Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Erklärung des Briefs Pauli Cap. 4, 12-14. [Spaltenumbruch]
Erniedrigung Christi: also thut sich auch darin-nen andern theils eine beywohnende göttliche Gnaden-Kraft hervor, daß man allerley Noth und Mangel gleichgültig ertragen kan. 3. Wovon die Natur unter den tugendsa- men Heiden nur einen Schatten hat, nemlich sich weder im Uberfluß und guten Tagen überheben, noch im Mangel und im Leiden den Muth sin- cken lassen, das haben die Christen aus dem Grunde der Gnaden nach aller Wahrheit, und nach aller Fülle und Lauterkeit. 4. Wer solte gedencken, daß, wenn wir ermahnet werden, GOtt, oder Christo, nach- zufolgen, daß die Nachfolge auch in der All- macht möglich wäre? Hier saget es Paulus ausdrücklich; daß er alles vermöge, was nem- lich zu seinem Apostel-Amte und Christenthum, und darinnen zur Ertragung allerley Mangels nöthig war, und zwar nicht aus Natur-Kräf- ten, sondern durch den ihn so mächtig machenden Christum. 5. Es ist dieses ein schöner Ort, welcher dem Pelagianismo und Pharisaeismo, da man nur alles auf seine Natur-Kräfte ankommen läßt, und deßwegen sich zwar selbst damit erhebet, es aber doch zu nichts bringet, entgegen stehet. Wer sich nicht also zu Christo nahet, daß er sich durch seinen Geist recht salben, das ist, zu allem guten erwecken und stärcken lässet, und aus sei- ner Fülle schöpfet Gnade um Gnade, der brin- get es im Christenthum zu nichts. Hat er doch selbst gesaget: Gleichwie der Rebe kan keine Frucht bringen von ihm selber, er bleibe denn am Weinstock, also auch ihr nicht, ihr bleibet denn an mir. Jch bin der Wein- stock, ihr seyd die Reben. Wer in mir blei- bet, und ich in ihm, der bringet viel Frucht. Denn ohne mich könnet ihr nichts thun. Joh. 15, 4. 5. Daher hat Paulus auch schon oben gedacht, wie daß die Philipper immer mehr möchten erfüllet werden mit Früch- ten der Gerechtigkeit, welche durch JE- sum Christum geschehen. Und weil er von der Kraft Christi in sich so viele Erfahrung hatte, so schrieb er an die Ephesier c. 6, 10. Zu- letzt, meine Brüder, seyd starck in dem HErrn, und in der Macht seiner Stärcke! 6. Nicht weniger stehet dieser Ort auch entgegen dem grossen Jrrthum derer, welche sich nur immer auf die Vergebung der Sünde und auf die Gerechtigkeit CHristi berufen, aber von keiner Kraft Christi zur Uberwindung der Sünde wissen wollen, sondern nur immer von der menschlichen Schwachheit reden und sich damit entschuldigen. Welches in der That so viel ist, als Christum und den Namen eines Christen, oder Gesalbeten des HErrn ver- leugnen. Beydes sind Gnaden-Wohlthaten, die Gerechtigkeit und die Stärcke. Wie der Apostel vorher die Gerechtigkeit Christi geprie- sen hat c. 3, 9. so preiset er alhier auch die Stär- cke, oder Stärckung Christi. Welches in sich zusammen erfahren, und bey seinen Zuhörern auf beydes dringen, ist ein rechter Character ei- nes rechtschafnen Lehrers. Wie genaue unser Hei- land selbst beyde Haupt-Wohlthaten, nach der [Spaltenumbruch] Eigenschaft seiner Gnade, die da ist forensis und medicinalis, zusammen setzet, das sehe man Jes. 45, 24. Mir sollen sich alle Knie beu- gen und alle Zungen schweren, und sagen: Jm HErrn habe ich Gerechtigkeit und Stärcke! V. 14. Doch ihr habet wohlgethan, daß ihr V. 15. Jhr aber von Philippen wisset, daß Anmerckung. Paulus hatte, wie die ordentlichen Haus- V. 16. 17. Denn gen Thessalonich (als ich von aus
Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, 12-14. [Spaltenumbruch]
