paulus im gantzen Con- texte am meisten zielet. 4. Es entstehen aber die Aergernisse nicht allein von gröbern, sondern auch von subtilern, und dabey doch also beschaffnen Sünden, daß sie auch von unbekehrten Leuten können beurthei- let, und wo nicht eben alle mißbilliget, doch zur Nachfolge gezogen werden, mit dem Erfolg der Verunehrung des Namens GOttes. Denn Paulus bestrafet hier an den Juden auch die sub- tilern Ubertretungen des Gesetzes. V. 25. Die Beschneidung (worauf du dich bey Anmerckungen. 1. Dein Kirch-Beicht- und Abendmahl- gehen, auch dein Bibel-lesen, und dergleichen ist dir wohl nütze, wenn du es aus dem rechten Grunde, und in rechter Ordnung zum rechten [Spaltenumbruch] Zweck führest. Thust du aber dieses nicht, so betriegest du dich damit nur selbst. 2. Sonderlich ist dir die an statt der Be- scheidung empfangene Taufe wohl nütze, wenn du deinem Taufbunde mit Bewahrung eines guten Gewissens vor GOtt nachkömmst. Hältst du aber deinen Taufbund nicht, so bist du in der That so gar nicht besser, als ein ungetauf- ter Heyde, und ein beschnittener Jüde, daß du vielmehr eine schwerere Verantwortung auf dich ladest. 3. Es haben demnach auch die Christen wohl zu mercken, was GOtt bey dem Ezechiel saget, wenn er c. 44, 9. spricht: Es soll kein fremder eines unbeschnittenen Her- tzens in mein Heiligthum kommen. V. 26. So nun die Vorhaut (der unbeschnitte- Anmerckung. O wie viele unter den Christen werden von V. 27. Und wird also, das von Natur eine Anmerckung. Von der Redens-Art dia grammatos [fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt] V. 28. Denn das ist nicht ein (rechter und GOtt wen-
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, 24-28. [Spaltenumbruch]
den unter ihnen wohnen, haben ſich mit allemFleiß vor Aergerniſſen zu huͤten, daß der Name ihres Heylandes nicht verlaͤſtert, ſondern der- ſelbe vielmehr nebſt dem Evangelio allewege ge- ehret und geſchmuͤcket werde, nach der den Weibern und auch den Dienſt-Boten gegebnen ernſtlichen Ermahnung. 1 Timoth. 6, 1. Tit. 2, 5. 8. 10. 1 Petr. 2, 12. Es haben demnach alle Chriſten dahin zu ſehen, daß ihr Schatz nicht verlaͤſtert werde. Roͤm. 14, 16. 2. Jnſonderheit haben ſich diejenige vor Aergerniß vorzuſehen, welche in der Ausuͤbung des Chriſtenthums einen guten und kundbaren Anfang gemachet, und damit auch andern ein gut Exempel gegeben haben: ſintemal ſie ſonſt mehr wieder niederreiſſen, als ſie gebauet hat- ten; ſonderlich wenn dadurch rohen Welt-Kin- dern Gelegenheit gegeben wird, alle Bewei- ſung des Ernſts im Chriſtenthum fuͤr verdaͤchtig, ja auch wol fuͤr Heucheley zu halten, und an rechtſchaffenen Kindern GOttes mit Laͤſterun- gen ſich zu verſuͤndigen. 3. Am allermeiſten aber gehet dieſe War- nung vor Aergerniſſen die oͤffentlichen Lehrer an; als worauf auch Paulus im gantzen Con- texte am meiſten zielet. 4. Es entſtehen aber die Aergerniſſe nicht allein von groͤbern, ſondern auch von ſubtilern, und dabey doch alſo beſchaffnen Suͤnden, daß ſie auch von unbekehrten Leuten koͤnnen beurthei- let, und wo nicht eben alle mißbilliget, doch zur Nachfolge gezogen werden, mit dem Erfolg der Verunehrung des Namens GOttes. Denn Paulus beſtrafet hier an den Juden auch die ſub- tilern Ubertretungen des Geſetzes. V. 25. Die Beſchneidung (worauf du dich bey Anmerckungen. 1. Dein Kirch-Beicht- und Abendmahl- gehen, auch dein Bibel-leſen, und dergleichen iſt dir wohl nuͤtze, wenn du es aus dem rechten Grunde, und in rechter Ordnung zum rechten [Spaltenumbruch] Zweck fuͤhreſt. Thuſt du aber dieſes nicht, ſo betriegeſt du dich damit nur ſelbſt. 