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Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.

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Erklärung des Briefes Pauli Cap. 3, v. 7. 8.
[Spaltenumbruch] erfodert wird. Siehe auch 1 B. Mos. 18, 25.
Job. 8, 3.)

V. 7.

Denn so die Wahrheit (und Gerechtig-
keit GOttes durch meine (seiner Wahrheit
und Gerechtigkeit entgegen stehende) Lügen
(oder verderbtes Wesen, Ungerechtigkeit und
Sünden) herrlicher wird zu seinem Preise;
warum solte ich
([fremdsprachliches Material - Zeichen fehlt]ago, auch ich, nemlich Ju-
de, nicht allein Heide) dennoch (wenn solches
zugegeben wird) als ein Sünder gerichtet
werden.
(Nun aber, da GOTT d[er] gerechte
Richter aller Welt ist, so kan es nicht anders
seyn, als daß ich, und ein ieder, ausser CHristo
ihm selbst gelassener Mensch, von ihm als ein
Sünder gerichtet werde: und folglich so kan die
Wahrheit GOttes durch meine, oder unsere, Lü-
gen, so ferne diese Sünde sind, nicht herrlicher
werden zu seinem Preise; sondern was dißfals
geschiehet, das geschiehet nur zufälliger weise,
und in so weit die Sünden bußfertig erkant und
bekant werden: da sie sonst von solcher Beschaf-
fenheit sind, daß sie, an sich selbst betrachtet, GOt-
tes Namen nicht verherrlichen, sondern verun-
ehren.)

V. 8.

Und nicht vielmehr also sagen, (und
wird nicht, wofern unsere Sünden an sich selbst
GOttes Namen verherrlichen sollen, das daraus
folgen, was uns durch eine Lästerung beygemes-
sen wird) wie wir gelästert werden, und
wie etliche sprechen, daß wir sagen sollen:
Lasset uns Ubels thun, auf daß Gutes
(die
Verherrlichung des Namens GOttes) daraus
komme?
(Da nun aber diese consequentz an
sich richtig, aber so gar arg ist, so siehet man
wohl, daß das antecedens, oder der durch den
Mißbrauch der Davidischen Worte gemachte
Satz von der Verrherrlichung des Namens
GOttes durch die Sünde, wenn man diese an
sich selbst betrachtet, falsch und recht arg sey.)
Welcher (Wort-Verkehrer und Lästerer) Ver-
dammniß
(und Gericht, worunter sie liegen, und
welches am jüngsten Tage an ihnen wird vollzo-
gen werden,) ist gantz recht, (und wie der
göttlichen Straf-Gerechtigkeit, also auch der
Sünde gemäß.)