Erniedrigung Chriſti: alſo thut ſich auch darin-nen andern theils eine beywohnende goͤttliche Gnaden-Kraft hervor, daß man allerley Noth und Mangel gleichguͤltig ertragen kan. 3. Wovon die Natur unter den tugendſa- men Heiden nur einen Schatten hat, nemlich ſich weder im Uberfluß und guten Tagen uͤberheben, noch im Mangel und im Leiden den Muth ſin- cken laſſen, das haben die Chriſten aus dem Grunde der Gnaden nach aller Wahrheit, und nach aller Fuͤlle und Lauterkeit. 4. Wer ſolte gedencken, daß, wenn wir ermahnet werden, GOtt, oder Chriſto, nach- zufolgen, daß die Nachfolge auch in der All- macht moͤglich waͤre? Hier ſaget es Paulus ausdruͤcklich; daß er alles vermoͤge, was nem- lich zu ſeinem Apoſtel-Amte und Chriſtenthum, und darinnen zur Ertragung allerley Mangels noͤthig war, und zwar nicht aus Natur-Kraͤf- ten, ſondern durch den ihn ſo maͤchtig machenden Chriſtum. 5. Es iſt dieſes ein ſchoͤner Ort, welcher dem Pelagianiſmo und Phariſæiſmo, da man nur alles auf ſeine Natur-Kraͤfte ankommen laͤßt, und deßwegen ſich zwar ſelbſt damit erhebet, es aber doch zu nichts bringet, entgegen ſtehet. Wer ſich nicht alſo zu Chriſto nahet, daß er ſich durch ſeinen Geiſt recht ſalben, das iſt, zu allem guten erwecken und ſtaͤrcken laͤſſet, und aus ſei- ner Fuͤlle ſchoͤpfet Gnade um Gnade, der brin- get es im Chriſtenthum zu nichts. Hat er doch ſelbſt geſaget: Gleichwie der Rebe kan keine Frucht bringen von ihm ſelber, er bleibe denn am Weinſtock, alſo auch ihr nicht, ihr bleibet denn an mir. Jch bin der Wein- ſtock, ihr ſeyd die Reben. Wer in mir blei- bet, und ich in ihm, der bringet viel Frucht. Denn ohne mich koͤnnet ihr nichts thun. Joh. 15, 4. 5. Daher hat Paulus auch ſchon oben gedacht, wie daß die Philipper immer mehr moͤchten erfuͤllet werden mit Fruͤch- ten der Gerechtigkeit, welche durch JE- ſum Chriſtum geſchehen. Und weil er von der Kraft Chriſti in ſich ſo viele Erfahrung hatte, ſo ſchrieb er an die Epheſier c. 6, 10. Zu- letzt, meine Bruͤder, ſeyd ſtarck in dem HErrn, und in der Macht ſeiner Staͤrcke! 6. Nicht weniger ſtehet dieſer Ort auch entgegen dem groſſen Jrrthum derer, welche ſich nur immer auf die Vergebung der Suͤnde und auf die Gerechtigkeit CHriſti berufen, aber von keiner Kraft Chriſti zur Uberwindung der Suͤnde wiſſen wollen, ſondern nur immer von der menſchlichen Schwachheit reden und ſich damit entſchuldigen. Welches in der That ſo viel iſt, als Chriſtum und den Namen eines Chriſten, oder Geſalbeten des HErrn ver- leugnen. Beydes ſind Gnaden-Wohlthaten, die Gerechtigkeit und die Staͤrcke. Wie der Apoſtel vorher die Gerechtigkeit Chriſti geprie- ſen hat c. 3, 9. ſo preiſet er alhier auch die Staͤr- cke, oder Staͤrckung Chriſti. Welches in ſich zuſammen erfahren, und bey ſeinen Zuhoͤrern auf beydes dringen, iſt ein rechter Character ei- nes rechtſchafnen Lehrers. Wie genaue unſer Hei- land ſelbſt beyde Haupt-Wohlthaten, nach der [Spaltenumbruch] Eigenſchaft ſeiner Gnade, die da iſt forenſis und medicinalis, zuſammen ſetzet, das ſehe man Jeſ. 45, 24. Mir ſollen ſich alle Knie beu- gen und alle Zungen ſchweren, und ſagen: Jm HErrn habe ich Gerechtigkeit und Staͤrcke! V. 14. Doch ihr habet wohlgethan, daß ihr V. 15. Jhr aber von Philippen wiſſet, daß Anmerckung. Paulus hatte, wie die ordentlichen Haus- V. 16. 17. Denn gen Theſſalonich (als ich von aus
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Erklaͤrung des Briefs Pauli Cap. 4, 12-14.