2. Sonderlich iſt dir die an ſtatt der Be- ſcheidung empfangene Taufe wohl nuͤtze, wenn du deinem Taufbunde mit Bewahrung eines guten Gewiſſens vor GOtt nachkoͤmmſt. Haͤltſt du aber deinen Taufbund nicht, ſo biſt du in der That ſo gar nicht beſſer, als ein ungetauf- ter Heyde, und ein beſchnittener Juͤde, daß du vielmehr eine ſchwerere Verantwortung auf dich ladeſt. 3. Es haben demnach auch die Chriſten wohl zu mercken, was GOtt bey dem Ezechiel ſaget, wenn er c. 44, 9. ſpricht: Es ſoll kein fremder eines unbeſchnittenen Her- tzens in mein Heiligthum kommen. V. 26. So nun die Vorhaut (der unbeſchnitte- Anmerckung. O wie viele unter den Chriſten werden von V. 27. Und wird alſo, das von Natur eine Anmerckung. Von der Redens-Art διὰ γράμματος [fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt] V. 28. Denn das iſt nicht ein (rechter und GOtt wen-
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 2, 24-28.
den unter ihnen wohnen, haben ſich mit allem
Fleiß vor Aergerniſſen zu huͤten, daß der Name
ihres Heylandes nicht verlaͤſtert, ſondern der-
ſelbe vielmehr nebſt dem Evangelio allewege ge-
ehret und geſchmuͤcket werde, nach der den
Weibern und auch den Dienſt-Boten gegebnen
ernſtlichen Ermahnung. 1 Timoth. 6, 1. Tit. 2,
5. 8. 10. 1 Petr. 2, 12. Es haben demnach alle
Chriſten dahin zu ſehen, daß ihr Schatz nicht
verlaͤſtert werde. Roͤm. 14, 16.
2. Jnſonderheit haben ſich diejenige vor
Aergerniß vorzuſehen, welche in der Ausuͤbung
des Chriſtenthums einen guten und kundbaren
Anfang gemachet, und damit auch andern ein
gut Exempel gegeben haben: ſintemal ſie ſonſt
mehr wieder niederreiſſen, als ſie gebauet hat-
ten; ſonderlich wenn dadurch rohen Welt-Kin-
dern Gelegenheit gegeben wird, alle Bewei-
ſung des Ernſts im Chriſtenthum fuͤr verdaͤchtig,
ja auch wol fuͤr Heucheley zu halten, und an
rechtſchaffenen Kindern GOttes mit Laͤſterun-
gen ſich zu verſuͤndigen.
3. Am allermeiſten aber gehet dieſe War-
nung vor Aergerniſſen die oͤffentlichen Lehrer
an; als worauf auch Paulus im gantzen Con-
texte am meiſten zielet.
4. Es entſtehen aber die Aergerniſſe nicht
allein von groͤbern, ſondern auch von ſubtilern,
und dabey doch alſo beſchaffnen Suͤnden, daß
ſie auch von unbekehrten Leuten koͤnnen beurthei-
let, und wo nicht eben alle mißbilliget, doch zur
Nachfolge gezogen werden, mit dem Erfolg der
Verunehrung des Namens GOttes. Denn
Paulus beſtrafet hier an den Juden auch die ſub-
tilern Ubertretungen des Geſetzes.
V. 25.
Die Beſchneidung (worauf du dich bey
deinem Juͤdiſchen Namen nicht weniger, als auf
das Geſetz und auf die geſetzliche Gelehrſamkeit
verlaͤſſeſt v. 17. 18.) iſt wohl nuͤtze (wird von
dir nuͤtzlich gebrauchet) wenn du das (Moral-)
Geſetz (vollkoͤmmlich, oder doch auf eine dem
Evangelio gemaͤſſe Art) haͤltſt; (und dich alſo
auch am Hertzen beſchnitten erweiſeſt) haͤlteſt
du aber das Geſetz nicht (auf eine ſolche Art)
ſo iſt deine Beſchneidung, (der Stand deines
Judenthums, deſſen du dich ſo ſehr ruͤhmeſt ge-
gen das Evangelium von Chriſto) ſchon eine
Vorhaut worden (die gar nichts nuͤtze, und
ſo viel als waͤreſt du nicht beſchnitten, oder du
biſt vor GOtt nicht beſſer geachtet, als der un-
bekehrte Zuſtand des Heydenthums, oder eines
von dem Leben aus GOtt entfremdeten und al-
ſo an Leib und Seele unbeſchnittenen Heyden:
geſchweige daß du bey ſolcher Beſchaffenheit mit
deinem auſſer dem Meßia betrachteten Juden-
thum vor GOtt ſolteſt beſtehen koͤnnen, wie du
doch meyneſt.)