Anmerckungen.
1. Die particula me muß mit der nach der
parenthesi stehenden particula oti zusammen ge-
nommen werden, und zwar also, als stünde sie
hinter derselben: oti me, und heißt alhier oti
so viel als cur? warum? wie es auch wol sonst
bedeutet, z. E. Marc. 9, 11. 28. und daher wä-
re es zu übersetzen: und warum sollen wir
nicht Ubels thun, u. s. w.
Man könte auch
bey der particula me das vorhergehende verbum
genoito, oder das verbum legomen nach Anwei-
sung des letztern Worts in der parenthesi legein
im Sinn dabey verstehen.
2. Es haben sich schon zu Pauli Zeiten un-
terschiedliche Spott-Geister gefunden, die ge-
wisse Stellen der heiligen Schrift wider ihren
[Spaltenumbruch] eigentlichen Sinn verkehret und ihr Gespötte da-
mit getrieben haben: und ist solches unter an-
dern auch den Davidischen Worten des sechsten
Verses im 51ten Psalm begegnet: wie Paulo
muß bekant gewesen seyn. Und da die Jüden
noch allezeit eine Ehrerbietung gegen das Wort
GOttes, auch bey ihrem sonst verkehrten Sinn,
behalten haben; so sind es wol, allem Ansehen
nach, etliche von den Heiden, oder heidnischen
Philosophis gewesen: wie denn in den nachfol-
genden Zeiten unter ihnen sich solche gefunden,
die ihre Spöttereyen auch in öffentlichen Schrif-
ten ausgelassen. Wie unter andern sonderlich
Celsus gethan hat, und dieser vom Origene wi-
derleget worden ist. Wiewol auch wol einige
Jüden mögen gewesen seyn, welche die apostoli-
sche Lehre von der durch den Glauben ohne Ver-
dienst der Wercke zu erlangenden Gerechtigkeit
also verkehret haben, daß sie die üble Folge dar-
aus gezogen. Da nun aber leider mitten in der
Christenheit sich hie und da solche Schrift-Spöt-
ter befinden, so geben sie mit ihrer Schrift-Ver-
kehrung genugsam zu erkennen, daß sie recht ar-
ge Menschen, ja noch ärger, als die vernünfti-
gen und ehrbaren Heiden sind: als welche auch
jenes nicht einmal gethan häben.
3. Es ist unmüglich, daß GOtt den Fall
des menschlichen Geschlechts zu dem Ende solte
beschlossen haben, und der Fall, vermöge des gött-
lichen Rathschlusses, zu dem Ende hatte geschehen
müssen, damit GOTT dadurch seine Barmher-
tzigkeit und Gerechtigkeit desto mehr offenbaren
und damit seinen Namen so viel mehr verherrli-
chen könte. Denn was wäre das anders von
GOTT gesaget, als daß er böses gethan, oder
daß es geschehen solle, beschlossen habe, damit
gutes daraus komme? Kan nun dieses von
weisen und tugendhaften Menschen nicht einmal
ohne Lästerung gesaget werden; wie will man es
ohne schwere Sünde von GOTT sagen, oder
auch nur gedencken?
4. Die arge Regel: Lasset uns böses
thun, das gutes daraus komme,
wird noch
leider oft practiciret. Denn wenn, zum Exem-
pel, unwürdige Candidati, zu dem Zwecke der
durch die Predigt des Evangelii zu befordernden
Seligkeit der Menschen und Ehre GOttes, sich
ins Lehr Amt dringen, und dazu in freischlieher
Activität allerley Wege suchen und finden; was
ist das anders, als böses thun, daß gutes dar-
aus komme?
Es pfleget auch bey solcher Be-
schaffenheit der Zweck des Guten nur in einem
blossen und sehr nichtigen Vorwand zu bestehen.
Wie man auch bey einem Geitzigen und Unge-
rechten siehet, wenn der seine Ungerechtigkeit mit
dem Vorwand der zu gebenden Allmosen be-
schöniget.
5. Wenn solche Lästerungen, oder Spott-
Reden ausgestossen werden, die gantz offenbar
arg und ärgerlich sind, so hat man sich darauf
nicht einzulassen, und sie der mehrern B[e]antwor-
tung zu würdigen, sondern sie, nach Pauli Exem-
pel, nur mit einer kurtzen und nachdrücklichen
Bestrafung abzufertigen: wie es alhier heißt:
Welcher Verdammniß ist gantz recht!
V. 9.

Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 3, v. 7. 8.
[Spaltenumbruch] erfodert wird. Siehe auch 1 B. Moſ. 18, 25.
Job. 8, 3.)

V. 7.

Denn ſo die Wahrheit (und Gerechtig-
keit GOttes durch meine (ſeiner Wahrheit
und Gerechtigkeit entgegen ſtehende) Luͤgen
(oder verderbtes Weſen, Ungerechtigkeit und
Suͤnden) herrlicher wird zu ſeinem Preiſe;
warum ſolte ich
([fremdsprachliches Material – Zeichen fehlt]άγὼ, auch ich, nemlich Ju-
de, nicht allein Heide) dennoch (wenn ſolches
zugegeben wird) als ein Suͤnder gerichtet
werden.
(Nun aber, da GOTT d[er] gerechte
Richter aller Welt iſt, ſo kan es nicht anders
ſeyn, als daß ich, und ein ieder, auſſer CHriſto
ihm ſelbſt gelaſſener Menſch, von ihm als ein
Suͤnder gerichtet werde: und folglich ſo kan die
Wahrheit GOttes durch meine, oder unſere, Luͤ-
gen, ſo ferne dieſe Suͤnde ſind, nicht herrlicher
werden zu ſeinem Preiſe; ſondern was dißfals
geſchiehet, das geſchiehet nur zufaͤlliger weiſe,
und in ſo weit die Suͤnden bußfertig erkant und
bekant werden: da ſie ſonſt von ſolcher Beſchaf-
fenheit ſind, daß ſie, an ſich ſelbſt betrachtet, GOt-
tes Namen nicht verherrlichen, ſondern verun-
ehren.)

