Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 1, 17. 18. [Spaltenumbruch]
Christo überzeuget, daß sie ihn für den verheisse-nen Meßiam hielten. Weil sie aber vom Mes- sia nach dem Judenthum vorher viele irrige Mei- nung gefasset hatten, was so wol seine Person, als sein Amt betraf, und dafür hielten, er wür- de die jüdische Nation bey den Mosaischen Sa- tzungen, und insonderheit bey der patriarchali- schen Beschneidung lassen, so verkündigten sie Christum nach solchem ihrem falschen Begriff. Und dabey blieb es nicht; sondern es kam auch noch dieses dazu, daß, weil sie höreten, daß Pauli Predigt gar anders beschaffen war, und er damit vielen Eingang funde, sie ihn daher beneideten und hasseten, auch Ubels von ihm und von seiner richtigen Lehre redeten, und also suchten die durchs Evangelium Christo gewonnene Seelen von Paulo abzuziehen und von ihnen sich einen Anhang zu machen. Welches denn Paulo sehr nahe gehen muste, näher als seine äusserliche Leiden. Dazu auch dieses kam, daß die Feinde von aussen dieses ohn Zweifel ergriffen, und gesa- get haben, die Christliche Religion sey nicht wohl gegründet, und setze ihre eigene Bekenner nur in lauter Zanck und Streit. 2. Es waren demnach diese lauter falsche V. 18. Was ist ihm aber denn? (wie gehets Anmerckungen. 1. Es wird dieser Ort von fleischlich-gesin- neten Lehrern gar sehr gemißbrauchet. Denn sie wollen daraus erweisen, daß auch unbekehrte Leh- rer könten Christum recht verkündigen, und daß sie folglich auch wahrhaftig erleuchtet seyn mü- [Spaltenumbruch] sten; sintemal sich ja sonst Paulus über ihre Predigt nicht würde gefreuet haben. Um der Verdrehung dieses Orts recht zu begegnen, so hat man dabey unterschiedliches wohl zu mer- cken: erstlich die Unrichtigkeit des Schlus- ses. Hernach wie das Gegentheil im Texte liege: und denn, daß die unbehutsame Teutsche Ubersetzung zu der Mißdeutung Anlaß gegeben habe. 2. Erstlich ist der Schluß falsch, wenn man also argumentiret: Der Unbekehrte predi- get recht: darum ist er auch erleuchtet. Denn es kan einer aus bloß buchstäblicher Erkäntniß, und aus Büchern recht predigen, was die Haupt- Stücke Christlicher Lehre, wie sie im Catechismo und in den symbolischen Büchern vorgetragen sind, betrift, und dennoch dabey gantz uner- leuchtet seyn: gleichwie die Pharisäer auf Mosis Stuhl sassen und viel wahres lehreten, wel- ches auch von ihnen anzunehmen war; und den- noch in geistlichen Dingen Narren und Blinde waren: sintemal unser Heiland Matth. 23. beydes von ihnen saget. Verstehet man aber das recht predigen also, daß es heißt den gan- tzen Rath GOttes von dem Grunde und von der Ordnung des Heils so wol nach der Lehre, als nach der Application auf den unterschiedenen Zustand der Zuhörer in aller Lauterkeit, ohne al- len Zusatz und Verfälschung allemal, oder zu al- ler Zeit, und in allen Stücken recht verkündigen, so ist es falsch, daß ein unbekehrter Lehrer also recht predigen könne. Der Grund davon lie- get in dem gäntzlichen Mangel der vorher nach v. 9. beschriebenen geistlichen Erfahrung, und beweisen sie das Gegentheil unzehligmal, so wol in ihrem mündlichen Vortrage, als in ihren Schriften, sonderlich denen, womit sie die Wahrheit bestreiten, und ihren grossen