Lange, Joachim: Apostolisches Licht und Recht. Bd. 1. Halle, 1729.Cap. 1, 13. 14. an die Colosser. [Spaltenumbruch]
Worten kurtz zusammen: und zwar also, daßer das Werck unserer Seligkeit dem Vater und dem Sohne zuschreibet; doch, wie leichtlich zu erachten, ohne alle Ausschliessung des Heiligen Geistes: als von dessen Amte in der Zueig- nung des Heils die Colosser gleich anfangs wa- ren unterrichtet worden. Dem Vater wird es zugeeignet, weil er in dem Geschäfte unsers Heils als der Richter vorgestellet wird, der, nach dem Rath des Friedens, seinen Sohn zur Menschwerdung und Erlösung gesandt, auch das von ihm gebrachte Löse-Geld zur Versöhnung angenommen hat, und es allen Gläubigen zu- rechnet; und zwar also, daß sie dabey aus dem Reiche des Satans in sein Gnaden-Reich ver- setzet werden. 2. Um den Nachdruck dieses Orts desto besser zu erkennen, so haben wir zu mercken, daß uns darin drey evangelische Haupt-Wohl- thaten angepriesen werden, nemlich die Erlö- sung, die daher entstehende Rechtfertigung, und die Bekehrung, in welcher wir der Recht- fertigung theilhaftig werden. 3. Der Erlösung wird mit diesen aus- drücklichen Worten gedacht: an, oder in wel- chem wir haben die Erlösung durch sein Blut. Dabey insonderheit folgende Puncte zu mercken sind: a. Die Erlösung an sich selbst: welche heißt apolutrosis, eine Erkaufung, eine Los- kaufung; die da ist eine solche richterliche Handlung, da einer, der grosse Schulden auf sich hat, und dazu wegen eines grossen Ver- brechens, und also wegen einer grossen Schuld dem Gerichte zur Strafe unterworfen ist, und zwar um so vielmehr, ie weniger er die nebst der Schuld auf sich habende debita, Schul- den, abtragen kan; da ein solcher, sage ich, von einem andern also ranzioniret, oder los- gekauffet wird, daß er dadurch seine Absolu- tion und völlige Freyheit bekömmt. Denn in dem Worte apolutrosis, Erlösung lie- get das Wort lutron, Löse-Geld; und al- so ist apolutrosis, die Erlösung eine solche Handlung, da das Löse-Geld für den andern, nemlich den verschuldeten und gefangenen, ge- bracht und als vollgültig angenommen wird. Eine solche Erlösung wird nun alhier Christo zugeschrieben, wie auch anderwärtig an so vielen Orten, und führet er davon den Namen eines Erlösers. Davon der Leser sonder- lich die Oerter Rom. 3, 21. u. f. 2 Cor. 5, 15. u. f. Gal. 3, 13. und darüber die Anmerckun- gen nachschlagen kan. b. Wodurch die Erlösung ist gebracht worden? durch das Blut Christi. Da durch das Blut Christi verstanden wird sein gantzes Leiden und Sterben, darinn das Blutvergiessen, so wol an sich selbst, als auch der Vorbilder wegen an den Opfern, die Haupt-Sache war, und dadurch auch der Versöhnungs-Tod selbst geschahe. Und da unser Heiland, wie im gantzen Leben, also auch insonderheit in seinem Leiden und im To- de, auch der richterlichen Gerechtigkeit GOt- tes den vollkommnesten Gehorsam gelei- [Spaltenumbruch] stet und damit die debita, die Schulden, oder die von dem menschlichen Geschlecht schuldige, aber unabgetragene und zum Abtrag unmög- liche Pflichten vollkömmlich abgetragen und geleistet, und damit das Gesetz für uns erfül- let hat, so gehöret auch dieser Gehorsam mit zum Löse-Gelde. Matth. 5, 17. Rom. 5, 19. Phil. 2, 8. Von der Erlösung aber durch das Blut, zum Gegenbilde auf das so viele Versöhnungs-Blut der Opffer-Thiere, sehe man sonderlich den Brief an die Hebräer c. 9. 10. und unter so vielen andern Oertern insonderheit den 1 Pet. 1, 18. 