V. 8.

Und nicht vielmehr alſo ſagen, (und
wird nicht, wofern unſere Suͤnden an ſich ſelbſt
GOttes Namen verherrlichen ſollen, das daraus
folgen, was uns durch eine Laͤſterung beygemeſ-
ſen wird) wie wir gelaͤſtert werden, und
wie etliche ſprechen, daß wir ſagen ſollen:
Laſſet uns Ubels thun, auf daß Gutes
(die
Verherrlichung des Namens GOttes) daraus
komme?
(Da nun aber dieſe conſequentz an
ſich richtig, aber ſo gar arg iſt, ſo ſiehet man
wohl, daß das antecedens, oder der durch den
Mißbrauch der Davidiſchen Worte gemachte
Satz von der Verrherrlichung des Namens
GOttes durch die Suͤnde, wenn man dieſe an
ſich ſelbſt betrachtet, falſch und recht arg ſey.)
Welcher (Wort-Verkehrer und Laͤſterer) Ver-
dammniß
(und Gericht, worunter ſie liegen, und
welches am juͤngſten Tage an ihnen wird vollzo-
gen werden,) iſt gantz recht, (und wie der
goͤttlichen Straf-Gerechtigkeit, alſo auch der
Suͤnde gemaͤß.)

Anmerckungen.
1. Die particula μὴ muß mit der nach der
parentheſi ſtehenden particula ὅτι zuſammen ge-
nommen werden, und zwar alſo, als ſtuͤnde ſie
hinter derſelben: ὅτι μὴ, und heißt alhier ὅτι
ſo viel als cur? warum? wie es auch wol ſonſt
bedeutet, z. E. Marc. 9, 11. 28. und daher waͤ-
re es zu uͤberſetzen: und warum ſollen wir
nicht Ubels thun, u. ſ. w.
Man koͤnte auch
bey der particula μὴ das vorhergehende verbum
γένοιτο, oder das verbum λέγομεν nach Anwei-
ſung des letztern Worts in der parentheſi λέγειν
im Sinn dabey verſtehen.
2. Es haben ſich ſchon zu Pauli Zeiten un-
terſchiedliche Spott-Geiſter gefunden, die ge-
wiſſe Stellen der heiligen Schrift wider ihren
[Spaltenumbruch] eigentlichen Sinn verkehret und ihr Geſpoͤtte da-
mit getrieben haben: und iſt ſolches unter an-
dern auch den Davidiſchen Worten des ſechſten
Verſes im 51ten Pſalm begegnet: wie Paulo
muß bekant geweſen ſeyn. Und da die Juͤden
noch allezeit eine Ehrerbietung gegen das Wort
GOttes, auch bey ihrem ſonſt verkehrten Sinn,
behalten haben; ſo ſind es wol, allem Anſehen
nach, etliche von den Heiden, oder heidniſchen
Philoſophis geweſen: wie denn in den nachfol-
genden Zeiten unter ihnen ſich ſolche gefunden,
die ihre Spoͤttereyen auch in oͤffentlichen Schrif-
ten ausgelaſſen. Wie unter andern ſonderlich
Celſus gethan hat, und dieſer vom Origene wi-
derleget worden iſt. Wiewol auch wol einige
Juͤden moͤgen geweſen ſeyn, welche die apoſtoli-
ſche Lehre von der durch den Glauben ohne Ver-
dienſt der Wercke zu erlangenden Gerechtigkeit
alſo verkehret haben, daß ſie die uͤble Folge dar-
aus gezogen. Da nun aber leider mitten in der
Chriſtenheit ſich hie und da ſolche Schrift-Spoͤt-
ter befinden, ſo geben ſie mit ihrer Schrift-Ver-
kehrung genugſam zu erkennen, daß ſie recht ar-
ge Menſchen, ja noch aͤrger, als die vernuͤnfti-
gen und ehrbaren Heiden ſind: als welche auch
jenes nicht einmal gethan haͤben.
3. Es iſt unmuͤglich, daß GOtt den Fall
des menſchlichen Geſchlechts zu dem Ende ſolte
beſchloſſen haben, und der Fall, vermoͤge des goͤtt-
lichen Rathſchluſſes, zu dem Ende hatte geſchehen
muͤſſen, damit GOTT dadurch ſeine Barmher-
tzigkeit und Gerechtigkeit deſto mehr offenbaren
und damit ſeinen Namen ſo viel mehr verherrli-
chen koͤnte. Denn was waͤre das anders von
GOTT geſaget, als daß er boͤſes gethan, oder
daß es geſchehen ſolle, beſchloſſen habe, damit
gutes daraus komme? Kan nun dieſes von
weiſen und tugendhaften Menſchen nicht einmal
ohne Laͤſterung geſaget werden; wie will man es
ohne ſchwere Suͤnde von GOTT ſagen, oder