Jrr- thum von der würdigen Amts-Führung und Er- leuchtung gottloser Lehrer zu vertheidigen su- chen. 3. Daß aber die unbekehrten Lehrer, da- von Paulus redet, Christum, oder die Evangeli- sche Lehre von Christo, nicht recht und rein ver- kündiget haben, das zeiget er ja klärlich genug an. Denn er saget ja von ihnen ausdrücklich, daß sie Christum verkündiget haben oukh agnos, nicht rein und lauter, und also unrein und unlauter, oder unrichtig und irrig: welches er 2 Cor. 2, 17. nennet kapeleuein logon tou theou, das Wort GOttes also verfälschen, und eine rechte Krämerey damit treiben, wie es die Ge- wissen losen Wirthe machen, die das Geträncke vermengen und verfälschen. Da hingegen agnos, lauterlich predigen daselbst heißt reden aus Lauterkeit und als aus GOtt, vor GOtt, in Christo JEsu. Und da diese Leu- te sich dieses zum Zwecke vorgesetzet hatten, daß sie Paulo widersprechen und ihm zu seinen Ban- den noch vielen Gemüths-Kummer machen möch- ten, wie können sie doch bey einem solchen ver- kehrten Vorhaben und Verfahren immermehr Christum recht und lauter verkündiget haben, und wahrhaftig erleuchtet gewesen seyn? 4. Nun
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, 17. 18. [Spaltenumbruch]
Chriſto uͤberzeuget, daß ſie ihn fuͤr den verheiſſe-nen Meßiam hielten. Weil ſie aber vom Meſ- ſia nach dem Judenthum vorher viele irrige Mei- nung gefaſſet hatten, was ſo wol ſeine Perſon, als ſein Amt betraf, und dafuͤr hielten, er wuͤr- de die juͤdiſche Nation bey den Moſaiſchen Sa- tzungen, und inſonderheit bey der patriarchali- ſchen Beſchneidung laſſen, ſo verkuͤndigten ſie Chriſtum nach ſolchem ihrem falſchen Begriff. Und dabey blieb es nicht; ſondern es kam auch noch dieſes dazu, daß, weil ſie hoͤreten, daß Pauli Predigt gar anders beſchaffen war, und er damit vielen Eingang funde, ſie ihn daher beneideten und haſſeten, auch Ubels von ihm und von ſeiner richtigen Lehre redeten, und alſo ſuchten die durchs Evangelium Chriſto gewonnene Seelen von Paulo abzuziehen und von ihnen ſich einen Anhang zu machen. Welches denn Paulo ſehr nahe gehen muſte, naͤher als ſeine aͤuſſerliche Leiden. Dazu auch dieſes kam, daß die Feinde von auſſen dieſes ohn Zweifel ergriffen, und geſa- get haben, die Chriſtliche Religion ſey nicht wohl gegruͤndet, und ſetze ihre eigene Bekenner nur in lauter Zanck und Streit. 2. Es waren demnach dieſe lauter falſche V. 18. Was iſt ihm aber denn? (wie gehets Anmerckungen. 1. Es wird dieſer Ort von fleiſchlich-geſin- neten Lehrern gar ſehr gemißbrauchet. Denn ſie wollen daraus erweiſen, daß auch unbekehrte Leh- rer koͤnten Chriſtum recht verkuͤndigen, und daß ſie folglich auch wahrhaftig erleuchtet ſeyn muͤ- [Spaltenumbruch] ſten; ſintemal ſich ja ſonſt Paulus uͤber ihre Predigt nicht wuͤrde gefreuet haben. Um der Verdrehung dieſes Orts recht zu begegnen, ſo hat man dabey unterſchiedliches wohl zu mer- cken: erſtlich die Unrichtigkeit des Schluſ- ſes. Hernach wie das Gegentheil im Texte liege: und denn, daß die unbehutſame Teutſche Uberſetzung zu der Mißdeutung Anlaß gegeben habe. 2. Erſtlich iſt der Schluß falſch, wenn man alſo argumentiret: Der Unbekehrte predi- get recht: darum iſt er auch erleuchtet. Denn es kan einer aus bloß buchſtaͤblicher Erkaͤntniß, und aus Buͤchern recht predigen, was die Haupt- Stuͤcke Chriſtlicher Lehre, wie ſie im Catechiſmo und in den ſymboliſchen Buͤchern vorgetragen ſind, betrift, und dennoch dabey gantz uner- leuchtet ſeyn: gleichwie die Phariſaͤer auf Moſis Stuhl ſaſſen und viel wahres lehreten, wel- ches auch von ihnen anzunehmen war; und den- noch in geiſtlichen Dingen Narren und Blinde waren: ſintemal unſer Heiland Matth. 