19. Wisset, daß ihr nicht mit vergänglichen Silber, oder Gold erlöset seyd von eurem eiteln Wandel nach väterlicher Weise, sondern mit dem theuren Blute Christi, als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes. c. Die Gültigkeit und die Gewißheit dieser Erlösung: welche angezeiget wird durch das Wort ekhomen, wir haben sie, nemlich als den grössesten Schatz, und als unser ei- gen, nachdem sie für vollgültig für uns, oder an unserer Statt, ist angenommen worden. Und also gehet das ekhein, haben, zugleich mit auf die Zueignung. Welches der andere Punct in diesem Texte ist. 4. Die Zueignung dieser Erlösung wird angezeiget mit den dazu gesetzten Worten: Die Vergebung der Sünden. Welche Worte mit dem Worte ekhein haben, auch von gar grossem Nachdrucke sind. Welchen zu er- kennen folgende Puncte zu mercken sind: a. Wer die Vergebung der Sünde habe? Die Gläubigen und Bekehrten, wie Pau- lus und Timotheus mit den Colossern und al- len übrigen Gliedern Christi waren. Da- von hernach num. 5. besonders zu handeln ist. b. Worinn die Vergebung der Sünde be- stehe? darinn, daß uns GOtt die Sünde überhaupt, die Erb-Sünde mit allen wirck- lichen, nicht zurechnet, und sie ansiehet, als wäre sie nicht begangen, und also unsere Schuld gleichsam durchstreichet; und mit derselben auch alle Strafe aufhebet, und also lässet hinweg gethan seyn, als etwas aus dem Wege geräumet ist, was man in die Tiefe des Meers geworfen hat. c. Was dieselbe in sich halte und mit sich führe? Die Zurechnung des Löse-Geldes und der daher entstehenden Gerechtigkeit Christi. Denn die heiligen Scribenten ge- dencken dieser hohen Wohlthat bald mit den Worten von der Vergebung der Sünden, und dergleichen Redens-Arten, dabey denn allemal die Zurechnung der Gerechtigkeit Christi mit zu verstehen ist: bald mit den Worten von der geschenckten Gerechtig- keit Christi, oder von der Rechtfertigung, das ist, von der Gerechtmachung, da ein Sünder um Christi willen, oder in Anse- hung der ihm zugerechneten Gerechtigkeit Christi, für gerecht erkannt und erkläret wird: dabey denn gleichfalls allemal die Verge- bung C c c c c
Cap. 1, 13. 14. an die Coloſſer. [Spaltenumbruch]
Worten kurtz zuſammen: und zwar alſo, daßer das Werck unſerer Seligkeit dem Vater und dem Sohne zuſchreibet; doch, wie leichtlich zu erachten, ohne alle Ausſchlieſſung des Heiligen Geiſtes: als von deſſen Amte in der Zueig- nung des Heils die Coloſſer gleich anfangs wa- ren unterrichtet worden. Dem Vater wird es zugeeignet, weil er in dem Geſchaͤfte unſers Heils als der Richter vorgeſtellet wird, der, nach dem Rath des Friedens, ſeinen Sohn zur Menſchwerdung und Erloͤſung geſandt, auch das von ihm gebrachte Loͤſe-Geld zur Verſoͤhnung angenommen hat, und es allen Glaͤubigen zu- rechnet; und zwar alſo, daß ſie dabey aus dem Reiche des Satans in ſein Gnaden-Reich ver- ſetzet werden. 2. Um den Nachdruck dieſes Orts deſto beſſer zu erkennen, ſo haben wir zu mercken, daß uns darin drey evangeliſche Haupt-Wohl- thaten angeprieſen werden, nemlich die Erloͤ- ſung, die daher entſtehende Rechtfertigung, und die Bekehrung, in welcher wir der Recht- fertigung theilhaftig werden. 3. Der Erloͤſung wird mit dieſen aus- druͤcklichen Worten gedacht: an, oder in wel- chem wir haben die Erloͤſung durch ſein Blut. Dabey inſonderheit folgende Puncte zu mercken ſind: a. Die Erloͤſung an ſich ſelbſt: welche heißt ἀπολύτρωσις, eine Erkaufung, eine Los- kaufung; die da iſt eine ſolche richterliche Handlung, da einer, der groſſe Schulden auf ſich hat, und dazu wegen eines groſſen Ver- brechens, und alſo wegen einer groſſen Schuld dem Gerichte zur Strafe unterworfen iſt, und zwar um ſo vielmehr, ie weniger er die nebſt der Schuld auf ſich habende debita, Schul- den, abtragen kan; da ein ſolcher, ſage ich, von einem andern alſo ranzioniret, oder los- gekauffet wird, daß er dadurch ſeine Abſolu- tion und voͤllige Freyheit bekoͤmmt. Denn in dem Worte ἀπολύτρωσις, Erloͤſung lie- get das Wort λύτρον, Loͤſe-Geld; und al- ſo iſt ἀπολύτρωσις, die