Erniedrigung Chriſti: alſo thut ſich auch darin-
nen andern theils eine beywohnende goͤttliche
Gnaden-Kraft hervor, daß man allerley Noth
und Mangel gleichguͤltig ertragen kan.
3. Wovon die Natur unter den tugendſa-
men Heiden nur einen Schatten hat, nemlich ſich
weder im Uberfluß und guten Tagen uͤberheben,
noch im Mangel und im Leiden den Muth ſin-
cken laſſen, das haben die Chriſten aus dem
Grunde der Gnaden nach aller Wahrheit, und
nach aller Fuͤlle und Lauterkeit.
4. Wer ſolte gedencken, daß, wenn wir
ermahnet werden, GOtt, oder Chriſto, nach-
zufolgen, daß die Nachfolge auch in der All-
macht moͤglich waͤre? Hier ſaget es Paulus
ausdruͤcklich; daß er alles vermoͤge, was nem-
lich zu ſeinem Apoſtel-Amte und Chriſtenthum,
und darinnen zur Ertragung allerley Mangels
noͤthig war, und zwar nicht aus Natur-Kraͤf-
ten, ſondern durch den ihn ſo maͤchtig machenden
Chriſtum.
5. Es iſt dieſes ein ſchoͤner Ort, welcher
dem Pelagianiſmo und Phariſæiſmo, da man nur
alles auf ſeine Natur-Kraͤfte ankommen laͤßt,
und deßwegen ſich zwar ſelbſt damit erhebet, es
aber doch zu nichts bringet, entgegen ſtehet.
Wer ſich nicht alſo zu Chriſto nahet, daß er ſich
durch ſeinen Geiſt recht ſalben, das iſt, zu allem
guten erwecken und ſtaͤrcken laͤſſet, und aus ſei-
ner Fuͤlle ſchoͤpfet Gnade um Gnade, der brin-
get es im Chriſtenthum zu nichts. Hat er doch
ſelbſt geſaget: Gleichwie der Rebe kan keine
Frucht bringen von ihm ſelber, er bleibe
denn am Weinſtock, alſo auch ihr nicht, ihr
bleibet denn an mir. Jch bin der Wein-
ſtock, ihr ſeyd die Reben. Wer in mir blei-
bet, und ich in ihm, der bringet viel Frucht.
Denn ohne mich koͤnnet ihr nichts thun.
Joh. 15, 4. 5. Daher hat Paulus auch ſchon
oben gedacht, wie daß die Philipper immer
mehr moͤchten erfuͤllet werden mit Fruͤch-
ten der Gerechtigkeit, welche durch JE-
ſum Chriſtum geſchehen. Und weil er von
der Kraft Chriſti in ſich ſo viele Erfahrung
hatte, ſo ſchrieb er an die Epheſier c. 6, 10. Zu-
letzt, meine Bruͤder, ſeyd ſtarck in dem
HErrn, und in der Macht ſeiner Staͤrcke!