auch nur gedencken?
4. Die arge Regel: Laſſet uns boͤſes
thun, das gutes daraus komme,
wird noch
leider oft practiciret. Denn wenn, zum Exem-
pel, unwuͤrdige Candidati, zu dem Zwecke der
durch die Predigt des Evangelii zu befordernden
Seligkeit der Menſchen und Ehre GOttes, ſich
ins Lehr Amt dringen, und dazu in freiſchlieher
Activitaͤt allerley Wege ſuchen und finden; was
iſt das anders, als boͤſes thun, daß gutes dar-
aus komme?
Es pfleget auch bey ſolcher Be-
ſchaffenheit der Zweck des Guten nur in einem
bloſſen und ſehr nichtigen Vorwand zu beſtehen.
Wie man auch bey einem Geitzigen und Unge-
rechten ſiehet, wenn der ſeine Ungerechtigkeit mit
dem Vorwand der zu gebenden Allmoſen be-
ſchoͤniget.
5. Wenn ſolche Laͤſterungen, oder Spott-
Reden ausgeſtoſſen werden, die gantz offenbar
arg und aͤrgerlich ſind, ſo hat man ſich darauf
nicht einzulaſſen, und ſie der mehrern B[e]antwor-
tung zu wuͤrdigen, ſondern ſie, nach Pauli Exem-
pel, nur mit einer kurtzen und nachdruͤcklichen
Beſtrafung abzufertigen: wie es alhier heißt:
Welcher Verdammniß iſt gantz recht!
V. 9.
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[48/0076] Erklaͤrung des Briefes Pauli Cap. 3, v. 7. 8. erfodert wird. Siehe auch 1 B. Moſ. 18, 25. Job. 8, 3.) V. 7. Denn ſo die Wahrheit (und Gerechtig- keit GOttes durch meine (ſeiner Wahrheit und Gerechtigkeit entgegen ſtehende) Luͤgen (oder verderbtes Weſen, Ungerechtigkeit und Suͤnden) herrlicher wird zu ſeinem Preiſe; warum ſolte ich (_ άγὼ, auch ich, nemlich Ju- de, nicht allein Heide) dennoch (wenn ſolches zugegeben wird) als ein Suͤnder gerichtet werden. (Nun aber, da GOTT der gerechte Richter aller Welt iſt, ſo kan es nicht anders ſeyn, als daß ich, und ein ieder, auſſer CHriſto ihm ſelbſt gelaſſener Menſch, von ihm als ein Suͤnder gerichtet werde: und folglich ſo kan die Wahrheit GOttes durch meine, oder unſere, Luͤ- gen, ſo ferne dieſe Suͤnde ſind, nicht herrlicher werden zu ſeinem Preiſe; ſondern was dißfals geſchiehet, das geſchiehet nur zufaͤlliger weiſe, und in ſo weit die Suͤnden bußfertig erkant und bekant werden: da ſie ſonſt von ſolcher Beſchaf- fenheit ſind, daß ſie, an ſich ſelbſt betrachtet, GOt- tes Namen nicht verherrlichen, ſondern verun- ehren.) V. 8. Und nicht vielmehr alſo ſagen, (und wird nicht, wofern unſere Suͤnden an ſich ſelbſt GOttes Namen verherrlichen ſollen, das daraus folgen, was uns durch eine Laͤſterung beygemeſ- ſen wird) wie wir gelaͤſtert werden, und wie etliche ſprechen, daß wir ſagen ſollen: Laſſet uns Ubels thun, auf daß Gutes (die Verherrlichung des Namens GOttes) daraus komme? (Da nun aber dieſe conſequentz an ſich richtig, aber ſo gar arg iſt, ſo ſiehet man wohl, daß das antecedens, oder der durch den Mißbrauch der Davidiſchen Worte gemachte Satz von der Verrherrlichung des Namens GOttes durch die Suͤnde, wenn man dieſe an ſich ſelbſt betrachtet, falſch und recht arg ſey.) Welcher (Wort-Verkehrer und Laͤſterer) Ver- dammniß (und Gericht, worunter ſie liegen, und welches am juͤngſten Tage an ihnen wird vollzo- gen werden,) iſt gantz recht, (und wie der goͤttlichen Straf-Gerechtigkeit, alſo auch der Suͤnde gemaͤß.) Anmerckungen. 1. Die particula μὴ muß mit der nach der parentheſi ſtehenden particula ὅτι zuſammen ge- nommen werden, und zwar alſo, als ſtuͤnde ſie hinter derſelben: ὅτι μὴ, und heißt alhier ὅτι ſo viel als cur? warum? wie es auch wol ſonſt bedeutet, z. E. Marc. 9, 11. 