23. beydes von ihnen ſaget. Verſtehet man aber das recht predigen alſo, daß es heißt den gan- tzen Rath GOttes von dem Grunde und von der Ordnung des Heils ſo wol nach der Lehre, als nach der Application auf den unterſchiedenen Zuſtand der Zuhoͤrer in aller Lauterkeit, ohne al- len Zuſatz und Verfaͤlſchung allemal, oder zu al- ler Zeit, und in allen Stuͤcken recht verkuͤndigen, ſo iſt es falſch, daß ein unbekehrter Lehrer alſo recht predigen koͤnne. Der Grund davon lie- get in dem gaͤntzlichen Mangel der vorher nach v. 9. beſchriebenen geiſtlichen Erfahrung, und beweiſen ſie das Gegentheil unzehligmal, ſo wol in ihrem muͤndlichen Vortrage, als in ihren Schriften, ſonderlich denen, womit ſie die Wahrheit beſtreiten, und ihren groſſen Jrr- thum von der wuͤrdigen Amts-Fuͤhrung und Er- leuchtung gottloſer Lehrer zu vertheidigen ſu- chen. 3. Daß aber die unbekehrten Lehrer, da- von Paulus redet, Chriſtum, oder die Evangeli- ſche Lehre von Chriſto, nicht recht und rein ver- kuͤndiget haben, das zeiget er ja klaͤrlich genug an. Denn er ſaget ja von ihnen ausdruͤcklich, daß ſie Chriſtum verkuͤndiget haben οὐχ ἁγνῶς, nicht rein und lauter, und alſo unrein und unlauter, oder unrichtig und irrig: welches er 2 Cor. 2, 17. nennet καπηλέυειν λόγον τοῦ θεοῦ, das Wort GOttes alſo verfaͤlſchen, und eine rechte Kraͤmerey damit treiben, wie es die Ge- wiſſen loſen Wirthe machen, die das Getraͤncke vermengen und verfaͤlſchen. Da hingegen ἁγνῶς, lauterlich predigen daſelbſt heißt reden aus Lauterkeit und als aus GOtt, vor GOtt, in Chriſto JEſu. Und da dieſe Leu- te ſich dieſes zum Zwecke vorgeſetzet hatten, daß ſie Paulo widerſprechen und ihm zu ſeinen Ban- den noch vielen Gemuͤths-Kummer machen moͤch- ten, wie koͤnnen ſie doch bey einem ſolchen ver- kehrten Vorhaben und Verfahren immermehr Chriſtum recht und lauter verkuͤndiget haben, und wahrhaftig erleuchtet geweſen ſeyn? 4. Nun
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0726" n="698"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Erklaͤrung des Briefs Pauli <hi rendition="#et">Cap. 1, 17. 18.</hi></hi></fw><lb/><cb/> Chriſto uͤberzeuget, daß ſie ihn fuͤr den verheiſſe-<lb/> nen Meßiam hielten. Weil ſie aber vom Meſ-<lb/> ſia nach dem Judenthum vorher viele irrige Mei-<lb/> nung gefaſſet hatten, was ſo wol ſeine Perſon,<lb/> als ſein Amt betraf, und dafuͤr hielten, er wuͤr-<lb/> de die juͤdiſche <hi rendition="#aq">Nation</hi> bey den Moſaiſchen Sa-<lb/> tzungen, und inſonderheit bey der patriarchali-<lb/> ſchen Beſchneidung laſſen, ſo verkuͤndigten ſie<lb/> Chriſtum nach ſolchem ihrem falſchen Begriff.