6. Nicht weniger ſtehet dieſer Ort auch
entgegen dem groſſen Jrrthum derer, welche ſich
nur immer auf die Vergebung der Suͤnde und
auf die Gerechtigkeit CHriſti berufen, aber
von keiner Kraft Chriſti zur Uberwindung
der Suͤnde wiſſen wollen, ſondern nur immer
von der menſchlichen Schwachheit reden und
ſich damit entſchuldigen. Welches in der
That ſo viel iſt, als Chriſtum und den Namen
eines Chriſten, oder Geſalbeten des HErrn ver-
leugnen. Beydes ſind Gnaden-Wohlthaten,
die Gerechtigkeit und die Staͤrcke. Wie der
Apoſtel vorher die Gerechtigkeit Chriſti geprie-
ſen hat c. 3, 9. ſo preiſet er alhier auch die Staͤr-
cke, oder Staͤrckung Chriſti. Welches in ſich
zuſammen erfahren, und bey ſeinen Zuhoͤrern
auf beydes dringen, iſt ein rechter Character ei-
nes rechtſchafnen Lehrers. Wie genaue unſer Hei-
land ſelbſt beyde Haupt-Wohlthaten, nach der
Eigenſchaft ſeiner Gnade, die da iſt forenſis
und medicinalis, zuſammen ſetzet, das ſehe man
Jeſ. 45, 24. Mir ſollen ſich alle Knie beu-
gen und alle Zungen ſchweren, und ſagen:
Jm HErrn habe ich Gerechtigkeit und
Staͤrcke!
V. 14.
Doch ihr habet wohlgethan, daß ihr
euch meiner Truͤbſal habet angenommen.
(gleichwie ihr mit mir gleicher Gnade ſeyd theil-
haftig worden c. 1, 7. Siehe Hebr. 13, 3.)
V. 15.
Jhr aber von Philippen wiſſet, daß
von Anfang des (unter euch gepredigten Evan-
gelii und der gepflantzten Gemeine) da ich aus-
zog aus Macedonien (und nach Athen kam
Ap. Geſch. 17, 15.) keine Gemeine mit mir
getheilet hat (mir mitgetheilet hat) nach der
Rechnung (auf die Rechnung) der Ausgabe
und Einnahme, denn ihr allein.
Anmerckung.
Paulus hatte, wie die ordentlichen Haus-
haͤlter, ein eignes Buch, oder Verzeichniß, ge-
halten von dem, was ihm hie und da fuͤr die Ar-
men war gegeben worden, und wo und an wel-
che, auch wieviel, davon war ausgegeben wor-
den. Hiezu hatten nun unter den Macedoni-
ſchen Gemeinen die Philipper allein ſich ſonder-
lich freygebig erwieſen. Darum der Apoſtel
dieſes an ihnen alhier ruͤhmet. Man ſehe auch
2 Cor. 8, 1. u. f. da es heißt: Jch thue euch
aber kund, lieben Bruͤder, die Gnade
GOttes, die in den Gemeinen in Macedo-
nia gegeben iſt. Denn ihre Freude war da
uͤberſchwenglich, da ſie durch viel Truͤbſal
bewaͤhret wurden, und wiewol ſie ſehr arm
waren, haben ſie doch reichlich gegeben in
aller Einfaͤltigkeit. Denn nach allem
Vermoͤgen, das zeuge ich, und uͤber Vermoͤ-
gen waren ſie ſelbſt willig u. f. Es iſt aber
zu mercken, daß Paulus im Briefe an die Phi-
lipper redet von der erſten Zeit, da er von ihnen
nach Athen und von dannen nach Corinthen ge-
reiſet war: in dem andern Briefe an die Corin-
thier aber von der General-Collecte, welche
hernach der Jeruſalemſchen Kirche zum beſten
geſchehen war.
V. 16. 17.
Denn gen Theſſalonich (als ich von
Philippen dahin gereiſet war Ap. Geſch. 17, 1.)
ſandtet ihr zu meiner Nothdurft einmal,
und darnach aber einmal: Nicht (fuͤhre ich
ſolches an) daß ich das Geſchencke (geſuchet
haͤtte, oder noch ferner) ſuche, ſondern ich ſu-
che die Frucht, daß ſie uͤberfluͤßig in eurer
Rechnung ſey (ich melde es deßwegen, daß ihr
erkennen ſollet, daß ihr dadurch, das ihr mir ge-
than habet, bey dem HErrn JEſu in ſeiner
Rechnung, die auch ihr bey ihm habet, unter
dem Titel der Einnahme gleichſam oben an ſte-
het, und daher eine reiche Wiedervergeltung
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