28. und daher waͤ- re es zu uͤberſetzen: und warum ſollen wir nicht Ubels thun, u. ſ. w. Man koͤnte auch bey der particula μὴ das vorhergehende verbum γένοιτο, oder das verbum λέγομεν nach Anwei- ſung des letztern Worts in der parentheſi λέγειν im Sinn dabey verſtehen. 2. Es haben ſich ſchon zu Pauli Zeiten un- terſchiedliche Spott-Geiſter gefunden, die ge- wiſſe Stellen der heiligen Schrift wider ihren eigentlichen Sinn verkehret und ihr Geſpoͤtte da- mit getrieben haben: und iſt ſolches unter an- dern auch den Davidiſchen Worten des ſechſten Verſes im 51ten Pſalm begegnet: wie Paulo muß bekant geweſen ſeyn. Und da die Juͤden noch allezeit eine Ehrerbietung gegen das Wort GOttes, auch bey ihrem ſonſt verkehrten Sinn, behalten haben; ſo ſind es wol, allem Anſehen nach, etliche von den Heiden, oder heidniſchen Philoſophis geweſen: wie denn in den nachfol- genden Zeiten unter ihnen ſich ſolche gefunden, die ihre Spoͤttereyen auch in oͤffentlichen Schrif- ten ausgelaſſen. Wie unter andern ſonderlich Celſus gethan hat, und dieſer vom Origene wi- derleget worden iſt. Wiewol auch wol einige Juͤden moͤgen geweſen ſeyn, welche die apoſtoli- ſche Lehre von der durch den Glauben ohne Ver- dienſt der Wercke zu erlangenden Gerechtigkeit alſo verkehret haben, daß ſie die uͤble Folge dar- aus gezogen. Da nun aber leider mitten in der Chriſtenheit ſich hie und da ſolche Schrift-Spoͤt- ter befinden, ſo geben ſie mit ihrer Schrift-Ver- kehrung genugſam zu erkennen, daß ſie recht ar- ge Menſchen, ja noch aͤrger, als die vernuͤnfti- gen und ehrbaren Heiden ſind: als welche auch jenes nicht einmal gethan haͤben. 3. Es iſt unmuͤglich, daß GOtt den Fall des menſchlichen Geſchlechts zu dem Ende ſolte beſchloſſen haben, und der Fall, vermoͤge des goͤtt- lichen Rathſchluſſes, zu dem Ende hatte geſchehen muͤſſen, damit GOTT dadurch ſeine Barmher- tzigkeit und Gerechtigkeit deſto mehr offenbaren und damit ſeinen Namen ſo viel mehr verherrli- chen koͤnte. Denn was waͤre das anders von GOTT geſaget, als daß er boͤſes gethan, oder daß es geſchehen ſolle, beſchloſſen habe, damit gutes daraus komme? Kan nun dieſes von weiſen und tugendhaften Menſchen nicht einmal ohne Laͤſterung geſaget werden; wie will man es ohne ſchwere Suͤnde von GOTT ſagen, oder auch nur gedencken? 4. Die arge Regel: Laſſet uns boͤſes thun, das gutes daraus komme, wird noch leider oft practiciret. Denn wenn, zum Exem- pel, unwuͤrdige Candidati, zu dem Zwecke der durch die Predigt des Evangelii zu befordernden Seligkeit der Menſchen und Ehre GOttes, ſich ins Lehr Amt dringen, und dazu in freiſchlieher Activitaͤt allerley Wege ſuchen und finden; was iſt das anders, als boͤſes thun, daß gutes dar- aus komme? Es pfleget auch bey ſolcher Be- ſchaffenheit der Zweck des Guten nur in einem bloſſen und ſehr nichtigen Vorwand zu beſtehen. Wie man auch bey einem Geitzigen und Unge- rechten ſiehet, wenn der ſeine Ungerechtigkeit mit dem Vorwand der zu gebenden Allmoſen be- ſchoͤniget. 5. Wenn ſolche Laͤſterungen, oder Spott- Reden ausgeſtoſſen werden, die gantz offenbar arg und aͤrgerlich ſind, ſo hat man ſich darauf nicht einzulaſſen, und ſie der mehrern Beantwor- tung zu wuͤrdigen, ſondern ſie, nach Pauli Exem- pel, nur mit einer kurtzen und nachdruͤcklichen Beſtrafung abzufertigen: wie es alhier heißt: Welcher Verdammniß iſt gantz recht! V. 9.

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Zitationshilfe: Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lange_licht01_1729/76>, abgerufen am 21.11.2024.