<lb/> Und dabey blieb es nicht; ſondern es kam auch<lb/> noch dieſes dazu, daß, weil ſie hoͤreten, daß Pauli<lb/> Predigt gar anders beſchaffen war, und er damit<lb/> vielen Eingang funde, ſie ihn daher beneideten<lb/> und haſſeten, auch Ubels von ihm und von ſeiner<lb/> richtigen Lehre redeten, und alſo ſuchten die<lb/> durchs Evangelium Chriſto gewonnene Seelen<lb/> von Paulo abzuziehen und von ihnen ſich einen<lb/> Anhang zu machen. Welches denn Paulo ſehr<lb/> nahe gehen muſte, naͤher als ſeine aͤuſſerliche<lb/> Leiden. Dazu auch dieſes kam, daß die Feinde<lb/> von auſſen dieſes ohn Zweifel ergriffen, und geſa-<lb/> get haben, die Chriſtliche Religion ſey nicht<lb/> wohl gegruͤndet, und ſetze ihre eigene Bekenner<lb/> nur in lauter Zanck und Streit.</p><lb/> <p>2. Es waren demnach dieſe lauter <hi rendition="#fr">falſche<lb/> Lehrer</hi> und ſolche, von welchen Paulus auch in<lb/> den uͤbrigen Briefen ſchreibet, ſonderlich in dem<lb/> andern an die Corinthier, in dem an die Gala-<lb/> ter, an die Coloſſer und an den Titum, da er c. 1,<lb/> 10. 11. ſpricht: <hi rendition="#fr">Es ſind viel freche und unnuͤ-<lb/> tze Schwaͤtzer und Verfuͤhrer, ſonderlich<lb/> die aus der Beſchneidung: welchen man<lb/> muß das Maul ſtopffen, die da gantze Haͤu-<lb/> ſer verkehren, und lehren das nicht tau-<lb/> get, um ſchaͤndliches Gewinnes willen.</hi><lb/> Denn da die Judiſche <hi rendition="#aq">Nation</hi> durch das gantze<lb/> Roͤmiſche Reich zerſtreuet war, ſo funden ſie ſich<lb/> faſt allenthalben, und machten den Apoſteln viel<lb/> mehr zu ſchaffen, als die uͤbrigen, welche nichts<lb/> von Chriſto wiſſen wolten. Und da die zu Phi-<lb/> lippen von gleicher Art waren, ſo ſpricht der<lb/> Apoſtel c. 3, 2. von ihnen: <hi rendition="#fr">Sehet auf die<lb/> Hunde, ſehet auf die boͤſen Arbeiter, ſehet<lb/> auf die Zerſchneidung.</hi> Und v. 18. 19. <hi rendition="#fr">Viele<lb/> wandeln, von welchen ich euch oft geſaget<lb/> habe, nun aber ſage ich auch mit Weinen,<lb/> die Feinde des Creutzes Chriſti: welcher<lb/> Ende iſt das Verdammniß, welchen der<lb/> Bauch ihr GOTT iſt, und ihre Ehre zu<lb/> ſchanden wird, derer die irdiſch geſinnet<lb/> ſind.</hi></p> </div> </div><lb/> <div n="3"> <head>V. 18.</head><lb/> <p><hi rendition="#fr">Was iſt ihm aber denn?</hi> (wie gehets<lb/> denn nun zu?) <hi rendition="#fr">daß nur Chriſtus geprediget<lb/> werde allerley Weiſe, es geſchehe zufalls,<lb/> oder rechter weiſe; ſo freue ich mich doch<lb/> darinnen, und will mich auch freuen.</hi></p><lb/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">Anmerckungen.</hi> </head><lb/> <list> <item>1. Es wird dieſer Ort von fleiſchlich-geſin-<lb/> neten Lehrern gar ſehr gemißbrauchet. Denn ſie<lb/> wollen daraus erweiſen, daß auch unbekehrte Leh-<lb/> rer koͤnten Chriſtum recht verkuͤndigen, und daß<lb/> ſie folglich auch wahrhaftig erleuchtet ſeyn muͤ-<lb/><cb/> ſten; ſintemal ſich ja ſonſt Paulus uͤber ihre<lb/> Predigt nicht wuͤrde gefreuet haben. Um der<lb/> Verdrehung dieſes Orts recht zu begegnen, ſo<lb/> hat man dabey unterſchiedliches wohl zu mer-<lb/> cken: erſtlich die <hi rendition="#fr">Unrichtigkeit des Schluſ-<lb/> ſes.</hi> Hernach wie das <hi rendition="#fr">Gegentheil</hi> im Texte<lb/> liege: und denn, daß die unbehutſame <hi rendition="#fr">Teutſche<lb/> Uberſetzung</hi> zu der Mißdeutung Anlaß gegeben<lb/> habe.