Anmerckungen.
1. Dein Kirch-Beicht- und Abendmahl-
gehen, auch dein Bibel-leſen, und dergleichen iſt
dir wohl nuͤtze, wenn du es aus dem rechten
Grunde, und in rechter Ordnung zum rechten
Zweck fuͤhreſt. Thuſt du aber dieſes nicht, ſo
betriegeſt du dich damit nur ſelbſt.
2. Sonderlich iſt dir die an ſtatt der Be-
ſcheidung empfangene Taufe wohl nuͤtze,
wenn du deinem Taufbunde mit Bewahrung
eines guten Gewiſſens vor GOtt nachkoͤmmſt.
Haͤltſt du aber deinen Taufbund nicht, ſo biſt du
in der That ſo gar nicht beſſer, als ein ungetauf-
ter Heyde, und ein beſchnittener Juͤde, daß du
vielmehr eine ſchwerere Verantwortung auf dich
ladeſt.
3. Es haben demnach auch die Chriſten
wohl zu mercken, was GOtt bey dem Ezechiel
ſaget, wenn er c. 44, 9. ſpricht: Es ſoll
kein fremder eines unbeſchnittenen Her-
tzens in mein Heiligthum kommen.
V. 26.
So nun die Vorhaut (der unbeſchnitte-
nen Heyden) das Recht im Geſetze haͤlt (das
geſchriebene Geſetz zwar nicht hat, aber doch
ihm ſelbſt ein Geſetz iſt, und des Geſetzes Werck
thut v. 15.) meineſt du nicht, daß ſeine Vor-
haut (der Stand ſeines Heydenthums) werde
fuͤr eine Beſchneidung gerechnet (fuͤr eben
ſo gut, ja fuͤr noch beſſer gehalten, als dein bloß
aͤnſſerliches Judenthum, darauf du dich doch
ſo ſehr verlaͤſſeſt, und vermeyneſt daher groſſe
Vorzuͤge vor den Heyden zu haben, und damit
vor GOtt beſtehen zu koͤnnen, und dich folglich
nach dem Evangelio vom wahren Meßia nicht um
ſieheſt.)
Anmerckung.
O wie viele unter den Chriſten werden von
den ehrbaren Heyden noch heute zu Tage be-
ſchaͤmet! Und wie werden ſie gegen jene am Ta-
ge des Gerichts beſtehen.
V. 27.
Und wird alſo, das von Natur eine
Vorhaut iſt (der, welcher der Natur und Ge-
burt nach ein Heide iſt) und das Geſetz (alſo,
wie gedacht) vollbringet, dich, (der du dich
uͤber ihn zum Richter aufwirfſt v. 1. richten (in
der That ſelbſt das Urtheil uͤber und wider dich
ſprechen) der du unter dem Buchſtaben und
der Beſchneidung biſt (mit dem Buchſtaben
und bloß buchſtaͤblichen Verſtande und aͤuſſerli-
chen Wercken des Geſetzes umgeheſt, dich auch
darauf, und auf das Vorrecht der Beſchnei-
dung, verlaͤſſeſt v. 17. ſeqq.) und das Geſetz
uͤbertritteſt (wo nicht allemal aͤuſſerlich und auf
eine grobe Art, doch innerlich und alſo, daß die
Ubertretung doch in aller Unlauterkeit deines
Wandels auch andern ſich zeiget, und ihnen zum
Anſtoß wird.
Anmerckung.
Von der Redens-Art διὰ γράμματος _
κεριτομῆς ſtehet διὰ fuͤr σὺν oder ἐν. Davon man
ſehe die Anmerckung uͤber c. 4, 11.
V. 28.
Denn das iſt nicht ein (rechter und GOtt
wohlgefaͤlliger) Juͤde, der (nur allein) aus-
wen-
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