Erloͤſung eine ſolche Handlung, da das Loͤſe-Geld fuͤr den andern, nemlich den verſchuldeten und gefangenen, ge- bracht und als vollguͤltig angenommen wird. Eine ſolche Erloͤſung wird nun alhier Chriſto zugeſchrieben, wie auch anderwaͤrtig an ſo vielen Orten, und fuͤhret er davon den Namen eines Erloͤſers. Davon der Leſer ſonder- lich die Oerter Rom. 3, 21. u. f. 2 Cor. 5, 15. u. f. Gal. 3, 13. und daruͤber die Anmerckun- gen nachſchlagen kan. b. Wodurch die Erloͤſung iſt gebracht worden? durch das Blut Chriſti. Da durch das Blut Chriſti verſtanden wird ſein gantzes Leiden und Sterben, darinn das Blutvergieſſen, ſo wol an ſich ſelbſt, als auch der Vorbilder wegen an den Opfern, die Haupt-Sache war, und dadurch auch der Verſoͤhnungs-Tod ſelbſt geſchahe. Und da unſer Heiland, wie im gantzen Leben, alſo auch inſonderheit in ſeinem Leiden und im To- de, auch der richterlichen Gerechtigkeit GOt- tes den vollkommneſten Gehorſam gelei- [Spaltenumbruch] ſtet und damit die debita, die Schulden, oder die von dem menſchlichen Geſchlecht ſchuldige, aber unabgetragene und zum Abtrag unmoͤg- liche Pflichten vollkoͤmmlich abgetragen und geleiſtet, und damit das Geſetz fuͤr uns erfuͤl- let hat, ſo gehoͤret auch dieſer Gehorſam mit zum Loͤſe-Gelde. Matth. 5, 17. Rom. 5, 19. Phil. 2, 8. Von der Erloͤſung aber durch das Blut, zum Gegenbilde auf das ſo viele Verſoͤhnungs-Blut der Opffer-Thiere, ſehe man ſonderlich den Brief an die Hebraͤer c. 9. 10. und unter ſo vielen andern Oertern inſonderheit den 1 Pet. 1, 18. 19. Wiſſet, daß ihr nicht mit vergaͤnglichen Silber, oder Gold erloͤſet ſeyd von eurem eiteln Wandel nach vaͤterlicher Weiſe, ſondern mit dem theuren Blute Chriſti, als eines unſchuldigen und unbefleckten Lammes. c. Die Guͤltigkeit und die Gewißheit dieſer Erloͤſung: welche angezeiget wird durch das Wort ἔχομεν, wir haben ſie, nemlich als den groͤſſeſten Schatz, und als unſer ei- gen, nachdem ſie fuͤr vollguͤltig fuͤr uns, oder an unſerer Statt, iſt angenommen worden. Und alſo gehet das ἔχειν, haben, zugleich mit auf die Zueignung. Welches der andere Punct in dieſem Texte iſt. 4. Die Zueignung dieſer Erloͤſung wird angezeiget mit den dazu geſetzten Worten: Die Vergebung der Suͤnden. Welche Worte mit dem Worte ἔχειν haben, auch von gar groſſem Nachdrucke ſind. Welchen zu er- kennen folgende Puncte zu mercken ſind: a. Wer die Vergebung der Suͤnde habe? Die Glaͤubigen und Bekehrten, wie Pau- lus und Timotheus mit den Coloſſern und al- len uͤbrigen Gliedern Chriſti waren. Da- von hernach num. 5. beſonders zu handeln iſt. b. Worinn die Vergebung der Suͤnde be- ſtehe? darinn, daß uns GOtt die Suͤnde uͤberhaupt, die Erb-Suͤnde mit allen wirck- lichen, nicht zurechnet, und ſie anſiehet, als waͤre ſie nicht begangen, und alſo unſere Schuld gleichſam durchſtreichet; und mit derſelben auch alle Strafe aufhebet, und alſo laͤſſet hinweg gethan ſeyn, als etwas aus dem Wege geraͤumet iſt, was man in die Tiefe des Meers geworfen hat. c. Was dieſelbe in ſich halte und mit ſich fuͤhre? Die Zurechnung des Loͤſe-Geldes und der daher entſtehenden Gerechtigkeit Chriſti. Denn die heiligen Scribenten ge- dencken dieſer hohen Wohlthat bald mit den Worten von der Vergebung der Suͤnden, und dergleichen Redens-Arten, dabey denn allemal die Zurechnung der Gerechtigkeit Chriſti mit zu verſtehen iſt: bald mit den Worten von der geſchenckten Gerechtig- keit Chriſti, oder von der Rechtfertigung, das iſt, von der Gerechtmachung, da ein Suͤnder um Chriſti willen, oder in Anſe- hung der ihm zugerechneten Gerechtigkeit Chriſti, fuͤr gerecht erkannt und erklaͤret wird: dabey denn gleichfalls allemal die Verge- bung C c c c c
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Cap. 1, 13. 14. an die Coloſſer.