</item><lb/> <item>2. Erſtlich iſt der <hi rendition="#fr">Schluß</hi> falſch, wenn<lb/> man alſo <hi rendition="#aq">argumentir</hi>et: Der Unbekehrte predi-<lb/> get recht: darum iſt er auch erleuchtet. Denn<lb/> es kan einer aus bloß buchſtaͤblicher Erkaͤntniß,<lb/> und aus Buͤchern recht predigen, was die Haupt-<lb/> Stuͤcke Chriſtlicher Lehre, wie ſie im Catechiſmo<lb/> und in den ſymboliſchen Buͤchern vorgetragen<lb/> ſind, betrift, und dennoch dabey gantz uner-<lb/> leuchtet ſeyn: gleichwie die Phariſaͤer auf Moſis<lb/> Stuhl ſaſſen und viel wahres lehreten, wel-<lb/> ches auch von ihnen anzunehmen war; und den-<lb/> noch in geiſtlichen Dingen Narren und Blinde<lb/> waren: ſintemal unſer Heiland Matth. 23.<lb/> beydes von ihnen ſaget. Verſtehet man aber<lb/> das <hi rendition="#fr">recht predigen</hi> alſo, daß es heißt den gan-<lb/> tzen Rath GOttes von dem Grunde und von der<lb/> Ordnung des Heils ſo wol nach der Lehre, als<lb/> nach der <hi rendition="#aq">Application</hi> auf den unterſchiedenen<lb/> Zuſtand der Zuhoͤrer in aller Lauterkeit, ohne al-<lb/> len Zuſatz und Verfaͤlſchung allemal, oder zu al-<lb/> ler Zeit, und in allen Stuͤcken recht verkuͤndigen,<lb/> ſo iſt es falſch, daß ein unbekehrter Lehrer alſo<lb/> recht predigen koͤnne. Der Grund davon lie-<lb/> get in dem gaͤntzlichen Mangel der vorher nach<lb/> v. 9. beſchriebenen geiſtlichen Erfahrung, und<lb/> beweiſen ſie das Gegentheil unzehligmal, ſo wol<lb/> in ihrem muͤndlichen Vortrage, als in ihren<lb/> Schriften, ſonderlich denen, womit ſie die<lb/> Wahrheit beſtreiten, und ihren groſſen Jrr-<lb/> thum von der wuͤrdigen Amts-Fuͤhrung und Er-<lb/> leuchtung gottloſer Lehrer zu vertheidigen ſu-<lb/> chen.</item><lb/> <item>3. Daß aber die unbekehrten Lehrer, da-<lb/> von Paulus redet, Chriſtum, oder die Evangeli-<lb/> ſche Lehre von Chriſto, nicht recht und rein ver-<lb/> kuͤndiget haben, das zeiget er ja klaͤrlich genug<lb/> an. Denn er ſaget ja von ihnen ausdruͤcklich,<lb/> daß ſie Chriſtum verkuͤndiget haben οὐχ ἁγνῶς,<lb/><hi rendition="#fr">nicht rein und lauter,</hi> und alſo <hi rendition="#fr">unrein</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">unlauter,</hi> oder unrichtig und irrig: welches er<lb/> 2 Cor. 2, 17. nennet καπηλέυειν λόγον τοῦ θεοῦ,<lb/><hi rendition="#fr">das Wort GOttes</hi> alſo <hi rendition="#fr">verfaͤlſchen,</hi> und eine<lb/> rechte Kraͤmerey damit treiben, wie es die Ge-<lb/> wiſſen loſen Wirthe machen, die das Getraͤncke<lb/> vermengen und verfaͤlſchen. Da hingegen<lb/> ἁγνῶς, <hi rendition="#fr">lauterlich</hi> predigen daſelbſt heißt reden<lb/> aus <hi rendition="#fr">Lauterkeit</hi> und <hi rendition="#fr">als aus GOtt, vor<lb/> GOtt, in Chriſto JEſu.</hi> Und da dieſe Leu-<lb/> te ſich dieſes zum Zwecke vorgeſetzet hatten, daß<lb/> ſie Paulo widerſprechen und ihm zu ſeinen Ban-<lb/> den noch vielen Gemuͤths-Kummer machen moͤch-<lb/> ten, wie koͤnnen ſie doch bey einem ſolchen ver-<lb/> kehrten Vorhaben und Verfahren immermehr<lb/> Chriſtum recht und lauter verkuͤndiget haben,<lb/> und wahrhaftig erleuchtet geweſen ſeyn?</item> </list><lb/> <fw place="bottom" type="catch">4. Nun</fw><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [698/0726]
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 1, 17. 18.
Chriſto uͤberzeuget, daß ſie ihn fuͤr den verheiſſe-
nen Meßiam hielten. Weil ſie aber vom Meſ-
ſia nach dem Judenthum vorher viele irrige Mei-
nung gefaſſet hatten, was ſo wol ſeine Perſon,
als ſein Amt betraf, und dafuͤr hielten, er wuͤr-
de die juͤdiſche Nation bey den Moſaiſchen Sa-
tzungen, und inſonderheit bey der patriarchali-
ſchen Beſchneidung laſſen, ſo verkuͤndigten ſie
Chriſtum nach ſolchem ihrem falſchen Begriff.
Und dabey blieb es nicht; ſondern es kam auch
noch dieſes dazu, daß, weil ſie hoͤreten, daß Pauli
Predigt gar anders beſchaffen war, und er damit
vielen Eingang funde, ſie ihn daher beneideten
und haſſeten, auch Ubels von ihm und von ſeiner
richtigen Lehre redeten, und alſo ſuchten die
durchs Evangelium Chriſto gewonnene Seelen
von Paulo abzuziehen und von ihnen ſich einen
Anhang zu machen. Welches denn Paulo ſehr
nahe gehen muſte, naͤher als ſeine aͤuſſerliche
Leiden. Dazu auch dieſes kam, daß die Feinde
von auſſen dieſes ohn Zweifel ergriffen, und geſa-
get haben, die Chriſtliche Religion ſey nicht
wohl gegruͤndet, und ſetze ihre eigene Bekenner
nur in lauter Zanck und Streit.
2. Es waren demnach dieſe lauter falſche
Lehrer und ſolche, von welchen Paulus auch in
den uͤbrigen Briefen ſchreibet, ſonderlich in dem
andern an die Corinthier, in dem an die Gala-
ter, an die Coloſſer und an den Titum, da er c. 1,
10. 11. ſpricht: Es ſind viel freche und unnuͤ-
tze Schwaͤtzer und Verfuͤhrer, ſonderlich
die aus der Beſchneidung: welchen man
muß das Maul ſtopffen, die da gantze Haͤu-
ſer verkehren, und lehren das nicht tau-
get, um ſchaͤndliches Gewinnes willen.
Denn da die Judiſche Nation durch das gantze
Roͤmiſche Reich zerſtreuet war, ſo funden ſie ſich
faſt allenthalben, und machten den Apoſteln viel
mehr zu ſchaffen, als die uͤbrigen, welche nichts
von Chriſto wiſſen wolten. Und da die zu Phi-
lippen von gleicher Art waren, ſo ſpricht der
Apoſtel c. 3, 2. von ihnen: Sehet auf die
Hunde, ſehet auf die boͤſen Arbeiter, ſehet
auf die Zerſchneidung. Und v. 18. 19. Viele
wandeln, von welchen ich euch oft geſaget
habe, nun aber ſage ich auch mit Weinen,
die Feinde des Creutzes Chriſti: welcher
Ende iſt das Verdammniß, welchen der
Bauch ihr GOTT iſt, und ihre Ehre zu
ſchanden wird, derer die irdiſch geſinnet
ſind.
V. 18.
Was iſt ihm aber denn? (wie gehets
denn nun zu?) daß nur Chriſtus geprediget
werde allerley Weiſe, es geſchehe zufalls,
oder rechter weiſe; ſo freue ich mich doch
darinnen, und will mich auch freuen.
Anmerckungen.