Worten kurtz zuſammen: und zwar alſo, daß
er das Werck unſerer Seligkeit dem Vater und
dem Sohne zuſchreibet; doch, wie leichtlich zu
erachten, ohne alle Ausſchlieſſung des Heiligen
Geiſtes: als von deſſen Amte in der Zueig-
nung des Heils die Coloſſer gleich anfangs wa-
ren unterrichtet worden. Dem Vater wird
es zugeeignet, weil er in dem Geſchaͤfte unſers
Heils als der Richter vorgeſtellet wird, der,
nach dem Rath des Friedens, ſeinen Sohn zur
Menſchwerdung und Erloͤſung geſandt, auch das
von ihm gebrachte Loͤſe-Geld zur Verſoͤhnung
angenommen hat, und es allen Glaͤubigen zu-
rechnet; und zwar alſo, daß ſie dabey aus dem
Reiche des Satans in ſein Gnaden-Reich ver-
ſetzet werden.
2. Um den Nachdruck dieſes Orts deſto
beſſer zu erkennen, ſo haben wir zu mercken, daß
uns darin drey evangeliſche Haupt-Wohl-
thaten angeprieſen werden, nemlich die Erloͤ-
ſung, die daher entſtehende Rechtfertigung,
und die Bekehrung, in welcher wir der Recht-
fertigung theilhaftig werden.
3. Der Erloͤſung wird mit dieſen aus-
druͤcklichen Worten gedacht: an, oder in wel-
chem wir haben die Erloͤſung durch ſein
Blut. Dabey inſonderheit folgende Puncte zu
mercken ſind:
a. Die Erloͤſung an ſich ſelbſt: welche heißt
ἀπολύτρωσις, eine Erkaufung, eine Los-
kaufung; die da iſt eine ſolche richterliche
Handlung, da einer, der groſſe Schulden auf
ſich hat, und dazu wegen eines groſſen Ver-
brechens, und alſo wegen einer groſſen Schuld
dem Gerichte zur Strafe unterworfen iſt, und
zwar um ſo vielmehr, ie weniger er die nebſt
der Schuld auf ſich habende debita, Schul-
den, abtragen kan; da ein ſolcher, ſage ich,
von einem andern alſo ranzioniret, oder los-
gekauffet wird, daß er dadurch ſeine Abſolu-
tion und voͤllige Freyheit bekoͤmmt. Denn
in dem Worte ἀπολύτρωσις, Erloͤſung lie-
get das Wort λύτρον, Loͤſe-Geld; und al-
ſo iſt ἀπολύτρωσις, die Erloͤſung eine ſolche
Handlung, da das Loͤſe-Geld fuͤr den andern,
nemlich den verſchuldeten und gefangenen, ge-
bracht und als vollguͤltig angenommen wird.
Eine ſolche Erloͤſung wird nun alhier Chriſto
zugeſchrieben, wie auch anderwaͤrtig an ſo
vielen Orten, und fuͤhret er davon den Namen
eines Erloͤſers. Davon der Leſer ſonder-
lich die Oerter Rom. 3, 21. u. f. 2 Cor. 5, 15.
u. f. Gal. 3, 13. und daruͤber die Anmerckun-
gen nachſchlagen kan.
b. Wodurch die Erloͤſung iſt gebracht
worden? durch das Blut Chriſti. Da
durch das Blut Chriſti verſtanden wird ſein
gantzes Leiden und Sterben, darinn das
Blutvergieſſen, ſo wol an ſich ſelbſt, als auch
der Vorbilder wegen an den Opfern, die
Haupt-Sache war, und dadurch auch der
Verſoͤhnungs-Tod ſelbſt geſchahe. Und da
unſer Heiland, wie im gantzen Leben, alſo
auch inſonderheit in ſeinem Leiden und im To-
de, auch der richterlichen Gerechtigkeit GOt-
tes den vollkommneſten Gehorſam gelei-
ſtet und damit die debita, die Schulden, oder
die von dem menſchlichen Geſchlecht ſchuldige,
aber unabgetragene und zum Abtrag unmoͤg-
liche Pflichten vollkoͤmmlich abgetragen und
geleiſtet, und damit das Geſetz fuͤr uns erfuͤl-
let hat, ſo gehoͤret auch dieſer Gehorſam mit
zum Loͤſe-Gelde. Matth. 5, 17. Rom. 5, 19.
Phil. 2, 8. Von der Erloͤſung aber durch
das Blut, zum Gegenbilde auf das ſo viele
Verſoͤhnungs-Blut der Opffer-Thiere, ſehe
man ſonderlich den Brief an die Hebraͤer
c. 9. 10. und unter ſo vielen andern Oertern
inſonderheit den 1 Pet. 1, 18. 19. Wiſſet,
daß ihr nicht mit vergaͤnglichen Silber,
oder Gold erloͤſet ſeyd von eurem eiteln
Wandel nach vaͤterlicher Weiſe, ſondern
mit dem theuren Blute Chriſti, als
eines unſchuldigen und unbefleckten
Lammes.
c. Die Guͤltigkeit und die Gewißheit dieſer
Erloͤſung: welche angezeiget wird durch
das Wort ἔχομεν, wir haben ſie, nemlich
als den groͤſſeſten Schatz, und als unſer ei-
gen, nachdem ſie fuͤr vollguͤltig fuͤr uns, oder
an unſerer Statt, iſt angenommen worden.
Und alſo gehet das ἔχειν, haben, zugleich mit
auf die Zueignung. Welches der andere
Punct in dieſem Texte iſt.
4. Die Zueignung dieſer Erloͤſung wird
angezeiget mit den dazu geſetzten Worten:
Die Vergebung der Suͤnden. Welche
Worte mit dem Worte ἔχειν haben, auch von
gar groſſem Nachdrucke ſind. Welchen zu er-
kennen folgende Puncte zu mercken ſind:
a. Wer die Vergebung der Suͤnde habe?
Die Glaͤubigen und Bekehrten, wie Pau-
lus und Timotheus mit den Coloſſern und al-
len uͤbrigen Gliedern Chriſti waren. Da-
von hernach num. 5. beſonders zu handeln iſt.
b. Worinn die Vergebung der Suͤnde be-
ſtehe? darinn, daß uns GOtt die Suͤnde
uͤberhaupt, die Erb-Suͤnde mit allen wirck-
lichen, nicht zurechnet, und ſie anſiehet, als
waͤre ſie nicht begangen, und alſo unſere
Schuld gleichſam durchſtreichet; und mit
derſelben auch alle Strafe aufhebet, und alſo
laͤſſet hinweg gethan ſeyn, als etwas aus dem
Wege geraͤumet iſt, was man in die Tiefe des
Meers geworfen hat.
c. Was dieſelbe in ſich halte und mit ſich
fuͤhre? Die Zurechnung des Loͤſe-Geldes
und der daher entſtehenden Gerechtigkeit
Chriſti. Denn die heiligen Scribenten ge-
dencken dieſer hohen Wohlthat bald mit den
Worten von der Vergebung der Suͤnden,
und dergleichen Redens-Arten, dabey denn
allemal die Zurechnung der Gerechtigkeit
Chriſti mit zu verſtehen iſt: bald mit den
Worten von der geſchenckten Gerechtig-
keit Chriſti, oder von der Rechtfertigung,
das iſt, von der Gerechtmachung, da ein
Suͤnder um Chriſti willen, oder in Anſe-
hung der ihm zugerechneten Gerechtigkeit
Chriſti, fuͤr gerecht erkannt und erklaͤret wird:
dabey denn gleichfalls allemal die Verge-
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