1. Es wird dieſer Ort von fleiſchlich-geſin-
neten Lehrern gar ſehr gemißbrauchet. Denn ſie
wollen daraus erweiſen, daß auch unbekehrte Leh-
rer koͤnten Chriſtum recht verkuͤndigen, und daß
ſie folglich auch wahrhaftig erleuchtet ſeyn muͤ-
ſten; ſintemal ſich ja ſonſt Paulus uͤber ihre
Predigt nicht wuͤrde gefreuet haben. Um der
Verdrehung dieſes Orts recht zu begegnen, ſo
hat man dabey unterſchiedliches wohl zu mer-
cken: erſtlich die Unrichtigkeit des Schluſ-
ſes. Hernach wie das Gegentheil im Texte
liege: und denn, daß die unbehutſame Teutſche
Uberſetzung zu der Mißdeutung Anlaß gegeben
habe.
2. Erſtlich iſt der Schluß falſch, wenn
man alſo argumentiret: Der Unbekehrte predi-
get recht: darum iſt er auch erleuchtet. Denn
es kan einer aus bloß buchſtaͤblicher Erkaͤntniß,
und aus Buͤchern recht predigen, was die Haupt-
Stuͤcke Chriſtlicher Lehre, wie ſie im Catechiſmo
und in den ſymboliſchen Buͤchern vorgetragen
ſind, betrift, und dennoch dabey gantz uner-
leuchtet ſeyn: gleichwie die Phariſaͤer auf Moſis
Stuhl ſaſſen und viel wahres lehreten, wel-
ches auch von ihnen anzunehmen war; und den-
noch in geiſtlichen Dingen Narren und Blinde
waren: ſintemal unſer Heiland Matth. 23.
beydes von ihnen ſaget. Verſtehet man aber
das recht predigen alſo, daß es heißt den gan-
tzen Rath GOttes von dem Grunde und von der
Ordnung des Heils ſo wol nach der Lehre, als
nach der Application auf den unterſchiedenen
Zuſtand der Zuhoͤrer in aller Lauterkeit, ohne al-
len Zuſatz und Verfaͤlſchung allemal, oder zu al-
ler Zeit, und in allen Stuͤcken recht verkuͤndigen,
ſo iſt es falſch, daß ein unbekehrter Lehrer alſo
recht predigen koͤnne. Der Grund davon lie-
get in dem gaͤntzlichen Mangel der vorher nach
v. 9. beſchriebenen geiſtlichen Erfahrung, und
beweiſen ſie das Gegentheil unzehligmal, ſo wol
in ihrem muͤndlichen Vortrage, als in ihren
Schriften, ſonderlich denen, womit ſie die
Wahrheit beſtreiten, und ihren groſſen Jrr-
thum von der wuͤrdigen Amts-Fuͤhrung und Er-
leuchtung gottloſer Lehrer zu vertheidigen ſu-
chen.
3. Daß aber die unbekehrten Lehrer, da-
von Paulus redet, Chriſtum, oder die Evangeli-
ſche Lehre von Chriſto, nicht recht und rein ver-
kuͤndiget haben, das zeiget er ja klaͤrlich genug
an. Denn er ſaget ja von ihnen ausdruͤcklich,
daß ſie Chriſtum verkuͤndiget haben οὐχ ἁγνῶς,
nicht rein und lauter, und alſo unrein und
unlauter, oder unrichtig und irrig: welches er
2 Cor. 2, 17. nennet καπηλέυειν λόγον τοῦ θεοῦ,
das Wort GOttes alſo verfaͤlſchen, und eine
rechte Kraͤmerey damit treiben, wie es die Ge-
wiſſen loſen Wirthe machen, die das Getraͤncke
vermengen und verfaͤlſchen. Da hingegen
ἁγνῶς, lauterlich predigen daſelbſt heißt reden
aus Lauterkeit und als aus GOtt, vor
GOtt, in Chriſto JEſu. Und da dieſe Leu-
te ſich dieſes zum Zwecke vorgeſetzet hatten, daß
ſie Paulo widerſprechen und ihm zu ſeinen Ban-
den noch vielen Gemuͤths-Kummer machen moͤch-
ten, wie koͤnnen ſie doch bey einem ſolchen ver-
kehrten Vorhaben und Verfahren immermehr
Chriſtum recht und lauter verkuͤndiget haben,
und wahrhaftig erleuchtet geweſen ſeyn?
4. Nun
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |